Internet Statement 2016-83

 

 

Der neue Senat und seine Koalitionsvereinbarung

 

Teil 1

 

 

Wassili Gerhard   05.12.2016

In Berlin, dieser ehemaligen größten Industriestadt DeutschlandsAnm.1, sind die sozialen Probleme unübersehbar. Hier gibt es besonders viel Armut, oft abgehängte Armut. Ein großer Teil der Bevölkerung, vor allem einstige Industriearbeiter und ihre Nachkommen, lebt von Transferleistungen. Die Zahl der Empfänger von Transferleistungen ist mit ca. 20 % mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Wer heute Arbeit hat, arbeitet zumeist im Dienstleistungssektor zu oft prekären Bedingungen mit einem Lohnniveau, das sich immer mehr dem immer noch viel zu niedrigen im Osten angleicht, aber gleichzeitig gibt es mittlerweile die zweithöchsten Mieten nach München, wo Menschen mit einem völlig anderen, nämlich erheblich höheren Durchschnittsverdienst wohnen. Das ist die Kehrseite von „arm aber sexy“. Die Arbeitslosenquote ist immernoch nahe 10 % und wird von allen großen Städten nur in Bremen übertroffen. Wie zum Hohn hat der neue Senat beschlossen, daß niemand mehr als 30 % ( !) seines Einkommens für die Nettokaltmiete ausgeben soll. Das ist fast. 150 % von dem, was in München üblich ist (22%), bei dort viel höherem Durchschnittseinkommen (Tagesspiegel vom 20.11.). Wer ein geringes Einkommen hat, der merkt es ganz besonders, wenn er ein Drittel davon als Miete bezahlen soll. Es ist wie bei einer zu kurzen Decke, wenn man sie in eine Richtung ziehen muß, ist sie am anderen Ende noch mehr zu kurz.

Am 18.10. stand in der Berliner Zeitung:


Noch im Wahlkampf versprach die SPD, 100.000 neue städtische Mietwohnungen“ in Berlin zu schaffen. Bezahlbare“ Wohnungen sollten es zudem sein. Das hörte sich gut an in einer Stadt, in der preiswerte Wohnungen Mangelware sind.
Nicht immer wurde bei der Verkündung des wohlklingenden Versprechens aber auch darüber informiert, dass das Ziel von 100.000 Wohnungen im Landesbesitz durch Neubau und Zukauf erreicht werden soll. Ein Teil der Wohnungen ist also schon längst da.

[Anmerkung: Wie viele Tausende Wohnungen wurden denn in den letzten gut 10 Jahren an private Investoren verkauft? Will man die auch zurückkaufen, voraussichtlich teurer als man sie verkauft hat?]

Tatsächlich ist geplant, dass die landeseigenen Wohnungsunternehmen in Berlin nur 53.400 Wohnungen wirklich neu bauen – und zwar in den nächsten zehn Jahren, nicht etwa in der nächsten Legislaturperiode. Das sieht die sogenannte „Roadmap für 400.000 bezahlbare Wohnungen im Landeseigentum“ vor, die der Senat im April dieses Jahres beschlossen hat.“ ( http://www.berliner-zeitung.de/berlin/berliner-spd-nur-ein-teil-der-versprochenen-100-000-stadtwohnungen-wird-neu-gebaut-24931936 )

Das wäre insgesamt also ein Zuwachs an Wohnungen unterhalb des derzeitigen Zuwachses der Bevölkerung von 40.000 „Neuberlinern“jährlich. Im neuen Koalitionsvertrag der Koalition von SPD, Linke und Grünen steht jetzt, „55.000 zusätzliche Wohnungen im Landesbesitz“ „soll“ es geben, jetzt bis zum Ende der Legislaturperiode. Ist das so zu verstehen, wie im obigen Zitat?Anm.2 Dieses Wort „soll“ wird im Koalitionsvertrag inflationär gebraucht, hunderte mal. Und dieses spezielle „soll“ in steht an dieser Stelle in auffallender Weise inmitten von Aussagen, was der Senat tun „wird“Anm.3. Der Ausdruck „soll“ in Verträgen bedeutet eine Absichtserklärung, die nicht verbindlich einforderbar ist. Vorher in der Präambel steht schon:

Auch wenn die aktuelle wirtschaftliche Lage gut ist, gestalten wir innerhalb eines finanz- und haushaltspolitischen Korridors, den wir nur teilweise beeinflussen können. Vieles geht einfach nicht von heute auf morgen. Aber Berlin hat den Anspruch auf eine gute Regierung mit Augenmaß und einer verlässlichen Umsetzungsperspektive gefasster Pläne.“

Es heißt gleichzeitig auch in der Präambel: „Die Koalition sieht in bezahlbarem Wohnen ein Grundrecht für alle Berliner*innen. In der Berliner Verfassung steht auch ganz ausdrücklich das Recht auf Arbeit, ausgerechnet in der langjährigen „Hauptstadt der Arbeitslosen“, seit kurzem von Bremen auf Rang zwei verwiesen. Man sagt, das habe nur deklamatorischen Charakter und sei nicht einklagbar. Um wieviel weniger ist eine solche Deklamation in dieser Präambel wert. Und wer hat denn weniger mitgestaltet an dem „haushaltspolitischen Korridor“, der nun die Verwirklichung der Ziele „trotz guter Lage“ einschränkt, als die SPD? Hat man denn nicht in der Vergangenheit billigen Wohnraum abgerissen und tut das sogar noch? Wer hat, wie schon erwähnt, massenweise städtische Wohnungen an „Investoren“ verscherbelt, die dann die Mieten hochtrieben? Wer war daran beteiligt, die Mittel der Stadt zu verschleudern, im Bankenskandal, beim Bau des BER, dessen bloßes unfertiges Herumstehen allein schon hunderte Millionen gekostet hat und weiter kostet? Wer hat in noch früherer Zeit daran mitgewirkt, daß in Berlin so teuer gebaut wird wie nirgendwo, daß billige Wohnviertel nach dem Motto saniert wurden, die Mieten vor allem in die Höhe zu bringen, wobei jedes Mittel recht war? Der aktuell abgelöste Senat, in dem doch die gleiche SPD die stärkste Kraft war, hat noch eingefädelt, daß an der Leipziger Strasse Wohngebäude abgerissen werden, wo höhergelegene Wohnungen sogar sehr gefragt waren, die dortige Gegend üerregional bekannt als Beispiel, wie man in einem „Plattenbau“ große moderne Wohnungen hinbekommt. Da soll jetzt ein „Luxus-Townhouse“ hin. An der Wilhelmstrasse hatte der „Rot-Rote“ Senat eine zwischen 1988 und 1992 errichtete Wohnsiedlung an „Investoren“ verkauft. Dort soll jetzt ein Haus mit 100 Wohnungen abgerissen werden und dann neue Wohnungen gebaut werden, die zu den teuersten in Berlin gehören werden. Die Liste könnte fortgesetzt werden.


Natürlich muß man jetzt derartiges in einen Koalitionsvertrag schreiben, will man nicht den Bankrott erklären, bevor man überhaupt angefangen hat. Aber die verkündeten Ziele, wieviel Wohnungen man bauen wollte, sind in der Vergangenheit auch nicht eingehalten worden. Am Leipziger Platz hat sogar der alte SPD-Bausenator einem Investor den Bau der eigentlich verbindlich vorgeschriebenen Wohnungen in seinem Projekt erlassen, nachdem er sich beständig geweigert hatte. Man munkelt allerdings, daß das auch damit zu tun hat, daß ein Vorgänger, der ex-Bausenator Strieder, als Lobbyist der Firma aufgetreten ist. Diese SPD, die sich an allen Schweinereien der Vergangenheit maßgeblich beteiligt hat, tut immer so, als ob das immer nur ihre abgelegten Koalitionspartner waren. In einer neue Koalition mit einem neuen (oder neuen alten) Koalitionspartner steigt sie dann wie ein Phönix aus den Hinterlassenschaften ihrer Regierungstätigkeit und hat damit höchstens am Rande etwas zu tun gehabt.

