Internet Statement 2015-36

 

 

Wer hat eigentlich das gegenwärtige Flüchtlingsproblem verursacht

 

Statt daß sich alles ständig wiederholt, sollte endlich mal mit den Verursachern dieser Wiederholungen aufgeräumt werden

 

 

 

Maria Weiß    29.07.2015         

Wenn man sich die gegenwärtige Entwicklung ansieht, kann man nicht umhin, die Frage zu stellen: Wer hat eigentlich das gegenwärtige Flüchtlingsproblem verursacht? Und diese Frage läßt sich eigentlich relativ schnell beantworten, nämlich indem man fragt: Wer hat die letzten Kriege im Mittleren Osten und Nordafrika verursacht, welche mitsamt ihren verheerenden Zerstörungen dieser Länder jetzt genau selbst dieses Flüchtlingsproblem hervorgerufen haben. Und auch das ist nicht weit weg zu finden, das sind verschiedene imperialistische Staaten, vor allen Dingen die USA, aber auch Deutschland, Frankreich, Großbritannien, welche ebenfalls dafür Verantwortung tragen.

 

Wofür sie aber nicht die Verantwortung tragen wollen, sind die Probleme, die sie selbst verursacht haben. Und die bestehen unter anderem darin, daß massenhaft Menschen aus diesen Staaten des Mittleren Ostens gegenwärtig versuchen, dem Elend dort zu entkommen und woanders eine besseres Leben zu erreichen, indem sie nunmehr massenhaft nach Europa, in europäische Staaten fliehen, auch insbesondere nach Deutschland, welches gegenwärtig in Europa sozusagen ökonomisch an der Spitze angesiedelt ist. Letzteres heißt natürlich überhaupt nicht, daß etwa die Gesetzmäßigkeit ökonomischer Krisen des Kapitalismus etwa hier eine Sonderbehandlung erfahren würde.

 

Erinnern wir uns der letzten vier Jahre. Der arabische Frühling, welcher ungefähr zu Beginn des Jahres 2011 hervortrat, stellte in gewisser Form eine Art Aufbruch in diesen nordafrikanischen Staaten und Ländern des Mittleren Ostens, in Tunesien, Algerien, Ägypten, aber auch Irak und Syrien vor allem dar, die versuchten ihre Situation zu verändern. Es gab massenhaft Demonstrationen, teilweise sogar Aufstände, für einen Aufbruch, eine Veränderung der bestehenden Gesellschaften, bzw. ihrer Gesellschaftsordnung, welche zum Teil nicht wenig noch vom Kolonialismus mit geprägt ist.

 

Dieser Aufbruch stellte in verschiedener Hinsicht eine Herausforderung dar, vor allem auch in kultureller Hinsicht, was die verschiedensten Faktoren und Kräfte auf den Plan rief. In Ägypten zum Beispiel nahmen die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Kräfte an den Demonstrationen und Aufständen teil, auf dem Tahir Platz in Kairo vor allem, aber auch in anderen Städten und Regionen. Es waren sowohl säkulare Kräfte als auch verschiedene religiöse Kräfte wie zum Beispiel muslimische, welche versuchten dort eigene Bestrebungen und Vorstellungen zur Geltung zu bringen, vor allem aber versuchten alle ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen, daß ihre Wünsche und Bestrebungen genauso in der Gesellschaft Platz finden wie andere. .

 

Bekanntlich hat dieser Aufbruch nicht lange gedauert und haben seine verschiedenen Bestrebungen nicht zu einem erfolgreichen Ende geführt. Es gab alsbald einen Rückschritt und eine Art von Konterrevolution gegen diese multiplen demokratischen Bestrebungen, welche seit geraumer Zeit die Region wieder dominiert. Keine Erhebung der Volksmassen kann alles mit einem Schlag bewerkstelligen, so auch nicht in dieser Region die notwendige Kritik am Idealismus, an der Religion. Das läßt sich nicht so einfach verwirklichen. Und vor allen Dingen im Kräftemessen mit imperialistischen Bestrebungen und regionalen reaktionären Kräften schon gar nicht, weil diese sich jeweils den entsprechenden dominanten Faktoren anpassen und diese unterstützen. So auch in Ägypten, wo ein entsprechender Rückschlag erfolgte und ein eigens aus den USA angereister Diktator inzwischen das Heft wieder in der Hand hat.

