Internet Statement 2023-19

 

 

 

Solidarität mit den Bewohnern der Habersaathstraße!
Schluß mit den Versuchen, die Bewohner mit Terror aus den Häusern zu treiben!

-- Eigener Bericht

 

 

Wassili Gerhard  11.08.2023

Am Mittwoch früh, 9.8.2023, ist ein sog. „Securitydienst“ gekommen und hat sich vor den Hauseingängen postiert. Andere diese Trupps sind hinein gegangen und haben vor die Türen ein angebliches Schreiben der Hausbesitzer gelegt, aber mit unvollständigen Absenderangaben und ohne Unterschrift, daß die neuen Bewohner, die jetzt schon mehr als 1 1/2 Jahre dort wohnen, innerhalb einer Stunde auszuziehen hätten. 

 

In dem Schreiben, das ohne vollständigen Absender und ohne Unterschrift ist, datiert auf den gleichen Tag um 9:00 Uhr, werden die Bewohner aufgefordert, bis 10:00 Uhr das Gebäude zu verlassen, alle Schlüssel abzugeben, sowie daß alles, was sie zurücklassen auf den Müll kommt. Sie sollten sich an die Ämter (Sozialamt etc.) zwecks einer neuen Unterkunft wenden. „Securities“, jedenfalls waren sie so gekleidet, mindestens ein Teil mit Eisenstangen und Vorschlaghämmern, die sich nicht ausweisen konnten, verteilten den Wisch oder legten ihn vor die Wohnungstür. Angeblich sollte der Geschäftsführer (Pichotta?) um 10:00 Uhr mit einer gerichtlichen Verfügung kommen, was natürlich nicht passiert ist.


Wo sie in die Wohnung gelassen wurden, zum Glück in wenige, zerschlugen sie Waschbecken und anderes in den Badezimmern, zerstörten Mobiliar und rissen Fensterflügel gewaltsam heraus. So kann es jetzt in mehrere Wohnungen hinein regnen und auch die Wohnungen darunter schädigen. Die Sicherungskästen für die Wohnungen im Keller wurden von mitgebrachten Handwerkern zerstört und die Stromzähler demontiert, und zwar in den Aufgängen, wo die neuen Bewohner wohnen, die nach einer Besetzung 2021 schließlich in die illegal leerstehenden Wohnungen eingewiesen wurden. Für einen Teil der noch dort mit Mietvertrag wohnenden Mieter, manche schon seit Jahrzehnten, wurde der Stromanschluss bestehen gelassen, in einem Aufgang wurden auch die Stromkästen der Mieter zerstört. Warmes Wasser ist in fast allen Wohnungen abgestellt. In die Haustüren wurden neue Schließzylinder eingebaut, auch in Kellertüren, durch die man zu den Müllkästen kommt. Mieter und dort Wohnende wurden zunächst nicht in die Häuser gelassen. Neue Schlüssel gab es für keinen Bewohner.

Als immer mehr Menschen, die alarmiert worden waren, herbei kamen und auch Presse und Fernsehsender, und als ihr illegales Terrorverhalten dokumentiert und zunehmend angeprangert wurde, zogen die „Securities“, die sich nicht ausweisen wollten und die Handwerker mit den gestohlenen Sicherungskästen von dannen, ließen auch die Fenster stehen, die schon zum Abtransport auf der Straße standen.

 

Die Mieter befinden sich in einem Gerichtsverfahren mit dem Vermieter (am 17.08. findet der erste Prozeßtermin statt), denn sie haben nun zum zweiten Mal eine sogenannte Verwertungskündigung erhalten. Die erste im Jahr 2018 haben sie erfolgreich abgewehrt und sind nicht ausgezogen. Die ehemaligen Obdachlosen, die in einen Teil der leerstehenden Wohnungen einzogen, denen man zuerst versprochen hatte, daß sie sich anmelden können, haben das dann doch nicht gekonnt, weil eine Einigung zwischen Bezirk und Eigentümer scheiterte. Inzwischen leben die meisten jedoch schon fast 20 Monate dort und haben sich zum Teil fest eingerichtet, ein einmaliges „Housing First“-Projekt, das international beachtet wird. Nach dieser Zeit dürfen sie auch nicht einfach überfallartig weggejagt werden. Das ist ein illegales Vorgehen, genau wie die Unbrauchbarmachung bewohnbarer Wohnungen. Die Abrissgenehmigung für das Gebäude, die sie eventuell im Gegenzug für die Duldung der neuen Bewohner aushandeln konnten, ist vor kurzem ausgelaufen. Hier sollten einfach mit Gewalt und Terror Fakten geschaffen werden, Wohnungen unbewohnbar gemacht werden. Das ist aber erst einmal nicht gelungen. Die Mieter und neuen Bewohner haben sich nicht einfach wie Hunde wegjagen lassen.

