Internet Statement 2020-47

 


Digitalisierung und Kapitalismus- das paßt nicht zusammen

Die Produktivkräfte sprengen die Produktionsverhältnisse

Maria Weiß  03.07.2020    

Wenn schon Digitalisierung, dann aber bitte auch zum Nutzen von allen. Wenn schon menschliche Arbeitskraft überflüssig gemacht werden soll, dann muß das aber auch der Mehrheit zugute kommen und nicht nur ein paar winzigen Cliquen, die meinen, auf diese Weise ihre Ausbeuterexistenz verlängern zu können.

Man sollte sehr genau hinschauen, was Digitalisierung ist und vor allen Dingen, wie und wo sie angewendet wird. Wird sie in Bereichen angewendet, um die schwere und Schwerstarbeit zu erleichtern oder überflüssig zu machen, oder wird sie vor allem im Kontrollbereich angewendet, damit eine winzige Clique von Ausbeutern eine riesige Mehrheit am besten kontrollieren kann? Das sind zwei sehr verschiedene Paar Schuhe bei der Digitalisierung.

Eines sollte man auf keinen Fall glauben, und zwar, daß sich die Gesetzmäßigkeit des Kapitalismus etwa durch Digitalisierung in irgendeiner Weise ändert, denn das ist nicht der Fall. Ausbeutung des Menschen durch den Menschen kann auch mit erhöhter Anwendung von digitalen Systemen stattfinden, vielleicht sogar besser, weil die Verursacher hinter den Kulissen verschwinden können und man eigentlich gar nicht mehr so genau weiß, wo am Ende der Feind eigentlich sitzt. Noch aber wissen wir, wo der Feind sitzt, und es reicht, wenn man nur die Eigentumsverhältnisse betrachtet. Und daher muß man sagen:

Ohne wesentliche Veränderung dieser Eigentumsverhältnisse und deren Kontrolle durch die breite Mehrheit kann Digitalisierung nicht zum Nutzen der Mehrheit der Menschen anschlagen. Das ist so ein Punkt, wo man sagen kann: Die Produktivkräfte sprengen die Produktionsverhältnisse. Massenhafte Anwendung von Digitalisierung macht ein anderes Gesellschaftssystem unabdingbar. Will man nicht einer winzigen Clique von Ausbeutern gestatten, die ganze Welt in ihre Fänge zu nehmen und zu erpressen.

Man sieht es ja bereits schon an vielen Punkten in der Produktion, wo Digitalisierung menschliche Arbeitskraft überflüssig macht und durch digitale Systeme ersetzt. Was geschieht mit diesen Menschen, deren Arbeitskraft überflüssig gemacht worden ist? Kümmert sich da irgendjemand drum? Davon erfährt man wenig. Im Gegenteil, sie werden arbeitslos und fristen möglicherweise den Rest ihres Lebens als Sozialhilfeempfänger. Ist das etwa ein akzeptables, erstrebenswertes Ergebnis des Fortschritts der Produktivkräfte? Ich denke nein, und ich denke, ich bin nicht die einzige, die das so sieht.

Sicherlich kann man den Fortschritt der Produktivkräfte nicht ignorieren. Wo aber bleibt die Produktivkraft Mensch, die wichtigste Produktivkraft dabei? Die gegenwärtigen Möglichkeiten der Digitalisierung sind auch erst nur die Spitze des Eisbergs. Die ganze Entwicklung der Produktivkräfte aber hat bislang gezeigt, daß aus den besseren Möglichkeiten ein anderes, besseres Gesellschaftssystem erforderlich ist und es sich letztendlich auch durchsetzen wird. Es hat auch Bemühungen gegeben, ein besseres soziales System zu schaffen. Nicht zuletzt die chinesische Revolution ist dafür ein sehr überzeugendes Beispiel gewesen. Aber sie sind nicht dauerhaft erfolgreich gewesen, und zwar deshalb, weil die gesellschaftlichen Machtverhältnisse insgesamt dies noch nicht gestattet haben. Was daher weiter ansteht, ist, die gesellschaftlichen Machtverhältnisse unter die Lupe zu nehmen.

Diese Machtverhältnisse sind heutzutage in zunehmendem Maße von internationalem Charakter. Großmächte wie traditionell die USA, aber auch China als neue imperialistische Großmacht dominieren das Ganze weitgehend. Europa ist dem gegenüber ein kleiner Klecks, obwohl es sich sonstwie vorkommt, wenn man manchmal gewisse Vertreter hört.

