Internet Statement 2016-82

 

 

Clinton oder Trump Hauptsache Hegemoniemacht USA?

 

 

Wassili Gerhard   03.12.2016      

Da schreibt Malte LehmingAnm.1 im Tagesspiegel vom 1.12.16 wieder einmal einen wirklich lehrreichen Kommentar „Jenseits von Trotz und Unterwerfung. Warum sich Europa trotz Trump nicht von Amerika abwenden soll“. Lehming widerspricht der „Zeit“, die nach seinen Worten „ventiliert“,„dass Europa sich von einer Macht, die von einem Donald Trump geführt wird, keinesfalls führen lassen kann“ . Alles halb so wild nach Lehming. Das wäre jetzt angesichts der wahren Verhältnisse falsch, zeuge von Antiamerikanismus. Und weiter zitiert er den amerikanischen Politikwissenschaftler James W. Ceaser:


„Antiamerikanismus beruht auf der Idee, dass irgendetwas, das mit den Vereinigten Staaten verbunden ist - etwas im Kern der amerikanischen Lebensweise -, zutiefst falsch ist und den Rest der Welt bedroht.“


Das sei natürlich überhaupt nicht der Fall.

Nun, darüber kann man streiten, z.B. was den Punkt mit der Bedrohung betrifft. Ich finde es schon bedrohlich, wenn eine Macht den Anspruch hat, den Weltpolizisten zu spielen, in der Welt unterscheiden zu wollen, was zu dulden und was bekämpfenswert ist, daß sie das Recht habe zu unterwandern, militärische Invasionen zu unternehmen, Regierungen zu stürzen, Weltregionen ins Chaos zu stürzen. Wenn sie eine Doktrin hat, daß gegen Mächte, die ihr wirksam in den Arm fallen könnten, allein deshalb schon alle Mittel einschließlich Nuklearwaffen eingesetzt werden dürfen. (So beschlossen 2001 in der neuen Verteidigungsdoktrin.) Wenn genau diese Macht als bisher einzige Atombomben auf ein anderes Land geworfen hat, um dort so viele Zivilpersonen wie möglich damit zu töten, aber gleichzeitig das Weltmonopol auf Nuklearwaffen anstrebt, weil sie angeblich als einzige verantwortungsvoll damit umgehen könne. - Inwieweit sich allerdings durch die Wahl von Trump daran wesentlich etwas ändern sollte, ist tatsächlich fraglich.

Vorsorglich gibt es noch einen Hinweis auf Rußland, das ich keineswegs für nicht kritikwürdig und frei von ähnlichen Zügen halte, das angeblich sonst Deutschland schlucken würde.


„Wenn es Amerika und die Nato nicht gäbe, könnte etwa Wladimir Putin neben der Krim und der Ostukraine bequem auch das Baltikum, Polen und Deutschland besetzen. Denn Europa ist militärisch nicht in der Lage, seine Souveränität ohne Amerika zu sichern. Und andersherum? Ist Amerika auf Europas Beistand angewiesen? Keineswegs.“


Das ist wieder die alte Supermachtsargumentation, die argumentiert wie eine Bande von Schutzgelderpressern oder Straßengangs: Wenn du dich meiner Bande nicht unterordnest, dann kommt die andere, und die ist noch viel schlimmer! Dieses Denken ist Herrn Lehming offenbar in Fleisch und Blut übergegangen, preist er doch auch die heilsame Wirkung von arabisch-türkischen Straßenbanden auf die deutsche Mehrheitsbevölkerung. Wer es nicht glaubt, lese z.B. hier:


„Sie sind jung, mutig, mobil, hungrig, risikobereit, initiativ. Solche Menschen braucht das Land. Natürlich ist es nicht schön, wenn Jugendliche – ob mit türkischem oder libanesischem Hintergrund – in den Straßen von Berlin Banden bilden, Reviere verteidigen und mit Messern hantieren. Aber hinter der Kritik an ihrem Verhalten verbirgt sich oft bloß der Neid derer, die Vitalität als Bedrohung empfinden, weil sich die eigene Mobilität auf den Wechsel vom Einfamilienreihenhaus in die Seniorenresidenz beschränkt. Lieber ein paar junge, ausländische Intensivtäter als ein Heer von alten, intensiv passiven Eingeborenen.“

