Internet Statement 2017-47

 

 

 

Falco A. - Bundeswehr-Skandal : Um was geht es eigentlich wirklich?

 

 

Wassili Gerhard  13.05.2017    

Im Rahmen der Nachforschungen um die Vorgänge um den Leutnant und Elitesoldaten der Bundeswehr Falco A. wird gegenwärtig groß in den Vordergrund gestellt, daß in Kasernen Wehrmachtsdevotionalien als Wandschmuck gefunden wurden. Jeder, der irgendwie mal etwas mehr über die Bundeswehr gehört hat, kann darüber nicht verwundert sein. Seit die Bundeswehr gegründet wurde, wobei alte Ex-Offiziere der Wehrmacht herangezogen wurden, die auch in Politik und wer weiß wo überall damals hohe Positionen bekleideten, ist das doch relativ offen der Fall gewesen. Es gibt derartiges seit Gründung der Bundeswehr. Selbst die offiziellen Namen der Kasernen erinnerten und erinnern z.T. bis heute noch z. T. an alte Wehrmachtsoffiziere. Lange wurde versucht, die Wehrmacht als eigentlich „ritterlich“ hochzuhalten. Will jemand ernsthaft behaupten, das sei jemals wirklich vorbei gewesen?

 

Aber es ging schon oft genug noch viel weiter. Führende Neonazis hatten immer wieder ihre Beziehungen zur Bundeswehr, was auch bei Einzelfällen ans Licht kam. Manfred Roeder sprach 1995 vor Offizieren, NPD-Chef Udo Voigt (Hauptmann der Reserve) oder der einst bekannteste Neonazi Michael Kühnen waren gleichzeitig Bundeswehr-Reserveoffiziere, neben weiteren bekannten Fällen. Auch Uwe Mundlos, der spätere NSU-Mann, bekam in der Bundeswehr gute Zeugnisse, obwohl er seine schon damals ultrrechte und rassistische Gesinnung offenbarte. Man muß nur mal auf die schnelle googeln, dann bekommt man Hinweise en masse.


Eine Meldung von 2007 gibt z.B. Fragen auf, zeigt jedoch recht schnell, daß es da noch ganz andere Kräfte gibt, auf die man sehen muß. Irgendwelche nostalgische Wehrmachts-Traditionspflege soll zwar nicht verharmlost werden, aber es gibt auch „modernere“ faschistische Kräfte, die internationale Netzwerke knüpfen und versuchen, unter neuem Gewand die alten faschistischen Zielsetzungen zu verfolgen, wobei sie auch alte Kräfte mit einzubinden versuchen, aber sich nicht darauf beschränken:

 

>>Aktivisten des verbotenen Neonazi-Netzwerkes "Blood and Honour" [Gerade heißt es in Meldungen, daß dessen Strukturen gegenwärtig in Thüringen wieder wachsen - 17 Jahre nach dem offiziellen Verbot! W.G.] veranstalten paramilitärische "Survivalcamps" und pflegen dabei Kontakte zu Bundeswehrreservisten. Nach Recherchen des "Antifaschistischen Info Blatt" hat sich in Hannover ein Personengeflecht aus Aktivisten des 2001 verbotenen neonazistischen "Blood & Honour" Netzwerkes und dem Tattoo-Milieu etabliert, welches sich neben Kampfsportveranstaltungen und dem Verkauf militärischer Ausrüstung in Munster auch paramilitärischen sogenannten "Combat & Survival"-Übungen widmet.

In der "Combat Survival School (CSS)" und der "Warrior Survival School (WSS)" trainieren bekannte Neonazis gemeinsam mit Soldaten und Reservisten der Bundeswehr. In diesem Rahmen steht zu befürchten, dass dieser Personenkreis Zugang zu Kriegswaffen und militärischem Know How erhält.
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„Blood an Honour“ taucht auch heutzutage im Zusammenhang mit dem NSU-Terror auf, mindestens von einem Vertreter ist bekannt, daß er in Thüringen Verbindung zum NSU-Trio hatte. In einer Sendung von „Frontal21 (ZDF) vom 29.11.2011 (über 10 Jahre nach ihrem Verbot), nicht lange nach dem Tod von Mundlos und Böhnhard, heißt es über Blood&Honour, daß sie Verbindungen zu Militärs im In- und Ausland pflegen und in der Lage seien „hochwertiges Militär-Know-how direkt in die Naziszene zu bringen und da zu vervielfältigen, um die Möglichkeiten von Blood & Honour zu vergrößern“ Anm.1 Dieses internationale neonazistische Untergrund-Netzwerk unterhält auch eine international tätige Terrororganisation namens „Combat 18“. Auch der Rolle des hiesigen Ablegers des Ku-Klux-Klans wird fast garnicht nachgegangen, obwohl es Berührungspunkte zum NSU-Trio gibt und auch Kollegen der ermordeten Michele Kiesewetter dort Mitglied waren. Die Frage nach internationalen Strukturen im Hintergrund drängt sich doch hier auf.

