Internet Statement 2016-01

 

Fünf Jahre nach dem „Arabischen Frühling“

Die heutige Politik bezüglich des Mittleren Ostens steht in der Kontinuität alter Kolonialpolitik

 

 Wassili Gerhard   02.01.2016     

Während einerseits die modernen Kommunikationsmittel eine wichtige Rolle dabei spielten diese Revolutionen zu ermöglichen - was aber nur auf der Basis der inneren Widersprüche eine Wirkung haben konnte, keinesfalls kann man von einer künstlich von außen angefachten Bewegung sprechen, denn dies ist nur der allgemeine Trend der stärkeren Globalisierung, wie es überall wirkt - spielt heute vor allem der westliche Imperialismus seinen politischen Einfluß in einer extrem reaktionären Weise aus. Wie wird z.B. die Tendenz in Richtung moderne säkulare Staaten unterstützt, die ursprünglich eine wichtige Rolle spielte? In der gegenwärtigen Lage, und wie der Imperialismus in diese Lage eingreift, werden im Gegenteil archaische Strukturen aufpoliert.

Die Assad-Regierung, immer noch rechtmäßige Regierung des Landes und dazu eine religiös recht tolerante, wird immer wieder als das schlimmste Hindernis für eine Lösung in der Region dargestellt, während Kräfte wie Qatar und Saudi-Arabien, wobei letzteres auch noch einen Krieg gegen Jemen mit einer eindeutig religiösen anti-schiitischen Komponente führt, als wichtigste Verbündete „gegen den Terror“ gelten. In Saudi-Arabien, das auch wir seit langem mit hochrüsten, nur dadurch gebremst, daß Israel seine militärische Überlegenheit gewahrt sehen will, gilt es als Terrorismus, sich gegen den dortigen völlig rückwärtsgewandten wahabitischen Islam der überlebten Stammesaristokratie zu äußern, die von Ölgeld-Brosamen am Leben gehalten wird, die vom Tisch der Imperialisten herunterfallen, allerdings recht fetten. Im Namen ihres Wahns, eine völlig rückschrittliche Gesellschaft am Leben halten zu können, peitschen und steinigen sie, schlagen dutzendweise Köpfe ab. Jemand hat mal gesagt, wenn IS einen Staat hätte, dann wäre er wie Saudi-Arabien.

Wenn in Ägypten andererseits eine Militärdiktatur Moslembrüder zuhauf exekutiert, dieser Widerspruch wird in pragmatischer Weise ausgehalten, über diese Dinge wird aus Opportunismus eher am Rande geredet. Im Sinne des „Arabischen Frühlings“ ist auch das nicht. Aber vielleicht soll ja nach Syrien auch Ägypten dran sein, weil es noch nicht genügend destabilisiert ist? Ägypten ist immerhin auch eine alte Nation mit einer Jahrtausende alten Geschichte und paßt so nicht in die strategischen Pläne für die Region, nach denen angeblich die Grenzen relativ und künstlich seien. So wie nach dem Irak sozusagen Syrien „dran“ war, die Drohungen solcherart nach dem Irakkrieg sollten nicht völlig vergessen sein.

Wenn in Mali eine korrupte Oberschicht von Frankreich an der Macht gehalten wird, dann ist das wieder angeblich „Solidarität gegen den Terrorismus“? Ein Ghaddafi, dessen Regime immerhin auf eine antikoloniale Unabhängigkeitsbewegung zurückging, dem also erheblich mehr Legitimität zustand, mußte dagegen unbedingt weg, wahrscheinlich nicht zuletzt auch weil er Bestrebungen zu einer eigenständigen afrikanischen Entwicklung vertrat. Seine innere Ordnung war sicher auch in mancher Hinsicht zu kritisieren, aber doch immer noch besser als die von Qatar oder Saudi-Arabien. Die Kräfte im Inland, die ihn stürzen wollten, brauchten dafür jedenfalls Nato-Bomber und Qatarische Söldner, und seitdem sind Kräfte à la Al-Qaida oder IS dort massiv zugange, wie auffallenderweise überall im Gefolge von US-geleiteten oder -inspirierten Interventionen, selbst wenn sie mit dem Vorwand des Kampfes dagegen durchgeführt werden, und niemand hat ein Konzept, wie es mit diesem Land weitergehen kann. Aus einem schuldenfreien Land mit einem entwickelten Sozialwesen wurde ein „Failed State“. Aus versehen? Der kann dann immerhin schön Schulden bei den Banken machen, mit dem Öl als Sicherheit, was die Schuldscheine dann zu stabilen Wertpapieren macht, besser als so manches sonstiges fiktives Kapital in den Tresoren. Und das Land wurde ein Stützpunkt für die Destabilisierung von Nachbarregionen und -Ländern.

