Internet Statement 2016-15
Ein paar Bemerkungen zu den Wahlprogrammen der AfD
Maria Weiß 28.02.2016
Das Gefährliche an der AfD ist, daß sie berechtigte soziale Forderungen mit ihrer völlig nach hinten gerichteten, stockreaktionären Zielsetzung verknüpft und obendrein sich von den Rechten überhaupt nicht abgrenzt und auch nicht bemüht ist sich davon abzugrenzen, eher das Gegenteil ist der Fall. Und genau das erinnert geschichtlich gesehen an das Aufkommen der NSDAP in den 1930er Jahren.
Und wenn man sich ansieht, wie gewisse bürgerliche Vertreter der CDU, beispielsweise Julia Klöckner, genau in diese Kerbe hinein stoßen, in einer Weise, die diese Kräfte bestärkt, dann läßt das nicht gerade Vertrauen in deren zukünftige Tätigkeit aufkommen. Im Gegenteil.
Wenn man sich das Wahlprogramm der AfD für die bevorstehenden Landtagswahlen (z.B. für Baden-Württemberg) anschaut, dann liest sich das Kapitelweise zum Teil fast wie eine Abschrift aus unseren Stellungnahmen, z.B. was die demografische Frage, aber auch die Einwanderungsfrage angeht, als auch einige andere untergeordnete Fragen wie zum Beispiel die sogenannte Homoehe oder das Gender-mainstreaming. Nun stellt sich aber die folgende grundlegende Frage. Was für ein soziales Konzept vertritt diese Organisation? Was für ein gesellschaftliches Konzept will sie durchsetzen? Greift sie die Ausbeutung an? Greift sie die Macht des Kapitals an? Nein. So kann man zwar im Grunde auch die anderen Dinge nicht außer Acht lassen, aber man muß sie eben entsprechend einordnen und auch in ihrer Durchsetzungsmöglichkeit entsprechend bewerten.
Erinnern wir uns: Der ganze soziale und kulturelle Niedergang der letzten zehn bis 15 Jahre beispielsweise vor allem in dem kulturellen, zwischenmenschlichen Bereich, das Ausmaß der an das Tageslicht gekommen Ausbreitung von Perversion und Mißbrauch von Kindern und Jugendlichen hierzulande in diversen gesellschaftlichen und kirchlichen Einrichtungen sind doch nichts anderes als Ausdruck eines verfaulenden Gesellschaftssystems. Das hängt ursächlich zusammen. Und diese Ursächlichkeit wird von der AfD völlig außer Acht gelassen. Ähnliches gilt auch für die Zuwanderungsfrage. Auch hier wird der grundsätzliche Widerspruch zwischen ausbeutenden und ausgebeuteten Nationen, der inzwischen die gesamte Welt auseinanderreißt, einfach weggelassen. Das kann man aber nicht, denn in diesem Kontext bewegt sich ja auch die ganze Flüchtlingsfrage.
Im Grunde ist die Substanz des ganzen Programms der AfD, egal ob zur Landtagswahl oder zum gesamten Bund, eine des Nach hinten Schauens, eines Zurück zu früheren Verhältnissen, das es nicht geben kann, denn die Widersprüche entwickeln sich weiter, und zwar sowohl im Land als auch weltweit, und in diesem Zusammenhang, in dieser Verbindung verschärfen sie sich auch in unserem Land weiter, und ein Zurück-Gehen zu alten Verhältnissen ist völlig aus der Welt.
Von daher ist es auch überhaupt nicht verwunderlich, daß diese Organisation gegenwärtig wie ein Magnet vor allem auf in der Gesellschaft nach Hinten guckende Kräfte wirkt.
Von der sozialen Ungleichheit in der Gesellschaft, dem Ausbeutungsverhältnis, von dem jeder Werktätige betroffen ist, wird überhaupt nicht gesprochen, geschweige denn von der Möglichkeit der Überwindung dieses gesellschaftlichen Ausbeuterverhältnisses. Das kann man aber gar nicht weglassen, ebenso wenig wie die internationale Ausbeutung, welche damit verkoppelt ist, ohne zugleich die Gesellschaft zu betrügen, da sich dieses Ausbeutungsverhältnis in allen Fragen, nicht nur in der Flüchtlingsfrage, sondern auch im täglichen Leben überall bemerkbar macht und durchzieht.
