Internet Statement 2015-60
Das mediterrane Konzept
Maria Weiß 07. / 12.11.2015
Die gegenwärtige Flüchtlingswelle aus dem Mittleren Osten stellt Europa vor nicht unerhebliche Probleme. Dies hängt damit zusammen, daß die Ergebnisse des Arabischen Frühlings nicht zum Tragen kommen konnten, sondern reaktionäre Kreise, wie zum Beispiel die gegenwärtige Staatsführung der Türkei, versucht haben, sich diese Erfolge zunutze zu machen - von den internationalen Unterstützern wie dem USA-Imperialismus ganz zu schweigen - und zum Teil in das Gegenteil zu verkehren. Es müßte nachgeholt werden, was im Grunde bei diesem arabischen Frühling nicht zu Ende geführt wurde, ja, man müßte eine Art Revolution, eine Art bürgerliche Revolution stattfinden lassen, die die Religion kritisiert und letztendlich gesellschaftlich zur Privatsache erklärt. Wenn das gelingt, dann könnte ein Zusammenschluß dieses mediterranen Raumes einen durchaus in Betracht zu ziehenden Fortschritt bedeuten. Man könnte auch unter Umständen gegen gewisse internationale Drahtzieher, die das Gegenteil erreichen wollen, einen Sieg erringen. Voraussetzung wäre allerdings, daß man dem islamistischen Einfluß vor allen Dingen in Europa in aller Entschiedenheit entgegen tritt. Man muß überlegen: Wenn man die ganze Sache zusammenfaßt, dann könnte man vielleicht auch die Sache gegen die Urheber umdrehen und die Emanzipation befördern. Das muß man sich mal überlegen, ob das vielleicht möglich ist. Dann würde es nicht so schlimm sein, dann könnte man es auch zusammenfassen in der EU und müßte dann allerdings eine solche Einflußnahme ausüben, so daß man diese ganzen Länder mitzieht. Das würde heißen, daß zum Beispiel das Konzept von Erdogan, selber mit seinem Islam einzubrechen, nicht funktionieren könnte, sondern daß ein solches Bestreben sozusagen auf diesen selber zurückschlage würde.
Voraussetzung für eine solche Entwicklung wäre zugleich allerdings, daß den fortschrittlichen gesellschaftlichen Kräfte sowohl in Deutschland als auch in anderen europäischen Staaten es gelingt, diesem reaktionären islamistischen und vom internationalen Kapitalismus geförderten Einfluß entgegen zu treten und sozusagen die eigenen Errungenschaften der Aufklärung, der Kritik an der Religion, besser gesagt am Idealismus, als Chance zu realisieren als auch die nationale Frage innerhalb von Europa in einer richtigen Weise zu behandeln. Die Europäische Union ist ein Zusammenschluß von Nationen, nicht etwa von Regionen oder Landschaften oder sonst irgendwas, wie die Grünen sich das vorstellen. Das ist Unsinn. Die EU ist ein Zusammenschluß von sehr unterschiedlichen Nationen, mit einer sehr unterschiedlichen historischen, sozialen und ökonomischen Entwicklung. Und diesen unterschiedlichen Entwicklungen muß man auch gerecht werden. Die muß man berücksichtigen und nicht übergehen. Wenn das nicht gelingt, dann droht Europa erneut zu zerfallen und zum Spielball anderer internationaler imperialistischer Mächte zu werden.
Selbstverständlich ist es möglich für ein 80 Millionen Volk wie Deutschland, ein paar Millionen Menschen aus anderen Regionen der Welt zu integrieren. Das muß man aber auch wollen, das muß man auch vonstatten gehen lassen und darf sich nicht unterwerfen gegenüber bestimmten Bestrebungen selbst imperialistischer Natur, wie sie zum Beispiel von seiten der Türkei, aber auch einiger anderer Staaten auf der arabischen Halbinsel unverhohlen voran getrieben werden.
Man muß derartigen Bestrebungen gegenüber treten und sagen: Selbstverständlich könnt ihr eure Kirchen haben, eure Moscheen haben und eure Religion hier nachgehen. Aber was unabdingbar erforderlich ist, Voraussetzung ist für alles andere ist, daß ihr das säkulare Prinzip des Staates anerkennt.
