Internet Statement 2019-41
Vorbemerkung zu dem Artikel „Demagogische Verführung hat in diesem Land Tradition – Aber muß man denn nicht allmählich daraus lernen?“ Wassili Gerhard 29.07.2019 Die folgende Darstellung ist entstanden
aus der Auseinandersetzung mit der aktuellen Situation und versucht,
aktuellen Vorgängen auf den Grund zu gehen. Der dabei ins Blickfeld
geratene „kleinbürgerliche Sozialismus“ nimmt in dieser Darstellung großen
Raum ein. Denn die Frage erhebt sich: Warum kann dieser „kleinbürgerliche
Sozialismus“, eine Strömung, die sowohl das Großkapital als auch den
organisierten Klassenkampf der Arbeiterklasse ablehnt, heute wieder
einen solchen Einfluß auf das Denken auch von Menschen, die
sich subjektiv als Linke verstehen, gewinnen? Die Antwort ist, daß dieses Land
heute als Ganzes in erheblichem Maße von der internationalen Ausbeutung
lebt. Dafür zur Illustration ein ganz aktuelles Zitat aus einem Zeitungsartikel:
Eine Strömung, die
Klassenfrieden will (früher "Volksgemeinschaft" genannt),
die sich vor der Klassenauseinandersetzung drücken will und sich ein
Reservat ohne „die Zwänge der Industriegesellschaft“ schaffen, findet
da ihre materielle Basis. Oft genug heißt es „Geld ist genug da“, ohne
zu fragen, wo es herkommt, wenn es nicht aus
der Arbeit hier kommt. Auch das, was als „Wirtschaftsleistung“
bezeichnet wird, kommt großenteils aus anderen Quellen.
Die Abneigung gegen
die moderne Technik und Wissenschaft, die im Kapitalismus ursprünglich
wegen des Druckes der Konkurrenz massiv angewandt wird, die auch in
einem Denken zum Ausdruck kommt, das die Erde am liebsten in einen Zustand
wie vor der Industrialisierung zurück versetzen würde, richtet sich
gegen die Tendenz, daß die Menschen tendenziell in eine immer kleinere
Zahl von Kapitalisten plus Anhang und ein wachsendes Heer von proletarischen
Lohnarbeitern aufgespalten werden. Während in Zeiten, als
es mit der proletarischen Bewegung global offenbar aufwärts ging, viele
Angehörige der Mittelschichten eher sich für eine vorwärts gerichtete
Perspektive gewinnen lassen, suchen diese in Zeiten großer Niederlagen
eher eine rückwärts gewandte Lösung. Und dieses Denken wurde, das wurde auch deutlich, auch schon von faschistischen
Bewegungen der Vergangenheit zur Mobillisierung genutzt*). Dem
wird hier nachgegangen.
Man fragt sich immer
wieder unwillkürlich: Wie kann jemand etwas derart Unmögliches anstreben?
Das werden auch die Menschen hier irgendwann in der Nachschau nicht
begreifen. Wie sollte denn die heutige Menschheit von ca. sieben Milliarden
Menschen auf einer solchen Basis mit allem Notwendigen – und darüber
hinaus natürlich! – versorgt werden? Da wird doch aktuell viel
mehr Industrie und mehr moderne Landwirtschaft gebraucht. Aber
bei Greta und Co. herrscht da ein Denken, das einfach die Verhältnisse
der Wohllhabenden in den wohlhabenden Ländern zum Maßstab nimmt, eine
„Komfortzone“, von der Greta Thunberg wiederholt spricht, was ihre eigene
subjektive Wahrnehmung widerspiegelt, wo „dreckige“
Industrie und industrielle Landwirtschaft weit weg sind, wo man
doch einfach alles im Laden kaufen kann, aber natürlich möglichst „bio“,
wenn man über das nötige Kleingeld verfügt – und das ist eben einfach
da. Von der globalen Realität ist man da weit
weg, wo und wie die
nötigen Güter für die Milliarden von Menschen auf der Welt erzeugt werden,
daß es genug und erschwinglich auch für die nicht so wohlhabenden Milliarden
von Menschen sein muß, daß heute in anderen Regionen der Erde Hunderte
Millionen an Hunger und den Folgen sterben, statt in der "Komfortzone"
zu leben. Mit der Klimapropaganda wird das weiter vernebelt, indem eine
künstliche Problemstellung die wirklichen Probleme der Menschheit verdeckt.
Und wenn man Kommunist
ist und nicht nur die Lösung der dringendsten gegenwärtigen Probleme
anstrebt, sondern ihnen an die Wurzel gehen will, und deshalb darüber
hinaus eine klassenlose Gesellschaft auf der Grundlage eines hohen Entwicklungsniveaus
anstrebt – und nur auf einem viel höheren Entwicklungsniveau, wo Ausbeutung
und das Raffen von Privatbesitz zum abstrusen Widersinn werden, kann
eine solche Gesellschaft dauerhaft errichtet werden – wo der Grundsatz
„Jeder nach seinen Möglichkeiten und jedem nach seinen
Bedürfnissen“ weltweit Realität werden kann, dann gilt das erst
recht.
Auch wenn das Erreichen
einer klassenlosen Gesellschaft noch viele Kämpfe und viele Windungen
und Wendungen erfordern wird, muß man doch grundsätzlich die Entwicklung
der Produktivkräfte befürworten, weil damit
die materielle Basis dafür entsteht. Und die Förderung
der grünen Richtung zeigt, daß auch die politisch denkenden Vertreter
der herrschenden Klassen das zu einem Teil begreifen. Natürlich
gilt ummso mehr, daß die beherzten Versuche, diese Gesellschaft unter
der Herrschaft des organisierten Proletariats planmäßig aufzubauen,
die Entwicklung bewußt voran zu treiben, prinzipiell gerechtfertigt
waren, auch wenn das noch nicht fehlerlos war, erst einmal viele Kompromisse
gemacht werden mußten, und es nicht in einem Zug zum Durchbruch geführt
hat.
