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        Statement 2016-63   Die 
        Sorge der Imperialisten um Syrien und die Zivilbevölkerung  Klas Ber  05./06.09.2016      Es gibt eine Menge an Widersprüchen unter den Imperialisten, den 
        Großmächten wie den kleineren und solchen die gerne welche 
        wären, bei ihrer Rivalität um Gebiete die sie ausbeuten können, 
        um Rohstoffe wie Absatzmärkte und Einflußsphären, was 
        auch beim diesjährigen sog. G-20-Gipfel, der in Hangzhou, China stattfand, 
        zum Ausdruck kam. Und Syrien ist dabei ein Land auf das sich der Imperialismus derzeit besonders 
        konzentriert, wo die Rivalitäten verschiedenster Kräfte aufeinander 
        prallen, zeitweise auch Kollaboration stattfindet. Seit Jahren wird ein 
        Krieg in und um Syrien geführt. Die Regierung soll gestürzt 
        werden. Das Land soll unter imperialistische Kontrolle gebracht werden. 
        Seit Jahren ist Syrien deshalb ein von diesen Kämpfen geschwächtes 
        zerstörtes Land mit einer ungeheuer geschundenen und leidenden Bevölkerung. 
        Und jeder dieser Mächte - die jeweils auf ihre Art die verschiedenen 
        scharfen inneren Widersprüche zwischen der Bevölkerung und dem 
        Regime ausnutzen um sich dort einzumischen - getrieben vom Bestreben seinen 
        eigenen Einfluß in der Region durchzusetzen, auszuweiten oder zu 
        behaupten bzw. Rivalen auszuschalten oder zumindest doch klein zu halten, 
        treibt den dortigen Krieg und die Zerstörung Syriens und der Region 
        weiter voran. Kein Wunder also, daß auch beim G-20-Gipfel Syrien, 
        wenn auch nicht offizieller Tagesordnungspunkt, Gegenstand von bilateralen 
        Gesprächen wurde.
 So berichtet der Spiegel, wie andere Zeitungen auch, daß bei einem 
        Treffen zwischen Merkel und Erdogan die Umsetzung des EU-Türkei-Abkommens 
        zu Flüchtlingen sowie "die gemeinsame Sorge um den andauernden 
        syrischen Bürgerkrieg" Thema gewesen sei. Konkretes erfährt 
        man nicht. Fragt sich also was sollte deren gemeinsame Sorge sein? Aber gerade erst, am 24. August, ist die Türkei in Syrien mit Bodentruppen 
        samt islamistischen Gruppen einmarschiert. Und die Bundesregierung hat 
        dazu ihre Unterstützung bekundet. Hier liegen die Interessen also 
        zusammen. Und wenn danach von gemeinsamer Sorge über den Krieg in 
        Syrien gesprochen wird, kann man das wohl nur als Heuchelei und Falschheit 
        sehen. Die ehrliche Sorge darum, die Ursachen für die Leiden der 
        Zivilbevölkerung, für die großen Flüchtlingsströme 
        aus der Region und den brutalen Krieg in und um Syrien wirklich zu stoppen, 
        kann es nicht sein, weil man das nur erreicht, indem alle Kampfhandlungen 
        und Aggressionen gegen Syrien, überhaupt die ganze Einmischung, eingestellt 
        werden. Aber nicht, indem man neue Aggressionen verübt und unterstützt. 
        Dem muß man entgegentreten. Wer das ehrlich meint wird sich entschieden 
        auch gegen den türkischen Einmarsch stellen und das nicht noch unterstützen. 
        Eine entschiedene Verurteilung jeglicher äußeren Einmischung 
        in die Angelegenheiten Syriens und Befeuerung des Krieges ist gefordert, 
        denn es ist die Angelegenheit des syrischen Volkes über seine Regierung 
        zu entscheiden, wie auch immer. Das aber geschieht nicht, von keiner der 
        Parteien die sich da einmischt. Was für eine riesige Heuchelei ist 
        also diese zur Schau getragene Sorge.