Kleines Zahlenverhältnis: Die EU hat 500 Millionen Einwohner. Da sollen ein paar Millionen Flüchtlinge diese zum Schrecken veranlassen? Das kann ja wohl nicht wahr sein. Berlin hat auch über drei Millionen Einwohner. Und wenn da mal ein paar zehntausend dazu kommen, oder vielleicht sogar hunderttausend Flüchtlinge. Das wäre auch noch zu verkraften. Die Frage ist allerdings, wie man es handhabt. Und darin liegt die eigentliche Krux drin begraben. Es ist nicht mal an allererster Stelle die Entscheidung der Merkel, sondern vor allen Dingen die Handhabung des bürokratischen Apparates, welche nicht funktioniert. Und das zeigt am allerdeutlichsten in einer Stadt wie Berlin. Wenn man sich ansieht, wie das hier gehandhabt wird, mit der zentralen Registrierstelle „LaGeSo“, dann stehen einem echt die Haare zu Berge, darüber, was hier los ist.
Religion ist hierzulande und ebenso in ganz Europa Privatsache und hat in dem staatlichen Apparat nichts verloren. Es ist durchaus möglich und wird auch seit langem so praktiziert, daß in dem staatlichen Apparat Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit als auch ebenso Menschen, die gar keiner Religion anhängen, arbeiten. Aber sie arbeiten dort säkular und ihre jeweilige Religion ist Privatsache und hat in ihrer staatlichen Tätigkeit nichts zu suchen. Das Tragen eines Kreuzes oder auch eines Kopftuches kann man durchaus akzeptieren und tolerieren, sofern es eine Erscheinungsform einer privaten Ausrichtung entspricht, nicht aber Bestandteil oder Ausdruck des staatlichen Gefüges selbst darstellt oder einen solchen beansprucht. Wenn in Zukunft bestimmte Lehrerinnen meinen, sie müssen unbedingt ein Kopftuch tragen, meinetwegen, sollen sie doch. Aber es hat mit ihrer Lehrtätigkeit, die sie im Rahmen ihres staatlichen Auftrages ausüben, nichts zu tun. Wenn Letzteres als Prinzip akzeptiert wird, auf den verschiedenen Seiten, dann kommen wir hier durchaus einen Schritt weiter. Meinetwegen sollen sie doch das Kopftuch aufsetzen. Wenn sie von Schülern gefragt werden, warum sie das haben, dann können sie ja bitte schön mal erklären, daß in ihrer Religion die Frau sich dem Mann unterwerfen muß und deswegen ihre Schönheit vor allen anderen verstecken muß. Das können sie gerne erklären und eine Auseinandersetzung darüber in Gang setzen. Das bringt die Dinge voran, wenn es in dieser Form geschieht und dahinter kein staatlicher Zwang oder Unterdrucksetzung steht oder ausgeübt wird. Selbstverständlich kann auch in Schulen hierzulande diskutiert werden, ob man sich einem Gott unterwerfen muß, dessen Existenz man nicht nachweisen kann. Das bringt die Dinge voran. Aber diese Debatte muß natürlich möglich sein und nicht unterdrückt werden.
Es gibt heute so viele Veränderungen auf der ganzen Welt, daß die Frage, warum man nicht dem mediterranen Raum einen engeren Zusammenschluß ermöglichen sollte, sich durchaus stellt. Und nicht nur das. Im Zuge damit auch für ganz Afrika die Möglichkeit der Entwicklung und der Emanzipation voranbringen kann. Diese Frage stellt sich durchaus, auch als eine Möglichkeit eines sozial-ökonomischen und politischen Gegengewichts gegenüber anderen kontinentalen als auch interkontinentalen Mächten. Warum sollte man nicht die Europäische Union in einem erweiterten Sinne verstehen dürfen? Zum Beispiel mit der Türkei als Mitglied oder auch Tunesien, Algerien, Ägypten und so weiter als Mitglieder- warum eigentlich nicht? Ich weiß nicht, ob das gewissen anderen hegemonialen Mächten besonders gut ins Konzept paßt. Aber das ist letztlich auch egal. Die Welt wächst ohnehin zusammen und daher braucht man vor solchen Trend keine solche große Furcht zu haben. Das heißt ja überhaupt nicht, daß man die eigene Kultur und Geschichte, die eigenen Errungenschaften auf gesellschaftlichem Gebiet verleugnet. Ganz im Gegenteil, die kann man doch in die Wagschale werfen und mit anderen Dingen aus anderen Ländern vergleichen und damit in einen Wettstreit mit diesen zu treten. Das kann doch überhaupt nur positiv sein. Warum sollte man davor zurückschrecken?