Dann braucht sie einen anderen Koalitionspartner, um den neuen Senat als etwas Neues zu präsentieren. Die Linke hat sich schon einmal als getreuer Büttel bewährt. Am neuesten sind jetzt die Grünen, mit denen man schon länger nicht koaliert hat und die sich in der Opposition schonen konnten. Da konnten sie erzählen was sie alles besser machen würden, ohne den Beweis antreten zu müssen. Nebenbei haben sie die Kritik so gehalten, daß sie ihre Koalitionsfähigkeit nicht verlieren, siehe z.B. ihre gebremste Kritik am BER. Als ein völlig neues Konzept, gar eine „Wende“, bringen sie ein neues Verkehrskonzept ein. Das wird vor allem der Aufhänger werden, wie man sich als ganz neu präsentiert. Das ist auf den ersten Blick - was war anderes zu erwarten - vor allem autofahrerfeindlich. Die schon weit fortgeschrittene Autobahnstrecke zum Treptower Park wieder platt zu machen und eventuell dafür Fördergelder zurückzahlen zu müssen, das konnten sie allerdings zum Glück erst einmal nicht durchsetzen. Mit diesem Projekt liefern sie die ideale Ablenkung von den eigentlich drängenden Problemen, aber ist das nicht sowieso der eigentliche Beruf der Grünen?



Die Verkehrsinitiative der Grünen

Nun ist die Ökorichtung längst etabliert (Könnte man sich heute nicht Kretschmann und Merkel in einer Partei vorstellen?) und ist auch ohne einen solchen Senat in den letzten Jahren vorangekommen. Der Verkehr ist auch während der SPD-CDU-Koalition immer mehr behindert worden. Genug Engstellen sind mit viel Geld gebaut worden und der Lieferverkehr, ein wichtiger Arbeitgeber in der Stadt, nimmt immer mehr zu, z.B. wegen zunehmendem Onlinehandel und dem Abbau von Lagerbeständen (wo Grund und Boden teuer ist, ist auch Lagerraum teuer) und ist oft gezwungen, die einzige Fahrspur zuzuparken. So werden viele künstliche Staus erzeugt. Wer sich eine normale beidseitig bebaute Strasse ansieht, der kann feststellen, daß es kaum noch möglich ist, einen fußläufigen legalen oder auch illegalen Parkplatz zu bekommen. Der meiste Verkehr in diesen Bereichen entsteht durch kreisende Autofahrer, die einen Standplatz suchen. Schließlich kann man sein Auto nicht an einer Kette um den Hals tragen und mitnehmen. Wo die Zustände noch etwas besser sind, wird viel Geld dafür ausgegeben, das zu ändern. In wachsenden Bereichen wird zudem mit Parkraumbewirtschaftung abgezockt, die an der Gesamtzahl der zur Verfügung stehenden Parkplätze nichts ändert. Das soll ausgeweitet werden. Das Verkehrschaos ist nicht zuletzt verursacht durch eine Kombination von Maßnahmen zu seiner mutwilligen Herbeiführung und Unterlassung von Maßnahmen, die objektiv vorhandenen Probleme anzugehen. Nun will anscheinend der neue Senat, wenn er schon die wirklich dringenden Probleme nicht angeht, wenigstens auf diesem Gebiet eine neue Qualität vorweisen. Vielleicht kochen die Wogen hoch und schaffen eine Ablenkung von den noch drängenderen Problemen.

So wird an die gegenwärtige Kampagne „Pro-Fahrrad“ angeknüpft, die regelrecht einen Krieg zwischen Radfahrern und Autofahrern zu provozieren geeignet ist, indem sie ausdrücklich darauf besteht, daß die Umsetzung ihrer Forderungen unbedingt auf Kosten des Autoverkehrs zu erfolgen hat. Der neue Senat greift das auf. Umverteilung des Straßenraums zugunsten des ÖPNVs, des Rad- und Fußverkehrs.“ (Kein Satz mit „soll“) heißt es jetzt direkt in der Koalitionsvereinbarung. Die Radfahrer werden vorgeschoben, um die Keule gegen die Autofahrer zu rechtfertigen. (In dieser Aufzählung fehlt die Bauwirtschaft, die zu extensivem Besetzen des öffentlichen Raumes neigt.) Das findet in der Praxis schon länger statt, vielleicht findet das deshalb auch bisher so wenig Beachtung! Aber wenn das so explizit in den Koalitionsvertrag geschrieben wird, kann man sich auf eine neue Qualität gefaßt machen.