Etwas später heißt es noch:

„Ein Volk, das schnurstracks in die Seniorenrepublik der Schneeköpfe tapst, schafft sich in der Tat selbst ab. (Lehming im Tagesspiegel „Mentales Altersheim - Jugendbanden und Demographie“, 16.11.2010)


Nun, die Ideologie hinter solchen Bemerkungen, die auch ein bestimmtes Licht auf die Öffnung sämtlicher Schleusen durch Frau Merkel wirft, könnte man schon eher als „Antigermanismus“ bezeichnen, oder besser Mißachtung der unteren Bevölkerungsschichten dieses Landes. Deutschland wird völlig mit einer bestimmten satten Schicht gleichgesetzt, wobei gleichzeitig völlig unter den Tisch fällt, daß in den besagten Vierteln nicht diese Schicht, sondern vor allem die ärmeren Deutschen, inklusive viele besser eingelebte Immigranten und deren Nachkommen, die Leidtragenden sind. Die zählen für ihn anscheinend gar nicht mehr. Daß es diesen Menschen auch sehr schwer gemacht wird, Kinder großzuziehen, ohne daß diesen von Anfang an das Stigma der unerwünschten Unterschicht anhängt und bewußt wird, wird ebenfalls ausgeblendet.

Was hat das nun mit dem zuerst angeschnittenen Thema zu tun?

Das hat eine gewisse Logik, und einen historischen HintergrundAnm.2.
Warum die USA sich schon im ersten Weltkrieg auf die Seite einer Kriegspartei in Europa gestellt haben,
warum ihnen, wie anderen Mächten gerade dieser Kriegspartei, zunächst Hitler willkommen war, solange er gegen die Revolution im eigenen Land und in der Welt fanatisch vorging und in die Richtung ging, die ihnen recht war,
warum sie nach dem zweiten Weltkrieg das ganze Volk kollektiv für den Nazismus verantwortlich machten, der sich doch auch gegen einen Teil genau dieses Volkes richtete, und keineswegs allein gegen den jüdischen, während sie als Besatzungsmacht gleichzeitig viele Naziverbrecher vor Verfolgung schützten und in eigene Dienste nahmen
das läßt sich in gewissem Sinne schon als eine Art Antigermanismus (in gewissem Sinne auch Antieuropäismus) im oben zitierten Sinne definieren. Dies wurde nur zeitweilig nach hinten geschoben durch die Auseinandersetzung mit der sozialistischen Herausforderung, die man nun glaubt erst einmal überwunden zu haben.

