Internet Statement 2016-20
Maria Weiß 15.03.2016 Wenn man sich mal ansieht, was diese ganzen Staaten
für Schulden haben– alle haben sie welche, mehr oder weniger – dann gewinnt
man den Eindruck, als verpfändeten sie ihre eigene Bevölkerung mit diesen
Schulden. Man sollte sich wirklich überlegen, ob man solche verbrecherischen Ideen (Vorschläge) nicht ahndet und solche Leute, die so etwas überhaupt vorbringen zunächst mal aus der internationalen Gemeinschaft ausschließt. Was soll denn noch alles passieren? Erst bombt man das ganze Land kaputt, entzieht den Menschen ihre Lebensgrundlage, zerstört alles, sodaß die Menschen fliehen zu großen Teilen, und dann dürfen sie in ihrem eigenen Land eine einzige Stadt gebaut bekommen, wo sie dann leben dürfen! Wirklich, das dürfte einmalig sein, ein solcher Vorschlag. Wirklich nicht einmalig aber ist die Reaktion von Politikern u. a. unseres Landes, die das mit Begeisterung aufgreifen: Ja, ja, so machen wir das! Nein. Da muß wirklich noch ganz etwas anderes passieren, damit diese Art von Machenschaften beseitigt werden können. Gewußt wie …man die Anderen über den Löffel barbiert! Frau Merkel will zwar keine Obergrenze, aber Flüchtlinge aufnehmen, zum Beispiel aus Griechenland, will sie auch nicht. Was ist das denn? Kündigt sich hier jetzt etwa die nächste „Wende“ an? Es gibt ein Sprichwort, und das heißt: „Gottes
Mühlen malen langsam, aber unendlich fein.“ Und daran ist natürlich
nicht der Gran von Idealismus interessant, sondern das, was es materiell
bedeutet. Darin steckt nämlich eine Wahrheit, und zwar die, daß
diese an das Tageslicht kommt, selbst wenn es ein bißchen länger
dauert. Man muß eben zuweilen erstmal die Dinge vom Kopf auf die
Füße stellen, um voran zu kommen.
Die Flüchtlinge selbst aber sind offenbar das Allerletzte, was die Vertreter gewisser Regierungen interessiert. So wurde berichtet, daß Erdogan schon vor Wochen damit gedroht haben soll, Flüchtlinge einfach in Busse nach Europa zu setzen! Was hier passiert ist, daß mit einer unglaublichen Frechheit mit Menschen herum gespielt wird und jeweils die entsprechende Macht, die da was zu sagen hat, damit pokert, um für sich selbst den größten Gewinn dabei heraus zu schlagen.
Zur Frage von Integration Um wirklich integrieren zu können muß man erstmal anerkennen, daß es gegensätzliche Seiten gibt. Oder auch nur verschiedene Seiten. Was man eigentlich integrieren will, das sollte man doch wissen, und zwar vorher. Weiß man das aber gar nicht, tut aber so als wenn man es wüßte und fängt gleich mit dem sogenannten integrieren an, dann kann daraus sowieso nichts werden. Das zeigt auch die Geschichte unseres eigenen Landes, die Geschichte der letzten zwanzig bis dreißig Jahre ist da nur allzu deutlich. Differential und Integral – egal ob in der
Mathematik oder in der Gesellschaft – sind gewissermaßen zwei
Seiten einer Medaille. Vergißt man eine davon, geht die Sache schief.