Wer sind eigentlich die Radfahrer? Das sind sicherlich zu einem großen Teil Menschen, die sich kein Auto leisten können, aber doch nicht auf Mobilität verzichten wollen. In einer Stadt, in der so viele Menschen in relativer Armut leben, ist das vor allem ein erheblicher Teil der ärmeren Bevölkerung, weniger die Boheme, die Berlin hip findet, weil man sich da für wenig Geld austoben kann. Natürlich haben diese Menschen verdient, daß auf ihre Belange eingegangen wird. Da in vielen Straßen durch die übliche Verkehrspolitik der Fahrradverkehr mit dem Autoverkehr in immer schmalere Strassen zusammengepfercht wird, kommt es zwangsläufig zu Konflikten. Auch daß die Instandhaltung der Straßen vernachlässigt wird, wirkt sich ebenfalls auf die Radfahrer aus. Eigentlich leiden beide unter der verfehlten Verkehrspolitik.


Als ein wichtiges Beispiel für verfehlte Verkehrspolitik muß auch hier an die jahrzehntelange Verzögerung des Autobahnbaus vom Nadelöhr am Sachsendamm nach Süden erinnert werden. Hier hat man künstlich Jahrzehnte lang in manchen Straßen völlig unzumutbare Verhältnisse aufrecht erhalten, kilometerlange Dauerstaus in engen Wohnstrassen -- die verschwunden sind, seit die Autobahn endlich weitergebaut ist, geplant schon seit der Vorkriegszeit! Der frühere „Rot-Grüne-Senat“ torpedierte besonders alle einfachen und schnellen Lösungen, baute der Autobahntrasse schließlich noch eine Wohnsiedlung in den Weg, und zwang damit zu einem Abriß einer schon gebauten kilometerlangen Teilstrecke, erzwang damit auch den Bau des teuren kilometerlangen Britzer Tunnels. Heute ist die Situation erheblich verbessert für die Anwohner, Grünzüge wurden angelegt, die vorher überlasteten Straßen wurden enorm entlastet. Da kann man sehen, wie eine vernünftige Verkehrspolitik aussieht. Die Anlage von Radschnellwegen entlang der Autobahn wäre auch durchaus denkbar, oder entlang der S-Bahn-Trassen, ( lieber baut man dort, wie in Neukölln, das x-te Einkaufscenter) und würde zum Entzerren der Situation beitragen. Ideen gibt es schon lange

Das Rezept, statt Gemeinsamkeiten zu suchen auf der maximalen Durchsetzung der Sonderinteressen zu bestehen und die verschiedenen Gruppen gegeneinander zu hetzen, verschärft die Dinge zusätzlich. Man kann auch nicht erkennen, daß gegen die zunehmende Erscheinung völlig rücksichtsloser Fahrweise konsequent vorgegangen wird. In den Zeitungen liest man immer öfter Meldungen von brutalen und viel zu schnell fahrenden Autofahrern, die gewissenlos Unfälle verursachen und nicht selten Fahrerflucht begehen oder angeblich nicht wissen, wer ihr Auto gefahren hat. Die terrorisieren auch die Mehrheit der Autofahrer. Ein Eingreifen wäre hier besonders angebracht, denn ohne ein kooperatives und diszipliniertes Verhalten ist ein geordneter Verkehr, bei dem am Ende alle schneller und sicherer ans Ziel kommen, nicht möglich. Dagegen vorzugehen scheint als Schwerpunkt wohl nicht so interessant, lieber animiert man zur Rücksichtslosigkeit auch auf der anderen Seite, wie das schon mit gezielten Behinderungsaktionen geschieht.

