Internet Statement 2019-68

 

 

 

Der Gegenschlag gegen den Mietendeckel

 

 

Wassili Gerhard  18.11.2019

Nun kommt ein massiver Gegenschlag der Gegner des Mietendeckels, der eine entsprechende Antwort erfordert. Die Wohnungswirtschaft in Berlin ist ja von Anfang an dagegen. Aber was sonst ist von dieser Seite zu erwarten? Unter den Grundeigentümern machen sich die modernen Finanzinvestoren immer breiter. Die Deutsche Wohnen hat gerade vor Kurzem angekündigt, eine Milliarde an Investitionen wegen dem Mietendeckel zu streichen. Es müßte doch ein Aufschrei kommen, wenn solche Unternehmen sagen: ‚Wenn ich mit meinen Investitionen keine zweistellige Rendite auf Kosten der Mieter machen kann, auch wenn ich manche in die Notquartiere bringe, die einfach keine bezahlbare Wohnung mehr finden, dann versuche ich euch mit meiner Finanzmacht zu erpressen!‘ Nichts anderes ist das doch, und Innenminister und andere wichtige Politiker kuschen und kritisieren das nicht einmal, sondern springen denen bei.

 

Aus dem Bundes-Innenministerium heißt es nun, man halte den Mietendeckel für verfassungswidrig, der Bund habe die Frage mit der sogenannten Mietpreisbremse – wo wahrscheinlich bei der Abfassung die Vertreter der Finanzinvestoren die Hintertüren selbst mit hineingeschrieben haben – abschließend geregelt. Die Grundeigentümer und speziell die sogenannten Finanzinvestoren haben so viel hier zu sagen, daß sie sich hier alles erlauben können und ihnen der Innenminister beispringt. Macht doch gleich den BlackRock-Chef zum neuen Kanzler! – Ach ja, das kann ja sogar real passieren, der deutsche Aufsichtsratschef von denen, Friedrich Merz, ist ja tatsächlich offenbar in der engeren Auswahl und hat schon jetzt in der CDU ein gehöriges Wörtchen mitzureden. Der Sarkasmus ist von der Realität schon fast eingeholt!

 

Zeitungen argumentieren gegen den Mietendeckel mit der Ankündigung, es würde deshalb weniger gebaut, dabei betrifft er Erstvermietung von Neubauten garnicht. Zudem gibt es in Berlin auch jetzt schon 60.000 Baugenehmigungen für Wohnungen, die nicht gebaut werden, weil Grundstücke mit Baugenehmigung mehr wert sind als ohne, und weil bei weiterer Wohnungsknappheit diese Grundstücke mit den Luftwohnungen auch so im Wert massiv steigen müssen, denn die potentielle Miete steigt und steigt gerade dann, wenn die Wohnungen eben auch nur potentiell vorhanden (oder leer) sind. Mieter mit Mietverträgen stören da. Also kann man so als Grundeigentümer mit Spekulation ganz mühelos Geld verdienen, ohne überhaupt bauen zu müssen, ja in gewisser Weise weil man nicht baut! Und in unserer schönen neuen Welt des modernen Finanzkapitalismus läßt sich das zu Geld ummünzen, z.B. in Kredit mit den nicht gebauten Wohnungen als Sicherheit, mit dem man dann weitere Grundstücke kaufen kann. Der Wahnsinn der Finanzinvestorenwelt hinter dem Mietenwahnsinn! Diese Kartenhäuser sehen die Profiteure in Gefahr, wenn ein Mietendeckel kommt. Ums Wohnungen-Bauen geht es ihnen dabei höchstens peripher. Sie werden doch nicht den Wohnungsmangel beseitigen wollen, an dem sie so gut verdienen.

 

Was einige Wohnungs-Genossenschaften betrifft, sie mögen sich zum Teil in Geschäfte verwickelt haben, bei denen die weiter stark steigenden Mieten eingeplant waren, also mit anderen Worten, sie haben auf das Unglück anderer gesetzt bei ihren Geschäften, und befürchten nun Probleme, weil jemand etwas gegen dieses Unglück tun will. So steigt ja die Miete auch bei Genossenschaften, wenn sie allgemein steigt und sie ihre Nutzungsgebühren an den Mietenspiegel anpassen. Eine Berliner Wohnungsbau-Genossenschaft verkündete aktuell, bei Einführung eines Mietendeckels könne sie ein Wohnungsprojekt nicht mehr durchführen. Vielleicht weil dann deren Mieteinnahmen nur noch in Höhe der Inflationsrate steigen? An und für sich kann eine Genossenschaft damit gut leben und sogar Überschüsse anhäufen. Was sollte man da wohl höher bewerten?