 Am 24. August begann die Türkei in Syrien mit Bodentruppen 
        einzudringen. Das ist seit Beginn des Krieges in und um Syrien 
        ein durchaus bedeutender Vorstoß, daß eine äußere 
        Macht offiziell mit Bodentruppen, Panzern, unterstützt von Kampfflugzeugen, 
        ihrer eigenen wie die der USA, in Syrien einmarschiert ist. Und das mit 
        direkter Zustimmung der USA, wie der Bundesregierung, Frankreich. Praktisch 
        steht auch die Nato dahinter. Oder wer hat sich dem entgegen gestellt, 
        wer hat das verurteilt? Auch von Rußland hat man kein entscheidendes 
        Nein gehört. Die "Euphrat Schild Operation", wie sie genannt 
        wird, ist die erste von türkischem Boden aus geführte direkte 
        Intervention in Syrien seit dem Beginn der "syrischen Krise" 
        im Jahr 2011.
 Wie anders 2014. Im Oktober hatte sich der Daesh (IS) fast bis zur Grenze 
        der Türkei vorgekämpft und versuchte mit einem Großangriff 
        die Grenzstadt Kobane einzunehmen. Viele Menschen waren geflohen und der 
        UN-Sondergesandte für Syrien warnt vor einem Massaker an Zivilisten 
        in der syrischen Ortschaft. Da war es Erdogan keine "Einmischung" 
        wert. Obwohl die Türkei an der Grenze Panzerverbände in Schuss- 
        und Sichtweite von Kobane stationiert hatte, sah sie dem einfach nur zu. 
        Die kurdischen Milizen aber verteidigten Kobane in einem harten Kampf, 
        letztlich auch erfolgreich, dann auch unterstützt von der US-Luftwaffe. Man kann davon ausgehen daß die Pläne zu "Euphrat Schild" 
        bereits lange vorbereitet waren. Zuletzt wurde im Februar dieses Jahres 
        darüber berichtet, daß die Türkei den Einsatz von Bodentruppen 
        fordert, und es darüber in dem sog. "Anti-IS-Bündnis" 
        Beratungen gegeben hat. Nur wollte zu diesem Zeitpunkt das Nato-Mitglied 
        Türkei nicht alleine handeln. Jetzt hat die Türkei in gewisser 
        Weise, die neu geschaffene politische Konstellation ausnutzend, das durchgeführt 
        und praktisch auch dem damit näher zu kommen was Erdogan vorher schon 
        immer gefordert hatte: Entlang der Grenze eine zehn Kilometer breite sog. 
        Schutzzone in Syrien einzurichten. Und prompt ist nun zu hören, daß 
        Erdogan auf dem G20-Gipfel wieder damit vorstellig wurde eine Flugverbotszone 
        in Nordsyrien einzurichten. Etwas was auch von der Bundesregierung und 
        der EU unterstützt wird. Vorgeblich will man dort Flüchtlinge 
        unterbringen, solche aus Syrien wie dorthin zurückgeführte Flüchtlinge. 
        Das gehört dann wohl auch zu dem Merkel-Erdogan-Abkommen zu Flüchtlingen?! 
        Was für eine Verarschung, erst werden die Kämpfe in Syrien befeuert, 
        dann wird direkt mit Bodentruppen interveniert und im Zuge davon, unter 
        dem Mantel der angeblichen Sorge um die durch all das entstandenen Flüchtlinge, 
        will sich Erdogan sein Teil von Syrien absichern lassen.Raus mit allen Imperialisten und Möchtegern-Potentaten, wie 
        ihren Handlangern aus Syrien - und der Region!