Die USA beispielsweise haben keinerlei Hemmungen, sich auf der ganzen Welt auszubreiten und ihren Einfluß geltend zu machen. Warum sollte Europa diese haben? Das heißt nicht, daß man sich in einer imperialistisch kriegerischen, zwecks Ausbeutung und Ausnutzung in einseitiger Weise ausbreitet. Im Gegenteil, es heißt, daß man sich mit den übrigen Staaten und Regionen auseinandersetzt über das, was dem Fortschritt nützt und was nicht, was dem wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichem Fortschritt nützt und was nicht, sodaß man in einen Dialog mit anderen Staaten tritt, mit anderen Kulturen, anderen Kontinenten eintritt. Das ist etwas, was voranbringt, und nicht etwa Abkapselung und ein ewiges Nach-hinten-Gucken, in die Vergangenheit, wie das gewisse Kräfte hier in Deutschland zum Beispiel momentan forcieren möchten.Anm.1 Eine solche kulturelle inter-staatliche Auseinandersetzung würde allen nützen. Nicht aber eine Abkapselung um Interesse gewisser internationaler Ausbeuter und Hegemonisten, die lieber letzteres forcieren möchten, um ihre kriegerischen Absichten voran zu treiben. Es gibt heutzutage mehr Möglichkeiten der Kommunikation als je zuvor in der Geschichte. Warum sollten wir diese nicht nutzen, im Interesse des Fortschritts, im Interesse des gegenseitigen Verständnisses und zum Nutzen für Alle.
Wichtig ist noch eins. Aus geschichtlichen Erfahrungen muß man lernen. Die gegenwärtige Wanderungswelle Richtung Europa, vor allen Dingen nach Deutschland, stellt natürlich die Gesellschaft vor erhebliche Herausforderungen. Eines ist dabei allerdings unabdingbar notwendig: Man darf sich nicht gegeneinander ausspielen lassen. Das ist das, was im letzten Jahrhundert die Katastrophe des zweiten Weltkriegs hervorgerufen hat. Das sollte man nicht wiederholen, sondern daraus Schlußfolgerungen ziehen, wie man dem entgegen wirken kann. Und diese Möglichkeit gibt es durchaus. Man darf sich nicht gegeneinander ausspielen lassen, sondern man muß versuchen, die Probleme gemeinsam anzupacken. Nach dem Prinzip: Auseinandersetzung ist notwendig und gut, und sie muß geführt werden. Diskriminierung jedoch ist out. Sie muß unbedingt bekämpft werden. Folgt man derartigen Prinzipien, ist es durchaus denkbar, daß in absehbarer Zeit es gelingen könnte, diesem unsinnigen Abschlachten in den Staaten des Mittleren Ostens ein Ende zu bereiten und auch dort die Entwicklung der verschiedenen Staaten voran zu treiben und den Menschen auch die Möglichkeit zu geben, dort zu bleiben und die Entwicklung ihrer eigenen Gesellschaft in Angriff zu nehmen. Das ist keineswegs aus der Welt. Ganz im Gegenteil, es ist der Wunsch eines Großteils der dortigen Bevölkerung. Das heißt natürlich überhaupt nicht, daß man hier nicht ein paar Millionen davon aufnehmen und in die Gesellschaft hier integrieren kann, sofern diese Menschen das auch selber wollen. Aber ein sehr wichtiges Ziel ist es natürlich auch, den Herkunftsstaaten eine Perspektive zu bieten.
