Internet Statement 2021-100

 

 

 

Die Pläne zur weiteren Einschränkung der bürgerlichen Demokratie erfordern verstärkten Widerstand

 

 

Wassili Gerhard  05.05.2021

Kaum daß Lothar Wieler vom RKI tönt, man habe unter Umständen die „dritte Welle abgebremst“, kommt schon die nächste Welle, aber diesmal die neue Welle der Klimapolitik. Das mit dem Abbremsen mußte er sagen, denn wenn – wie zu erwarten – witterungsbedingt in der wärmeren Jahreszeit Erkrankungen an Corona abnehmen werden, wie auch andere saisonale Erkältungskrankheiten, dann muß das natürlich als Folge eines verschärften Lockdowns verkauft werden können, obwohl die Besserung vorher schon anfing. So gab es im März sogar insgesamt deutlich weniger Verstorbene insgesamt als sonst jedes Jahr im März. Und wenn es draußen immer schöner wird, wird sich der Lockdown immer schwerer durchsetzen lassen. Wenn die Besserung als Folge eines Lockdowns ausgegeben wird, kann er aber eventuell im Herbst wieder loslegen, wenn die Corona-Viren wieder zulegen und eine andere Wirkung entfalten, weil die kalte und dunklere Jahreszeit wieder beginnt. Das will man doch in Petto haben: The same procedure as last year.

 

Aber nun zur neuesten Welle: Aus den Medien schallt es: Baerbock will die Amtszeit der Kanzlerin begrenzen, wenn sie Kanzlerin wird. Das hört sich erst einmal gut an, aber im Kleingedruckten erscheint, wenn überhaupt, noch ein anderer Teil der Absichten: Die Legislaturperiode soll verlängert werden! Das ist eine Idee, die Zumutungen für die Wähler seitens der neuen Regierung erwarten läßt, weshalb es dann besser ist, wenn länger regiert wird und weniger Rücksicht auf die Chance einer Wiederwahl genommen werden muß. Es geht wieder um „alternativlose“ Politik, „Erziehung“ der Bevölkerung. Dieses Mal nicht angeblich „im Namen der Verwundbarsten“, obwohl die dann nicht wirklich ausreichend geschützt werden, sondern im Stillen massenweise sterben, sondern wegen der „Weltrettung“.

 

Und das ist keine neue Idee. In einem IS von 2018 Anm. 1 haben wir diese alte rechte Idee beim „Klimapapst“ Schellnhuber kritisiert, ehemaliger Direktor des 1992 von ihm gegründeten Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und weltweit bekannter Repräsentant der Klimapolitik. Und das wurde so begründet, daß den Politikern die Sorge um die Wiederwahl genommen werden soll, damit sie die Maßnahmen rigoros genug durchsetzen, die er für nötig hält, also kurz gesagt die Demokratie einzuschränken. Hier Zitate aus dem Transkript eines langen Interviews, durchgeführt von Richard David Precht. Das Zitat fängt an mit Precht, der sich auf Schellnhuber einstimmt und ihm Recht gibt:

>>„Eigentlich sollten die Leute sich auf das Wesentliche reduzieren, sollten mal überlegen, wie ihre Großeltern gelebt haben, womit die eigentlich glücklich und zufrieden sind. Die sind auch nicht pausenlos auf die Bahamas geflogen, die sind vielleicht gar nicht sogar geflogen. Die weiteste Reise meiner Großeltern ging nach Österreich, das reicht doch auch, das ist doch auch gut. Sie wissen - mit sowas würden sie keine Wahlen gewinnen.“ (Precht, Hervorhebung von mir)

Das ist offenbar Schellnhuber auch klar, jenseits aller Glücksversprechen. Aber er hat schon über eine Lösung nachgedacht:

„Man könnte über die Architektur der Demokratie nachdenken, zum Beispiel ist es ja so, daß wir immer Wiederwahlen zulassen, zum Beispiel von Ministern, Kanzlern, Parlamentariern. Ich habe einmal bei einer Podiumsdiskussion ganz unschuldig ins Spiel gebracht, ich bin kein Politologe, wie wäre es wenn wir Amtszeiten auf acht Jahre ausweiten würden aber keine Wiederwahl möglich wäre? ... Ich glaube, wir sollten über neue Formate nachdenken.“ (Schellnhuber)<<

(Das mit „pausenlos auf die Bahamas“ fliegen, verallgemeinert übrigens wohl eher die Möglichkeiten von Precht oder Schellnhuber, aber trifft auf den ärmeren Teil der hiesigen Bevölkerung sicher nicht zu, ganz abgesehen von den noch Ärmeren woanders in der Welt, aber von denen ist sowieso weniger die Rede.)