Statt daß dort schwarze Arbeiter Arbeit finden wie vorher, sind die jetzt in unsicheren Nußschalen als Flüchtlinge hierher unterwegs, (die gegen sie gerichteten bestialischen rassistischen Ausschreitungen in Libyen durch die herbeigebombten „Freiheitskämpfer“wurden auch beflissen ausgeblendet) wobei jetzt von den Gleichen Krokodilstränen vergossen werden, die dieses Elend mit eingerührt haben.

Ein solches Desaster wurde dort mit Hilfe der Nato-Flugzeuge herbeigebombt. Und nun sollen in Syrien, nachdem die Bombardierungen schon lange gehen und zu den Flüchtlingsströmen beigetragen haben, verstärkte Bombardierungen eine Lösung herbeiführen?

Die Kriegspropaganda schlägt absurde Purzelbäume: Wenn Assad Rebellengebiete bombardiert, in denen fanatisch religiöse Kräfte herrschen, die mit Al Kaida verbunden sind und eine barbarische Ordnung durchsetzen wollen, dann werden die zivilen Opfer hervorgehoben, während gleichzeitig verstärkte Bombardements gefordert werden, die natürlich dann ganz „präzise-chirurgisch“ nur die „Bösen“ treffen. Man muß nur allein an die Hochzeitsfeste denken, die von den „präzise-chirurgischen“ Drohnen getroffen wurden, um die primitive Kriegspropaganda zu widerlegen. Und wenn es sogar nur die terroristischen fanatisch religiösen Kräfte treffen würde, deren Aufkommen man seit Jahrzehnten gefördert hatte, bliebe es immer noch ein Verbrechen, solche Kräfte erst hoch zu züchten und dann wieder zusammenzubomben. Aber in Wahrheit treffen natürlich auch sie die Zivilbevölkerung und zerbomben die Wirtschaftsstruktur des Landes. Und dieses Resultat ist wahrscheinlich auch gewollt. 2012 wurden in Syrien riesige Ölvorkommen entdeckt. Ölreiche Staaten, die das Potential zur Entwicklung einer eigenen Industrie haben, läßt der Imperialismus in dieser Region nicht zu, denn dort ist ihm seine Dominanz besonders wichtig.

Wer erinnert sich übrigens noch an die Propagenda, die nur wenige Jahre zurückliegt, wo der „Kriegstourismus“ nach Syrien in folkloristischer Weise behandelt wurde, die Einrichtung von „Scharia-Gerichten“ als Anfang einer neuen Verwaltung dargestellt wurde, so z.B. in dem Tagesschau-Bericht vom April 2013 Reportage aus einem Scharia-Gericht. Die Milde der Justiz in Zeiten des Krieges, wo gefragt wird, ob diese Gerichte auch nach dem Sieg der Opposition so milde sein werden, während über damals schon stattfindende Enthauptungen und Kreuzigungen, ethnische und religiöse Säuberungen, geschwiegen wurde. Da formierte sich schon, was später als ISIS „entdeckt“ wurde. Aber da hatte man eben noch Hoffnung, mit solchen Kräften demnächst Assad wegzufegen und beschönigte ihren Charakter, pumpte Waffen und Ausrüstung in die Region, die vielfach heute bei IS gelandet sind, erlaubte solchen Kräften den Verkauf von Erdöl, den man Assad verboten hatte.

Der Imperialismus fördert seit langer Zeit offen und verdeckt bei verschiedensten Anlässen die rückwärtsgewandten Kräfte, die vorgeblich zu einem alten „islamischen Reich“ zurück wollen, das es seit vielen Jahrhunderten nicht mehr gibt und so wie sie es sich heute in ihrer Ignoranz vorstellen auch nicht gab. Oder wollen sie seine Karikatur, das Osmanische Reich, das ab dem 16. Jahrhundert etwa begann die Gebiete des alten Kalifengebietes zu erobern, nachdem es Richtung Europa nicht weiterkam, damit ebenfalls gleichsetzen, nur weil es sich nach der Eroberung von Mekka ebenfalls mit der Bezeichnung „Kalifat“ zu legitimieren trachtete? Erdogan will das vielleicht, aber das ist doch äußerst durchsichtig, daß da auch chauvinistische eigene Großmachtgelüste dahinter stecken. Wollen die Völker im Mittleren Osten wirklich wieder türkische Paschas?

