Internet Statement 2024-42

 

 

Die Bekämpfung des grundsätzlich gerechten Kampfes der Palästinenser mit dem Vorwand „Kampf gegen Antisemitismus“

- Einige historische Hintergründe zum Mittelostkonflikt, zum Erbe des Kolonialismus und zum hundertjährigen Kampf des „Westens“ gegen die Araber

 

Wassili Gerhard  19.07.2024

Die Proteste hier lebender Palästinenser und ihrer Unterstützer gegen die Politik Israels werden ständig als antisemitisch bezeichnet. Wie sonderbar doch - nicht wahr? - daß die hier lebenden Palästinenser dagegen protestieren, daß die in Gaza lebenden Verwandten und Landsleute von einem Ende des Gazastreifens zum anderen gejagt werden und dabei ständig vom Tode bedroht sind und auch getötet werden, das Lebensnotwendigste nicht ausreichend erhalten, die medizinische Versorgung zusammengebrochen ist, weil ihre Einrichtungen mit der Begründung, sie seien mit der Hamas in Verbindung gewesen -was sonst, denn die Hamas hatte ja die Regierungsgewalt - systematisch zerstört werden. Nach einer solchen Logik wäre auch jedes Krankenhaus in Israel ein legitimes Ziel für die Palästinenser.

 

Während die Leiden von Bürgern Israels immer wieder mitleidsvoll im Detail ausgemalt werden, findet das nur sehr selten bei den Palästinensern in Gaza oder Westjordanland statt, wo es meistens um angeblich „zweifelhafte“ abstrakte Zahlen geht und in neuerer Zeit gar immer weniger überhaupt etwas darüber zu hören ist. Da können Krankenhäuser in Serie angegriffen werden und die Begründung der Netanjahu-Regierung wird immer wieder ausführlich zitiert, während der angebliche Angriff auf ein Krankenhaus in einem anderen Konflikt sofort der Beweis für das finstere kriegsverbrecherische Wesen des Bombardierenden ist, natürlich mit voller finsterer Absicht.

 

Die Palästinenser brauchen keinen Antisemitismus, um auf die israelischen Besatzer ihres Landes wütend zu sein, wie es kürzlich in einer Überschrift in den Nachdenkseiten hieß. Die Palästinenser werden seit hundert Jahren daran gehindert, sich angemessen zu entwickeln und überhaupt auf den eigenen Füßen zu stehen, weil sie den kolonialen und später den neokolonialen Plänen der alten und neuen kolonialen und neokolonialen Kräfte im Wege waren. Sie sind ein Störfaktor für die imperialistischen Bestrebungen der reichen Länder des Westens, voran die USA. Das soll im weiteren noch detaillierter dargestellt werden. Und werden die deutschen Kräfte, die ihre Solidarität mit den Palästinensern zeigen, nicht vor allem bekämpft, weil sie die bestehende Ordnung des Imperialismus und Neokolonialismus angreifen? Und werden sie nicht gerade auch deswegen so vehement bekämpft, weil sich da eine neue Hinwendung zum Internationalismus zeigt, die bei vielen Linken leider verloren gegangen ist? Das ist doch wohl eher der Grund für die Verfolgung.

 

Das ist eine Bewegung, wie sie hier nicht auf Wohlwollen der offiziellen Politik rechnen kann, im Gegensatz zu solchen, die „Beglückung“ der einst kolonialen Länder durch grüne angebliche Wohltaten der reichen Länder in den Vordergrund stellen, daß sie nicht aus eigener Kraft entwickeln dürfen, auch nicht ihre Industrie entwickeln und gar ihre Rohstoffe und Naturreichtümer selber verarbeiten, sondern daß sie aus den alten reichen Ländern eine völlig andere, angeblich klimagerechte Technik kaufen sollen oder eben von Gutschriften für ihre Nicht-Industrialisierung zehren. (CO2-Zertifikate). Letzteres fördert Träume, die Dominanz des reichen Westens wieder stärker zu machen, aus der Krise herauszukommen, in der der Imperialismus steckt - während diese Solidaritätsbewegung, Unterstützung eines Befreiungskampfes gegen Imperialismus und Neokolonialismus, die gegenwärtige internationale Ordnung in Frage stellt.