 

Ein großer Teil, der bei den Grünen unter den Tisch fällt, oder besser gesagt besonders betroffen ist, sind die einfachen Werktätigen, die in der heutigen Zeit noch an gewissen berechtigten Lebensansprüchen festhalten und auch noch - mehr schlecht als recht - dazu in der Lage sind. Sie haben einen Job oder schon mehrere, wollen eine Familie, Kinder und haben berechtigte Ansprüche an das Leben. Beim heutigen Stand der allgemeinen Entwicklung sollten das eigentlich keine allzu überspannten Ansprüche sein. Sollten. Wer keinen Spitzenverdienst hat, muß schon sehr genau kalkulieren, wie er mit den vielen verschiedenen Anforderungen klarkommt, die auf ihn zukommen. Ein Auto, oft ein billiger Gebrauchtwagen, eventuell sogar zwei, gehören da oftmals dazu, um den komplizierten Alltag zwischen Familie, Beruf und anderen Interessen irgendwie in den Griff zu bekommen. Wer mal wie ein Rallyefahrer durch Berlin gerast ist, zwischendurch gebremst von den nicht umfahrbaren Staubereichen, um nach der Arbeit sein Kind vom Kindergarten abzuholen, (mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zu schaffen) das mit der Erzieherin schon vor der Tür stand, weil alle anderen schon abgeholt waren, der weiß wovon ich redeAnm.4. Diese Bevölkerungsschicht unterliegt enormen Belastungen, zahlt gleichzeitig in erheblichem Maße Steuern, und wäre der Hauptleidtragende bei der grünen Verkehrspolitik. Das sind auch tendenziell diejenigen, die an den Stadtrand verdrängt werden. Außerdem kommt jeder Fünfte, der in Berlin arbeitet, schon aus dem Umland, was sogar noch eine gringe Quote ist, verglichen mit anderen Städten, auch hier ist eine Steigerung wahrscheinlich. Der Ausbau und die Betriebssicherheit des öffentlichen Verkehrs hält nicht damit Schritt (S-Bahn!)

Die Betuchteren sind eher diejenigen, die sich am ehesten leisten können, in der Innenstadt zu wohnen, hier haben auch die Grünen ihre feste Wählerklientel. Die Mietsteigerungen in den „angesagten Bezirken“ überreffen in den letzten Jahren alles in vergleichbaren deutschen Städten. Als die regierenden Parteien - und das ist eben fast immer auch die SPD - noch die städtischen Wohnungen an Investoren wie Zerberus verramschten oder in den Außenbezirken sogenannte Plattenwohnungen abrissen, gingen weitsichtigere Stadtforscher bereits davon aus, daß die Innenstadt immer mehr von Wohlhabenden belegt werden wird, während die Ärmeren an den Rand gedrängt werden.


Nun kommt eventuell ein Einwand, daß der ganze motorisierte Individualverkehr doch sowieso nicht die Lösung ist.

Das mag prinzipiell so sein. Aber wie kann man erwarten, daß eine Gesellschaftsform sich hier für das Befinden der einfachen Menschen interessiert, der das Leben der Mehrheit der Menschen auf der Welt egal ist, nämlich ob es überhaupt ein Leben oder ein Leben entsprechend dem, was möglich wäre, für sie geben soll? Daß eine solche Gesellschaftsform und die darin herrschenden Kräfte ihre Profitmaximierung schmälern werden, um einen wirklichen Schritt vorwärts auf diesem Gebiet zu ermöglichen? Diejenigen, die die Investitionen in Industriearbeitsplätze in andere Regionen der Welt umleiteten? Sofern es ein Geschäft ist und sich Profit damit machen läßt, sprich: solange sich genügend ausreichend Betuchte finden, die sich ein solches System leisten können, wird es das wohl in einem gewissen Umfang geben. Das gilt z.B. für Carsharing.