Was die USA dazu veranlaßte, sich im ersten Weltkrieg auf die Seite zu stellen, auf die sie sich stellten, war nicht zuletzt die Entwicklung der europäischen und nicht zuletzt der deutschen revolutionären Arbeiterbewegung, deren Sieg in Deutschland um die Wende zum zwanzigsten Jahrhunderts nur noch eine Frage der Zeit zu sein schien. Die Revolution in Rußland machte die Lage noch dramatischer. Im kürzlichen Gedenken an den ersten Weltkrieg wurde dieser Hintergrund ausgeblendet oder heruntergespielt. Die millionenfache Abschlachtung der - vielfach revolutionären - Jugend auf allen Seiten z.B. beruhte nicht lediglich auf reiner Unfähigkeit, sie war bei den herrschenden Klassen nicht unwillkommen. (Man wende einmal die Theorien eines Herrn Gunnar Heinsohn auf diese Frage an) Auch die folgenden revolutionären Unruhen in Deutschland, die sich noch jahrelang teilweise mit größeren Bürgerkriegs-Auseinandersetzungen hinzogen, verweisen darauf. Von da aus geht eine kausale Entwicklung zu den heutigen Zuständen. Nach der Hitler-Barbarei war der revolutionäre Funke immer noch nicht ausgetreten, wenn auch schwer angeschlagen. Als jedoch aus der Jugend- und Studentenbewegung der sechziger- und siebziger Jahre heraus erneut ein Anknüpfen an die vorherige revolutionäre Bewegung angestrebt wurde, ein radikaler Bruch mit der bürgerlichen Gesellschaft, da wurde der Reaktion klar, daß fortgeschrittene Produktionsverhältnisse immer wieder auch das Bestreben nach den ihnen gemäßen gesellschaftlichen Verhältnissen begünstigen, einen Antikapitalismus, der nicht zurück, sondern vorwärts will. Der größte Horror war, daß dies wieder in der Arbeiterbewegung Fuß fassen könnte, das auch die Bestechung eines Teils der Arbeiter, der Arbeiteraristokratie, dies nicht hätte verhindern können. Das „Ende des Wachstums“ wurde ausgerufen, in die linke Bewegung wurde mit allen Mitteln ein rückwärts gewandter Antikapitalismus hineingetragen, es gab eine radikale Kursänderung, der industrielle Schwerpunkt wurde in andere Regionen der Erde verschoben, die hiesige Arbeiterklasse wurden zu einem erheblichen Teil überflüssig gemacht, so daß die hiesigen unteren Arbeiter, bzw. das was nach der massiven Deindustrialisierung heute aus ihnen geworden ist, zu einem großen Teil demoralisiert und auch teilweise verelendet sind. Für Malte Lehming ist deren Existenz in den ehemaligen Arbeiterwohnvierteln heute garnicht erwähnenswert und mehr Geburten in diesen Bevölkerungsschichten sind für ihn keine Option. (Bemerkenswerterweise für Sarrazin, den angeblich so scharfen Gegner, auch nicht.) Der Krieg gegen die potentiellen Träger der sozialen Revolution hat in Wahrheit bis heute nicht aufgehört, wenn auch die Methoden eher schleichende geworden sind.

Zum Gesamtkomplex gehört auch, daß die europäischen Bourgeoisien nach dem zweiten Weltkrieg sich dieser Herausforderung immer weniger gewachsen fühlten, wie auch dem internationalen Widerstand der ehemals kolonial versklavten Völker, auf deren Kosten man den sozialen Konflikt im Lande hatte entschärfen wollen. Deshalb begaben sie sich unter den Schirm der USA. Schließlich entwickelte sich das System der zwei Supermächte, weil sich in der ehemals sozialistischen Gegenmacht ebenfalls das imperialistische Weltmachtstreben immer mehr verstärkte, was natürlich auch mit dem Klassenkampf dort im Inland zusammenhing. Der internationale Klassenkampf spielte eine entscheidende Rolle, was heute verwischt werden soll, obwohl es bis heute als ein entscheidender Faktor in der Politik fortwirkt.

Deutschlands Rolle in der gesamten Entwicklung ist keineswegs nur auf der reaktionären Seite zu finden, wie es stets kolportiert wird.: Es gab das Hervorbringen von Marx und Engels, die Entwicklung der organisierten revolutionären Arbeiterbewegung und nicht nur die reaktionäre Seite, die von so mancher Macht als Gegenkraft begrüßt und gefördert wurde, die sich später als deren ewiger Gegenspieler aufspielte. Und es war eben entscheidend die Erfahrung der reaktionären Kräfte in Deutschland (wie auch z.B. in Italien und anderswo) daß sie weltweit die Unterstützung der herrschenden Klassen beim Kampf gegen die revolutionäre Seite hatten, was die reaktionären Kräfte in Deutschland so sicher machte, daß sie straflos die ungeheuerlichsten Verbrechen begehen könnten.

Lehming gehört zu der Sorte politisch Aktiver, ein Verein über die Grenzen der Parteien hinweg, die die aus dieser Entwicklung entstandenen Verhältnisse verinnerlicht haben. Deshalb die Lösung der demografischen Probleme in Deutschland (siehe die verräterische Überschrift: „Mentales Altersheim - Jugendbanden und Demographie) nur noch im Zuzug von ausländischen Familien mit Kindern sehen können, jedenfalls nicht darin, daß die unteren Bevölkerungsschichten hier überhaupt wieder mehr Kinder haben, auch die nicht-ausländischen, daß man ihnen Arbeit und vernünftige Lebensbedingungen nach hiesigen Maßstäben zugesteht, eine „Willkommenskultur“ für Familien mit Kindern. Deshalb ist nach seiner Ansicht auch die muslimische Religion zu fördern, er beruft sich da auf einen gewissen „Netzwerktheoretiker“ Fuhse, zitiert ihn im Tagesspiegel vom 21.08.2015:


»„Die Religion wird von Migranten als wichtiger Bezugspunkt für ihre Identität benutzt“ schreibt Fuhse. „Wenn dieser Religion staatlich und gesellschaftlich die Anerkennung verweigert wird, verstärkt sich damit auch die soziokulturelle Grenze zwischen einer Migrantengruppe und ihrer Umwelt – es kommt nicht zu weniger Abschottung, sondern zu mehr.“«


Wesentlich wichtiger ist es, ob es in der empfangenen Gesellschaft eine Gemeinschaft oder ein Millieu gibt, wo sie aufgenommen werden, wo ihnen Entwicklungschancen geboten werden. Das Fehlen davon ist das eigentliche Problem. Was vertritt denn dieser Herr Fuhse noch? Er ist ein Vertreter der sogenannten „Netzwerktheorie“, für ihn ist z.B. eine Nation gleichwertig mit einer Religionsgemeinschaft, einer Straßengang oder einem Verein, ein Netzwerk unter anderen. Die Nation wird also im gleichen Maße herabgewürdigt, ihr historischer Hintergrund ausgeblendet, bis auf gewisse Irrwege und Mißbräuche in jüngerer Vergangenheit vielleicht. Der Zusammenhalt der deutschen Bevölkerung in einer Nation (nicht ethnisch definiert!Anm.3) steht in seiner Erhaltenswürdigkeit also weit unter dem des Zusammenhalts einer Religion. Da ist er allerdings mit fanatischen Islamisten genau einer Meinung, die ebenfalls die Bedeutung der Nation negieren, übrigens auch im Mittleren Osten, und für die nur die Gemeinschaft der Religionsanhänger zählt. Da sagen dann Leute wie Merkel (und Lehming): dann kehrt doch zurück zum Christentum und setzt es dagegen! (Blockflöte spielen und christliche Lieder singen) Sind diese Leute noch bei Trost? Die moderne Nation hat sich gerade entwickeln können, weil sie den Säkularismus hervorbrachte. Sollen wir zur Zeit der Religionskriege zurückkehren? In was sollen wir da im Sinne der amerikanischen Globalpolitik hineingetrieben werden? Nein, eine moderne, säkulare Nation und das Bekenntnis zu ihr, eine realistische Sicht auf die eigene Nation, auf ihre Stärken und Schwächen, das ist in Wahrheit die Voraussetzung, auf vernünftige Weise viele Zuwanderer bei uns aufnehmen zu können, was natürlich in einem verkraftbaren Maße zu befürworten ist. Das eine kann letztlich nicht ohne das andere funktionieren.

Zurück zum Anfang

Für Leute wie Lehming ist also das System der Hegemonie und der Niederhaltung der sozialen Widersprüche im Inneren nicht verhandelbar, nach seiner Logik gibt es nur die Hegemonie Amerikas oder Rußlands. Daran darf nicht gerüttelt werden. Der neue Präsident ist da allerdings weniger das Problem. Wenn man sieht, was sich derzeit in den USA abspielt, dann ist es deutlich, daß ein neuer Präsident nicht das ganze Land umkrempelt. Das ist ja auch vom parlamentarischen System so nicht vorgesehen, das nicht wirklich eine gesellschaftliche Alternative zur Abstimmung stellt. Daß der Milliardär Trump nicht den Kapitalismus abschafft, ist wohl selbsterklärend. Andererseits hätte man ihn auch niemals so weit kommen lassen. Daß seine Wahl aber von vielen als ein Unfall angesehen wurde, das erscheint plausibel. Wenn man die Ratlosigkeit bei der Wahlberichterstattung beim Sender CBS selbst erlebt hat, wie sich dort stundenlang niemand mehr traute, konkrete Zwischenstände zu veröffentlichen, als der Sieg von Trump absehbar war, dann kann man das schon für wahrscheinlich halten. Damit hatten sie bis dahin anscheinend nicht gerechnet. Als wenn man im Medienbereich Angst hatte, daß es dem Überbringer schlechter Nachrichten so gehen könnte, wie im alten Griechenland.