Das Ganze läuft also darauf hinaus, daß einfach Fakten geschaffen werden und der Bürger möglichst noch weniger Einfluß darauf hat, was die Politiker machen, wenn sie gewählt sind. Vorher rennen Baerbock und Habeck überall herum und versprechen das Blaue vom Himmel, und später kommt dann das böse Erwachen, wie bei Schröder und Joschka Fischer, dem heutigen Multimillionär, Lobbyisten und Transatlantiker. Und natürlich wird dem ärmeren Teil der Bevölkerung, der wahrscheinlich dann zunehmen wird, mehr weggenommen und wehgetan.

 >>„Daß ich als Gesetzgeber letztlich dann irgendwo auf die Bremse treten muß und sage: Wir betreiben eine Energiewende mit großen Subventionen, alle zahlen dafür mit, nicht, damit der Strom klimafreundlicher wird, daß er vielleicht sogar billiger geliefert werden könnte irgendwann [verdächtig viele Einschränkungen], aber dann, bitteschön, macht alle diese Effekte nicht wieder kaputt, indem ihr maßlos immer mehr konsumiert, nicht. Und da muß man Leitplanken setzen und muß Leitlinien geben und bestimmte klimaschädliche Geschäftsmodelle müssen in der Tat schlicht ausgemustert werden.“ (Schellnhuber)<<

Das nimmt schon Gestalt an in der Praxis. Man beachte den Ton der angeblich notwendigen Maßregelung der breiten Bevölkerung, wie er ja auch im Rahmen von Corona immer deutlicher wird, auch mit dem Thema: „Wer soll privilegiert sein“, was natürlich richtig heißen müßte „Wem werden seine Freiheitsrechte, die ihm zustehen, genommen und wem weniger“. Und siehe da, auch da hatte Schellnhuber schon eine Empfehlung: Eliten schaffen gehört zu seinen Vorstellungen:

>>„Ich denke, es gibt immer 10, 15 Prozent in einer Gesellschaft, die Verantwortung übernehmen wollen. Der berühmte Ökonom, der italienische Ökonom Pareto hat von den „vital few“ gesprochen, also den entscheidenden sozusagen Wenigen, das sind immer so 10, 15 Prozent in einer Gesellschaft, nicht. Und ich glaube, daß es wichtig ist, diese 10, 15 Prozent zu gewinnen, übrigens nicht indem man ein ganz bestimmtes drakonisches Gesetz verabschiedet, sondern indem man eine gute Geschichte erzählt, ein gutes Narrativ heißt das neuerdings, aber das ist immer noch eine Geschichte in diesem Fall, eine Geschichte, in der Menschen gerne vorkommen wollen, wo sie gerne dabei sein wollen, wenn das Happy End geschieht. Und dafür können sie diese 10, 15 Prozent der Menschen, die in irgendeiner Form privilegiert sind - entweder hatten sie eine gute Ausbildung, sie haben reiche Eltern, wie auch immer, oder sie sind einfach nur neugierig und talentiert - die können sie gewinnen, und von denen ausgehend muß dieses Narrativ sich weiter verbreiten, nicht, und dann können Politik und Gesellschaft ziemlich gut zusammenspielen.“ (Schellnhuber)<<     (Hervorhebungen in allen Zitaten von mir.)

Paßt das nicht zu den Grünen bzw. Fridays for Future? Letztere sollen ja jetzt als Repräsentanten der jüngeren Generation gelten, obwohl sie diese keineswegs ausschließlich repräsentieren. Die gelten in den Medien als die einzigen, die die Zukunft im Auge haben bzw. vertreten. Und die setzen sich ja sowieso schon für ein Notstandsregime mit Dauer-Ausnahmezustand ein. Und wer älter ist, wird nicht selten schon deshalb abqualifiziert. Aber eine Zukunft mit grünem Kapitalismus? Welche Zukunft soll das sein? Der Kapitalismus kommt aus seiner Dauerkrise nicht heraus und steuert geradewegs in neue Kriege hinein, er verwüstet schon heute die übrige Welt, aber macht in den reichen Ländern auf „grün“. Da will man Gegner, die nie an einen „guten Kapitalismus“ durch Greenwashing geglaubt haben, was ja der eigentliche Kern der grünen Vorstellungen ist, von vornherein abqualifizieren und mundtot machen dürfen. Klassenkampf? Soll angeblich von gestern sein. Ein „OK Boomer!“ soll schon als Antwort reichen.

