Internet Statement 2016-34

 

 

              Ein Vorstoß der deutschen Kapitalisten

 

 

Wassili Gerhard   26.05.2016     

Der Bundesverband der deutsche Industrie (BDI) ist mit dem Plan hervorgetreten, die Autofahrer mit einer zusätzlichen Abgabe zu belasten, und dafür die Industrie, in der die Automobilindustrie hierzulande eine zentrale Stellung einnimmt, von „Umwelt- und Klimaabgaben“ zu entlasten. Sie fühle sich „durch Klima- und Umweltabgaben stranguliert“, heißt es in der „Welt“:

 

Die deutsche Industrie sieht sich nach dem Weltklimagipfel von Paris zunehmend in ihrer Wettbewerbsfähigkeit bedroht. Jetzt hat der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) von Forschungsinstituten ein Konzept entwickeln lassen, wie die anspruchsvollen CO2-Minderungsziele Deutschlands erreicht werden können, ohne die Betriebe mit zu hohen Kosten zu belasten.

Der Vorschlag, entwickelt vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) und der Technischen Universität Delft in den Niederlanden, empfiehlt die Ausweitung des europäischen Emissionshandels auf Kraftstoffe als die beste realistische Option im Klimaschutz. Autofahrer müssten dann – je nach Fahrleistung und Autotyp – an der Tankstelle einen geringen Centbetrag pro Liter Kraftstoff als Klimaschutzabgabe zahlen. (Deutsche Industrie will Autofahrer mit Klimaschutzabgabe belasten, „Die Welt“ vom 26.05.16)

 

Statt gegen die Urheber anzugehen, reichen sie die Sache lieber nach unten weiter. So kennen wir sie, die deutschen Kapitalisten, untertänig gegenüber dem Staat, sei es der Staat der JunkerAnm.1, der Nazis oder der heutige, und dann getreu dem Grundsatz „nach oben buckeln und nach unten strampeln“, Hauptsache die Gewinnmarge stimmt. Und wenn, wie in Baden-Württemberg, die Grünen an der Macht sind, stehen die auch ganz oben auf der Spendenliste der Industrie, wie sich jüngst gezeigt hat.

Natürlich geht es überhaupt nicht um die Abwälzung der Kosten für die Förderung der Elektroautos oder der Kosten wegen der Aufdeckung der Manipulation der Abgaswerte bei Dieselautos, nein. Es hat auch ganz sicher keinen Deal im Hintergrund gegeben, daß die Automobilindustrie auf Kosten der Autofahrer entlastet wird, wenn sie einen großen Teil der Förderung für die Anschaffung von Elektroautos übernimmt. Das erinnert auch überhaupt nicht an Pläne Schäubles, die er vor kurzem vorgebracht hat, den Benzinpreis, der immernoch einen kleinen Teil Bezahlung des Benzins enthält, der allerdings in jüngerer Zeit kleiner geworden ist, mit einer neuen Abgabe zu belegen.Anm.2

So sollen mal wieder vor allem die weniger Betuchten, die zwar noch Arbeit haben, aber sich kein neues Auto leisten können, die Zeche zahlen. Die Grünen machen gleich die passende Stimmung dazu: Die „spritfressenden Nobelschlitten“ seien die Hauptbetroffenen. Den Besitzern dieser Karossen wird das sicher weniger wehtun, als denen, die sich gerade mal ein altes Auto leisten können, das oft genug nicht weniger Sprit verbraucht, als ein teurer neuer Nobelschlitten.

Außerdem ist das ein beunruhigender Präzedenzfall: Die Regierung kommt daher als der Weltretter und verlangt im Namen der „Umwelt“ Abgaben. Das ist an sich schon länger am Laufen und hat schon weltweit mächtige Interessengruppen im Rücken. Die Autoindustrie hat sich darauf eingelassen, wahrscheinlich von Anfang an mit dem Vorsatz, das nach unten weiterzureichen. Aber jetzt sollen quasi die Menschen für die „Nutzung der Umwelt“ bezahlen. Wann müssen wir bezahlen für die Atemluft, die wir verbrauchen, und das CO2, das wir ausatmen? Wann braucht man eine Genehmigung, um ein Kind zu zeugen, das ja schließlich natürliche Ressourcen verbrauchen wird. Wo ist die Grenze? Maßstab dahinter ist eine Welt, wie sie unberührt von Menschen aussehen würde, und für jede Veränderung dem gegenüber könnte man Gebühren erlassen. Die ganze Welt als Spielmaterial für die Finanzspekulation, wie das mit „Emissionspapieren“ vorgemacht wird. Ein perverseres, menschenfeinlicheres System ist nicht vorstellbar. Dieser Anspruch der heutigen Bourgeoisie, als Weltretter über den Menschen zu stehen, läuft auf eine unglaubliche Willkürherrschaft hinaus, ähnlich einer theokratischen Diktatur, wo ja die Vertreter Gottes auf Erden auch immer Recht haben.Anm.3 Sie retten nicht die Welt, die Welt muß vor ihnen gerettet werden!

 


 Anmerkungen

Anmerkung 1  Heute kaum noch gewußt. Vor dem 1. Weltkrieg dominierte in Deutschland Preussen, als ein Staat im Staate organisiert, das noch von den Junkern dominiert war, den Abkömmlingen der ursprünglich feudalen Gutsherren. - zurück -

 

Anmerkung2 Aber komischerweise erinnert das an andere Fälle:

-- Die Art, wie der Katalysator eingeführt wurde: Die Förderung der Anschaffung von Autos mit Katalysator, auf Kosten derjenigen, die sich kein neues Auto leisten können, also vor allem der ärmeren Werktätigen in der Bevölkerung. Neuwagen mit Kat wurden bezuschußt, die älteren dafür verteuert. (Man hätte auch sagen können: Ab einem bestimmten Datum müssen einfach alle Neuwagen einen Katalysator haben, zumal für den Export längst Fahrzeuge mit dieser Technik gebaut wurden, so wären die Autos mit Katalysator sogar schneller Standard geworden.)

-- Der Deal beim ersten „Ausstiegsbeschluß“ zur Atomenergie im Jahr 2000 zur Zeit der rot-grünen Regierung. Im Gegenzug zur Duldung des „Ausstiegs“, der auf zwanzig Jahre gestreckt werden sollte, bekamen die Stromkonzerne die Förderung ihrer Monopolbildung und ihres Hochpreiskurses. (Natürlich glaubte jede Seite, die andere auf Dauer zu übervorteilen.) - zurück -

Anmerkung 3  Schon seit einiger Zeit ist zu beobachten, daß bei vielen Gelegenheiten eine -- teilweise auch scheinfürsorgliche -- Gängelung ausgeübt wird, mit Eingriffen in die Privatsphäre mit der Attitüde, die Welt zu retten. Auch die Kapitalisten springen auf diesen Zug auf und verfassen Verhaltensgrundsätze -- mit „Umweltschutzbekenntnissen“ fängt das zumeist an -- die sie für ihre Beschäftigten für allgemeinverbindlich erklären, als wenn es nicht einen Arbeitsvetrag gäbe, wo man zwar seine Arbeitskraft verkauft, nicht aber seine Ansichten. Aber mit Hilfe der heutigen Arbeitslosigkeit und der Drohung, in Hartz IV zu fallen, auf der Grundlage in der Regel schrumpfender Belegschaften, kann schon ein erheblicher erpresserischer Druck aufgebaut werden. - zurück -

 

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