Für den Teil der Gesellschaft, der hierzulande abgehängt ist, die (direkten oder indirekten) Nachkommen der überflüssig gemachten Industriearbeiter, wird das zu teuer sein. Die können sich schon die jetzigen öffentlichen Verkehrsmittel kaum leisten, an denen man gut erkennen kann, wie auf die Bedürfnisse der Ärmeren in der Gesellschaft eingegangen wird. Die werden tendenziell eher schlechter. Als die S-Bahn noch unverzichtbar für den Transport der Massen von Arbeitern in die Fabriken war, waren Zustände, wie wir sie verschiedentlich hatten, undenkbar. Da war deren Funktionieren noch im Interesse des Kapitals. Heute ist das dem Staat egal, der auch Eigentümer der S-Bahn als Teil der „Deutschen Bahn“ ist. Das verweist auf die eigentlichen Grundprobleme, jenseits des Ausspielens verschiedener Bevölkerungsteile gegeneinander, vozugsweise Teile der ärmeren Bevölkerung. Ihr wollt, daß die Leute auf den Öffentlichen Nahverkehr umsteigen? Dann schafft erstmal einen attraktiven und bezahlbaren Öffentlichen Nahverkehr. Daß man aber freiwillig auf Möglichkeiten der Mobilität verzichtet, solange nichts Besseres angeboten wird, das kommt doch garnicht in Frage. Umgekehrt wird kein Normalverdiener auf Dauer die nicht unerheblichen Kosten für ein eigenes Auto zahlen wollen, wenn eine bessere, schnellere und kostengünstige Lösung bereitsteht.

Soviel zu diesem Thema, das als ein wichtiges in der Zukunft zu erwarten ist und somit auch hier schon einen gewissen Raum eingenommen hat. Im Gegensatz zu anderen Themen sind hier sogar schon Stellen und Mittel konkret in die Planung eingestellt worden.

 

Die neue Umwelt- und Verkehrssenatorin

 

Als neue Verkehrssenatorin und Umweltsenatorin haben die Grünen passenderweise Regine Günther vom WWF (World Wildlife Fund) gewonnen, sie leitet seit 17 Jahren das Klima- und Energiereferat beim WWF-Deutschland. Kolportierter Ausspruch: „Der Verkehr muß auf Null runter,“ Das ist Programm.

Der WWF gehört sozusagen zum alten Adel der „Naturschutzbewegung“, bewußt setze ich das in Anführungszeichen. Gegründet wurde dieser 1961, gegen Ende der Kolonialzeit in Groß-Britannien von einer Mixtur von Blaublütern, Eugenikern und „Naturschützern“ vom Kaliber des Mitbegründers Prinz Philip, von dem der Spruch überliefert ist: »Im Falle meiner Reinkarnation würde ich gerne als tödliches Virus zurückkehren, um etwas zur Lösung des Problems der Überbevölkerung beizutragen.« Das war die Zeit, in der in der ich als Schüler die Erfahrung machte, daß man Schulkinder wie Sträflinge behandelte, ihnen lieber eine Ohrfeige mehr als eine zu wenig gab, aber die Lehrer für die Mitgliedschaft im Tierschutzverein warben.

 

In diesem Sinne begann diese Organisation damit, sich in den ehemaligen Kolonien für die Einrichtung riesiger Naturreservate einzusetzen, begleitet mit rührseligen Apellen, Tiger Elefanten oder andere Tiere vor dem Aussterben zu retten. Nachdem dort in der Kolonialzeit manche dieser Tierarten tatsächlich erheblich dezimiert wurden, setzten nun „Naturschützer“ aus den Staaten der ehemaligen Kolonialherren die Umsiedlung von zig Millionen Angehörigen von Naturvölkern um, die seit jeher mit diesen Tieren den Lebensraum geteilt hatten, um ihre Vorstellung von der „idealen“ Natur durchzusetzen, nämlich einer Natur ohne Menschen, wie es sie auf der Erde zu jener Zeit auch in diesen Ländern nicht gab. Das vertrug sich in ihren Augen auch gut damit, daß manche der erlesenen Unterstützer selbst Großwildjäger waren.Sie übernahmen ja nur die hehre Aufgabe, die zu ungezügelte Vermehrung zu regulieren. Das war doch nicht so etwas wie die profane Jagd zur Nahrungsbeschaffung. In jener Zeit gab es in den Kinofilmen das Klischee von den bösen wilden „Eingeborenen“ und edlen Weißen, die die Tiere schützten und ihre Freunde waren. Tarzan war populär.