 

Der rassistische Antisemitismus der Nazis

 

Was hat also der Kampf der Palästinenser mit dem Antisemitismus der Nazis zu tun? Die Nazis bezeichneten die Juden als „schädliche fremde Rasse“, die angeblich den Klassenkampf in die Gesellschaft bringen würde, weil sie auf beiden Seiten, bei den Kapitalisten und den Sozialisten tätig sei , um die Deutschen so gegeneinander zu treiben. Zerstörung der „Wirtsvölker“ sei ihr „Rassemerkmal“. Es schaudert einen wirklich, ein solches Vokabular wiederzugeben. Anfang der 1920er Jahre wurde eine Broschüre veröffentlich, die einen Dialog zwischen Hitler und Dietrich Eckhard, seinem damaligen Mentor, wiedergab, mit dem Titel „Der Bolschewismus von Moses bis Lenin“, Verfasser Eckhard. Diese Broschüre war wohl ursprünglich als Kampfschrift für die junge NSDAP gedacht. Es wird der reaktionäre Unsinn vertreten, die Juden hätten mit ihrem Auszug aus Ägypten, wo sie vorher als Sklaven lebten, den Klassenkampf begründet. Ohne die Juden würden die Unternehmer und die Arbeiter in Deutschland eine Übereinkunft finden, weil sie ja von der gleichen Rasse seien, und die Rasse sei die eigentliche Solidargemeinschaft. Man müsse nur die Juden loswerden und die „Reinheit der Rasse wieder herstellen“. Was für ein absurder aber leider in der Konsequenz damals auch sehr gefährlicher Unsinn.

 

Diese abstruse Theorie, von Wissenschaft keine Spur, nach der dann schließlich Millionen von Menschen getötet werden sollten, weil sie angeblich das falsche Blut hätten, sollte den Haß auf die gesellschaftlichen Zustände gegen die Juden als Blitzableiter richten; das ist doch etwas vollkommen anderes, als die Gegenwehr gegen Bedrücker, die im Dienste des britischen Kolonialismus und späterer Imperialisten ein anderes Volk aus seinem Land vertreiben wollen, was der Anfang der Kolonisation in Palästina war. Manchmal benutzten übrigens auch die Zionisten das Wort Kolonisation, das damals ja noch etwas allgegenwärtiges beschrieb. Ich bin übrigens nicht zuletzt sehr jung politisch interessiert geworden, weil ich wissen wollte, wie ein solches Unrecht wie die Naziherrschaft in Deutschland möglich war, und so ging es sicher vielen anderen auch. Ich war entschlossen, Faschismus und Rassismus nicht mehr zu dulden, aber dann war das Vorgehen Israels gegen die Palästinenser eben auch nicht zu dulden.

 

Im Laufe der Zeit, wenn man immer tiefer grub, auch nach den Ursachen für so wenig Widerstand suchte, konnte man dann auch dahinter kommen, daß dem Zionismus als politische Ideologie, lange Zeit nur Vertreter einer kleinen Minderheit der Juden, der Rassismus auch nicht fremd ist. Die Zionisten haben die Judenemanzipation, also die Gleichstellung als Staatsbürger, als Irrweg bezeichnet, der den Antisemitismus angeblich als natürliche Reaktion gefördert habe, und nur die Herauslösung der Juden aus den Gesellschaften, in denen sie lebten, als den einzigen Weg für die Emanzipation propagiert, sich infolge dessen auch kaum gegen die zunehmende Diskriminierung engagiert, denn da waren sie punktuell ja der gleichen Meinung. Der Naziregierung schickten sie eine "Äußerung der Zionistischen Vereinigung für Deutschland zur Stellung der Juden im neuen deutschen Staat" vom 21. Juni 1933, wo sie unter anderem schrieben:

„Unser Bekenntnis zum jüdischen Volkstum stellt ein reines und aufrichtiges Verhältnis zum deutschen Volk und seinen nationalen und blutmäßigen Gegebenheiten her. Gerade weil wir diese Grundlage nicht zu verfälschen wünschen, weil auch wir gegen Mischehe und für Reinerhaltung der jüdischen Art sind und Grenzüberschreitungen auf kulturellem Gebiet ablehnen, können wir, in deutscher Sprache und Kultur erzogen, mit Bewunderung und innerer Anteilnahme an den Werken und Werten deutscher Kultur teilnehmen. Nur die Treue zur eigenen Art und Kultur gibt Juden die innere Festigkeit, die eine Verletzung des Respektes vor den nationalen Gefühlen und Imponderabilien des deutschen Vokstums verhindert, und die Einwurzelung im eigenen Seelentum bewahrt den Juden davor, zum Wurzellosen Kritiker der nationalen Grundlagen des deutschen Wesens zu werden.“

Mit den Nazis verband sie die Ablehnung der französischen Revolution, eine Gemeinsamkeit aller Faschisten.