Das alte Arabische Reich mit der Hauptstadt Bagdad kann niemand in der heutigen Welt wieder zurückholen. Es ist schon in der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts in der Eroberung und den Verheerungen der Mongolen endgültig untergegangen und war auch zuletzt innerlich zu schwach, sich dagegen wirksam genug zur Wehr zu setzen. Es war in verschiedene Reiche zerfallen, die bereits in einem krassen Widerspruch zu ihren Völkern standen und sich auf ausländische Söldner stützten.

In seinen Anfängen hatte es einen großen Aufschwung genommen, weil es den Völkern in den eroberten Gebieten Fortschritt und Entwicklungsmöglichkeiten gab, einen großen Raum für Verkehr und Gedankenaustausch von Indien bis Spanien schuf, die damaligen fortgeschrittenen Wissenschaften und Produktionstechniken förderte, also keine engstirnige islamistische Gleichschaltung betrieb. Seine Herrschaft war für viele der eroberten Völker, die schon lange unter fremder Oberhoheit gelebt hatten, eine erträglichere als die vorhergehende durch Byzanz oder das persische Reich. Wenn es auch schon von Anfang an Widerstand und Aufstände gab, auch das ist hier nicht zu verschweigen.Was die rückwärtsgewandten Kräfte, wie sie in Saudi-Arabien und Qatar oder bei ISIS hervortreten als neues islamisches Reich propagieren, das hat dagegen eher Ähnlichkeit mit der mongolischen Eroberung und ihrem Wüten gegen die damalige moderne Zivilisation, wie sie Städte und Kulturdenkmäler zerstörten und wissenschaftliche Bibliotheken verbrannten. Das kann großen Schaden anrichten, aber nichts Dauerhaftes Schaffen.

Und deshalb bedient sich der heutige Imperialismus auch letztlich dieser Kräfte. Es sind Kräfte, die ähnlich wie die Faschisten mit einer Doppeltaktik, wie sie bei reaktionären Kräften immer wieder zu beobachten ist, aus ihrer unterlegenen Stellung herauszukommen trachten. Sie machen sich einerseits zu Söldnern der Imperialisten bei der Bekämpfung von deren Rivalen oder von sie bedrohenden oder potentiell bedrohenden fortschrittlichen Kräften, die auch ihre Feinde sind, und versuchen im Zuge dieser Tätigkeit ihren eigenen Spielraum, ihre eigene Machtbasis zu erweitern, um dann stark genug zu werden, um nur noch ihren eigenen Zielsetzungen nachgehen zu können. So entsteht ein Doppelverhältnis von Kollaboration und Rivalität, das sich auch bis zur kriegerischen Auseinandersetzung gegeneinander entwickeln kann.

Natürlich lassen sich solche Kräfte dazu nutzen, auch in den westlichen Ländern Vorfälle zu schaffen, die den Vorwand für eigene politische Bestrebungen bieten.

Das wird sich nicht durchsetzen, denn es fordert den Widerstand der Milliarden auf der Welt heraus, und wer sind denn die Kräfte, die davon profitieren würden? Irgendwelche Religionsgelehrten von Gestern, die dem allgemeinen Analphabetismus nachtrauern, als sie noch mit ihrem Monopol der Kenntnis des Korans und der anderen schriftlichen religiösen Überlieferungen den Menschen unwidersprochen Vorschriften in jedem Bereich machen konnten? Potentaten und Möchte-Gern-Potentaten, wie sie mit Hilfe dieser Religionsgelehrten, denen sie fette Pfründe verschafften, in manchen Zeiten recht bequem herrschen konnten? -- Und deren Macht dabei verrottete, denn der Kampf der Massen für eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen ist ein wichtiger Motor des Fortschritts, der die herrschenden Klassen vor sich her treibt, und wer diesen Motor am effektivsten unterdrückt, bleibt dadurch in der Welt zurück, fällt der Verknöcherung anheim, und wird von außen niedergeschlagen, das hat sich schon vielfach gezeigt.