Mit Sicherheit wird die nächste kapitalistische Krise, die unweigerlich kommen wird, die Bevölkerung sowohl hier als auch dort vor erhebliche Herausforderungen stellen. Das kann man schon jetzt vorher sehen und man muß sich überlegen, wie man diese meistern kann, in einer dem gesellschaftlichen Fortschritt würdigen Form. Besonders wichtig ist auch dabei im Auge zu behalten, daß das Ausspielen gegeneinander niemand anders nützt als vor allem den internationalen Ausbeutern, nicht aber den Staaten sowohl hier als auch denen des mittleren Ostens. Wenn man das im Auge behält, dann gibt es durchaus Chancen, die heraufkommenden sich stellenden Probleme zu lösen. Wenn in diesem Sinne eine Willkommenskultur entfaltet wird, dann kann das wirklich von Nutzen für alle sein, mit Ausnahme derjenigen, die das hintertreiben wollen und die in dieser Hinsicht voll im Interesse der internationalen Ausbeuter agieren. Diese befinden sich naturgemäß zahlenmäßig in einer erheblichen Minderheit, was allerdings unbedingt auch so bleiben sollte.
In diesem Sinne sollten die Probleme angegangen werden und all denjenigen, die versuchen, in ihrem egoistischen Interesse Bevölkerungsteile, Nationen oder sonst irgendwen gegeneinander aus zu spielen oder auf zu hetzen, eine ganz massive Abfuhr erteilt werden. Aus den geschichtlichen Erfahrungen lernen heißt ganz konkret, derartigen Spaltungsversuchen eine Abfuhr zu erteilen. Der Nazifaschismus hat nicht unwesentlich deswegen zeitweilig den Vorrang erreichen können, weil es ihm gelungen ist, zu seinem Vorteil in dieser Form verschiedene Teile der Bevölkerung gegeneinander auf zu hetzen und dabei bestimmte Widersprüche für sich auszunutzen. Daraus müssen wir lernen, damit so etwas nicht noch einmal passiert, nicht aber das Gegenteil zu tun. Spaltung muß da vorangetrieben werden, wo sie sich objektiv dem sozialen Fortschritt nutzbringend ergibt, nämlich zwischen einer kleinen Gruppe von Nutznießern und Ausbeutern auf der einen und der überwiegenden Mehrheit auf der anderen Seite einer Gesellschaft, nicht aber zwischen verschiedenen Ethnien oder sonstigen kulturellen oder religiösen Gruppierungen innerhalb der Gesellschaft zugunsten und zum Vorteil einer kleinen Clique von Nutznießern. In diesem Sinn muß auch in anderen Staaten Europas dafür geworben werden, eine solche Spaltung der Bevölkerung, welche zum Vorteil sogar reaktionärster gesellschaftlicher Kräfte mißbraucht zu werden geeignet ist, nicht zuzulassen.
Dies bedeutet natürlich nicht, daß man jetzt unbedingt in einer gleichmacherischen Weise sämtliche Staaten dazu verdonnern sollte, eine entsprechende Anzahl von Flüchtlingen bei sich aufzunehmen. Wenn man selber der Ansicht ist, daß man es verkraften kann, dann sollte man es tun. Nicht aber den anderen in dieser Hinsicht Vorschriften machen, in welcher Weise diese es tun. Das müßten sie selbst entscheiden. Nur eine solche Herangehensweise kann verhindern, daß Europa abermals gespalten wird und zum Spielball oder gar Schlachtfeld anderer weltweiter imperialistisch-reaktionärer Mächte degradiert wird.
Die heutige Welt wächst ohnehin viel stärker zusammen als je zuvor, was es erforderlich macht, daß in der Tat eine gewisse Form von internationaler Demokratie verwirklicht wird, und sei es auch zunächst eine bürgerliche internationale Demokratie, sofern eine solche überhaupt ihre Existenz zu behauptet fähig ist. Man sollte aber auf den Versuch nicht von vornherein verzichten, denn es ist nicht absolut unmöglich, zumal die verschiedenen Mächte auch im eigenen Interesse in gewisser Weise darauf angewiesen sind, zumindest zeitweilig. Warum also sollte so etwa nicht gelingen? Warum sollten die Staaten in Asien nicht ebensolche Rechte für sich beanspruchen wie Staaten in Europa oder Staaten in Amerika oder in Afrika? Das ist doch überhaupt nicht einzusehen, und bei dem gegenwärtigen ökonomischen Zusammenhang, der auf der ganzen Welt sich zunehmend entwickelt, ist es noch viel naheliegender, so etwas durchzusetzen.
