Internet Statement 2018-35
Digitalisierung als Ausweg aus dem unversöhnlichen Klassengegensatz? Ein gefährlicher Irrtum
Maria Weiß 12.04.2018
I. Die Frage, die sich da stellt, ist doch sofort diejenige: Wer soll dieses erarbeiten? Diejenigen Menschen in der Dritten Welt, die zu Hungerlöhnen arbeiten? Die einen nahezu unbegrenzten Arbeitsschuftereitag haben, damit hierzulande eine parasitäre Unterschicht auf niedrigstem Niveau erzeugt werden kann? Was soll denn Anderes gesellschaftlich bei so einer Politik herauskommen? Das züchtet und fördert doch obendrein Kriminalität noch mehr, als andere Dinge es sowieso schon tun. Soll etwa hier etwas zur Regel gemacht werden, welches akzeptiert, daß Menschen in anderen Teilen der Welt, zum Beispiel in Afrika oder Asien, nur einen Bruchteil eines solchen hiesigen, ohne jede Arbeit erhaltbaren Grundeinkommens von 1000 Euro monatlich, erhalten, die dafür anderswo in den besagten Teilen der Welt einen ganzen Tag lang zwölf oder mehr Stunden schuften müssen, obendrein unter Bedingungen, die man sich hierzulande kaum vorstellen kann, weil sie längst in der Geschichte verschwunden sind. Daß das nicht funktionieren kann, geschweige denn man solches akzeptieren kann, liegt doch auf der Hand. Und daß es hier die Korruption und den Parasitismus fördern wird, ebenfalls.
II. Liebe Genossin D. Ich habe mich mit deinen Bedenken auseinandergesetzt. Hier das Ergebnis.
Wie will man denn mit Robotern Profit machen? Im Gegenteil, da muß man Geld hineinstecken, damit das funktioniert.
Das ist in gewisser Weise eine neue Dimension, die sich hier auftut, und das erfordert auch neue Ideen auf gesellschaftlichem Gebiet, neue Möglichkeiten, analytische Fähigkeiten, denn man kann nicht davon ausgehen, daß es immer so bleibt wie es ist. Das wäre sehr bequem und obendrein realitätsfremd. Man glaube doch nicht, daß das kapitalistische System etwa gewillt ist, die harte Arbeit durch Roboter erledigen zu lassen. Womit wollen sie denn dann ihren Profit erwirtschaften?
Man stelle sich mal vor, die Milliardenmassen auf der Welt lassen ihre tagtägliche harte Arbeit durch Roboter erledigen. Wo bleiben denn dann die Ausbeuter? Die werden doch glattweg überflüssig. Und man glaube doch nicht, daß sie sich das gefallen lassen werden. In dem gegenwärtigen Gesellschaftssystem, welches gegenwärtig wieder auf der ganzen Welt existiert und sich weiter ausgebreitet hat, ist das schlichtweg nicht realisierbar. Ein solches System würde es erfordern, das Denken nicht zuerst auf den eigenen Vorteil zu richten, sondern auf die Gesellschaft als Ganzes. Das ist aber mit dem kapitalistischen System, seinem Ursprung und seinem Wesen nicht vereinbar. Es erfordert also erst eine soziale Revolution auf der ganzen Welt, die überhaupt solche Möglichkeiten zu eröffnen wahrscheinlich macht. Ein gesellschaftliches System, welches auf der primitiven Maloche vieler Menschen und der privaten Aneignung von deren Produkten, d.h. auf der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beruht, wird ja wohl kaum durch ein System der Ausbeutung von Robotern umgewandelt werden können, zum Vorteil des Menschen. So etwas kann allenfalls punktuell gelingen, wenn überhaupt. Wir dürfen aber nicht punktuell denken, sondern wir müssen global denken.
Wenn schon heutzutage die gigantischen Extraprofite, welche die herrschende Klasse weltweit „erwirtschaftet“, bzw. sich aneignet, nicht dazu fähig sind, das Leben aller Menschen auf eine höhere Stufe zu heben, wie sollen das denn Roboter schaffen? Man kann eben nicht die soziale Theorie durch Science Fiction ersetzen. Und nebenbei bemerkt hat man es hierzulande, in dem ach so prosperierenden Deutschland nicht einmal geschafft, innerhalb der letzten 30 Jahre seit der so genannten Wiedervereinigung wenigstens die Verhältnisse in beiden Teilen des wiedervereinigten Landes anzugleichen. Der Osten ist immer noch unterdigitalisiert. Woran das wohl liegen mag?