Diese Kräfte glauben aber, daß sie damit weiterkommen, wenn sie beispielsweise alle möglichen Erscheinungsformen der Degeneration in diesem System attackieren, das System selber aber unangetastet lassen, das heißt sie betreiben im Grunde gesellschaftlichen Betrug. Ein Zurück in eine kleinbürgerliche Idylle, wie diese Kräfte es sich wünschen, ist vorbei. Das wird auch nicht mehr zurück kommen, dafür ist die Verschärfung der Widersprüche der internationalen Entwicklung vor allem viel zu weit vorangeschritten. Und das ist auch gut so. Das kleinbürgerlich-rückständige Deutschland, mit einer Bourgeoisie, die von der Ausbeutung der ganzen Welt profitiert – das ist vorbei und auch das einer Mittel- und Kleinbourgeoisie, welche sich an deren Rockzipfel klammert um mit zu profitieren. Derartige Verhältnisse werden von der gegenwärtigen Verschärfung mit Sicherheit erfaßt werden. Eine Idylle, wie die AfD sie ausmalt, die kommt nicht wieder, und zwar zu recht.
Ein solches Sich-Loslösen von der gesellschaftlichen Basis, wie es diese Kräfte vertreten, kann niemals ein gesamtgesellschaftliches Konzept sein. Ein solches rechtes Kleinbürgertum, allenfalls noch Bürgertum, was hier Widerstand leistet, kann niemals die Widersprüche erfassen, weder die nationalen noch die internationalen. Es stützt sich aber zugleich auf sehr zweifelhafte gesellschaftliche Kräfte wie Rechte Kreise von NPD bis Hooligans und offene Neo-Nazis, welche mit ihren längst verworfenen Vorstellungen allein niemals durchkommen könnten. Darin liegt eine erhebliche Gefahr, zumal es ganz offensichtlich von ausländischen Kräften ausgenutzt und unterstützt wird, um eigene dubiose Macht-Interessen zu verwirklichen. Man nehme nur den so genannten Front National in Frankreich, aber auch den russischen Präsidenten Putin, welcher offen oder verdeckt seit Längerem die Rechte Szene in Deutschland favorisiert und füttert.
Diese diversen Umstände und Gesichtspunkte sollten, sofern man sich überhaupt mit der AfD - Programmatik befaßt und auseinandersetzt, unter keinen Umständen außer Acht gelassen werden.
Zu einigen Einzelpunkten:
Die sogenannte "Alternative für Deutschland" vermittelt ein überholtes Familienbild, was heutzutage nicht mehr up to date ist und verschweigt dabei, daß gerade für Alleinerziehende in diesem Land schon seit Jahrzehnten die Situation so ist, daß man sich das drei oder vier Mal überlegen muß, ob man sich ein Kind überhaupt leisten kann. Die alte Familie, (Vater, Mutter, Kind(er)), wie sie das hinstellen, die existiert nicht mehr, und die wird in dieser Form auch nicht wieder kommen, weil die Entwicklung der Gesellschaft inzwischen darüber hinweg gegangen ist. So etwas als angebliches Vorbild hinzustellen erweckt ein falsches Bild. Oder haben sie etwa vor, das wieder zu installieren, das mal als mindestes, oder gar per Zwang?
Es ist überhaupt nicht so, daß viele Menschen in diesem Land nicht gerne mehr Kinder hätten. Aber was sie zugleich wollen, ist eine moderne Gesellschaft, nicht aber in überholte Verhältnisse zurückgestoßen werden. Das tut man auch nicht und daher ist die Zahl der Alleinerziehenden ständig am Wachsen. Und diesen Menschen geht es dreckig, in diesem Land, das ist eine bekannte Tatsache. Wo ist davon in dem Programm der AfD die Rede?
Selbstverständlich ist es richtig, daß nur ein Mann und eine Frau zusammen ein Kind hervorbringen können, jedenfalls im Normalfall. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, welche nur durch das massive Anwachsen und Propagieren von Perversion in diesem Land extra betont werden muß, als wenn darin sonstwas für eine Erkenntnis steckt.
Entscheidend sind die sozialen Verhältnisse, und die sind in diesem Land seit Jahrzehnten – egal ob in der alten westdeutschen Bundesrepublik als auch in der früheren DDR – entsprechend mies gewesen (wobei man in der DDR wenigstens die Berufstätigkeit nicht aufgeben mußte, als Alleinerziehende, sondern man konnte das mit der Kindererziehung verbinden.)
Wie verlogen muß man eigentlich sein, um derartige elementare Fakten zu übersehen? Oder einfach nicht zu behandeln.
Insgesamt betrachtet stellt die sogenannte "Alternative für Deutschland" überhaupt gar keine Alternative dar, die in irgendeiner Weise überhaupt in Betracht zu ziehen wäre, mal abgesehen von deren Liebäugeln mit dem rechten Bodensatz und die unklaren Kategorien in dieser Hinsicht. In ihren übrigen kleinbürgerlich beeinflußten Programmpunkten verzichtet sie obendrein auch noch auf die wichtige Produktivkraft der Kernenergienutzung und reiht sich damit ein in die grüne und CDU- Reihe der nach hinten blickenden Kräfte in dieser Gesellschaft. Mit was will diese Partei eigentlich hervor ragen? Was soll denn eigentlich bei denen "wählenswert" sein?