 

Und übrigens kommen solche Vorstellungen wie die Schellnhubers ursprünglich von einem gewissen Vilfredo Pareto, auch Ideengeber des Mussolini-Faschismus, der dazu riet, das Parlament bestehen zu lassen, aber die wichtigen Entscheidungen in einen engsten Kreis nicht öffentlich tagender Vertreter eine Elite zu verlagern, wie das Mussolini machte. Da passen auch Baerbocks „Bürgerräte“, bzw. deren Einflüsterer aus dem Hintergrund, die dann tätig werden dürften, dazu. Das darf man aber nicht ansprechen, sonst ist man „Verschwörungstheoretiker“. Macron experimentiert auch schon mit Derartigem. Baerbock würde nicht nur eine „Merkel 2.0“ als Kanzlerin abgeben. Sie will den Abbau der bürgerlichen Demokratie noch weiter treiben und den Ausbau der Klimapolitik noch verschärfen.

 

Passenderweise hat die EU im Rahmen der „Coronahilfen“ schon Milliarden für die „energetische Sanierung“ bewilligt. Warum wollen die bürgerlichen Kräfte die Grünen in der Regierung oder gleich eine grüne Kanzlerin? Sie soll eine Politik machen, mit der vor allem der Finanzsektor, aber auch andere Großkonzerne die Kurve aus der Dauer-Finanzkrise kriegen wollen, denn der Kurs „Green Deal“ verspricht aus ihrer Sicht Investitionen von Billionen, schon durch die Verschrottung alter Technik und ihre Ersetzung durch die neue „klimagerechte“ Technik, auch durch „Energetische Sanierung“ und Digitalisierung, wo ihre Rendite sozusagen staatlich garantiert wird mit dem Gesamtvermögen der Gesellschaft. Da soll das schuldenbasierte Geld reinfließen, das sie gehortet haben. Und die Bürger sollen alle dafür gerade stehen, auch mit Einbußen in ihrem Lebensniveau. Das Pleitegehen anderer Geschäftszweige, z.B. solcher, die dem Konsum der breiten Bevölkerung dienen, sorgt dabei noch für das Verbrennen überschüssigen Kapitals.

 

Und die Arbeitenden in den ehemals kolonialen Ländern sollen ausgebeutete Parias sein, die für die ganze Welt produzieren, in Pariastaaten, die am Tropf des Finanzsektors hängen, eventuell wird man ihnen auch mit mehr Arbeitslosigkeit drohen. Jetzt, wo die Arbeiterklasse in den reicheren Ländern allgemein reduziert ist, wird man vielleicht auch einen Teil der Produktion hoch automatisiert und digitalisiert zurückholen. Zumindest ist es auch günstig im Sinne der Fähigkeit, gegen China Krieg zu führen, internationale ökonomische Verflechtungen mit China z.B. zurückzufahren. Vor dem zweiten Weltkrieg gab es ähnliche Erscheinungen. Dieser „Klimakapitalismus“ bedeutet eine neue Stufe des weltweiten imperialistischen Systems, wo die größten Räuber und Zerstörer als die „Weltretter“ dastehen sollen, deren Interessen „alternativlos“, beinahe heilig sind.

 

Ein „grüner Klima-Finanzsektor“ ist schon im Entstehen. Banken erfüllen prinzipiell eine wichtige Rolle im modernen Wirtschaftssystem, aber diese Finanzabzocker sind das Parasitärste, was der Kapitalismus hervorgebracht hat. Und das wächst mit dem Staat zusammen. Ein Gipfel ist, daß Emissionsrechte als Finanzprodukt gehandelt werden, also wird nicht nur unsere Gesundheit, Wohnen, Rente, Nahrung usw. als Finanzprodukt freigegeben für Spekulation, wofür in unserem Land auch die frühere rot-grüne Koalition im Bund nicht wenig getan hat, auch ein Teil der Atemluft soll als Finanzprodukt dienen. Das alles ist eine Folge des Bestrebens, mit der Verlagerung der Industrie dem Klassenkampf in den ehemals entwickelten reichen Industriestaaten zu entkommen. Dieser extrem ausgeweitete Finanzsektor ist eine Folge davon. Aber sie werden den Klassenkampf weltweit potenziert wiederbekommen.

 

 


Anm. 1  Rechtsentwicklung - das ist nicht nur die AfD

Beispiele der Kapitalismuskritik von Rechts aus einem Interview mit dem sogenannten „Klimapapst“ Hans-Joachim Schellnhuber, geführt vom bekannten Philosophen Richard David Precht vom 19.11.2018

Dort ist vieles von dem hier nur Angerissenen ausführlicher ausgeführt.

 

 

 

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