Allerdings kann man daraus, als auch aus anderen Punkten, sicherlich schlußfolgern, daß die soziale Revolution nicht durch irgendeine Form von Digitalisierung ersetzbar sein wird. Es handelt sich dabei überhaupt um verschiedene Kategorien. Das eine ist die gesellschaftliche, das andere ist die technologische. Wie kommt man überhaupt dazu, beides gegeneinander auszuspielen? Wer macht so etwas? Ich denke, daß hier der Idealismus der Bourgeoisie mal wieder winke, winke macht.
Ganz im Gegensatz zu solch idealistischen Anschauungen droht gegenwärtig eine in ihren Auswirkungen höchstwahrscheinlich sich zu einem globalen Krieg entwickelnde militärische Auseinandersetzung mit Ursprung im Mittleren Osten, die sowieso erforderlich machen kann, daß man mal wieder ganz von vorne anfangen muß, sofern es nicht gelingt, diesen Tendenzen durch revolutionäre Erhebungen Einhalt zu gebieten. Leider halten sich die Hoffnungen darauf, daß Letzteres Realität werden kann, in Grenzen.
Noch einmal zurück zur Digitalisierung
Die Produktivkräfte sprengen die Produktionsverhältnisse – das ist es, was daran deutlich wird. Digitalisierung macht Ausbeutung überflüssig. Aber dazu braucht es vor allem ein anderes Gesellschaftssystem, und zwar weltweit. Aber solange den Kapitalisten die „Ausbeutung“ von Robotern teurer kommt als die von Menschen, sind wir davon noch eine ganze Ecke entfernt. Die Produktivkräfte sprengen die Produktionsverhältnisse – das wird in der Tat daran deutlich. Aber um das wirklich Realität werden zu lassen, dafür müssen wir noch einiges tun. Und vor allem müssen wir verhindern, daß der nächste globale Krieg, der sich bereits ankündigt, dazu geeignet sein wird, den ganzen Erdball auf ein Niveau zurück zu katapultieren, welches geeignet sein wird, den Gedanken an menschliches Leben erstmal in weite Ferne rücken zu lassen. Vielleicht werden dann ja die „überlebenden“ Roboter diese Aufgabe übernehmen und den Donald Trump und Co. auf dem Mars ihr Frühstück servieren, selbstverständlich digital.
Anfang der 1930er Jahre des letzten Jahrhunderts hat auch niemand vorhergesehen, wie im Jahr 1945 Deutschland aussehen würde. Aber die Kräfte, die das verursacht haben, die gibt es immer noch, oder richtiger gesagt wieder, wenngleich sie zum Teil in anderen Gewändern sich gerieren. Das heißt aber nicht, daß sie nicht Ähnliches herbeizuführen beabsichtigen, was ein entsprechendes Resultat zur Folge haben kann. Man sollte aber nicht in Einseitigkeit oder Pessimismus verfallen, gar in Angst verfallen. Das Resultat des zweiten Weltkriegs war vor allem das revolutionäre China. Das darf man heute nicht vergessen. Auch wenn die Entwicklung inzwischen weiter gegangen ist und die Widersprüche auch in China, welches inzwischen seine Farbe gewechselt hat, sich abermals zu verschärfen geeignet sind, heißt das nicht, daß nicht auch das Resultat ein revolutionäres sein wird. Gleiches gilt auch für andere Staaten und Mächte. Es gibt also keinerlei Grund für Pessimismus, aber allen Grund, wachsam zu sein und den konterrevolutionären und destruktiven Absichten gegenwärtiger herrschender Klassen auf der ganzen Welt so viel an Widerstand wie möglich entgegen zu setzen. Man kann also daraus ableiten: strategisch gesehen ist es der Fortschritt, der sich durchsetzen wird, aber taktisch gesehen muß man dafür noch einiges an schwerwiegenden Hindernissen überwinden.
Innovative Ideen haben wir auch. Eine andere Frage ist, bei wem sie auf Gegenliebe stoßen. Unser Weg ist eben der öffentliche, the social way.
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