Afrika ist hintendran, Südamerika auch. Was steht also an? Wie soll man agieren, wenn man dem Fortschritt zum Durchbruch helfen will? Das ist heute gar nicht so einfach. Es gibt keine internationalen Organisationen mehr, welche versprechen könnten, daß sie daran arbeiten, dem Fortschritt der breiten Massen zum Durchbruch zu helfen. So etwas muß neu geschaffen werden. Das ist natürlich weitaus einfacher gesagt, als getan, aber man muß es im Auge behalten, weil man sonst dem alltäglichen Singsang in den Medien, wie er zum Beispiel in den entsprechenden Institutionen zum Beispiel in Europa zu vernehmen ist – „Brüssel hier, Brüssel da“ und was sonst noch alles das tägliche Geschehen beherrscht, jedenfalls oberflächlich betrachtet, auf den Leim geht.

Was ist denn eigentlich Brüssel in dieser Hinsicht? Nichts weiter als eine Zentrale des Kapitalismus in Europa, eine Art Schaltstelle zur Erhaltung des Systems der Ausbeutung. Es wird Zeit, daß die arbeitenden Massen in Europa, die es ja immer noch zu Millionen gibt, sich darüber mal Gedanken machen und daraus vielleicht mal praktische Schlussfolgerungen ziehen. Nach Jahrzehnten der Ruhe und des stillschweigenden Über-sich-ergehen-Lassens der tagtäglichen Ausbeutung. Schluß damit! Was wir brauchen ist eine neue Theorie der Befreiung. Die alten waren zwar für die Vergangenheit gut, aber wir brauchen eine neue, welche aus den Erfahrungen die notwendigen Schlussfolgerungen zieht und den neuen Bedingungen der Entwicklung der Produktivkräfte gerecht werden kann.

Die Produktivkräfte sprengen die Produktionsverhältnisse. Das ist es, was schon die Marx‘sche Theorie vor zwei Jahrhunderten erkannt hat. Das gilt immer noch. Aber was notwendig ist, ist vor allem, auch daraus die entsprechenden Schlußfolgerungen für die heutige Zeit zu ziehen, und die sehen vielleicht ein wenig anders aus als vor zweihundert Jahren.

Ich selbst habe kein Problem damit, mich mit jedem Menschen in Afrika als auch in Südamerika oder in Asien oder auch in Europa gemein zu machen und auseinander zu setzen, welcher in dieser Hinsicht eine verdammte Unruhe in sich spürt, die sozialen Verhältnisse zu verändern. Die Widersprüche, die Unterschiede in den Lebensverhältnissen sind allerdings riesig. Aber das macht nichts. Diese können überwunden werden.. In gewisser Weise ist sogar inzwischen unser eigenes Land, Deutschland, ein ganz gutes Beispiel, denn hier tummeln sich inzwischen so viele Nationalitäten aus aller Welt, mehr als je zuvor, und das ist gut so. Das ist eine Chance, die sollten wir nutzen. Voraussetzung dafür ist allerdings, eine ganze Reihe von kulturellen Beschränkungen zu überwinden. Aber keine Sorge, das tägliche Leben ist ja schon seit langem so, daß es solche Überwindungen tagtäglich aufs Neue vollzieht.

Geben wir Rassismus keine Chance! Kämpfen wir gemeinsam für ein besseres Leben.

Voraussetzung ist allerdings, daß man auch die Tricks der Reaktion durchschaut, welche permanent bestrebt ist, in dieser Hinsicht Spaltung zu betreiben. Die Stuttgarter Ereignisse nicht zuletzt sind dafür ein lebhaftes Beispiel. Die gesellschaftliche Reaktion, die Bourgeoisie hat immer ein Interesse daran, die entscheidenden Widersprüche zu verwischen. Deswegen muß man sehr genau unterscheiden: Was ist berechtigt und was nicht? Was dient dem Fortschritt und was fördert die Korruption? Um diese Aufgabe kommt niemand herum, der sich in irgendeiner Form heutzutage gesellschaftlich engagieren will. Was ist Fortschritt und was fördert das Gegenteil? Welche gesellschaftliche Stellung haben wir eigentlich und welche steht uns eigentlich zu? Und was ist die Grundlage dafür, daß sie uns zusteht? Sicherlich ist es nicht immer einfach, eine bestimmte Lage zu durchschauen, aber letztendlich ist die Frage: Was mache ich eigentlich hier und wer profitiert davon? immer eine solche, die weiterführt.


 

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