Warum das ganze Gerede der Bourgeoisie in diesem Land von der angeblichen Integration eine Lüge ist. Sieht man sich die Geschichte in unserem eigenen Land an, zum Beispiel die neuere Geschichte der letzten 50, 60 Jahre, dann kann man sich doch fragen: wie ist denn das hier gelaufen? Die Entwicklung sowohl der eigenen Bevölkerung als auch derjenigen Bevölkerung, die man von anderen Ländern und anderen Kulturen hereingeholt hat? Gibt es da eine Integration oder gibt es eine Segregation? Das ist zwar differenziert zu betrachten, denn das ist nicht überall gleich, aber in vielen Großstädten, nehmen wir zum Beispiel Berlin oder auch die Großstädte im Ruhrgebiet oder auch Frankfurt am Main, da muß man sich fragen: wie sieht die Integration eigentlich dort aus? Was Berlin betrifft, so kann man dazu sagen, daß es hier eben verschiedene Bezirke gibt, nicht kleine sondern zum Teil sehr große, in denen das nicht so sehr nach Integration aussieht, sondern eher nach einer zum Teil recht krassen Segregation der Bevölkerung. Das ist schön, wenn man meint, das sei integriert, was in Neukölln beispielsweise der Fall ist oder im Wedding oder in Moabit, wenn bereits mehr als 90 Prozent der Bevölkerung von anderswo sind, und auch die Nachkommen von woanders sind. Wo will man da von Integration sprechen? Wer hat sich da eigentlich in was integriert? In eine ursprüngliche Bevölkerung, die langsam wegstirbt? Man findet dort auf der Straße vor allen Dingen Menschen aus den verschiedensten Ländern und Kulturbereichen verschiedener Altersgruppen. Was man vom eigenen ursprünglichen Kulturbereich und den eigenen Menschen findet, das sind zu 90 Prozent alte Leute. Was für eine feine Integration! Das ist natürlich keineswegs überall gleich in diesem Land. Vor allen Dingen in den Gebieten des ehemaligen Westen ist es der Fall, und zwar in ziemlich krasser Form. In den früher vom Osten dominierten Gebieten ist es weniger der Fall. Dort ist allerdings der Widerstand gegen die gegenwärtige Flüchtlingsinvasion - ob es jemand paßt oder nicht, ich benutze diese Bezeichnung auch, weil es eben eine ist, dank Frau Merkel - am stärksten, hat sich überhaupt dort erst entwickelt.
Dieser millionenfache Zustrom führt hier gewissermaßen zu einem Aufeinanderstoßen sehr verschiedener Kulturen. Daß das nicht einfach so abgeht mit dem integrieren, jedenfalls da nicht, wo die hiesige Kultur noch stark verwurzelt ist, das kann man sich denken. Damit muß man rechnen, und zwar vorher und nicht hinterher.
Anderer Punkt: Was sollen diejenigen Menschen eigentlich machen, die mit der gegenwärtigen Politik zutiefst unzufrieden sind? Pegida oder AFD sollten sie sich möglichst nicht anschließen, aufgrund von deren mangelnder Differenzierung von Rechten und Neonazis. Aber wo dann? Die Linkspartei ist voll auf Regierungskurs, die Grünen sowieso. Was soll man also machen, wen kann man überhaupt noch wählen? Passivität ist keine Alternative. Gewisse Leute sehen das offenbar, siehe der Name, den sie sich gegeben haben. Und wir? Wir können zwar Analysen leisten und gute Tips geben, aber wir stehen am Rand. Wir liefern zwar die Analysen, aber wir haben nichts davon. Und diejenigen, die etwas dagegen machen wollen, die haben auch nichts davon. Wie kann man das denn ändern? Schaut man sich unsere Stellungnahmen aus der zweiten Hälfte des letzten Jahres zum Beispiel an, dann sieht man: wir machen hier die klugen Analysen, aber Andere ziehen daraus auf ihre Weise den Nutzen, setzen sie auf ihre Weise in die Praxis um. Das ist sehr, sehr unbefriedigend und muß sich ändern.
Zur Frage der Nation Man kann doch nicht die ganze Entwicklung von Nationen einfach wegwischen und so tun, als wenn das nichts wert wäre, wie manche pseudo-revolutionären Kräfte es machen. Sie heben nur das Proletariat als die bedeutende geschichtliche Kraft hervor, als die Zukunft der Menschheit, welche es natürlich auch ist. Aber ganz so einfach ist es eben nicht, und vor allen Dingen ist es nicht eindimensional zu behandeln und auch nicht gradlinig. Wenn man das so angeht, dann ist man Metaphysiker und Idealist, und das ist bekanntlich reaktionär. Die verschiedenen Nationen, nicht nur die in Europa, sondern die auf der ganzen Welt beinhalten so viel an Geschichte, an kultureller Entwicklung, an Durchsetzungsvermögen und an Werten, die geschaffen worden sind, daß es einfach völlig ignorant ist, das einfach wegzuwischen. Sicherlich wird es irgendwann