Zumeist hatte man dem Außenseiter keine reale Chance gegen den gut geölten Apparat des Mainstream eingeräumt. Aber die ganze Administration, die Behörden, die maßgeblichen Interessenverbände, sie garantieren eine gewisse Kontinuität, Trump scheint sich diesen Gegebenheiten auch unterzuordnen. Was im Hintergrund abläuft, außerhalb der Öffentlichkeit, weiß man auch nicht. Gleich am Anfang gab es Beratungen, über deren Inhalt man nichts erfuhr. Gleich bei seinem ersten Auftreten nach dem Wahlsieg hatte der Wahlsieger geradezu Kreide gefressen. Wenn man z.B. auch sieht, mit welcher Unverfrorenheit gerade eben der CIA-Chef relativ drohend aufgetreten ist mit der Warnung, nicht von bestimmten grundlegenden Prinzipien in der internationalen Politik abzugehen, dann sieht man schon deutlich die Grenzen der Macht eines Präsidenten.

Die größte Verletzung der üblichen Sitten war sein Anknüpfen an die Situation der auch in den USA von Produktionsverlagerungen betroffenen Industriearbeiter bzw. ehemaligen Arbeiter, bzw. einer ganzen Gesellschaftssphäre, die damit zusammenhängt. Auch in den USA hat man versucht, die sozialen Widersprüche per Globalisierung auszulagern, aber dafür neue eingehandelt. Ganze vorher von der Industrie geprägte Regionen sind abgestürzt. Viele Menschen sind von einer Stellung, zwar auch Arbeiter oder einfacher Werktätiger (oder deren Angehörige) zu sein, aber auch an der privilegierten Stellung des Landes mit zu partizipieren, in eine relativ elende Lage abgestürzt oder sehen das als Drohung vor sich, konkurrieren auf einmal mit den Löhnen der „Sweatshops“ in der Dritten Welt. Die rassistische und ethnische Spaltung im Inneren spielt allerdings traditionell eine ebenfalls große Rolle. Man sagte schon früher, die USA hätten den internationalen Widerspruch zwischen Erster und Dritter Welt auch im Inneren. Die hohe Verelendung in den Ghettos der Minderheiten macht radikal, aber ist gepaart mit einer staatlicherseits offen und verdeckt geförderten Verwahrlosung und Verwilderung, die der Solidarisierung der Mehrheit entgegenwirkt. Die USA gelten als das Land mit dem höchsten Prozentsatz von Jugendlichen in der Gefängnissen.

Wie auch hier wurden die Interessen der unteren Mehrheit weitgehend ausgeblendet, manches zeitweilig durch eine hohe Überschuldung überdeckt, die auch nicht ewig gutgehen konnte. Wie auch hier konnte man nicht ewig den Deckel auf diesem Topf halten, auch wenn man die Interessen immer neuer „angesagter“ Minderheiten in den Vordergrund stellte und den Interessen der Mehrheit entgegenstellte, wogegen sie doch eher zurückstecken solle und alle Verschlechterungen schlucken. Trump hat diesen Deckel etwas gelüftet, was hier in der Berichterstattung lange verwischt wurde. Mit der zuvor betriebenen Politik wurde der Erfolg eines Trump erst richtig möglich gemacht. Späte Versuche von Hillary Clinton, nun ebenfalls die drängenden sozialen Probleme aufzugreifen und Lösungen zu versprechen, verpufften nach einer Weile wieder, weil es einfach angesichts der vorher betriebenen Politik nicht glaubhaft war, daß das wirklich nach der Wahl so Wirklichkeit werden würde. Eine andere Frage ist, wie viele das überhaupt von Trump wirklich erwarten, was auch wirklich mehr als blauäugig wäre. Mancher mag einfach nur gewollt haben, daß die ganze aalglatte Maschine des Mainstreams mit ihren Heerscharen rhetorisch geschulter Schönschwätzer einen Denkzettel bekommt.