Es ist doch die beste Seite am Kapitalismus, daß er die materiellen
Voraussetzungen und die Kräfte für seine Überwindung schneller hervorbringt,
als in vorbürgerlichen Gesellschaften. Genau diese Seite am Kapitalismus
will aber die grüne Richtung unterdrücken. In einer Zeit mit großen
Rückschlägen im internationalen Klassenkampf scheidet sich in der Linken
die Spreu vom Weizen. Es treffen sich Karrieristen, die auf der „marxistischen
Welle“ Karriere machen wollten, mit alten schon vorher offen rechten
„kleinbürgerlichen Sozialisten“ und die Grünen entstehen.
Und hier trifft sich
eben der „kleinbürgerliche Sozialismus“ mit
den reaktionärsten Teilen des Kapitals bzw. der
Bourgeoisie, die ebenfalls diese innere Dynamik des Kapitalismus in
den Griff bekommen wollen. Die Demoralisierung anläßlich des bürgerlichen
Umsturzes in China hat hier dafür ihre Wirkung getan, was hier dargestellt
wird. Die Verlagerung der Produktion in andere Teile der Welt – insbesondere
Asien ist gegenwärtig der Schwerpunkt – diente auch dem Ausweichen
vor einer verschärften Klassenauseinandersetzung in Ländern mit einem
hohen Stand der Produktivkräfte, mit einem hochorganisierten und mit
umfangreichen historischen Erfahrungen ausgestatteten Proletariat auf
einem relativ hohen Kulturniveau. Ökonomie und Klassenkampf
können nicht völlig getrennt werden, wirken aufeinander ein.
Wenn die DDR auch Positives gezeigt hat, dann war das nicht zuletzt
der Beweis, daß auch Arbeiter unter der Voraussetzung eines hohen Kulturniveaus
zu Lenkern der Produktion und des Staates werden und auch ein hohes
wissenschaftliches Niveau erreichen können. Das zeigt sich hier auch
in eingeschränktem Maße in der modernen kapitalistischen Produktion,
wo Arbeiter manchmal eine sehr hohe Verantwortung
tragen. Das ist ein Unterschied zum Beispiel
zur früheren Sowjetunion oder China.
Aktuell ist ein Versuch
einer verstärkten Wiederbelebung der grünen Kampagne zu beobachten,
während eine Zeit lang im Rahmen des Kampfes gegen Mietenwahnsinn
in den großen Städten die grünen Themen wieter etwas mehr in den Hintergrund
getreten waren. In zwei großen Demonstrationen 2018 und 2019 mit großer
Beteiligung wurde über das Millieu hinaus, das für gewöhnlich von linken
Demonstrationen erreicht wurde, eine Mobilisierung erreicht, die Zehntausende
auf die Straßen brachte. Letztlich haben die ärmeren Teile der Bevölkerung
in der Mehrheit auch in den wohlhabenden Ländern nichts Gutes zu erwarten,
das zeigt sich immer wieder. Das heißt, daß die „grüne“
Perspektive für viele ein Betrug ist. Letztlich werden die niemanden
ewig auf Kosten ihrer Profite durchfüttern wollen, der ihnen keinen
Nutzen bringt. Alles andere ist traumtänzerisches
Setzen auf Klassenversöhnung. Der droht ein böses
Erwachen.
Weil das Kapital
in den ehemaligen entwickelteren Industrieländern über große Mengen
an ungenutztem Kapital verfügt, hat das Grundeigentum, für
den Finanzsektor als Kapitalanlage und Spekulationsobjekt eine größere
Bedeutung bekommen. Das Grundeigentum, das auch im Kapitalismus weiter
ein sehr wichtiger Faktor ist, zieht seine Rente von allem ein, das
in der Gesellschaft erwirtschaftet wird, weil es ein Gut sein Eigen
nennt, das unverzichtbar für das Leben und auch für die wirtschaftliche
Tätigkeit ist. Grund und Boden können nicht vermehrt werden und die
Menschen leben immer mehr in Städten zusammengeballt, und so wurde eine
enorme Mietsteigerung in Gang gesetzt, die nicht nur den traditionellen
Immobilienbesitzern die Taschen füllt, sondern vermehrt auch dem spekulativen
Kapital, das sich unter die Grundeigentümer
gesellt.
Der Staat hat diesen
Sektor seit etwa den achtziger Jahren auch mit vorher kommunalen und
gemeinwirtschaftlichen Wohnungen massiv gefüttert und mit Gesetzesänderungen
die Abzocke erleichtert, was natürlich auch dem Grundeigentum insgesamt
zugute kommt. Alle großen Parteien haben daran mitgewirkt.
Die Modernisierungsumlage ist eine gesetzliche
Erhöhung der Grundrente unter dem Mantel des Klimaschutzes und der Subventionierung
von Investitionen. Überhaupt ebnet die Klimakampagne einer Rentenschneiderei
den Weg. Wenn auch noch mit CO2-Zertifikaten, also spekulativen Papieren,
auf einen Teil der Atemluft gegründet, gehandelt werden soll, mit der
man die „Sünde“ des CO2-Ausstoßes ausgleichen kann, das kommt das schon
auf ein Niveau wie der Ablaßhandel des Papstes vor der Reformation.
Sollten wir nicht gleich alle für die „Sünde“ Abbitte
leisten müssen, beim Finanzkapital als Oberpriester von „Mutter Erde“,
daß wir als Menschen auf die Welt gekommen sind und CO2 ausstoßen?
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