Internet Statement 2022-83
Die Würde des Menschen ist durchaus antastbar, nicht aber seine Erkenntnisfähigkeit
Maria Weiß 17.04.2022 Die Würde des Menschen ist unantastbar. Als Prinzip vollkommen richtig. Trotzdem aber wird sie milliardenfach angetastet und verletzt. Das ist Realität. Wie aber bekommt man beides zusammen? Das geht nur mit der Veränderung der Realität, nur mit dem Klassenkampf. Letzterer aber ist essentiell. Denn wenn man diese Schlußfolgerung nicht zieht, dann ist die Würde des Menschen eben weiterhin antastbar und wird es auch bleiben, und zwar milliardenfach auf der ganzen Welt.
Vor vielen Jahren habe ich mich mal mit Hartmut über diesen Punkt gestritten, weil er meinte, daß das mit der Unantastbarkeit nicht stimmt, wie sie ja tagtäglich milliardenfach auf der ganzen Welt angetastet und in den Dreck gezogen wird. Stimmt. Aber was gefehlt hat, das war der Anspruch, und der bleibt eben trotzdem richtig. Wo und womit soll sich denn sonst der Kampf für den sozialen Fortschritt rechtfertigen lassen.?
Der Fakt, daß etwas einem berechtigten Anspruch nicht entspricht, der ändert doch nicht die Berechtigung des Anspruchs. Wo kämen wir da hin. Wir könnten dann doch alle revolutionären Ansprüche, welche noch nicht verwirklicht werden konnten, in den Mülleimer werfen. Das tun wir aber nicht, sondern wir kämpfen weiter für eine Umwälzung der Gesellschaft in Richtung Fortschritt und letztlich auch für die Gleichberechtigung aller Mitglieder der Gesellschaft. Auch die proletarische Revolution, welche die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abzuschaffen bestrebt ist, ist somit ebenfalls dem Ziel der Gleichberechtigung aller Mitglieder der Gesellschaft unterworfen. Und insofern bleibt man auch im Prinzip der Verteidigung der Würde aller Menschen der Gesellschaft verpflichtet. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht, denn sie würde nichts anderes bewirken als eine Fortsetzung der Spaltung. Insofern ist festzustellen, daß eben auch die Würde des Menschen einer solchen Spaltung nicht mehr unterliegen sollte und darf. Das Ziel ist klar, aber der Weg zur Verwirklichung ist lang.
Nun wird vielleicht mach einer antworten: Ihr sei doch Idealisten. So etwas wie das, was ihr wollt, das gibt es nicht. Doch, das kann es geben, das zeigt die gesamte bisherige Entwicklung. Aber es geht eben nicht alles mit einem Schlag.
Ich selbst bin der Ansicht, daß der Punkt mit der Würde dabei eine sehr wichtige, wenn nicht essentielle Rolle spielt. Denn wenn ein soziales System diesen Faktor nicht beachtet, was passiert dann? Es wird doch im Grunde nur das fortgesetzt, was bisher bestanden hat, und zwar die Spaltung der Gesellschaft. Eben diese aber wollen wir doch überwinden oder etwa nicht?
Nun kann man natürlich entgegenhalten, daß die Gesetzmäßigkeit der Entwicklung selbst dieses widerlegt, denn das Eins teilt sich in Zwei ist diese entwicklungsmäßige Gesetzmäßigkeit selbst. Wie ist dieser Widerspruch auflösen? Wenn das Entwicklungsgesetz eben so ist, daß jede Auflösung eines Widerspruchs einen neuen schafft, wie will man dann entkommen? Ist dann etwa der Kampf für den sozialen Fortschritt vergeblich? Ich denke Nein. Das zeigt doch die ganze bisherige geschichtliche Entwicklung, daß dem so ist. Letztendlich ist eben das Eins teilt sich in Zwei das Entwicklungsgesetz selbst, und das kann niemand auflösen. Wir müssen uns daher damit zufrieden geben, daß in gewisser Weise die Zukunft immer eine offene Stelle haben wird. Das sollte uns aber nicht davon abhalten, für eine bessere Zukunft zu kämpfen. Wir wissen doch auch noch nicht, wie viele andere Gesellschaften es in dem riesigen unerforschten All sonst noch alles gibt. Der Weg, die Perspektive ist daher offen. Packen wir den Fortschritt weiter an. Wer weiß, zu welchen Erkenntnissen es die Menschheit noch führen wird. Wir sollten daher vorsichtig sein, diese Möglichkeiten leichtsinnig und kurzsichtig zu verbauen. Auch dann nicht, wenn auch noch so viele Hindernisse und Absurditäten diesem im Wege stehen. Die Suche nach Erkenntnis des Menschen, seine Neugier, das ist etwas, was auf jeden Fall nicht verschwinden wird, mag sie auch durch noch so viele Hindernisse und Rückschläge getroffen werden. Wenn man daher mit der Würde des Menschen seine Erkenntnissuche versteht, dann stimmt doch die Aussage, daß diese unantastbar ist, auf jeden Fall. Auch wenn es zuweilen oder auch lange mit der Würde so eine Sache bleiben sollte.
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