Natürlich wird es dabei nicht stehen bleiben. Aber das muß man erst einmal sehen. Erst einmal muß man es durchsetzen, und dann sieht man weiter, nicht umgekehrt. Internationale Demokratie, und sei es auch eine bürgerliche, gilt es erstmal durchzusetzen. Warum eigentlich nicht, wenn schon die Charta der Vereinten Nationen so etwas nahelegt. Dann sollte man darauf bestehen, was denn sonst. Und das Gute daran ist, daß es heißt, daß eben auch Mächte wie die USA und Andere sich gefälligst daran zu halten haben, was denn sonst? Man kann in der Entwicklung nur schrittweise vorgehen. Der Sprung stellt sich dann meistens von selber ein. Und wenn international erstmal die bürgerliche Demokratie auf der Tagesordnung steht, dann muß man eben versuchen, diese durch zu setzen. Wenn sich etwas anderes entwickeln, dann wird man das schon sehen. Dann steht dann eben etwas Anderes auf der Tagesordnung.
Der gegenwärtig uns seit geraumer Zeit sich entwickelnde Prozeß des Zusammenwachsens internationaler Staaten auf Grund der ökonomischen Entwicklung stellt eine ungeheuere Chance dar, die man nutzen muß. Und in dieser Hinsicht muß auch sicherlich die Theorie der proletarischen Revolution eine Weiterentwicklung und Präzisierung erfahren. Das Recht auf nationale Unabhängigkeit, das recht auf Selbstbestimmung eines jeden Staates auf der ganzen Welt ist allerdings davon ein integraler und nicht zu übersehender Bestandteil. Wenn es zum Zusammenschluß kommt, zwischen Staaten, dann muß dieser immer freiwillig sein, und zwar von beiden Seiten aus. Ansonsten ist er nicht akzeptabel. Und ebenso gilt es natürlich für den Zusammenschluß internationaler revolutionärer Kräfte und Organisationen, welcher ebenfalls von allen beiden Seiten freiwillig vonstatten gehen muß, und nicht per Zwang oder sonst irgendwelchem Diktat von der dominierenden Seite erzwungen werden kann, da das Resultat von letzterem schlägt mit Sicherheit in das Gegenteil umzuschlagen geneigt ist.
Die Arbeiterklassen in den verschiedensten Staaten auf der Welt befinden sich noch auf einem derartig unterschiedlichen Niveau, daß es gar nicht anders geht als daß man auch den Staaten selbst in dieser Hinsicht eine gewisse Entfaltungsmöglichkeit und Freiheit zugesteht. Die Frage „a qui bono“ ist allerdings eine, die unbedingt gestellt werden muß, weil man sonst unter Umständen den Einmischungs- und Unterwanderungsversuchen der reaktionären internationalen als auch der nationalen reaktionären Kräfte der Staaten unterliegen würde.
Man sieht an diesen Verhältnissen, wie kompliziert die Frage der Demokratie, vor allem auch der internationalen Demokratie sich gegenwärtig darstellt und entwickelt. Das ist eine Herausforderung für alle revolutionären Kräfte in den verschiedenen Ländern auf der ganzen Welt, diese Frage richtig zu behandeln und zu berücksichtigen. Das Prinzip, sich nicht gegeneinander ausspielen zu lassen, ist essentiell. Es gilt nicht nur für die Kräfte in den einzelnen Staaten und Ländern, sondern es gilt auch für die internationale Staatendemokratie. Es ist dabei unbedingt auch der unterschiedliche Entwicklungsstand der jeweiligen Länder und Staaten zu berücksichtigen.