mal so etwa wie eine Weltgesellschaft geben. Das ist jedenfalls sehr wahrscheinlich, aber das entsteht nicht auf einen Schlag und vor allem entsteht es auf gar keinen Fall in einer solchen Weise, daß man die bislang sich in den verschiedenen Nationen herausgebildete Kultur, ihre kulturellen und wissenschaftlichen und sozialen Erfahrungen und Erkenntnisse einfach wegleugnet. Das würde überhaupt nicht funktionieren. Sieht man sich jedoch manche der heutigen Ausarbeitungen an, über den Begriff des internationalen Proletariats, dann muß man dazu sagen: ja, sicher, in gewissem Sinne gibt es das natürlich auch heute schon und es gibt es um so mehr, je weiter die Globalisierung des Kapitalismus dies vorantreibt. Aber das ist eben nicht alles. Dieses internationale Proletariat muß auch seine Struktur finden, und es muß seine Möglichkeiten finden, sich weiter zu entwickeln. Man kann doch nicht alles, was in dieser Hinsicht in den verschiedenen Ländern bislang existiert, einfach wegwischen. Dabei sind die verschiedenen Nationen auf der Welt, oder auch Staaten, wie auch immer man es nennen will, auf den verschiedenen Kontinenten aus derart verschiedenen historischen Zusammenhängen heraus zustande gekommen, daß es völlig ignorant ist, das alles einfach über einen Kamm zu scheren. Wie und in welcher Form sich eine solche internationale Gesellschaft formiert, das ist doch noch keineswegs alles absehbar. Das wird sich erst im Laufe der Entwicklung, im Laufe der Verschärfung der Widersprüche und daraus folgenden weiteren Revolutionen oder auch Kriegen herauskristallisieren. Davon auszugehen – wie das hier Manche versuchen - daß diese Flüchtlingswellen aus den verschiedenen afrikanischen Staaten, aus dem Mittleren Osten, aus asiatischen und vorderasiatischen Staaten sozusagen als eine Art Vorläufer einer solchen Weltgesellschaft zu sehen sind, ist absurd. Und deswegen darf man auch nicht die Zusammenhänge, aus denen diese Menschen kommen, die sozialen oder auch religiösen Anschauungen oder Gewohnheiten, die sie mitbringen und die sich zum Teil auch erheblich von den hiesigen unterscheiden, ignorieren. Das würde zu einer völligen Auflösung der bisherigen Gesellschaften in Europa führen, zu einem Gegeneinander, einen gegenseitigen Sich-Zerhacken, zu einer Art Chaos, aus dem nur bestimmte internationale Großmächte und Potentaten, die ohnehin überall aus dem Chaos, welches sie selbst anrichten, zu profitieren trachten und ihren Honig ziehen. Es gibt solche Kräfte, die daraus international spekulieren. Sie sind hinreichend bekannt. Denen nachzugeben, indem man sie ignoriert, ist so etwas von dumm. Und das wird auch keinen Erfolg nach sich ziehen. Es hat weder mit der revolutionären Theorie von Marx und Engels noch mit der von Lenin oder Mao Zedong und auch nicht irgendeiner anderen in der Folge auch nur irgend etwas gemein. Im Gegenteil, es führt zu dem, was der vorgebliche Gegner, der Imperialismus will und für die Fortsetzung seiner Ausbeutung benötigt: eine Segregation, eine Zerhackung bestehender Gesellschaften, eine Art De-Kultivierung selbiger, zum Beispiel auch der europäischen Nationen. Die große Umwälzung in dem Milliardenland China hat sich niemals a-historisch vollzogen. Mao Zedong beispielsweise, auch andere, haben immer die verschiedenen historischen Komponenten, die bei der Herausbildung und Entwicklung der chinesischen Nation, ihrer Kultur, ihrer Sitten, ihres historischen Hintergrundes eine Rolle gespielt haben, auch für die chinesische Revolution in Form einer kritischen Auseinandersetzung Wert gelegt. Das kann man auch gar nicht anders machen. Soll man denn all das, was in der Vergangenheit erarbeitet wurde, geschaffen wurde, an Erkenntnissen gesammelt wurde ignorieren und wegwerfen? Um wessen Willen denn? Für was eigentlich? Daß so etwas zu vertreten ein nihilistisches, reaktionäres, konterrevolutionäres Konzept von Kräften, die Zerstörung wollen, darstellt, liegt auf der Hand. Diese Richtung stellt aber seit eh und je eine Schwäche in der revolutionären Bewegung dar und muß überwunden werden. Es ist ja richtig, zu vertreten: der Arbeiter hat kein Vaterland. Aber in welchem Sinne denn nicht? Im Sinne dessen, daß es in den Vaterländern und heute vor allem auch international bislang eine ausbeutende Klasse gibt, welche die Arbeiter in diesen Ländern untereinander zu spalten trachtet und gegeneinander auszuspielen versucht. In diesem Sinne ist es richtig, das