„Diese auf den Ideen der französischen Revolution beruhende Auffassung sah nur das Individuum, den einzelnen frei im Raum schwebenden Menschen, ohne die Bindungen von Blut und Geschichte und die seelische Sonderart [nämlich der sogenannten ‚Rasse‘] zu beachten“ Beide Zitate nach dem Abdruck in „In zwei Welten. Siegfried Moses [1933 bis 1937 Vorsitzender der Zionistischen Vereinigung für Deutschland] zum 75. Geburtstag“, erschienen 1962 in Tel-Aviv in deutscher Sprache, Hervorhebung rassistischen Vokabulars von mir)

Einiges zum Verhältnis von Zionismus und Antisemitismus

Die Anpassung an den Wortschatz der Nazis ist keineswegs eine Verstellung. Die Zionisten waren sich darin einig mit den Nazis, daß die Juden aus der deutschen Bevölkerung herausgelöst werden mussten. Sie durften eigene jüdische Schulen und div. andere Vereinigungen, sowie eigene Lager für die Auswanderung nach Palästina betreiben, wurden bevorzugt gegenüber anderen jüdischen Organisationen, die die Rechte der jüdischstämmigen Staatsbürger in Deutschland verteidigen wollten. Viele Organisationen, die vorher den Zionismus abgelehnt hatten, passten sich nun an den Zionismus an. So wurden sie von einer kleinen Minderheit zu der dominierenden Kraft unter den Juden in Deutschland. Und die Auswanderung nach Palästina, die auch ein komplizierter bürokratischer Vorgang war, wurde forciert, aber vorwiegend denjenigen Juden erteilt, die dem Zionismus positiv gegenüber standen, für den Aufbau dort geeignet schienen - und darunter bevorzugt jenen, die viel Geld mitbringen konnten. Alles streng im Interesse der Kolonisierung in Palästina.

 

Allerdings stellt man beim Lesen ihrer damaligen Schriften auch fest, daß sie damals anscheinend den Holocaust nicht vorhergesehen haben und glaubten langfristig legal in Nazideutschland arbeiten und eine große Organisation aufbauen zu können. Ab 1938 etwa, als sich die Beziehungen Nazideutschlands zu den USA und Großbritannien verschärften, Großbritannien als Kolonialmacht in Palästina den arabischen Kampf gegen seine Kolonialherrschaft und auch den deutschen Einfluß bekämpfen wollte und die legale Auswanderung nach Palästina zunehmend erschwerte, wurde es dann zunehmend in Deutschland auch für Zionisten gefährlicher. Wer das Land nicht zum richtigen Zeitpunkt verließ, dem drohte dann auch der Tod.

 

Es heißt auch immer, die Araber seien damals antisemitisch gewesen. Nun, es gab zum Beispiel unter den Moslembrüdern wirklich antisemitische Tendenzen, und die Moslembrüder hatten anfangs größeren Einfluss, aber der hat zunehmend nachgelassen, denn die Moslembrüder wollten und wollen keine arabische Nation, sondern ein islamisches Reich und scheuten auch vor Zusammenarbeit mit den Nazis oder später den USA in diesem Sinne nicht zurück. Aus dieser Strömung ist in unserer Zeit auch die Hamas mit hervorgegangen. Und die Zionisten haben selbst deren Einfluss gefördert, auch wichtige Führungsleute zu passender Zeit aus dem Gefängnis freigelassen, weil sie einen solchen Gegner eben auch gebrauchen können, um selber besser dagegen dastehen zu können. (Siehe auch: Internet Statement 2004-22 „Einiges über militärische Prinzipien - Selbstmordanschläge“) Das diente auch zur Schwächung der PLO, zur Spaltung der Palästinenser, und die Hamas ist auch weniger in der Lage, für ihre Zielsetzungen internationale Unterstützung zu gewinnen. Schließlich wurde dann in jüngster Zeit die Hamas durch die mehrmalige Erstürmung der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem regelrecht zu einer spektakulären Rache-Aktion provoziert oder gar gezwungen, und obwohl (oder weil?) der israelische Geheimdienst meist über die internen Vorgänge gut informiert ist, wurde auch noch die Region, wo der Angriff erfolgte, noch von einem Teil des Militärs entblößt. Man brauchte wohl einen Vorwand, um die verstärkte Bekämpfung und Vertreibung der Palästinenser vorantreiben zu können. Es sollen aber auch andere Palästinenser spontan mitgegangen sein, als die Grenzmauer durchbrochen wurde.