Wenn also die revolutionären Kräfte imstande sind, diese Widersprüche richtig zu behandeln, besteht eine gewisse Chance, das imperialistische Kriegstreiben zu behindern und unter Umständen zu verhindern, und eine revolutionäre Entwicklung auf der Welt zu fördern und zum Sieg zu bringen. Bisher hat noch jeder Krieg der Imperialisten, egal wo er statt gefunden hat, international einem Fortschritt verschiedener Länder zum Durchbruch verholfen. Das wird auch in der Zukunft, sollte man einen kommenden umfassenderen Krieg nicht verhindern können, nicht anders sein. Wir dürfen nie vergessen, daß auch die Ausbeuter auf der ganzen Welt betrachtet eine verschwindend kleine Minderheit darstellen, zu deren Vorteil die große Mehrheit sicherlich nicht bereit sein wird, ihre eigene Vernichtung kampflos hinzu nehmen. Im Gegenteil. Es ist daher in der Zukunft mit härtesten Auseinandersetzungen und Herausforderungen zu rechnen. Aber die Chance, diese zu bestehen, die gibt es durchaus.
Warum soll es eigentlich nicht möglich sein, in Syrien oder auch in anderen Staaten, im Irak, massiv zu investieren? Die brauchen doch eine Infrastruktur für ihre eigene Bevölkerung, für deren Entwicklung. Das ist doch mindestens ebenso notwendig wie vielleicht für eine gewisse Zeit eine gewisse Zahl von Menschen von dort hier aufzunehmen. Warum eigentlich nicht? Ein solcher internationaler Austausch ist durchaus möglich und auch wünschenswert und zu begrüßen. Er kann sehr fruchtbringende Entwicklungen in Gang setzen, wenn man es richtig anpackt. Gleiches gilt auch für andere Staaten aus dieser Region. Daß die Masse der Bevölkerung eigentlich überall eine solche Entwicklung befürwortet und will, zeigt die Entwicklung in all diesen Staaten. Nehmen wir nur einmal Nigeria. Dort ist es ganz offensichtlich. Auch in anderen Staaten Afrikas. In den allermeisten. Und diejenigen Kräfte, die das zu verhindern trachten, vor allen Dingen extremistisch-religiöse Kräfte wie der sogenannte IS oder Boko Haram und andere, sind doch nichts anderes als solche, die von der eigenen jeweiligen reaktionären Clique in diesen Ländern mit Unterstützung internationaler Imperialisten und deren Handlanger versorgt und hochgepäppelt werden, damit sie eben diese gewünschte Entwicklung konterkarieren, mit Hilfe regionaler Beschränktheit oder Unwissenheit und anderer reaktionärer Faktoren. Selbstverständlich haben dabei auch regionale Potentaten, die um ihre Herrschaft fürchten, mit gefördert, man nehme bloß mal das Beispiel Saudi-Arabien. Daß diese sich auch zur Unterwanderung und Erpressung europäischer Staaten anbieten, liegt dabei auf der Hand. All dem kann aber nur wirksam entgegen getreten werden, wenn man Alternativen in diesen Ländern schafft und fordert, die den Menschen zeigen: es geht auch anders. Die weit überwiegende Mehrheit dieser ganzen Ländern, vor allem der dortigen Bevölkerung, will Entwicklung, will Fortschritt, will ein Hinaussehen über den eigenen Tellerand. Vor allem aber wollen sie ein Ende des ewigen Streits um das Öl, sowohl seitens der eigenen korrupten Cliquen als auch des internationalen, durch gewisse Großmächte gestützten Kapitals. Sie wollen sich sowohl über ihre eigenen Fähigkeiten, als auch über ihre Geschichte und ihre verschiedenen darin liegenden Chancen im Klaren werden und über ihre Perspektive und Entwicklungsmöglichkeiten selbst entscheiden. Dabei kommt dem weiblichen Teil dieser Gesellschaften als dem besonders unterdrückten eine wichtige und sehr fortschrittliche Rolle zu, wie man sowohl an der Türkei als auch Saudi-Arabien sehr gut studieren kann. Das ist etwas, was die Geschichte vorantreibt und die Reaktionäre auf der ganzen Welkt stört. Daher fördern sie lieber das Beharren auf dem Einmal Erreichten, bzw. diejenigen Kräfte die dieses repräsentieren. Auch unsere eigene Bourgeoisie in Deutschland und ihr militärischen und politischen Ausführungsorgane spielen in dieser Hinsicht eine sehr unrühmliche Rolle durch sämtliche etablierten Parteien hinweg.
