Internet Statement 2021-197

 

 

 

Afghanistan – Anmerkungen zur letzten Entwicklung

 

 Klas Ber 17.08.2021

Laschet sieht jetzt Afghanistan als das "größte Debakel" der Nato. Nun, damit mag er aus seiner Sicht einen Punkt treffen, wenn auch nicht den Charakter.

Die USA vor allem und ihre Verbündeten hatten sich gedacht, die afghanische Armee solle doch ihren Rückzug decken und für sie den Kopf hinhalten, und dann später erst verrecken. Nur bitte nicht so schnell wie jetzt geschehen. Damit sie selbst da abziehen und sich heil aus der Sache rausziehen und sich stärker gen China richten können. Aber dem war nicht so, und es zeigt sich als eben nicht so simpel, wie sie sich das vorgestellt hatten. Wobei es im Kern auch ohne Rücksicht geschehen ist, mit all den Folgen für die Bevölkerung. Das sieht man auch daran, wie Biden jetzt versucht, die Schuld und Verantwortung auch noch abzuschieben.

Von dem, was sie da in dem Land in den zwanzig Jahren angerichtet haben und alleweil als „Aufbau“ angepriesen haben, das versackt natürlich einfach, wird überrannt – weil pseudo-demokratisch kann man nur sagen – und es fliegt ihnen so einiges um die Ohren.

Die fragen sich hier, warum sich diese afghanische Armee so schnell aufgelöst und keinen Widerstand gegen die Taliban geleistet hat. Und der US-Präsident Biden gibt denen auch noch die Schuld, daß sie nicht weiter und länger gekämpft haben. Während seine und die übrigen Truppen sich – wie mit dem Gegner, den Taliban, vereinbart – davon machen und denen das Feld überlassen. Alles über die Köpfe dieser afghanischen Armee hinweg. Wie hyperkritisch sind die denn alle?
Nun, diese afghanische Armee fungierte doch bisher quasi hauptsächlich als ein Teil in der imperialistischen Politik der USA, der Nato. Da war doch so gut wie nichts von Selbständigkeit. Sie operierte eingebettet in dessen Politik und als deren Teil. und war von diesen aufgebaut worden. Wer hatte denn faktisch die Oberherrschaft? Gleiches galt auch für die afghanische Regierung, die sich nun auch schnell noch davon gemacht hat. Und diese imperialistischen Kräfte hatten beschlossen, aus Afghanistan abzuziehen und selbst dort nicht mehr zu kämpfen. Ihre Konzentration richtet sich auf und gegen China. Und es ist heuchlerisch, wie die jetzt alle hier auftreten, denn sie mußten alle davon ausgehen, daß letztlich die Taliban das Land beherrschen werden. Und es wurde auch davon ausgegangen. So ist z.B. in der heutigen „Welt“ folgendes zu lesen:

„Noch am 11. August gingen US-Geheimdienste davon aus, dass der Hauptstadt Kabul und damit der Regierung noch 30 Tage bis zur Isolierung und 90 Tage bis zu deren möglichem Fall bleiben würden. Noch Mitte Juni waren es laut US-Diensten sechs Monate gewesen. Vertreter des Bundesnachrichtendienstes (BND), der dem Kanzleramt unterstellt ist, sollen laut „Business Insider“ im Juni in vertraulichen Sitzungen im Bundestag erklärt haben, dass mit einem Sieg der Taliban zwar längerfristig zu rechnen sei. Aber wohl erst in 18 bis 24 Monaten.“
("Welt" 17.8.2021 „Fehleinschätzung zu Afghanistan: Jetzt kommt Maas in Erklärungsnot“)

Die USA haben bekanntlich mit den Taliban sogar über ihren Abzug verhandelt. Und wie in der SZ noch mal zu lesen ist, haben sie die afghanische Armee den Taliban offenbar sogar noch als Futter vorgeworfen.

„Als die USA unter Donald Trump, ohne jedes Interesse am Schicksal der Afghanen, den Taliban im Abkommen von Doha 2020 noch nicht einmal einen Waffenstillstand mit den ANSF auferlegten, solange die Islamisten nur den Abzug der US-Truppen nicht störten, verschlechterte sich die militärische Lage im Land beängstigend rasch.“
(SZ 17. 8. 2021, „Afghanistan:Warum die Regierungsarmee so wenig Widerstand leistete“)

Man könnte sagen, die USA betreiben eine derartige imperialistische Politik, daß bei ihnen das Reaktionärste den Vorteil bekommt. Und über das Doppelspiel, das die USA mit islamistischen Kräften treiben, ist schon vieles bekannt geworden. Es scheint auch hier eine Rolle zu spielen.

Es wäre aber kurzsichtig wenn man denkt, dass in diesem umkämpften Gebiet nicht längst ebenfalls andere internationale und regionale Kräfte ihre Finger dabei mit drin hätten.


 

 

 

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