 

Sicherlich kann man nicht sagen, daß der Islam ausgerechnet dafür prädestiniert ist, sozialem Fortschritt zum Durchbruch zu verhelfen, geschweige denn diesen zu repräsentieren. Nichtsdestotrotz kann es jedoch sein, daß zumindest zeitweilig sich derartige Kräfte für den Fortschritt einsetzen, obwohl sie vom Überbau her eigentlich dafür nicht die Voraussetzungen mitbringen. Genau das ist im Mittleren Osten und Nordafrika der Fall gewesen. Was dort sozusagen auseinander klaffte, war auf der einen Seite die Bewegung der unteren Massen und auf der anderen Seite das, was sozusagen im Überbau dominant gewesen ist. Bekanntlich hat dies zu einem Ergebnis geführt, was momentan wiederum den internationalen, die Reaktion repräsentierenden Kräften die Dominanz zurückgebracht hat. Die Schlußfolgerung daraus kann nur sein, daß die Kritik an dem Überbau fortgesetzt werden muß, zum einen. Und zum anderen materiell dieser Dominanz der Reaktion der Krieg erklärt werden muß.

 

Das ist natürlich keineswegs so einfach wie es scheint, weil mittlerweile sich die revolutionären Kräfte aufgesplittert haben und diejenigen, die jetzt den Krieg erklären und führen, zum Teil reaktionärsten idealistischen Vorstellungen anhängig sind, während andere die internationale Dominanz und Reaktion repräsentierende Kräfte ebenfalls in die Auseinandersetzung hinein wirken und ein merkwürdiger Krieg dort entstanden ist zwischen Kräften, die eigentlich von ihrer Herkunft nicht unbedingt so unterschiedlich sind. Was auf der Strecke bleibt, sind die Belange der breiten Massen, ist eine Emanzipation der Gesellschaft als Ganzes, und das ist ein Umstand, der unbedingt geändert werden muß, in dem man die verschiedenen sich tarnenden reaktionären Kräfte durchschaut und bekämpft, was nicht einfach ist.

 

Was zum Teil dort hervortritt, ist eine unglückliche Verkettung von reaktionärsten Vorstellungen und Zielsetzungen mit berechtigten Belangen der Volksmassen. Die muß aufgelöst werden, indem man zum einen die reaktionären Ideen und Ziele bekämpft und die berechtigten Belange demgegenüber verteidigt, was konkret bedeutet: raus mit den Agenten des Imperialismus, egal welcher Herkunft: US- oder europäischer oder sonst welcher Herkunft aus dem Mittleren Osten. Die Souveränität der verschiedenen Staaten muß wieder hergestellt werden. Die einzelnen Regierungen müssen daran gemessen werden, inwieweit sie zum einen die berechtigten Belange ihrer eigenen Bevölkerung zu verteidigen und durchzusetzen bereit und fähig sind. Sind sie das nicht, müssen sie abgesetzt und durch eine andere ersetzt werden. Tun sie es aber, können sie darin unterstützt werden. Dies gilt für Syrien als auch für Ägypten als auch für alle übrigen Staaten in der Region.

 

Eine besondere Rolle spielt gewissermaßen die Türkei, welche als Möchte-Gern-Regionalmacht dominieren will und bestrebt ist, sich zugleich dort als eine Art Brückenkopf oder Bindeglied zwischen dem internationalen Imperialismus zu profilieren. Daß Letzteres keine Aussichten auf Erfolg im Sinne der Volksmassen hat, liegt auf der Hand. Aus diesem Grund muß die gegenwärtige türkische Regierung unter Erdogan mit der Frage konfrontiert werden, wen sie wirklich vertreten will.

 

Europäische imperialistische Staaten, namentlich Deutschland, sind in dieses Kräftemessen in gewisser Weise involviert, und da sie sich auf einen merkwürdigen Widerspruch eingelassen haben, indem sie auf der einen Seite einzelne Volksgruppen wie zum Beispiel die verschiedenen kurdischen Kräfte unterstützen und mit Waffen ausstatten, auf der anderen Seite aber unzweifelhaft innerhalb des imperialistischen Nato-Bündnisses mit Staaten wie der Türkei verbunden sind, haben sie sich in eine Zwickmühle gebracht, in eine Art widersprüchliche Stellung, die sich in der letzten Zeit herausgebildet hat und unter Umständen weiter zuspitzen kann. Die Kurden in Syrien und Irak mit Waffen beliefern oder die Türkei unterstützen, mit der man im Nato-Bündnis verbunden ist, welche eben diese Kurden militärisch bekämpft. - eine wahrlich absurde Situation. Nicht jeder ist so aalglatt wie der neue Nato-Generalsekretär (übrigens von Merkel dort maßgeblich in den Sattel gehievt, die zugleich selbst bei der Entscheidung hervorgetreten ist, den Kurden Waffen zu liefern), das Problem einfach durch Schweigen zu umgehen. Merkel allerdings ist Derartiges ebenfalls zuzutrauen. Während die „pragmatischen“ USA lauthals bereits verkündet haben, daß ja sowohl IS als auch Kurden terroristische Kräfte seien, die es zu bekämpfen gälte und der Nato-Partner Türkei völlig im Recht sich befinde!