zu vertreten. Nicht aber im Sinne der kulturellen, wissenschaftlichen, geschichtlichen und sozialen Errungenschaften, welche bei den verschiedenen Menschen auf der Welt, den verschiedenen Proletariern dieser Gesellschaften, welche alle zusammenwirken sollen und wollen, gegen das internationale und nationale Ausbeuterunwesen, eine Rolle spielen. Das kann man nicht einfach wegleugnen. Im Gegenteil, man muß diesen Unterschieden gerecht werden, man muß es zum Austausch und zur Weiterentwicklung nutzen, zum wechselseitigen Vorteil. Und das wird man auch brauchen, da man sonst den Zusammenhalt, das Zusammenfinden egal welcher Proletarier welcher Gesellschaft überhaupt gar nicht erst bewerkstelligen kann. Wie soll es denn möglich sein, zu einer Art Leitung einer internationalen Bewegung der Arbeiter, zu einer Art Weltgesellschaft überhaupt zu kommen, wenn man schon die einzelnen Kulturen gar nicht kennt, sie gar mit Füßen tritt? Das kann niemals funktionieren. Auch in dieser wie in allen anderen Fragen ist das Eins teilt sich in Zwei als Methode unverzichtbar. Falsches muß verworfen werden, damit Richtiges entstehen kann. Und da die Menschen verschieden sind, verschiedene Entwicklungen durchgemacht haben, wird es in dieser Hinsicht noch einen recht komplizierten Kampf, ein recht kompliziertes Miteinander Streiten geben, bis so etwas wie eine Weltgesellschaft sich überhaupt durchsetzen kann. Manchmal ist es schon schwierig, sich von etwas abzugrenzen. Noch weitaus schwieriger aber kann es sein, sich zu vereinigen, auf der richtigen Grundlage und in wechselseitiger Überzeugtheit. Manchmal dauert so etwas ein ganzes Leben lang – oder auch kurz, je nach dem.
Die jetzige internationale Fluchtbewegung – Vorbote einer internationalen Weltgesellschaft? Das Lied: Völker hört die Signale, auf zum letzten Gefecht, die Internationale erkämpft das Menschenrecht ist ja grundsätzlich richtig. Aber es kann noch ein Weilchen dauern und viele, viele Zwischenstufen beinhalten. Und wie sie aussehen werden und mit was für Kriegen sie einhergehen, oder auch Notwendigkeiten, wieder von vorne anzufangen, das weiß heute niemand. Die Widersprüchlichkeit auf der ganzen Welt spricht allerdings in dieser Hinsicht eine sehr beredte Sprache. Sowohl Idealismus – ein sich Loslösen von der Wirklichkeit, als auch Metaphysik – einseitige Verlängerung eines einmal erreichten Zustandes sind Instrumente der Bourgeoisie, der Ausbeuterklasse. Das Proletariat aber sollte an der revolutionären Dialektik, der Lehre vom „Eins teilt sich in Zwei“ unbedingt festhalten. Es ist übrigens auch von Nutzen, dies in der alltäglichen Praxis im Auge zu behalten. (Zusatz.) Sogar die Nazis haben sich die bestehende Kultur des eigenen Landes partiell zunutze gemacht, um ihren Barbarismus zu verwirklichen und es zugleich zugrunde zu richten. Auch so etwas gibt es. Und es ist mit Sicherheit nicht das letzte Mal gewesen, und es ist auch mit Sicherheit nicht so, daß deren Barbarismus und Brutalität nicht noch zu überbieten wäre. Schaut man sich beispielsweise an, mit welcher Selbstverständlichkeit der USA-Imperialismus, die heutige US-Regierung es sich herausnimmt, zum Beispiel in Afrika einfach mal so eben 150 Menschen zu erledigen, per Drohne versteht sich, allein auf den Verdacht hin, daß dort vielleicht ein Anschlag geplant wird, dann weiß man, was alles möglich ist. Diese 150 Menschen, die vielleicht in ihrer Mehrheit gar nichts dafür können, die wachen nicht wieder auf. Die sind weg, ausradiert von einer Macht, die sich alles herausnimmt. Was ist, wenn so etwas Schule macht und zum Alltag würde? Von wegen daß der Nazismus das Letzte gewesen ist, an Brutalität und nicht zu überbieten wäre. Die Zahl der Opfer US-imperialistischen Weltmachtstrebens geht bereits jetzt in die Millionen. Man nehme nur mal die neuere Geschichte, die diversen Mittelostkriege, den Jugoslawienkrieg. Und wenn man die gegenwärtig zunehmende internationale Verschärfung dieser „Supermacht“ mit anderen wie beispielsweise China oder auch Rußland ansieht, dann weiß man, was alles noch kommen kann. Es wird noch ein hartes Ringen, und kein Mensch weiß, wie viele Jahrzehnte oder Jahrhunderte es dauern wird. Sollen doch die Grützköpfe gewisser Pseudolinker nicht so tun, als wenn die jetzige Flüchtlingswelle etwa bereits den Sozialismus im Anmarsch bedeutet. Mit Billigstblaupausen kommen wir nicht voran. Da ist schon ein bißchen mehr gefragt.
