Internet Statement 2022-97

 

 

 

Die Hinterfragung des angeblich Selbstverständlichen – ein Grundmerkmal der 68er-Bewegung

 

 

Maria Weiß 12.05.2022       

Es begann damit, daß viele Studenten einen Teil ihres Studiums selbst bezahlen mussten, da die Eltern nicht so viel verdienten, um dafür aufzukommen. Was tat man daher? Man arbeitete im Betrieb, um das fehlende Geld zu bekommen. Und was erlebte man dort? Man erlebte, daß man acht Stunden am Tang auf einem Stuhl saß und eine einzige Handbewegung an einer Maschine ausführen mußte. Und das noch möglichst im Akkord. Eine Erfahrung, welche das Proletariat zwar als Alltag in diesem Land längst kannte, die für den besser situierten mittelbürgerlichen Nachwuchs aber nicht alltäglich war. Diese Erfahrung aber hat damals viele Studenten dazu gebracht, das gesellschaftliche System insgesamt in Frage zu stellen. Die Jugend- und Studentenbewegung ist von dieser Erfahrung maßgeblich geprägt, neben anderen Erfahrungen der internationalen Politik. Man nehme nur den Vietnamkrieg als hervorstechendes Merkmal. Ohne diese oben beschriebene eigene materielle Erfahrung wäre die Bewegung damals auf einem moralischen Level stecken geblieben. So aber hatte man eigene Erfahrungen, welche die Sicherung des täglichen Lebens betrafen, und das spielte auch eine sehr wesentliche Rolle.

 

 

Es gab sogar die Erfahrung, daß Studenten sich von ihren ursprünglichen Plänen abwandten und sich revolutionären Organisationen anschlossen, welche diese Form der Ausbeutung nicht hinnehmen wollten, und nach anderen gesellschaftlichen Formen suchten, um diese zu überwinden. Eine Art neuer Linker entstand in diesem Land, welche die Kritik an den herrschenden Verhältnissen wieder auf eine neue, nicht dem Revisionismus hinterherlaufende Grundlage zu stellen bestrebt waren.

 

Den Herrschenden in diesem Land war das alles sehr unangenehm, und man suchte nach Möglichkeiten, diese Bewegung abzulenken. Und was ist ihnen eingefallen? Es fiel ihnen ein, daß doch eigentlich nicht der Kapitalismus Schuld habe, sondern die angeblichen Umweltbanausen, welche skrupellos die sogenannte Umwelt mit für ihre Ausbeutung nutzbar machten. Und was entstand daraus? Es entstand die grüne Bewegung, welche fortan die Probleme der Gesellschaft auf Probleme der sogenannten Umwelt abzulenken bestrebt war. Nicht das System der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen war fortan das Ziel gesellschaftlicher Attacken, sondern die angebliche Umweltschädigung war es, die Menschen umzutreiben im Stande war. Voila die Geburt der grünen Richtung. Nicht mehr die Ausbeutung in den Betrieben war fortan der Hauptgegenstand der Attacken, sondern die angebliche und zum Teil auch tatsächlich existierende Umweltschädigung, welche auf Grund skrupelloser Ausbeutung natürlich auch nicht schwer zu finden war. Das Problem dabei aber war, daß sich das Ziel der sozialen Attacken damit veränderte. Nicht mehr die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen war das Ziel der Umwandlungsbestrebungen, sondern fortan war es die Umwelt, die vor Schädigung bewahrt zu werden hatte. Man urteile selbst, was für ein gesellschaftlicher Effekt aus einer solchen Richtungsänderung resultierte.

 

Nicht mehr die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, sowohl im den Betrieben im eigenen Land, aber vor allem auch international, waren das Ziel der sozialen Attacke vieler vor allem junger Menschen, sondern es war die angebliche und teils auch tatsächlich existierende Umweltschädigung. Man urteile selbst, was für eine Erleichterung für die Ausbeuterklasse in diesem Land damit erreicht wurde. Es wurde einfach das Ziel verschoben. Nicht mehr die soziale Umwälzung war das Ziel, sondern die angebliche Beschützung und Rettung der sogenannten Umwelt war es, welche fortan fortschrittliche Menschen auf die Straße trieb. Was für eine Erleichterung für die Ausbeuterklasse! Etwas Besseres konnten die sich doch nicht wünschen.

 

Und wodurch wurde es ermöglicht und gefördert? Durch eine massive Verstärkung der internationalen Ausbeutung, welche es den einheimischen europäischen Kapitalisten ermöglichte, ihre eigene Arbeiterklasse besser zu stellen und ihnen Zugeständnisse zu machen, welche sonst nur durch erbitterten Klassenkampf möglich gewesen wären. Ist das eigentlich zu verantworten? Für Leute mit linkem und internationalistischen Bewußtsein keinesfalls, denn die Konsequenz daraus war eine immense und völlig hemmungslose Steigerung dieser internationalen Ausbeutung, welche auch für eben diejenigen Staaten der Dritten Welt, für die man sich eigentlich eingesetzt hatte, das Leben erschwerte. Was für eine Perversion steckt eigentlich in dieser Entwicklung, wenn man bedenkt, daß die Ursprünge der neuen linken Bewegung in Deutschland eigentlich die Emanzipation der Staaten der Dritten Welt sich zum Ziel gesetzt hatten?

 

Man sieht, auf welcher Grundlage die gesamte grüne Bewegung daher steht. Die Konsequenz daraus kann eigentlich nur sein, diese entschieden zu bekämpfen, will man den eigenen linken und fortschrittlichen Anspruch auf einer glaubwürdigen Basis vertreten.

 

 

 

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