Man soll übrigens nicht glauben, daß nicht selbst in Israel die Masse der Bevölkerung langsam die ewigen Konflikte mit dem palästinensischen Bevölkerungsteil und dessen mehr oder weniger fruchtbringenden politischen Exponenten satt hat, und nicht vielleicht endlich einen Modus finden möchte, wie man diesen Bevölkerungsteil integrieren kann und im Einverständnis mit diesem leben kann. Das bleibt nicht stehen, trotz bestialischer Erfahrungen auf beiden Seiten. Wenn die Ausbeuter meinen, daß die Geschichte sich in ihrem Sinne wendet, dann haben sie sich geirt.
Auch in der Türkei hat die Masse der Bevölkerung die ewigen religiösen und ethnischen Konflikte satt. Sie möchten auch nicht reduziert werden auf irgendeine religiöse Rangordnung oder auf eine ethnische Minderheit, welche sie ununterbrochen drangsaliert. Sie wollen den Fortschritt, ebenso wie die Mehrheit in diesen Minderheiten selbst auch. Sie wollen sich weiter entwickeln können, indem sie die verschiedenen Gegensätze auch im eigenen Land in einer für die Mehrheit annehmbaren Weise gelöst werden, und nicht ebenfalls permanent von den jeweils dominanten Cliquen für eigene separate Ziele genutzt und gegen die Übrigen ausgespielt werden. Es ist ein Irrtum (oder anders gesagt ein Ziel) des Imperialismus als auch regionaler Potentaten, daß man ewig derartige Konflikte schüren und für eigene Interessen ausnutzen kann. Irgendwann haben die Menschen es satt. Und gegenüber diesem Strom, gegenüber dieser sich zusammenballenden Macht werden auch ihre Drohnen und sonstigen immer ausgebucksteren elektronischen lethalen Waffen letztendlich nichts nützen. Das ist ein Entwicklungsgesetz: Jeder Widerspruch kommt zu Tragen. Daran kommt niemand vorbei.
Was soll man tun? Soll man abwarten, bis wieder überall verbrannte Erde entstanden ist, und ein Riesenrückschritt erzeugt worden ist? Nein. Wir sollten eine internationale Koalition zur Durchsetzung des Fortschritts der Gesellschaft zugunsten der Volksmassen überall auf der Welt gründen und es all denen, die sich dem entgegenstellen, zeigen. Die internationale proletarische Revolution bekommt man nicht auf einen Schlag. Da muß man unter Umständen auch schrittweise vorgehen. Den Fortschritt muß jedes Land auf der Welt auch selbst zu verteidigen bereit sein. Derartige Bestrebungen lauern auch überall. Das Problem besteht darin, diese zusammen zu fassen. Vielleicht sollte man eine Internationale für den gesellschaftlichen Fortschritt gründen. So eine Art Gegen-Uno. Mal sehen, wie die amerikanische und andere Regierungen großer und sich unschlagbar fühlender Staaten dazu zu sagen hätten. Es gibt so viele Möglichkeiten internationaler Kommunikation. Wieso sollten wir diese eigentlich nicht mal für uns ausnutzen?
Natürlich läuft das alles zunächst innerhalb der bestehenden bürgerlichen Schranken ab. Kommunikationsmittel befinden sich überwiegend in den Händen der Bourgeoisie und deren Institutionen. Was hindert uns aber daran, demgegenüber eine eigene internationale Kommunikation aufzubauen?
Das Kapital hat viele Gesichter und viele Nationalitäten. Es ist längst international. Und das sich Einschießen auf eine ganz bestimmte Gruppierung geht immer daneben. Das sollte man nicht nur aus der Geschichte, sondern erst recht aus den gegenwärtigen Erfahrungen lernen.
www.neue-einheit.com www.neue-einheit.de
Anmerkung
1 Was für ein soziales Konzept vertritt eigentlich diese AFD? Anläßlich gewisser Meldungen, daß diese angeblich inzwischen in den Umfrage bei zehn Prozent angelangt ist. Allem Anschein nach ist aber diese Clique, mal abgesehen von deren wirklich ungenießbaren Kontankten in die rechte Szene, gerade eben genau darauf aus, verschiedene Bevölkerungsteile gegen einander auszuspielen. Das sollte nicht zugelassen werden.