 Um in seinen Ambitionen weiter zu kommen, zieht Erdogan die anderen weiter 
        damit rein, was sich aber leicht für alle Beteiligten in einem großen 
        Desaster von ungeahnter Reichweite ausweiten kann. Die Türkei hatte gerade eine wesentliche Veränderung in ihrer 
        Politik vorgenommen zu Rußland wie auch zum Iran hin. Man spricht 
        sogar von Partnern. Um dann relativ kurz nach dem etwas merkwürdigen 
        Putschversuch v.15./16. Juli in der Türkei, aus dem dann allerdings 
        Erdogan gestärkt hervorging, am 24. August diese Aggression gegen 
        Syrien zu starten. Das richtet sich gegen Syrien. Der Kampf gegen den 
        Terrorismus des Daesh mag zur Zeit angesagt sein, wird aber als Vorwand 
        benutzt. Wenn man sich die Entwicklung dieser islamistischen Kräfte 
        von Afghanistan aus über Al-Qaida bis hin zum Daesh (IS) in Irak 
        und Syrien betrachtet, sieht man, daß der Imperialismus, vor allem 
        der USA, ein Verhältnis von regelrechter Förderung oder Duldung 
        wie Bekämpfung zu diesen Kräften hat, abhängig davon wie 
        er sie braucht und wie es in seine Globalstrategie paßt.
 Kennzeichnend und nicht zu vernachlässigen ist auch, daß die 
        Türkei bei ihrer Intervention mit Bodentruppen dabei auch mit islamistischen 
        Gruppen operiert. So berichtet z.B. "Die Welt" am 28.August 
        darüber und den Charakter dieser Gruppen:   
        "Offiziell spricht Ankara davon, mit der Freien Syrischen 
          Armee (FSA) zu kooperieren. Rund 2000 Kämpfer dieser Miliz zog 
          Ankara in den Tagen vor dem Einmarsch in türkischen Kasernen zusammen, 
          um sie auszurüsten und einzuschwören. Die FSA war das erste 
          größere Militärbündnis der Opposition gegen das 
          Assad-Regime und gilt als gemäßigt. Mittlerweile aber rangiert 
          bei zahlreichen ihrer Untergruppen die Religion weit vor einer prowestlichen 
          Orientierung oder gar einer demokratischen Grundhaltung. In Dscharablus 
          nahm offiziell nur eine einzige radikal-islamistische Organisation teil, 
          nämlich Ahrar al-Scham. So versichert es jedenfalls der FSA-Stabschef Ahmad Berri bei einem 
          eiskaltem Orangensaft auf der Terrasse des Starbucks-Cafés der 
          türkischen Grenzstadt Gaziantep. "Warum auch nicht", 
          sagt Berri. "Sie sind keine Terroristen." Dabei vergaß 
          er zu erwähnen, daß Ahrar al-Scham 2011 von al-Qaida gegründet 
          worden war. Zudem plant die Gruppe einen Zusammenschluß mit den 
          Al-Qaida-Kollegen der Al-Nusra-Front. Die hat sich kürzlich in 
          "Armee der Eroberer" umbenannt und vom internationalen Terrornetzwerk 
          losgesagt, ist aber ideologisch weiter auf Dschihad-Linie.
 Die türkische Armeeführung ließ sogar Mitglieder 
          von Nureddin al-Zenki für die gemeinsame Operation zu – obwohl 
          diese Brigade im Juli in die Schlagzeilen gekommen 
          war, weil einige ihrer Milizionäre einen zehnjährigen Jungen 
          in Aleppo vor laufender Kamera enthaupteten." [1]  Nun ist Merkel nicht allein, auch die Äußerungen des Außenministers 
        Steinmeier sind nicht anders als wie oben charakterisiert zu bewerten. 
        Er betont zwar immer gerne, man könne die Konflikte nicht militärisch 
        lösen, "Militärisch läßt sich Syrien nicht 
        befrieden."[2], hat aber gleichzeitig größtes 
        Verständnis für den türkischen Einmarsch in Syrien und 
        hält das für richtig:   
        "Aber man muß schon auch sehen, daß die Türkei 
          immer wieder von Syrien aus angegriffen worden ist, allen voran von 
          der IS-Terrormiliz. Die Menschen im Südosten der Türkei leben 
          in ständiger Angst vor neuen Anschlägen. Da ist verständlich, 
          und es ist richtig, daß die Türkei dagegen vorgeht." 