 

Natürlich müssen mehr preiswerte Wohnungen neu gebaut werden, denn der Bedarf wird wachsen. Das sollte auch eine wichtige Aufgabe für die Politik sein: Mehr preisgünstiger Wohnungsbau! Wohnungen, die sich auch die weniger Betuchten leisten können. Es wird doch wohl in dieser Welt noch Möglichkeiten dafür geben. Und wenn dieser Kapitalismus auch das nicht auf die Reihe bekommt, dann zeigt das ein weiteres Mal, daß er dringen durch eine bessere Ordnung ersetzt werden muß!

 

Es sollte ein Aufschrei durch das Land gehen bei einer solchen Unterwürfigkeit gegenüber den Grundeigentümern und Spekulanten! Stattdessen wohlwollende Lyrik für den Grünen-Parteitag, wo auch ein Wohnungsprogramm beschlossen wurde, das der Berliner Tagesspiegel so kommentiert: „Die Grünen stehen vor einem schwierigen Balance-Akt. Wie kann man sein linkes Profil halten und trotzdem für die CDU als Koalitionspartner interessant bleiben?“ Für die CDU als Koalitionspartner interessant bleiben? Vielleicht mit dem BlackRock-Chef an der Spitze? Nun, ja, unsereinen überrascht das weniger, haben wir doch seit Langem die Verbindung der grünen Richtung mit der Ausweitung des Finanzsektors in den früheren führenden Industrieländern hervorgehoben, bei gleichzeitiger Verlagerung der Produktion in andere Teile der Welt. Abbau der Industrie bedeutet in der heutigen Welt eben, daß ein kapitalistisches Land mehr von der internationalen Ausbeutung lebt oder selbst Objekt dieser Ausbeutung wird. So hieß es denn auch seitens Habeck, laut Berichterstattung:

„Das Signal „Bauen lohnt sich nicht mehr“ dürfe nicht vom Parteitag ausgehen. Eine Vergesellschaftung sei „ein scharfes Schwert, es darf nicht durch dauerhafte Benutzung stumpf gemacht werden“, sagt. Am Ende wird der Antrag [zur Unterstützung der Enteignung großer Immobilienunternehmen wie Deutsche Wohnen] abgelehnt.“ (https://www.tagesspiegel.de/politik/mehr-tauschboersen-weniger-enteignungen-gruene-beschliessen-wohn-programm-mit-vielen-juristischen-fallstricken/25235952.html)

Aber, ganz Habeck, man packt das Ganze in eine heuchlerische Verpackung, beschließt auch, daß das Recht auf Wohnen ins Grundgesetz soll – Berlin hatte mal das Recht auf Arbeit in der Verfassung und war gleichzeitig die Stadt mit der höchsten Arbeitslosenrate, ähnlich ist es woanders mit dem Recht auf Arbeit in der Verfassung gewesen – oder ein Recht auf WohnungstauschAnmerkung besonders befürwortet wird und dergeleichen mehr, was aber teilweise auch umstritten bleibt. Das kommentiert aber selbst der den Grünen wohlwollend gewogene Tagesspiegel so:

„Die Grünen-Bauexpertin Daniela Wagner hält das [Recht auf Wohnungstausch] allerdings für rechtswidrig: „Ein allgeneiner Rechtsanspruch auf den Tausch von Wohnungen zu den Konditionen der alten Mietverträge ist ein massiver Eingriff in die Vertragsfreiheit und das Eigentumsrecht.“ Das ist manchmal das Dilemma der Grünen: Sie wecken viele Hoffnungen, doch so manches Konzept könnte sich in einer Regierungsrealität in Luft auflösen.“ (https://www.tagesspiegel.de/politik/parteitag-in-bielefeld-begonnen-wie-die-gruenen-in-der-mitte-der-gesellschaft-ankommen-wollen/25232718.html)

Allerdings, man denke an ihre Zeit in der Koalition mit der SPD unter Schröder. Da haben sie – neben völkerrechtswidrigem Angriffskrieg und Hartz IV – Gesetze mit beschlossen, die den Finanzinvestoren den Weg gebahnt haben, die jetzt so verheerend auf dem Wohnungsmarkt tätig sind. Daß kurz nach diesem Beschluß auf dem Parteitag der Vorstoß aus dem Innenministerium kommt, ist nicht unbedingt Zufall. Eventuell meldet sich da schon indirekt die künftige schwarz-grüne Koalition, die demagogisch „wegen der Klimakatastrophe“ den verstärkten Angriff auf die Lebenslage der weniger betuchten Menschen unternehmen wird, aber natürlich nur schweren Herzens in Sorge um deren Wohl, versteht sich, um die Erde zu retten, was denn sonst?

 


Anmerkung  Wohnungstausch zu den jeweiligen vorherigen Mieten ist da gemeint. Aber die alten Menschen sind ja oft in den alten großen Wohnungen geblieben, weil ihnen ein Umzug zu teuer oder zu beschwerlich ist. Was die junge Familie heute zahlen muß, wird ihnen auch ohne weitere Erhöhung oft zu teuer sein. Da wird eine solche Regelung, die groß hervorgehoben wird, nicht der große Wurf sein.

 

 

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