Wichtig wäre es, die Frage zu stellen, wie weit derartige Strukturen existieren bzw. hier bei den Vorgängen eine Rolle spielen. Schon beim sogenannten „NSU“ fällt auf, daß man auch da den Einfluß solcher Netzwerke anscheinend nicht gern zum Thema machen will. Bei Neonazis legt man sich gern von vornherein darauf fest, daß es sich um Einzeltäter handelt. Dafür gibt es immer wieder Beispiele.

 

Soll die Aufmerksamkeit mit dem „Bildersturm“ weg von viel brenzligeren Punkten gelenkt werden? Sucht man gezielt nur bei einer bestimmten Strömung innerhalb der RechtenAnm.2 und blendet eine andere, wichtigere aus? Die gefährlichsten faschistischen Kräfte unter den Neofaschisten sind gegenwärtig eher bemüht, nicht mit dem Hitlerschen Nazifaschismus identifiziert zu werden, faschistische Inhalte in einem „moderneren“ Gewand zu präsentieren. Vielleicht deshalb jetzt die schwer nachvollziehbare verwunderte Empörung über solche Funde von Wehrmachtsdevotionalien in Kasernen, als wäre das etwas Neues, der demonstrative Aktivismus v. d. Leyens. In n-tv heißt es auf einem Spruchband: Bundeswehr fahndet nach Wehrmachts-Exponaten. Das ist doch ein ganz altes Thema seit Gründung der Bundeswehr. Im Grunde ist Erstaunen über diese „Entdeckungen“ schon wieder eine Beschönigung. Da gibt es z.B. eine Wandmalerei, die ist so alt wie die Bundeswehr selbst - und noch älter! Das stinkt doch nach Ablenkung!

 

Vielleicht gibt es ja Dinge, die man nicht finden will?

Wenn wir in die jüngere Geschichte zurücksehen, finden wir brisante Hinweise. In den fünfziger Jahren gab es eine von der militärischen Nato-Führung (also der US-Armee) geleitete Geheimtruppe, die auch Listen mit Politikern hatte, die in einer Kriegssituation zu liquidieren seien. Nach außen gab es als Tarnung eine rechtsradikale Organisation, die sich „Bund deutscher Jugend“ nannte, mit einer bewaffneten Organisation namens „Technischer Apparat“. Diese wurde von US-Offizieren angeleitet und machte im Geheimen bei den US-Truppen Schießübungen. Diese Organisation wurde verboten und angeblich aufgelöst, nachdem die Mordlisten an die Öffentlichkeit kamen, auf denen sich hochrangige Politiker der damaligen Bundesrepublik befanden. Aber auch im weiteren gab es immer wieder Hinweise, daß solche Organisationen, auch „Stay-Behind-Organisationen“ oder Gladio genannt, weiter existieren, und nicht selten wurden alte Nazis oder Neonazis dafür herangezogen. Das gilt auch für alle Nato-Mitgliedsländer und darüber hinaus. (Siehe auch das IS 2013-26 „Einiges über Hegemonismus und Subversion im Rahmen der NATO“)

Seit den 90er Jahren soll diese Truppe angeblich wieder einmal aufgelöst sein. Aber ist sie es wirklich oder ist davon auszugehen, daß es Nachfolger gibt?. Dann wären manche Aufklärungsschwierigkeiten, die sich z.B. bei den NSU-Aktivitäten gezeigt haben, nicht schwer erklärlich. Schließlich spielt die begrenzte Souveränität da auch eine Rolle.