           [2]  Aber zu beachten ist dabei doch wohl immer auch, wie dagegen vorgegangen 
        wird und daß die Souveränität eines Landes nicht verletzt 
        wird, oder? Wenn es um die eigenen imperialistischen Interessen geht oder 
        die der Partner vergißt auch Steinmeier schnell, daß es die 
        Souveränität eines Landes zu beachten gilt. Nicht alles läßt 
        sich mit dem Kampf gegen den IS rechtfertigen und zu Recht biegen. Nebenbei, 
        wie will dieser Außenminister, der soviel in Diplomatie macht, eigentlich 
        für die Souveränität der Ukraine eintreten? Selbstredend daß die USA diesen Einmarsch ebenfalls unterstützt. 
        Und Rußland hat sich lediglich besorgt geäußert über 
        die Situation und die Türkei, seinen neuen "Partner", aufgefordert, 
        sich mit Syrien in Bezug auf die Bekämpfung des Terrorismus zu koordinieren. 
        Also auch von Rußland keinerlei Zurückweisung der Türkei. 
        Und wenn die beiden dann, USA und Rußland - die selbst schon mit 
        ihrer Luftwaffe und sonst wie mitten drin stecken in den Kämpfen 
        in Syrien, und der Region - über Syrien verhandeln, dann kann man 
        sich denken, worum es dabei geht. Richtig wäre etwas anderes, daß die gesamte Bevölkerung 
        Syriens zusammengeführt wird und zwar so, daß sie gegen den 
        Daesh und die islamistischen Kampfgruppen Widerstand leisten kann, wie 
        auch jede Einmischung zurückweisen kann. Mit jeglicher äußeren 
        Einmischung muß Schluß gemacht werden. Auch daß die 
        syrische Regierung im Kampf gegen Daesh und islamistische Kampfgruppen 
        die syrische Bevölkerung bekämpft ist vollkommen inakzeptabel. 
        Aber gerade derartiges ist ja nicht gewollt. Syrien soll für den 
        Imperialismus kontrollierbar und ausbeutbar sein. Die syrische Regierung 
        will man stürzen, auf alle Fälle letztlich weg haben, alle Mittel 
        scheinen dabei recht. Darauf zielte die Einmischung 
        von verschiedensten Staaten aus, wie z.B. Saudi-Arabien, Katar oder andern 
        Golfstaaten oder imperialistischer Mächte wie den USA, von Anfang 
        an und nach wie vor. Als sich vor fünf Jahren im Zusammenhang mit 
        dem "Arabischen Frühling" der Protest in Syrien gegen die 
        Unterdrückung durch das Regime entwickelte, es zu großen Massenprotesten 
        der Bevölkerung gegen das Assad-Regime kam und das Regime dagegen 
        seinerseits brutalst auch militärisch vorging, wurde das ausgenutzt 
        und das Ganze zu einem bewaffneten Kampf befeuert der von Anfang an von 
        ihrer Unterstützung abhängig war und wobei insbesondere die 
        islamistischen Kräfte aufgebaut und unterstützt wurden. Gerade Erdogan ist doch bekannt als einer, der von Anfang an den Sturz 
        von Assad gefordert und betrieben hat. Wobei er den Krieg gegen Assad 
        immer befeuerte und dazu verschiedenste islamistische Gruppen und Kräfte 
        einschließlich des Daesh, je nach Gebrauch, dazu unterstützt 
        hat. Auch jetzt bei seinem Einmarsch operiert er zugleich wiederum mit 
        islamistischen Gruppen. Syrien hat dagegen entschieden protestiert und 
        dieses als „krasse Verletzung der syrischen Souveränität“ 
        gebrandmarkt und zugleich darauf hingewiesen: "Türkische Panzer und gepanzerte Fahrzeuge überquerten 
        die syrisch- türkischen Grenze in Richtung Jarablos Stadt unter dem 
        Schutz der US-geführten Allianz Luftstreitkräfte, um die Stadt 
        aus der Kontrolle der ISIS Terrororganisation zu entreißen und sie 
        anderen Terrorgruppen zu unterstellen, die unter dem Kommando von Washington 
        und Ankara operieren." (eigene Übersetzung aus dem Englischen) 
        [3]
 Man kann festhalten: die Souveränität eines Landes ist auch 
        für die hiesige Regierung nichts wert, sobald es dabei um ihre imperialistischen 
        Interessen oder die ihrer Verbündeten geht. Und es gibt überhaupt 
        keine Bestrebungen seitens dieser Regierung, diesem Krieg auch nur irgendwie 
        entschieden entgegenzutreten und dem ein Ende zu setzten. Im Gegenteil, 
        es wird mit solchen Kräften wie Erdogan paktiert, auch auf diesem 
        Gebiet. Und man scheut sich nicht, direkt an der Seite eines Landes zu 
        stehen, welches jetzt mit Bodentruppen zusammen mit islamistischen Kampfgruppen 
        ganz offen in Syrien interveniert.