 

Was man hieran erkennen kann ist, daß die Kräfte der internationalen Reaktion in den einzelnen nationalen Staaten sich in unlösbare Widersprüche verwickelt haben und die einzigen Kräfte, die diese Widersprüche im Sinne des Fortschritts lösen können, die Volksmassen und deren Vertretungen in den verschiedenen Ländern selbst sind. Was deren organisatorischen Ausdruck betrifft, so gibt es hier allerdings noch ganz erhebliche Mängel, die beseitigt werden müssen, will man im Sinne des internationalen Widerstandes gegen imperialistische Kriegsbestrebungen standhalten und vermeiden, abermals zum Opfer von deren abenteuerlicher Zündelei zu werden.

 

Es wird also im weiteren nicht wenig darauf ankommen, daß diejenigen, die dieser Bedrohung entgegen zu treten gewillt sind, sich zusammen finden und gemeinsam, auch über ideologische Grenzen und Widersprüche hinweg zu einer Front gegen das imperialistische Kriegstreiben, welches sich zunehmend abzeichnet, zusammenschließen.

 

Die Krise des kapitalistischen Systems, die sich in einzelnen Ländern, sowohl in Europa als auch zunehmend international und in anderen Kontinenten manifestiert, kann niemand aufhalten. Das will auch niemand, der den Fortschritt will. Aber man muß sich wappnen auf die Gegenwehr der reaktionären Kräfte dieses internationalen Systems der Ausbeutung, und diese sind durchaus aktiv, sie regen sich überall, sei es in den USA als auch in China als auch in Japan, von Rußland ganz zu schweigen. In unserem eigenen Land sind sie zugegebenermaßen gegenwärtig noch relativ schwach, aber das kann und wird sich ändern. Dem muß ebenfalls Rechnung getragen werden. Wir selbst brauchen ein eigenes Programm, wie diese ganzen Probleme zu lösen sind im Sinne der Mehrheit in den verschiedenen Ländern und Gesellschaften auf der ganzen Welt.

 

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wird auf jeden Fall sein, den Bestrebungen des eigenen kapitalistischen Ausbeutersystems zur Beteiligung an internationalen räuberischen Kriegen, getarnt als angebliche Verteidigung der Demokratie, und anderen reaktionären Machenschaften entgegen zu treten. Es wird also zunehmend auch darauf ankommen, sowohl nationalen egoistischen Bestrebungen des eigenen Staates entgegen zu treten, als auch der Unterdrückung und Niedermachung durch andere egoistische nationale Staaten, und damit die Rechte und Belange der Volksmassen auf der ganzen Welt zu stärken.

Es handelt sich hier um eine sehr komplizierte Aufgabe, die viel Übersicht und Kenntnis verlangt, vor die die fortschrittlichen und revolutionären Kräfte der verschiedenen Länder und Staaten gestellt sind, die es in einer voranbringenden Weise zu lösen gilt. Sicherlich ist die Gesetzmäßigkeit nicht aufgehoben, daß solange der Imperialismus existiert, das weltweite System der Ausbeutung existiert, imperialistische Kriege unvermeidlich sind. Man kann allerdings versuchen, diesen durch entsprechende Aktivitäten und Vorkehrungen nach Möglichkeit zuvor zu kommen. Und sollte man sie nicht verhindern können, dann wenigstens das Ergebnis im eigenen Sinne umzukehren!

 

In diesem Sinn ist auch die gegenwärtige Flüchtlingswelle zu nutzen, um dafür nach Möglichkeit Unterstützer zu gewinnen. Man sollte sich über die Stärke des Gegners keine Illusionen machen, aber auch es verstehen, seine Schwächen zu nutzen.

 

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Man darf nicht vergessen: Religion ist Teil des Überbaus, die Umsetzung aber findet normalerweise an der Basis statt. Was konkret heißt: ich kann zig mal in die Moschee gehen und Allah bitten, meine elenden Lebensverhältnisse zu ändern. Er wird es nicht tun. Ich selbst muß es tun. Gemeinsam mit den vielen Brüdern und Schwestern, die auch dieser Ansicht sind.

Keine Drohne und erst recht keine Atombombe darf uns daran hindern. Packen wir es an!

 

Den gesellschaftlichen Fortschritt tragen die Millionenmassen der Menschheit, und nicht einzelne selbsternannte Strategen. Die Realität der gesamten bisherigen Geschichte liefert dafür den Beweis.

 

 

 

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