Deshalb sind diese reaktionären Kräfte innerlich schwach, auch wenn sie zu noch so blindwütigem Um-Sich-Schlagen ihre Zuflucht nehmen, um zivilisiertere und modernere Menschen zu schockieren, wie es aber auch bisweilen vom Imperialismus selbst praktiziert wird, der bei allen Reaktionären in der Geschichte Anleihen macht und deren Gedankengut fördert, auch wenn es in scheinbarem Gegensatz zum Kapitalismus steht. Ein solcher Antikapitalismus kommt ihnen gelegen, dient er doch auch bequemerweise mit dazu, Kräfte innerhalb der eigenen Klasse mit zu bekämpfen, die noch in Richtung Fortschritt gehen wollen, eventuell vom Druck der kapitalistischen Konkurrenz getrieben, oder weil sie dem Druck der Massen ausgesetzt sind. Und deshalb haben die Imperialisten, offen und versteckt, diese Richtung immer wieder gefördert und gedenken am Ende davon zu profitieren.

 

Im Mittleren Osten zum Beispiel haben sie erst die arabischen Völker zu Widerstand gegen die Osmanen angestachelt, als es ihnen für die Bekämpfung ihrer Feinde im Ersten Weltkrieg nützlich war, bei denen außerdem eine nationale Revolution von innen drohteAnmerkung, dabei vor allem die wahabitischen Sauds gefördert, während sie antikoloniale nationale Bewegungen, wie auch Bestrebungen zu mehr demokratischen Ordnungen zu allen Zeiten unterdrückt haben. Das osmanische Reich selbst hatten sie eine Zeit lang ökonomisch immer weiter abhängig gemacht, dabei auch dessen Existenz durchaus noch verlängert, wie sie ihnen auch gegen Opposition im Inneren halfen, weil es nicht durch eine neue Nationale Ordnungen abgelöst werden sollte und ihnen schließlich als Reife Frucht in die Hände fallen sollte. Die Fürstenhäuser wie die Sauds konnten sie nach dem Ersten Weltkrieg mit Pfründen und Königstiteln abfinden, (heute indem sie ihnen einen Anteil an den Ölprofiten lassen und sie gegen die großen Nationen der Region schützen, ähnlich wie auch z.B. Kuwait.) während ihnen die nationalen Bewegungen natürlich im Wege waren, bei ihrer längst vorher verabredeten kolonialen Aufteilung der Gebiete des ehemaligen Osmanischen Reiches. Und mit massivem militärischen Aufwand unterdrückten sie den nationalen Widerstand. Wie blind muß man sein um nicht zu sehen, daß es da eine Kontinuität bis heute gibt. Das zusätzliche Einpflanzen des direkt an den Imperialismus des Westens gebundenen Israel hat die Lage noch komplizierter gemacht und schafft immer wieder eine Situation von „weder Krieg noch Frieden“, bis hin zu Krieg. So ist für die fortschrittlichen Kräfte, auch solche, die eigentlich nur bürgerlichen Fortschritt wollen, dort eine Situation entstanden, wo sie immer wieder zwischen mehrere reaktionäre Mühlsteine geraten. Das Beispiel der palästinensischen Bewegung zeigt, daß dabei das Bündnis mit der inneren Reaktion in die Sackgasse führt. Umgekehrt, solange diese Bewegung das Ziel eines säkularen demokratischen Palästina verfocht, ging es mit ihr vorwärts, trotz mancher Rückschläge.

In Afghanistan förderte der USA-Imperialismus die Vorläufer und das Modell für die heutigen religiös verkleideten ultrareaktionären Banden, brachten sie in Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien und Pakistan damals Bin Laden in seine Führerposition, den sie dann später als den Popanz nutzten für ihre globalen imperialistischen Bestrebungen. Sie wissen ganz genau: Wo die Opposition gegen sie unter dem Einfluß solcher Kräfte steht, da wird ihre imperialistische Vormachtposition nicht wirklich ernsthaft in Frage gestellt, aber fortschrittliche Kräfte, die ihnen auf Dauer wirklich gefährlich werden können, werden von diesen barbarisch unterdrückt. Auch die Taliban wurden in Pakistan vornehmlich aus Waisenkindern des Krieges großgezogen unter der Schirmherrschaft des pakistanischen Geheimdienstes und mindestens wohlwollender Duldung, wenn nicht Unterstützung der USA.