 Syrisch-kurdische Organisationen
  Für die USA spielten die syrisch-kurdischen Organisationen eine 
        besondere Rolle als Bodentruppen. Bodentruppen die die USA selbst dort 
        nicht reinschicken will, jedenfalls nicht in großer Zahl.Dieser Einmarsch türkischer Truppen zusammen mit islamistischen Kampfgruppen 
        trifft nun die kurdischen Organisationen in Syrien erstmal ganz direkt 
        und dagegen muß man sich genau so entschieden wenden, denn diese 
        Intervention richtet sich gegen Syrien und diese Truppen haben in Syrien 
        nichts verloren. Zwischen den kurdischen Organisationen in Syrien und 
        den USA gibt es allerdings ein mehr als fragwürdiges Verhältnis. 
        Die USA hat ihnen nach dem Eindringen der Türkei in Syrien gedroht 
        ihnen ihre Unterstützung zu entziehen, wenn sie sich nicht an das 
        Ostufer des Euphrat zurückziehen würden. 
        Da kehren die USA doch ihren wahren Charakter, den des imperialistischen 
        Besatzers, raus. Allerdings warum kämpfen syrisch kurdische Organisationen 
        überhaupt für deren Interessen und lassen sich von denen einspannen?
 Schaut man in den Irak, dort haben die Kurden durch den Krieg der USA 
        gegen den Irak eine gewisse Autonomie erlangen können, aber eben 
        nur durch den Schutz der USA, die damals im Nordirak eine Flugverbotszone 
        gegen irakische Kampfflugzeuge einrichtete und daß im weiteren ein 
        Interesse der Imperialisten an der ungestörten Ausbeutung der dortigen 
        Ölvorkommen besteht. Spekulieren die syrisch-kurdischen Organisationen 
        auf ähnliches? Der Irak selbst ist heute zerrissen und liegt danieder. 
        Bagdad ist zu einer Stadt mit ummauerten Bezirken geworden, zum Schutz 
        vor Angriffen und Terror.
 Und verteidigen die syrisch-kurdischen Organisationen Syrien? Denn es 
        dreht sich bei ihnen vornehmlich immer um ihre Autonomie und um Rojava. 
        Sind sie in dieser Situation, in der Syrien als Gesamtstaat und Macht 
        zerschlagen werden soll, nicht in der Lage sich zur Verteidigung ganz 
        Syriens zusammen zu schließen?
 Anmerkungen zum "Gesellschaftsvertrag für Rojava"
  Rojava wird hier immer als demokratisches und fortschrittliches Modell 
        gepriesen, sei es in den Medien, sei es in Teilen der Linken. Dafür 
        wird auch demonstriert. Ist denen dabei noch nie aufgefallen, daß 
        dieses Konzept von Rojava entgegen allem Internationalismus steht? Schaut 
        man sich einmal den sog. "Gesellschaftsvertrag für Rojava" 
        [4] an, wird einem so manches klarer. Zu einigen Punkten 
        darin einige Anmerkungen.Dieses sog. Modell, auch wenn die Grenzen Syriens dabei anerkannt werden, 
        kann eigentlich nur aus dem inneren Zerfall des jetzigen Syrien, der Zentralmacht 
        entstehen. Weil es seine Autonomie gegen jede Zentralmacht stellt. Und 
        diese Zerstörung Syriens - das leisten gerade Imperialisten, die 
        Türkei und bestimmte arabische Staaten, die die islamistischen Kampftruppen 
        stützen. Das wird gar nicht behandelt. Jedenfalls in diese Lage hinein 
        wird für dieses Modell seit Anfang 2014 praktisch auch gekämpft. 