Wenn der russische Präsident Putin zum Beispiel
in der Frage der Lostrennung verschiedener Nationalitäten sein Unverständnis
gegenüber Lenin bekundet, dann zeigt es, daß er eben genau
die revolutionäre Dialektik nicht verstanden hat. Um eine enge Verbindung
zu verwirklichen bedarf es vor allen Dingen der Freiheit dieses zu tun
oder eben auch nicht zu tun. Wenn Rosa Luxemburg gesagt hat: „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“, dann darf man nicht vergessen, daß dieser Andersdenkende auch der Feind der eigenen Freiheit sein kann. Das ist also nicht absolut zu verstehen, sondern es hängt davon ab, wessen Freiheit erkämpft werden soll und wessen zu diesem Zweck unterdrückt werden muß. Man ist eben das, was man ist und das spielt eben auch dafür eine Rolle, wie man kämpfen kann und wie eben vielleicht auch nicht. So manche Resultate muß man dann eben auch als Buße für den Rest seines Lebens ertragen. Ich für meinen Teil habe jedenfalls in dieser Hinsicht meine Lektion gelernt. Hartmut Dicke hat mich schon 1977 kritisiert, ich sei zu langsam und gemeint, die Reaktion müsse ihn mit mir verbinden, um ihn aufzuhalten. Das hat sich in einer ganz makabren Weise bestätigt: In der Tat, ich war zu langsam. Noch zwei Tage vorher hatte er mich davor gewarnt, daß die Reaktion versuchen würde, uns gegeneinander auszuspielen. Genau das ist an dem besagten Sonntag abend der Fall gewesen, wo ein anderes Mitglied unserer Organisation eine Art initialisierende Funktion eingenommen hat für einen Streit zwischen mir und ihm, der eigentlich vollkommen überflüssig gewesen ist und genau zu eben diesem Zerwürfnis geführt hat, die sonst niemals eingetreten wäre, die dann verhindert hat, daß ich am entscheidenden Punkt ihm hätte zu Hilfe kommen können.
Zurück zur Nationalen Frage. Ich selbst zähle auch zu Denjenigen, die relativ lange gebraucht haben, um diese Frage zu verstehen. Für mich stand immer die soziale Widersprüchlichkeit im Zentrum. Aber die soziale Widersprüchlichkeit entwickelt sich nicht im luftleeren Raum. Sie entwickelt sich in konkreten gesellschaftlichen Verhältnissen. Sie entwickelt sich in verschiedenen gesellschaftlichen Formationen und diese präsentieren sich wiederum in unterschiedlichen gesellschaftlichen Einheiten, die man auch als Nationen bezeichnen kann. Die Herausbildung der Nation stellt einen gesellschaftlichen Fortschritt dar, keinen Rückschritt. Denn diese überschreitet gewissermaßen die Schranken der Ethnie und schafft einen übergreifenden wirtschaftlich-kulturellen sozialen und geschichtlich gewachsenen Zusammenhang. Seinen bislang konzentriertesten Ausdruck fand dieser geschichtliche und soziale Fortschritt in der französischen Revolution von 1789, welchem in der darauffolgenden Epoche vor allem des neunzehnten Jahrhunderts auch andere Staaten in Europa folgten und sich als Nation konstituierten, als moderner Nationalstaat. Seitdem haben sich die gesellschaftlichen Widersprüche in ihrer Differenzierung weiter entwickelt und längst ist es zu neuen Formationen dieses gesellschaftlichen Modells gekommen. Die kommunistischen Revolutionen in Rußland als auch in China sind dafür ein Beispiel, wenngleich auch hier die Dialektik der Geschichte gegriffen hat und es zu Rückschritten gekommen ist, aber auch zu neuen Entwicklungen geführt hat und führt. Das heißt überhaupt nicht, daß zeitweilige Rückschritte unumkehrbar sind. Das wäre ein reaktionäres Geschichtsverständnis, so wie es reaktionären Klassen und Verhältnissen eigen ist. Die heutigen Besitzverhältnisse, welche inzwischen eine globale Dimension erreicht haben, und nicht nur das was