 

Wenn der Senat angeblich Obdachlosigkeit bis 2030 beseitigen will, wie paßt es dann, wenn 60 - 80 Obdachlose wieder auf die Straße gesetzt werden? Und auch die Mieter finden voraussichtlich in Berlin nichts vergleichbar Günstiges, vielleicht überhaupt nichts, was sie sich leisten können, geschweige denn in dieser Lage in Mitte, fußläufig entfernt von der Charité. Der Senat und der Bezirk haben dagegen vorzugehen.

Ziel der Eigentümer namens Arcadia Estates ist es, das 1984 für Beschäftiget der Charité fertiggestellte Haus - eigentlich ein ganzer Hausriegel von 5 Häusern - abzureißen, weil sie die Mieten nicht mehr weit genug hochtreiben können, einmal weil es schon weitgehend energetisch modernisiert ist, und weil die Wohnungen einen einfachen Standard haben. Also wird nach der Logik, daß das Haus aus ihrer Sicht nicht zum Wohnen da ist, sondern ein Objekt der Finanzspekulation, argumentiert, daß es nur noch abgerissen werden kann, denn dann kann das Grundstück entweder für mindestens das Doppelte verkauft werden oder sie können selbst ein neues Gebäude errichten, wo die Wohnungen genug Rendite erbringen. Daß die Firma Wohnungen mit doppelter Wohnfläche bauen will, wie ein Geschäftsführer im Fernsehen tönte, ist völlig unglaubwürdig. Wenn ihr Versuch geklappt hätte, hätten sie das Grundstück schon für mehr als das Doppelte weiterverkauft und so den gestiegenen Grundstückswert eingeheimst. Ihre „Verwertungskündigung“ baut im Grunde darauf auf, daß sie mit dem teuren Grundstück nicht die maximale Rendite einfahren können. Natürlich rechnen sie auch die Kosten vor, die sie selbst durch unterlassene Instandhaltung verursachen. Die eingesparten Instandhaltungskosten rechnen sie natürlich nicht dagegen.

Aber wenn sie die widerständigen Mieter, die überwiegend noch die Charité Werksmietverträge haben, los sind, haben sie die Hürde beseitigt, die sie seit 2018 an einem Abriss hindert. Das hatten sie sich wohl einfacher vorgestellt. Dann aber würde auch der Hotelbetrieb in einem Teil der Gebäude dem Abriss zum Opfer fallen, wo noch einmal 150 bis 200 Ukrainer wohnen. Auch die verlieren dann ihr jetziges Dach über dem Kopf. Also wollen die Eigentümer hunderte Menschen auf die Straße setzen, weil die Firma das Haus nur als Finanzanlage gekauft hat und meint, nur mit einem Abriss und ohne die Bewohner die maximale mögliche Rendite herauszuschlagen. Das dürfte für die Mehrheit in diesem Land, wo massenhaft Wohnungen fehlen, wo allein in Berlin zehntausende Menschen in Notquartieren hausen und noch einmal Tausende auf der Straße, nicht das Wichtige sein, daß die Spekulation solcher Menschen aufgeht.

 

Die Arcadia Estates hat über Jahre ca. 85 Wohnungen gesetzwidrig leerstehen lassen, obwohl das verbotene Zweckentfremdung darstellt und eigentlich mit einer Strafe von mehr als 40 Millionen € bestraft werden könnte, wenn sie mehr als 85 Wohnungen leerstehen läßt, wie sie das vor Ende 2021 getan hat. Aber dieses Gesetz wird so gut wie nirgendwo konsequent umgesetzt. Seit das Haus vor 17 Jahren vom Senat verscherbelt wurde (für 2 Millionen an private Käufer, die es energetisch modernisierten und dann 8 Jahre später für das Zehnfache weiterverkauft haben), wurden Mieter, für die das Haus mit öffentlichen Mitteln zum günstigen Wohnen nahe ihrer Arbeitsstätte gebaut wurde, unter Druck gesetzt, hinausgetrieben, herausgekauft, um das Haus lukrativer verwerten zu können. Anfangs wurden leere Wohnungen illegal zu Ferienwohnungen umfunktioniert. Welche Methoden dabei zum Teil angewandt wurden, kann man sich nach Lesen dieses Berichtes vorstellen. Aber ein Teil hat bis heute durchgehalten und das Haus über die Zeit gerettet. Das ist verdienstvoll und unterstützenswert und sollte Schule machen. Solidarität mit den Bewohnern der Habersaathstraße!

 

 

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