 

Es gibt eine historische Kontinuität mit dem Kolonialismus, auch mit seinen pseudohumanen Vorwänden

Es gab 2015 noch ein anderes Jubiläum, an das nicht erinnert wurde: Die Berliner Konferenz 1885 über den Kongo jährte sich zum 130en Male. Damals kamen die großen Mächte auf der Welt überein, daß der Sklaverei im Kongo ein Ende gemacht werden müsse, als deren schlimmste Vertreter man die Araber ausmachte (deren Einfluß in Afrika man ausschalten wollte). Dabei regelte man gleich nebenbei noch die Aufteilung Afrikas in Einflußzonen für die Versklavung und Kolonisierung durch den europäischen Imperialismus. Der Kongo, als noch nicht endgültig aufgeteiltes Gebiet, sollte dem Belgischen König als seine Kolonie übergeben werden, damit er die dortige Bevölkerung vor Versklavung schütze. Was dabei herauskam war, daß der Kongo für ca. 75 Jahre eine Privatkolonie des belgischen Königs wurde, der das Land ausplünderte, praktisch alle zu seinen persönlichen Sklaven machte. Jeder Kongolese, vom Kind bis zum Greis, hatte sein Soll an Naturschätzen abzuliefern. Bei Unterschreitung gab es Strafexpeditionen, die zum Beweis ihrer Tätigkeit eine gewisse Anzahl abgehackter Hände vorweisen mußten, so daß Einwohner mit abgehackten Händen ein gewohnter Anblick wurden. Im Lande wurde nur genau soviel entwickelt, wie für die Ausplünderung und den Transport des Plünderungsgutes zu den Häfen unbedingt nötig war, einschließlich einer zahlreichen Soldateska zur Unterdrückung von Widerstand. Die Widersprüche zwischen den Stämmen waren in diesem Sinne auch zweckdienlich und wurden geschürt, indem man zum Beispiel für die Strafexpeditionen die Truppen aus rivalisierenden Stämmen rekrutierte. Das Entstehen einer nationalen Elite war nicht erwünscht. Alles von Bedeutung wurde von vornehmlich belgischen Kräften betrieben. Kongolesen mit Bildung gab es so gut wie keine. Bis heute leidet dieses Land unter den Nachwirkungen dieser „humanitären Bestrebungen“.

Ähnlichkeiten mit der heutigen „Menschenrechts“-Heuchelei und der tatsächlich stattfindenden Politik sind nicht zufällig.

 

 

 


1  Hier wiederholt sich auch ein Muster, das auch heute zu beobachten ist. Der „Kranke Mann am Bosporus“, wie die Herrscher des Osmanischen Reiches, das sich auch als ein Kalifat bezeichnete, damals genannt wurden, war zu jener Zeit wie eine reife Frucht, die ihnen bald in den Schoß fallen mußte. Die Imperialisten gingen direkt als Wirtschaftsberater in die Kolonien des osmanischen Reiches, so z.B. auch in Ägypten oder Persien, denen der Bankrott drohte, wo sie vor allem ihren Einfluß nutzten, eine schärfere Unterdrückung der demokratischen Bestrebungen zu fordern und dem in seinem Trott verlotternden Reich in diesem Sinne auf die Sprünge halfen. Wenn eine Revolution von innen droht, für deren Unterdrückung das alte Regime nicht mehr stark genug ist, durch die vielleicht eine neue lebensfähige und aufstrebende politische Macht entstehen könnte, dann „entdecken“ sie die Übelkeit des Regimes und blasen zu seiner Zerschlagung von außen, so daß sie die demokratischen Kräfte im Inneren besser niederhalten können, oder wenigstens durch Krieg deren Startchancen zu erschweren. Dieses Muster kann man immer wieder entdecken. Dadurch kommt es zu bekannten Widersprüchlichkeiten in der Propaganda, die bisweilen sehr frappierend sein können. Man macht aus Schwarz plötzlich Weiß und umgekehrt. Andererseits können sie sich auch verrechnen: Unter der Drohung des Unterganges sucht man im Lande nach Auswegen und daraus entstehen fortschrittliche oder gar revolutionäre Bestrebungen bzw. solche Bestrebungen erhalten ungeahnten Auftrieb. - zurück zum Text-

 

 

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