 

Schon bald wurden manche der anfänglichen Greuelschilderungen aus Israel als nicht real aufgedeckt, jedenfalls für den, der genauer nachforschte, auch durch Zeitungen in Israel (aber natürlich weniger hierzulande), die Fakten zusammentrugen. Aber es gab sicher auch wirklich Greuel, was vergangene Selbstmordattentate, die sich wahllos gegen Zivilbevölkerung gerichtet haben, auch nahelegen. Niemand in den offiziellen Medien hierzulande will auch wissen, wie viele Opfer „Kollateralschäden“ der IDF waren, obwohl es da Schilderungen gerade noch Davongekommener gibt, die dies nahelegen, wie auch die spätere Art der Tötung von Geiseln der Hamas, die sich befreien konnten, aber sich offenbar in einer „Feuer-frei-Zone“ befanden und trotz weisser Fahne niedergemäht wurden.

 

Aber bei palästinensischen Opferzahlen - vielfach auch Frauen und Kinder - wird fast immer Zweifel angemeldet, geschweige denn die besondere Brutalität und Willkür des Vorgehens der israelischen Armee kritisiert. Manchmal werden einzelne Punkte aufgedeckt, wie die brutalen Verhältnisse in Internierungslagern, wenn das z.B. durchsickert, aber dann wird schnell wieder zur Tagesordnung übergegangen und die Sache nicht weiter verfolgt. Man hat den Eindruck, der globale Krieg, bei dem Israel ein Alliierter wäre, findet auf dem Gebiet der Propaganda bereits statt und auf der eigenen Seite will man nicht so viel schlechtes aufdecken. So heißt es im Tagesspiegel vom 13.07.2024: „Keine Abgrenzung von Terroristen - Das Versagen der Palästina-Solidarität“. In Abwandlung eines Bibelzitats möchte man sagen, sie sehen den Splitter im Auge des anderen, aber nicht den Balken im eigenen, nämlich die eigene Ignorierung oder Rechtfertigung des jahrzehntelangen Staatsterrors der Zionisten.

 

*

 

Diese Ausführungen waren unerläßlich, aber nun zurück zum roten Faden von vorher: Es ist nicht zuletzt eine Frage, die das gegenwärtigen Weltsystem der Kapitalismus tangiert, ob man die Ränke des Kolonialismus, in deren Fußstapfen als die dominante neokoloniale Macht dann später die USA getreten sind, in Frage stellt und das Unrecht anprangert. Letztlich geht auch das immer mit Rassismus einher. Das koloniale Unrecht, das ganz klar auch Rassismus bei seiner Rechtfertigung beinhaltet, wurde auch in dem System von Versailles nach dem ersten Weltkrieg manifestiert, das auch ein System des Kolonialismus war und die weltweite Dominanz der großen westlichen Mächte, die damals noch den größten Teil der Welt als Kolonien beherrschten, stabilisieren sollte. Stabilisierung der Vorherrschaft der alten reichen Länder, das gilt heute auch für die nachkoloniale Ordnung im Mittleren Osten, die auch nach dem Ende der Kolonien die Dominanz der imperialistischen Länder, mit den USA an der Spitze, sichern sollte und soll. Nicht umsonst heißt bei den USA das lokale Militärkommando für diese rohstoffreiche Region von weltweiter strategischer Bedeutung heute „Centcom“, also das zentrale Kommando. Das Hauptquartier ist in den USA, auf der MacDill Air Force Base in Tampa, Florida.