einen bestimmten Teil des Kapitals, nämlich den spekulativen Teil betrifft, beweisen, daß weitere Umstürze unvermeidlich auf der Tagesordnung stehen. Der Widerspruch zwischen Überbau und Basis verschärft sich mit zunehmendem Maß, auch global und findet in seinen verschiedenen Ausdrucksformen auch durch einzelne Nationen bedingt seine Manifestation und Charakteristik. Das US-Kapital, welches zugleich am meisten zerstörerisches Potential auf seiner Seite konzentriert hat, stellt auch die abgehobenste Form desselben dar, wenn gleich dieser Widerspruch auch in anderen großen oder kleineren Nationen oder Zusammenschlüssen von selbigen seinen Ausdruck findet. Die Einteilung, welche Mao Zedong vorgenommen hat, in drei Teile, in erste, zweite und dritte Welt ist gewissermaßen immer noch vorhanden, insofern als die erste Welt eben vor allem durch das globale Finanzkapital repräsentiert wird, welches vor allem seine Konzentration in den USA findet, die zweite Welt der dazwischen liegenden Staaten wie Europa, auch Rußland und andere Staaten. Bei China ist man sich nicht so ganz sicher zu welcher Kategorie das heute zu zählen ist. Das ist vielleicht auch noch nicht völlig entschieden. Und die dritte Welt, die Welt der afrikanischen, asiatischen und südamerikanischen Staaten, jedenfalls in ihrer Mehrheit, welche sich in der Entwicklung befinden, allerdings teilweise auch in einer kapitalistischen. Diese Differenzierung zu beachten ist wichtig, um eine internationale Strategie des Fortschritts auch heutzutage entwickeln zu können. Das Finanzkapital als das am meisten abgehobene Kapital, welches die Ausbeutung der gesamten Welt am meisten zum Ausdruck bringt und von dieser profitiert, konzentriert sich immer noch vor allem in den USA, was auf der anderen Seite jedoch nicht bedeutet, daß parasitäre Erscheinungen nicht auch in anderen Staaten – man nehme Rußland, China und andere, auch europäische Staaten, die EU als Ganzes sind davon betroffen und damit mehr oder minder verwoben – die Oberhand gewinnen könnten. Die heutige Welt ist kompliziert. Für die revolutionären Ambitionen gilt, diese Kompliziertheit richtig zu erfassen und in ihre Strategie einzubeziehen, um richtige Entscheidungen darüber zu treffen, in welche Koalitionen man sich begeben kann und welche man besser vermeidet oder gänzlich ablehnen muß. Die gegenwärtige afrikanisch-arabisch-asiatische Wanderungsbewegung Richtung Europa stellt gewissermaßen ein Novum dar, wobei noch nicht klar ist, wie dieses zu bewerten ist und wie man sich damit verbinden kann oder auf der anderen Seite auch wird kritisieren müssen. Das ist kompliziert und stellt die Revolution vor neue Aufgaben. Grundsätzlich aber ist doch hier die Fragestellung erlaubt: Warum sollten denn diejenigen Kräfte, die den sozialen Fortschritt wollen, ihren Kontinent verlassen, um diesen woanders zu erreichen? Warum kann man nicht versuchen, diesen auf dem eigenen durchzusetzen? Europa ist in gewisser Weise ein sterbender Kontinent, was sich vor allem an der Bevölkerungsentwicklung nicht nur in Deutschland manifestiert. Warum also sollen Kräfte von woanders einen Kontinent wieder zum Leben erwecken, der sie jahrhundertelang ausgebeutet und sozial zurückgeworfen hat, anstatt den eigenen zu entwickeln? Aber vielleicht sollte man einfach beides versuchen, in gegenseitiger Unterstützung! Oder ist etwa die gegenwärtige Klassendifferenzierung eine kontinentale geworden? Die Frage, wie man diesen neuen Herausforderungen gerecht werden kann, ist doch eine, die eigentlich alle fortschrittlichen Kräfte bewegt.
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