 

Wichtig ist dabei auch, daß in der Realität die Praxis dieser Kräfte weit über das hinausging, was unter „Stay Behind“Anm.3 verstanden wird. Das ist teilweise eine Legende, die die wirkliche Tätigkeit verbirgt. Insbesondere muß man davon ausgehen, daß hierzulande noch vieles unter der Decke gehalten werden kann. Dagegen in Italien wurde die Tätigkeit einer solchen Organisation, mit der sie in die aktuelle Politik hineinwirkte, und ihre Zusammenarbeit mit der Mafia, dem Vatikan, in- und ausländischen Geheimdiensten, wie auch Kräften im Militär in der Öffentlichkeit in ganz anderem Maße bekannt. (In der hiesigen Presse spiegelte sich das aber kaum wider) Auch in die Tätigkeit der sogenannten „Roten Brigaden“ wirkten sie hinein, personell wie auch von außen. Die Ermordung des ehemaligen italienischen Regierungschefs Aldo Moro, die von den „Roten Brigaden“ ausgeführt wurde, geht nicht wenig auf ihr Konto, auch weil sie mit ihren Einflußmöglichkeiten in den Sicherheitsapparat hinein diese Aktion abschirmten, sogenannte „Ermittlungspannen“.

 

Auch in Deutschland gab es immer wieder vor allem rechtsradikale, neonazistische Terrrorgruppen, deren Tätigkeit teilweise sehr gut in ein Schema einer „Strategie der Spannung“Anm.4 paßte. Viele Morde und Sprengstoffanschläge gehen auf ihr Konto. Aber die meisten Gruppen sind heute so gut wie vergessen. Auch wenn der Anführer der „Wehrsportgruppe Hofmann“ als seine Zielsetzung erklärte, er wolle an die Tradition der Freikorps anknüpfen und sich auf eine mögliche künftige revolutionäre Situation vorbereiten, dann paßt das durchaus ins Schema. Ist es ein Zufall, daß in seinem weiteren Umfeld politische Morde, der Bombenanschlag auf das Oktoberfest 1980 oder die Aufdeckung eines umfangreichen Waffen- und Sprengstofflagers zu verzeichnen waren? - auch wenn man jenem Hofmann selbst keine Beteiligung nachweisen konnte und er sich heute munter in der rechten Szene tummelt und dafür wirbt, den „Nationalsozialisten“ nicht hervorzukehren. Aber auch bei der RAF gibt es Anzeichen dafür, zumal es mit der Zeit immer unklarer wurde, wer sich überhaupt personell hinter diesem Namen verbarg. Zeitweilig wurden hier auf Fahndungsplakaten Personen gesucht, von denen hierzulande in hochrangigen Kreisen durchaus bekannt war, daß sie sozusagen in der DDR im Ruhestand lebten, in Absprache mit Kräften in der Bundesrepublik. Eine solche Zusammenarbeit und Absprache scheint es auch öfter gegeben zu haben. Siehe z.B. auch Publikationen von Regine Igel.

 

Heute kommt noch erschwerend dazu, daß diese Bundeswehr unter einer Merkel-Regierung aus einer Armee, die zumindest angeblich der Landesverteidigung diente, in eine Söldnerarmee für „Internationale Einsätze“ umgewandelt wurde. Und sie besteht entschieden darauf, daß das nicht rückgängig gemacht wird. Es ist durchaus richtig, daß jetzt wieder die Forderung nach Wiedereinführung der Wehrpflicht aufkommt, dafür braucht es einen solchen Fall garnicht, um das zu rechtfertigen. Eine Söldnerarmee, die für imperialistische Interessen international einsetzbar sein soll, bekommt eben auch vor allem Bewerber, die für Söldnertum empfänglich sind, und das sind auch beispielsweise bevorzugt Kräfte wie NeonazisAnm.5. Bei Bestehen der Wehrpflicht passierte das weniger im Dunkeln, die normale Bevölkerung hätte mehr Einblick. Die Wehrpflicht hatte durchaus ihren Wert. Am Ende des ersten Weltkrieges waren das auch diejenigen, die die Gewehre umgedreht haben. Und glaubt irgend jemand wirklich, daß in einem großen Krieg diejenigen, die keinen Wehrdienst gemacht haben, vor einem Schicksal als Kanonenfutter gefeit sind, daß man sie fragt, ob sie „hingehen“ wollen? Solches „Menschenmaterial“ bekommt eine Schnellausbildung und gehört auf dem Schlachtfeld zu denen, die die kürzeste Überlebensdauer haben.