 

Diese internationale Ordnung ist heute erst recht unverzichtbar für das Fortbestehen des Kapitalismus in den reichen Ländern, denn diese haben - im Bestreben dem inneren Klassenwiderspruch zu entgehen - eine Deindustrialisierung durchgemacht, bei der den unruhigsten und organisiertesten Teilen der Arbeiter die Beherrschung eines großen, entwickelten Produktionsapparates entzogen wurde und dafür mit der Verlagerung in anderen Regionen, in denen die Arbeiterklasse noch nicht über so reiche Kampferfahrungen verfügt, sie auch einen anderen kulturellen Hintergrund hat und auf einer anderen Zivilisationsentwicklung steht, ein heute enormer Produktionsapparat mit einer riesigen neuen Arbeiterklasse geschaffen wurde, wo die Ausbeutung der Arbeitskraft in völlig hemmungsloser Weise stattfindet. Das erzeugte hierzulande eine „strukturelle Arbeitslosigkeit“ und das Hartz-IV-System. Nun entwickelte sich aber als Folge davon die Arbeiterbewegung in anderen Weltregionen, auf einer vielfältigeren Grundlage, was die Überwindung erheblicher Probleme nötig macht, aber im Endeffekt eine noch größere und stärkere Arbeiterbewegung hervorbringen kann.

 

Schon 2001 schrieb unser damaliger Vorsitzender Hartmut Dicke, der 2008 mit 60 Jahren, unter Bedingungen, die weiterhin Aufklärung verlangen, innerhalb kurzer Zeit aus dem Leben gerissen wurde:

»In der heutigen Situation ist offenkundig, daß das gewaltige neue Proletariat, das sich unter den Bedingungen der sogenannten Globalisierung gebildet hat, es schwer hat, zu neuen zusammenschließenden Organisationsformen zu kommen. Gewaltige Migrationsbewegungen gibt es auf der ganzen Welt, die einen Austausch bewirken, aber das Kapital vernutzt auch immer neue Schichten und betreibt Spaltung, versucht die Kontinuität zu verhindern, und die einzelnen Proletarier, die Belegschaften in vielen großen Staaten der früheren kolonialen und halbkolonialen Welt haben es schwer, zu einer einheitlichen Front zu kommen, sich zusammenzuschließen. Obwohl der Zahl nach Hunderttausende und Millionen in den einzelnen Ländern, bilden sie doch in der Gesamtbevölkerung eine Minderheit. In den meisten der Staaten herrscht völlige Rechtlosigkeit, autokratische Diktatur, die vom internationalen Kapital gefördert und ausgenutzt wird, egal unter welchem äußeren Deckmantel sie steht. « (Probleme der internationalen kommunistischen Bewegung, Januar 2001)

Und so, wie hierzulande bei der Verlagerung der Industrien gleichzeitig eine Großindustrie-feindliche grüne Kampagne ablief, so wird nun global von interessierten Regierungen eine Kampagne gegen die neu sich entwickelnden Industriestaaten verfolgt, wo neues Proletariat sich entwickelt und lernt, den Kapitalisten Paroli zu bieten. Und viele Linke haben leider verlernt, die Widersprüchlichkeit, die Dialektik, der Entwicklung zu verstehen, daß der Kapitalismus selbst seine Totengräber hervorbringt und auch moderne Produktionsmittel hervorbringt, ohne die eine klassenlose Gesellschaft, die nicht auf Mangel gegründet ist wie die alte Urgesellschaft, nicht möglich sein wird. Die politischen Führer des westlichen Kapitalismus sind deshalb heute Gegner der Entwicklung neuer Industriestaaten aus Staaten der früheren kolonialen Sphäre, auch wenn sie selbst lange davon profitiert haben, denn die billigen Industrieprodukte aus China z.B., lange „Werkstatt der Welt“, oder billige Agrarprodukte, haben geholfen, die vielen aus der Industrie herausgedrängten Menschen zu versorgen, die ihre materielle Unterhaltsbasis verloren haben und zu Kostgängern der Sozialsysteme wurden. So wurde der Aufruhr, der sonst hätte kommen müssen, über Jahrzehnte weitgehend abgedämpft, immer wieder erstickt und auch korrumpiert. Aber heute läuft das den Konzepten, wie der Kapitalismus aus der Krise geholt werden soll, in die er auch in der Folge der eben beschriebenen Vorgänge geraten ist, zuwider.