        "Der am 6. Januar 2014 in der westkurdischen Stadt Amudê 
        verabschiedete Gesellschaftsvertrag soll die in Rojava lebenden KurdInnen, 
        AraberInnen, AssyrerInnen, ChaldäerInnen, AramäerInnen, ArmenierInnen, 
        TurkmenInnen und TschetschenInnen vereinen. Ein pluralistisches und demokratisches 
        System soll in den drei Kantonen Cizîrêe, Afrin und Kobanî 
        aufgebaut werden." [4]
 Über die Verteidigung Syriens gegen die imperialistische Aggression 
        steht jedenfalls nichts in dem Gesellschaftsvertrag. Die Volksverteidigungseinheiten 
        werden zwar als nationale Institutionen bezeichnet sind aber lediglich 
        für den Schutz der drei Kantone die Rojava umfaßt, Cizîrêe, 
        Afrin und Kobanî, verantwortlich. (Was dort unter Nation verstanden 
        wird, das kann man bei Abdullah Öcalan lesen, dazu weitere unten.)
 Schon im vorangestellten Einleitungstext zum Gesellschaftsvertrag, herausgegeben 
        von "Civaka Azad -Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit 
        e.V." [4], wird deutlich, daß diese Autonomie 
        sich praktisch und konkret jetzt jedenfalls von Syrien separiert hat, 
        auch wenn versucht wird etwas anderes zu behaupten. „Die demokratisch-autonome 
        Verwaltung ist Teil eines nicht zentralistisch organisierten zukünftigen 
        Syriens und dessen Vorbild " [4]. Denn das 
        soll ja nur für ein zukünftiges Syrien gelten und dann auch 
        nur unter der genanten Bedingung nicht zentralistisch zu sein. Und in 
        der Präambel steht auch deutlich: "Die Regionen der demokratisch-autonomen 
        Verwaltung akzeptieren weder das nationalstaatliche, militaristische und 
        religiöse Staatsverständnis, noch akzeptieren sie die Zentralverwaltung 
        oder Zentralmacht."
 Im Gesellschaftsvertrag wird relativ oft die Glaubensfreiheit beton; 
        das Recht die jeweilige Religion zu praktizieren wird ausdrücklich 
        unter Schutz gestellt; garantiert wird die Durchführung der religiösen 
        Gottesdienste und Rituale. Religiöse und staatliche Angelegenheiten 
        sollen zwar voneinander getrennt werden, aber es gibt keinerlei Festhaltung, 
        daß es sich um einen säkularen Staat handeln soll. Und wer 
        bestimmt dann das Familienrecht, der Staat oder die jeweiligen Religionswächter 
        und Traditionen? Das ist durchaus von zentraler Bedeutung auch für 
        die Emanzipation der Frau. Das wird aber nicht behandelt. Die Emanzipation der Frauen allerdings ist etwas was der Gesellschaftsvertrag 
        durchaus versucht zu unterstützen. Zum Beispiel ist sehr positiv 
        wenn man liest: "Frauen haben das Recht zur Selbstverteidigung 
        und das Recht, jegliche Geschlechterdiskriminierung aufzuheben und sich 
        ihr zu widersetzen." (Artikel 28) Bravo! Und daß sich 
        die Frauen am Kampf beteiligen, müßte dem auch förderlich 
        sein.
 Es bleibt allerdings die Frage, wie weit das praktisch wirklich gemeint 
        ist? Jedenfalls ist da mit viel Widerstand zu rechnen, schon auf Grund 
        der überkommenen Gesellschaftsstrukturen in denen vielfach noch gelebt 
        wird. Man hielt es ja offensichtlich auch für notwendig extra festzuhalten: 
        Frauen haben das Recht auf Leben. Etwas was hier überhaupt keine 
        Frage wäre. "Frauen verfügen über alle politischen, 
        gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen Rechte und das Recht 
        auf Leben. Diese Rechte sind zu schützen." (Artikel 27)
 Das richtet sich sicher auch gegen sog. "Ehrenmorde", 
        was nur zu begrüßen ist. "Die sogenannten »Ehrenmorde« 
        und Suizide der Frauen sind mit dem Beginn des organisierten Widerstands 
        der Frauen dezimiert worden.", konnte man z.B. in dem Artikel 
        "Perspektiven der Frauenbewegung in Rojava" [5] 
        lesen.