Bei Trump ist jetzt zu befürchten, daß er mit „making America great again“ die ganzen Bestrebungen nach einem Ende des massenhaften sozialen Abstiegs in eine chauvinistische Schiene leitet, eine Lösung auf Kosten anderer Völker anstrebt, und auch auf Kosten von Minderheiten im eigenen Land. Er wird seine Versprechungen natürlich nicht wirklich erfüllen können. Nicht etwa, daß das mit der Wahl Clintons zu verhindern gewesen wäre, sie stand doch selbst gerade für einen interventionistischen Kurs. Diese Seite ist offenbar nicht verhandelbar. Es ist völlig verkehrt, der Politik der Bourgeoisie, sei es in den USA oder auch hier, einen humanen Beweggrund zu unterstellen. Wenn sie jahrelang eine Politik machen, die Interessen von Minderheiten in den Brennpunkt zu stellen, während sie gleichzeitig massiv gegen die Mehrheit vorgehen, schließt das keineswegs eine Kehrtwende aus. Wenn der Mohr seine Schuldigkeit getan hat, dann kann er gehen, dann kann er auch wieder Sündenbock werden. Es ändert sich damit nur die Methode, wie gegen die Mehrheit Politik gemacht wird und wie sie betrogen wird. Wenn es mit Trump besser geht in ihrem Sinne, im Sinne der dominierenden Kreise der Bourgeoisie, dann kann es auch einen Übergang zu einer anderen Politik geben, aber es gibt einen Rahmen dafür. In den pragmatischen USA ist das richtig, was den gewünschten Erfolg bringt. Malte Lehming jedenfalls ist zuversichtlich, daß uns die USA als Hegemonie-Macht erhalten bleiben und ist auch anscheinend selbst flexibel genug.

Was aber auf jeden Fall bleibt ist, daß der Kapitalismus keine Lösung seiner Widersprüche hat und haben kann, auch wenn er den Weltuntergang als die einzige Alternative zur eigenen Ordnung hinstellt. Welche Windungen und Wendungen es auch geben mag, er kann sich nicht entwickeln, ohne die Kräfte zu seiner Überwindung mit zu produzieren, oder er setzt selbstzerstörerische Prozesse in Gang. Der scheinbare Ausweg, sich in die weniger entwickelten Regionen der Erde hinaus zu entwickeln, immer neue Kräfte in die kapitalistische Ausbeutung hineinzuziehen, wird auch an Grenzen stoßen und das Problem auf neuer Stufenleiter wieder entstehen lassen. Der Kapitalismus baut weiter an seiner eigenen Überwindung und muß und wird duch eine höhere Gesellschaftsform abgelöst werden.


Anm.1  Der Tagesspiegel schrieb über ihn:
„Malte Lehming leitet seit 2005 die Meinungsseite beim „Tagesspiegel“. Von Ende 2000 bis 2005 war er Chef des Washingtoner Büros der Zeitung. Zum „Tagesspiegel“ kam er 1991 als Redakteur für Außenpolitik- mit den Schwerpunkten Sicherheitspolitik, Transatlantische Beziehungen und Naher Osten. Von 1989 bis 1991 arbeitete Malte Lehming als Persönlicher Referent und Redenschreiber für den ehemaligen deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt, heute Herausgeber der Wochenzeitung „Die Zeit“. Lehming studierte Philosophie, Deutsche Literatur und Europäische Geschichte in Hamburg.“

Anm.2  Das ist allerdings mittlerweile unmodern, die historischen Hintergründe und die zugrunde liegende Entwicklung aufzuzeigen. Modern ist ein Denken, nur alles als Phänomen für sich zu betrachten, das u. U. nur besteht, weil derjenige noch nicht geboren ist, der den tollen Einfall für die Lösung hatte.

Anm.3  Das heißt auch, offen für Zugezogene, die sich in diesen Verband integrieren wollen, die die entsprechenden Rechte und Pflichten übernehmen wollen, was eine moderne Nation kennzeichnet.

 

 

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