 

Wenn nun hierzulande wieder eine Bewegung sich zeigt, die sich tendenziell mit den unterdrückten Menschen in der Dritten Welt verbindet, läuten hier bei der herrschenden Klasse die Alarmglocken. So etwas hatte man doch einmal wieder geglaubt weitgehend ausgemerzt zu haben. Auch gibt es in der Jugend neue Tendenzen einer Hinwendung zum Kommunismus. Neue sich kommunistisch nennende Organisationen entstehen seit einiger Zeit. Allerdings scheint der Enthusiasmus nicht immer gepaart zu sein mit dem Bestreben, eine neue Einheit mit schon bestehenden Kräften anzustreben und sich mit deren Ideen gründlich auseinander zu setzen. Wir haben hierzulande reiche Erfahrungen, und die sollten genutzt werden. Andererseits gibt es auch viele linke und auch „linke“ Kräfte, die von einer revolutionären und internationalistischen Perspektive völlig weggekommen sind, mit denen man sich auseinandersetzen muß. Das sind wichtige Aufgaben, die hier anstehen, wie auch zu begreifen, wie die gesellschaftliche Entwicklung in diesem Land konkret abgelaufen ist und zur heutigen Lage geführt hat, warum man sich nicht mit Plattitüden zufrieden geben darf.

 

Es gibt aber auch hoffnungsvolle Ansätze einer Zusammenarbeit von jungen Menschen der neuen Generation von Juden, die in die Situation hineingeboren wurden, und Palästinensern, die beide eine gemeinsame Perspektive auf der Grundlage der Anerkennung des Unrechts gegen die Palästinenser anstreben. Auch international gibt es zunehmend Juden, die sich vom Zionismus abgrenzen und zum Beispiel an der Solidaritätsbewegung für die Palästinenser teilnehmen. Im Grunde werden ja auch die Juden in der Region nicht Frieden haben, solange die gegenwärtige Politik Israels fortgeführt wird und den Interessen des Imperialismus im Mittleren Osten dient. Selbst wenn sie die Palästinenser alle auslöschen würden, wovon manche Faschisten dort träumen, würde ihnen insgesamt noch mehr Widerstand aus der ganzen Welt, nicht nur von der Masse der Araber, entgegenschlagen.

 

Ein moderner, säkularer Staat in ganz Palästina, der jedem Bürger die gleichen Rechte zusichert, unabhängig von Abstammung und Religion (oder Nichtreligion), der das frühere Unrecht anerkennt, der den vertriebenen Palästinensern das Recht auf Rückkehr zusichert und das Unrecht durch eine bessere Zukunft für alle wieder gut zu machen bestrebt ist, der den jüdischen Bürgern, sofern sie nicht die heutige Politik Israels fortführen, so eine positive Rolle bei der Entwicklung ganz Palästinas und der ganzen Region ermöglichen würde - das wäre eine wirkliche Lösung, die ein gedeihliches Zusammenleben ermöglichen könnte. Natürlich sind auch die fanatischen islamistischen Kräfte ein Hindernis für eine solche Lösung. Auch das darf man nicht ausblenden.

 

Wie die Palästinenser durch den internationalen Imperialismus, Kolonialismus und Neokolonialismus unter die Räder kamen

    

Der Konflikt im Mittleren Osten ist vor allem die Folge der kolonialistischen und neokolonialistischen Politik der reichen Länder des Westens. Zu den Opfern gehört die Bevölkerung von Palästina, die von einer kolonialen Unterdrückung in die andere geraten ist und nie die Chance einer angemessenen selbstständigen Entwicklung bekam. Was die Palästinenser selber wollten, zählte nicht, stattdessen wurde Palästina ein Land ohne Volk genannt. Von einem Gebiet unter der Herrschaft der Osmanen wurde Palästina zu einer Verfügungsmasse der neokolonialen Politik europäischer Kolonialmächte und dann der USA. Es heißt z.B. bei „palestine studies“, schon 1840, als Palästina noch zum Osmanischen Reich gehörte, habe Großbritannien den Plan gehabt, jüdische Siedler in Palästina anzusiedeln:

„In 1840 Palmerston [britischer Premierminister], under the influence of Lord Shaftesbury, tried to win the sultan over to the idea of a "return" of the Jews, arguing that they should be encouraged to settle in Palestine. [...] During the 1840s many British journalists, clerics, politicians, colonial officials, and officers were more direct: they demanded, in one form or another, Jewish colonies or even a Jewish state under British protection, to fulfill the goal of the "restoration of the Jews" and to protect British strategic and commercial interests in the region.“

Auch nach der englischsprachigen Wikipedia (Mai 2024) beginnt die Einwanderung bereits im 19. Jahrhundert:

„Jewish immigration to Palestine began in earnest following the 1839 Tanzimat reforms; between 1840 and 1880, the Jewish population of Palestine rose from 9,000 to 23,000.“ (Hervorhebung von mir)“

Und die Palästinenser waren zu jener Zeit 700.000.