 

Von da führt eine Linie zum WWF, heute mit freundlichem Panda als Wappen. Heute ist der WWF eine der größten „Greenwashing“-Institutionen für internationale Konzerne wie Coca Cola, Monsanto oder internationale Konzerne, die Urwälder für riesige Palmöl-Monokultur-Plantagen roden. Sie haben das Logo für „nachhaltigen Lachs“ aus Lachsfarmen miterfunden, wo 4-6 Kilo in der freien Natur gefangener Fisch zu Fischfutter veratbeitet werden, um ein Kilo „nachhaltigen“ Lachs zu erzeugen. Sie bescheinigen Multis „Nachhaltigkeit“, die riesige Urwälder roden, mit der Begründung, das sei nur „degradierter“ Urwald (sprich: wo die Ureinwohner auch wohnen), wenn dafür 10% der Fläche zu Naturparks umgewandelt werden. Nach Berechnungen des WWF sind heute 30% der Erdoberfläche Naturräume, in denen auch indigene Völker leben. Ziel des WWF ist es, daß 10 % der Erdoberfläche als „geschützte Räume“ in Form von Nationalparks erhalten bleiben, wo die Menschen, die dort leben, vertrieben werden. Agrarriesen, „Bioenergie“-, Sojaanbau-Firmen,die sich riesige Naturräume unter den Nagel reißen, die diese Zielsetzung anerkennen, erhalten für ihren Landraub noch den Panda als Siegel, oder eine Zertifizierung nach „kreativen“ Zertifizierungslabels wie z. B. FSCAnm.5. Bisweilen eignen sich raubgierige Eliten in den Ländern diese Wälder an, wenn die Ureinwohner erst einmal vertrieben sind. Also im Prinzip ein Instrument des Neokolonialismus, der Verhinderung einer unabhängigen Wirtschaftsentwicklung unter der Flagge von „Naturschutz“ und „Klimaschutz“.

 

Da haben sich die Richtigen gefunden.



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Wird fortgesetzt


Anm.1  Tatsächlich, Berlin war einmal die zweitgrößte Industriestadt Deutschlands, die nur vom Ruhrgebiet übertroffen worden wäre, wenn dieses nicht in viele Einzelstädte aufgespalten wäre. In Berlin hat man mit dem Zusammenschluß vieler verschiedener Orte, darunter mehrere Großstädte, zu „Groß-Berlin“ und mit dem Ausbau der Verkehrswege untereinander wie auch überregional einen weitsichtigen anderen Weg beschritten. Das war das Gegenteil von grüner Politik.

 

Anm.2  Es wird auch schon gemunkelt, daß Immobilien, die noch vom Bankenskandal übrig sind, Immobilien, die man zu überhöhtem Wert in die Immobilienfonds packte, zu diesem Zweck in Landeseigene Wohnungsgesellschaften übernommen werden sollen.

 

Anm.3  Dann geht es allerdings zumeist um Bemühungen, Planungen etc., selten etwas konkret Nachprüfbares.

 

Anm.4  Auch politische Aktivität neben normaler Berufstätigkeit ist oft ohne Auto erschwert, manches ist garnicht machbar. Ich weiß, wovon ich rede.

 

Anm.5  Eine anschauliche Darstellung solcher Vorgänge ist zu finden in dem Buch: „Schwarzbuch WWF“ von Wilfried Huismann, online derzeit auch unter der Webadresse
https://www.pdf-archive.com/2012/07/22/schwarzbuch-wwf-dunkle-geschaefte-im-zeichen-epub/schwarzbuch-wwf-dunkle-geschaefte-im-zeichen-epub.pdf als Datei erhältlich (7,3 MB).

 

 

 

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