 

In dieser Armee werden Leute zu hochqualifizierten Kriegsspezialisten ausgebildet, die eben kein Querschnitt der Bevölkerung mehr sind, während man die Masse der Menschen hierzulande zu wehrlosen Schafen zu erziehen sucht. Wenn sie dann doch aufbegehren, weil sie von der herrschenden Klasse zum Äußersten getrieben werden, kann dann diese Soldateska auf sie losgelassen werden. Man versucht ja nicht ohne Grund zunehmmend, die gesetzlichen Beschränkungen dafür zu beseitigen. Dieser Staat ist in Wahrheit garnicht willig, solche Elemente wie NSU oder Falco A. oder Kräfte, die sich dabei im Hintergrund halten, zu beseitigen, da macht er nur so viel, wie es sich nicht vermeiden läßt. Die haben ihre Leute, die die Lehren der Geschichte auf ihre Weise auswerten und davon ausgehen, daß solche Elemente ja noch gebraucht werden könnten. Das ist die wahre Ursache für die unglaubliche Dreistigkeit durch die solche Elemente immer wieder auffallen. Sie rechnen mit ihrer Protektion.

 

 

 

Anmerkung 1  (Sendung unter https://www.youtube.com/watch?v=rrPJ6x5j1Mw zu sehen, ab etwa der 17. Minute kommt die Sendung zu diesem Thema, Manuskript unter http://ddata.over-blog.com/1/44/19/35//PDF/Frontal-21-Hannes-Knoch-29.11.2011.pdf).    -- zurück zum Text
           


Anmerkung 2
 Auch Neonazis sind keineswegs eine Kraft, die von inneren Widersprüchen frei ist, nach dem zweiten Weltkrieg warfen sich z. B. auch nicht alle den USA an den Hals. Eine andere Strömung wollte im kalten Krieg auch eine deutsche Neutralität und einen Ausgleich mit der Sowjetunion. Der bekannte Neonazi Ottfried Hepp, auch zeitweilig im Zusammenhang mit der „Wehrsportgruppe Hoffmann“ aufgetaucht, der Namensgeber der terroristischen „Hepp-Kexel-Gruppe“, die anfang der 80er Jahre Bombenanschläge verübte, suchte z.B. in dieser Zeit den Kontakt zur Stasi und wurde gleichzeitig IM. Wegen der Führer-Gefolgschafts-Ideologie werden die Widersprüche aber nicht offen ausgetragen. Man darf nicht nur auf dumpfe Mitläufer sehen, die dies ausblenden und nicht differenzieren, wer sie instrumentalisiert.   -- zurück zum Text

 

 

Anmerkung 3  Stay Behind hieß, daß diese Truppen im Falle eines Überrollens duch Truppen des Warschauer Paktes im Rücken des Feindes als Guerilla arbeiten sollten. Dazu mußten sie angeblich selbst vor den Institutionen des Staates verborgen bleiben. Manche Akten dazu trugen selbst bei der Nato den Vermerk „American eyes only“.  -- zurück zum Text

 

 

Anmerkung 4  Diese sogenannte „Strategie der Spannung“ wurde von einem überführten Täter namens Vincenzo Vinciguerra aus Italien, Neonazi und Angehöriger dieser Struktur, 1990 vor Gericht so beschrieben:

«Man musste Zivilisten angreifen, Männer, Frauen, Kinder, unschuldige Menschen, unbekannte Menschen, die weit weg vom politischen Spiel waren. Der Grund dafür war einfach. Die Anschläge sollten die Menschen, das italienische Volk, dazu bringen, den Staat um größere Sicherheit zu bitten. Diese politische Logik liegt hinter all den Massakern und Terroranschlägen, welche ohne richterliches Urteil bleiben, weil der Staat sich nicht selber verurteilen kann, er kann sich nicht selber für das Geschehene verantwortlich erklären.» (Daniele Ganser: Nato-Geheimarmeen und ihr Terror. In: Der Bund. Bern 20. Dezember 2004, S. 2 ff.)  -- zurück zum Text

Anmerkung 5  Zitat von Karl Heinz Hoffmann, ehemals Anführer der 1980 verbotenen „Wehrsportgruppe Hoffmann“ und bis heute in rechten Kreisen engagiert:

„Bei den Freikorps der Weimarer Zeit kannte man den Wahlspruch: >Es ist nicht wichtig, wofür wir kämpfen, aber es ist wichtig, wie wir kämpfen.< [...] Es ist die heute so verrufene Landsknechtsmentalität, die aber immer in Teilen des deutschen Volkes fortleben wird, ob es uns nun recht ist oder nicht.“ („Verrat und Treue“, Seite 318)

Solche Kräfte können natürlich für vieles als Werkzeug benutzt werden.  -- zurück zum Text

 

 

 

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