 Was sehr zu denken gibt und auch der Emanzipation letztlich entgegensteht 
        ist, daß anscheinend jegliche Assimilation abgelehnt wird und dagegen 
        aufgetreten wird. Was man bei Öcalan öfters lesen kann. Ein 
        Beispiel: "Der Demokratische Konföderalismus befindet sich 
        nicht im Krieg mit irgendeinem Nationalstaat, aber er wird Assimilationsbestrebungen 
        nicht untätig zusehen." [6] Und ein Dr. Joost Jongerden aus den Niederlanden äußert sich 
        lobend über den Gesellschaftsvertrag in der Weise, daß er hervorgehoben 
        wird. Er sagt u.a.:"Ich halte das Konzept der Demokratischen Autonomie und des Demokratischen 
        Konföderalismus aus verschiedenen Gründen für wichtig….
 Zweitens tritt es der Politik ethnischer, religiöser oder kultureller 
        Assimilation entgegen, da Demokratische Autonomie und Demokratischer Konföderalismus 
        auf der Vorstellung fußen, daß die Menschen das Recht haben, 
        selbst über ihnen wichtige Belange zu entscheiden." [4]
 Und wenn das geradezu Bestandteil ihres Kampfes ist, was ist denn zum 
        Beispiel, wenn eine Kurdin mit einem Mann zusammenleben will der selbst 
        nicht Kurde ist und keiner Religion anhängt? Was denn dann? In der 
        PKK jedenfalls sollen alle sexuellen Beziehungen und Heirat verboten sein.
 Auffallend ist auch, daß es eine ökologische Gesellschaft sein 
        muß, eine wo man nach den Prinzipien der ökologischen Gesellschaft 
        zu leben hat, keine säkulare aber eine ökologisch Gesellschaft. 
        Wenn also hier für einen "ökologischen Wiederaufbau 
        von Kobane" geworben wird, ist das nicht einfach ein Nebenpunkt, 
        sondern Programm in Rojava. Paßt also vortrefflich zum hiesigen 
        Ökologismus. Man fragt sich sowieso, 
        wer bei diesem Konzept Pate gestanden hat. Auch die Anarchisten sind voll 
        angetan von dieser Konzeption. Auch nicht verwunderlich, steht doch dahinter 
        eine geradezu antinationale Vorstellung und Konzeption Öcalans, der 
        das ganze angestoßen hat und der ganze Kampf nach wie vor unter 
        seinem Einfluß steht. Es ist so etwas wie ein autonomes, antinationales, 
        und grünes "Gegen"konzept. Was zudem auch noch als Modell 
        für ein zukünftiges Syrien propagiert wird. Praktisch aber beinhaltet 
        es eine Kapitulation.
  An dieser Stelle sollen noch einige Zitate von Abdullah Öcalan 
        zur Veranschaulichung angeführt werden, aus dem Text "Die 
        Neudefinition der Gesellschaft - Die Demokratische Nation" [7]. 
        Weil dessen Anschauungen durchaus in dem Konzept dieses Gesellschaftsvertrag 
        seinen Niederschlag finden und eine wesentliche Rolle spielen. So wird 
        der Amtseid, der zu leisten ist, auf den "Namen des erhabenen 
        Gottes" und im "Glauben an die demokratische Nation" 
        geschworen.  "Der Amtseid der demokratisch-autonomen Verwaltung: Ich schwöre 
        im Namen des erhabenen Gottes, daß ich dem Gesellschaftsvertrag 
        und seinen Gesetzen Achtung erweisen werde. Ich werde die Freiheit des 
        Volkes und dessen Interessen verteidigen. Ich werde die Sicherheit und 
        Demokratie der Gebiete der demokratisch-autonomen Verwaltung schützen. 
        Ich werde mit dem Glauben an die demokratische Nation für die gesellschaftliche 
        Gerechtigkeit kämpfen." (Artikel 85)  Wobei aber das, was hier unter Nation verstanden wird, ein idealistisches 
        Konstrukt ist wie es von Öcalan propagiert wird, was zugleich dem 
        Nationalstaat entgegen gestellt wird. "Nation" building a la 
        Öcalan und PKK könnte man es nennen."Der gemeinsame Wille des freien Individuums und der gesellschaftlichen 
        Gruppen, eine gemeinsame Nation zu bilden, ist das Bindeglied der Demokratischen 
        Nation." [7].
  Der Nationalstaat wird als überholt betrachtet und verworfen:  "In der Aufstiegsphase des Kapitalismus drängte sich der 
        Nationalstaat auf, in seiner Niedergangsphase ist es die Demokratische 
        Nation".  "Die alternative Moderne, welche die Demokratische Nation mit 
        sich bringt, ist die Demokratische Moderne. Die theoretische 
        Grundlage der Demokratischen Moderne, und somit auch der Demokratischen 
        Nation, ist eine antimonopolistische Wirtschaft, eine mit der Umwelt ausgeglichene 
        Ökologie und eine sowohl der Umwelt als auch dem Menschen gegenüber 
        freundliche Technologie." "Auf der Erde, auf der sich die Gesellschaft in Form von Kommunen 
        entwickelt hat, schlägt nun der Nationalstaat mit seinem zerstörerischen 
        Industrialismus und seinem Drang nach endloser Kapitalakkumulation Wurzeln. 
        Um dem entgegenzuwirken, braucht es die Revolution der Demokratischen 
        Moderne mit ihrer Demokratischen Nation, der kommunalen Ökonomie 
        und der ökologischen Industrie. Dies wäre eine der größten 
        Revolutionen in Richtung einer demokratischen, gleichberechtigten und 
        friedlichen Gesellschaft. Die Demokratische Nation und die kommunale Ökonomie 
        werden selbstverständlich nicht die Technologie und Industrie an 
        sich negieren."  "Für die Demokratische Moderne ist die „heiligste 
        Arbeit“ der Natur- und Umweltschutz" [7]. 
 
 
 -------------------------------------------- Anmerkungen  [1] "Frieden mit Assad?", Die Welt v. 
        28.8.2016,http://www.welt.de/print/wams/politik/article157880607/Frieden-mit-Assad.html
 [2] Interview "Sind Sie ein Putin-Versteher, 
        Außenminister Steinmeier?" Morgenpost v. 5.9.2016http://www.morgenpost.de/politik/ausland/article208182401/Sind-Sie-ein-Putin-Versteher-Aussenminister-Steinmeier.html
 [3] Syrian Arab News Agency, 24.8.2016,http://sana.sy/en/?p=86294http://sana.sy/en/?p=86294
 [4] "Modell für ein föderales und 
        demokratisches Syrien - Der Gesellschaftsvertrag von Rojava", Civaka 
        Azad -Infoblätter Ausgabe 7/März 2014http://civaka-azad.org/wp-content/uploads/2014/03/info7.pdf
 [5] "Perspektiven der Frauenbewegung in Rojava" 
        in Kurdistan Report,http://www.kurdistan-report.de/index.php/archiv/2014/171/33-perspektiven-der-frauenbewegung-in-rojava
 [6] Abdullah Öcalan: Demokratischer Konföderalismushttp://www.freeocalan.org/wp-content/uploads/2012/09/Abdullah-%C3%96calan-Demokratischer-Konf%C3%B6deralismus.pdf
  [7] Der Text ist eine Übersetzung aus dem 
        Buch: KÜRT SORUNU VE DEMOKRATIK ULUS ÇÖZÜMÜ 
        - Kültürel Soykirim Kiskacinda Kürtleri Savunmak. Das Buch 
        erschien 1. April 2012.http://civaka-azad.org/die-demokratische-nation//
 
   www.neue-einheit.de     
        www.neue-einheit.com 
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