Damals hatten die Juden z.B. in Großbritannien noch nicht einmal das aktive und passive Wahlrecht, aber es gab auch schon erfolgreiche Juden, die zur gesellschaftlichen Oberschicht gerechnet wurden. Diese Konkurrenz nach Palästina zu verfrachten, mag bei Unterstützern bisweilen auch eine Rolle gespielt haben.

 

Die jüdische Kolonisation - Kolonisation war noch eine völlig selbstverständliche Angelegenheit insbesondere in Großbritannien mit seinem riesigen Kolonialreich - spielt eine wichtige Rolle in der gesamten internationalen Ordnung, speziell auch der des Mittleren Ostens, seitdem der westliche Imperialismus das Gebiet dem Osmanischen Reich abnahm und zuerst seine Kolonien errichtete.

 

1860:
»... Lord Palmerston verteidigte seine Idee unter dem Vorwand, „das östliche Tor für den britischen Handel und die britischen Truppen offen zu halten“.
Zwanzig Jahre später begann die erste [größere] Migrationswelle von Juden nach Palästina, viele von ihnen aus Russland.
Zu dieser Zeit waren 98% der Einwohner Palästinas Araber.« (https://www.proterrasancta.org/de/news/palaestina-der-ursprung-des-konflikts-geschichte-eines-umstrittenen-landes-erster-teil/, Hervorhebung von mir.)

Und folgendes Zitat kann unter https://berghof-foundation.org/files/publications/PrimeTextbuch.pdf gefunden werden:

»Erst die Ereignisse von 1831-40 sollten der Gründung eines jüdischen Staates in Palästina den Weg ebnen. [Schon Napoleon hatte eine solche Idee, siehe Napoleon und der Zionismus, israelnetz.com] Lord Palmerston, britischer Außenminister von 1840-41, schlug vor, im Osmanischen Reich ein britisches Protektorat zu errichten und dort Juden anzusiedeln. Dieses Gebiet sollte als Pufferzone gegen den ägyptischen Herrscher Muhammad Ali dienen und gleichzeitig die Araber der Region bei ihren Bemühungen um politische Einheit behindern.«

Die Siedler waren in der ersten Zeit zum großen Teil russische Juden, die vor den dortigen Pogromen flohen. So nutzte der britische Kolonialismus überall Konflikte aus, um seine Herrschaft über die Kolonien abzusichern, und auch nach dem Ende des Kolonialreiches, um weiter Einfluss zu behalten.

 

1917 versprach der britische Außenminister Lord Balfour in einem Brief an den Zweiten Lord Rothschild, bekannter Vertreter der der zionistischen Bewegung, eine „Jüdische Heimstätte in Palästina“. Damals lebten mittlerweile nach einer größeren Einwanderungswelle ca. 90.000 Juden in Palästina. (Siehe auch „Historische Entwicklung der jüdischen Einwanderung“ bpd.de 2008) Das heißt, er versprach ihnen Land, das Großbritannien nicht gehörte, (und über das er zuvor mit Frankreich eine andere Regelung vereinbart hatte) über die Köpfe der dortigen Bevölkerung von mehreren Hunderttausend hinweg. Ebenfalls verhandelten auch Zionisten mit dem Sultan. In einem Brief an Lord Curzon von 1919 hieß es:

 »In Palästina schlagen wir nicht einmal vor, die gegenwärtigen Bewohner des Landes nach ihren Wünschen zu befragen . . . Die vier Mächte sind dem Zionismus verpflichtet, und der Zionismus, ob er nun richtig oder falsch, gut oder schlecht ist, wurzelt in jahrhundertealten Traditionen, in gegenwärtigen Bedürfnissen, in zukünftigen Hoffnungen, die von weitaus größerer Bedeutung sind als die Wünsche und Vorurteile der 700 000 Araber, die jetzt dieses alte Land bewohnen.« (Zitiert in der NZZ vom 15.12.2023)

Heutige Zionisten beschönigen das und sagen:

„Israel wurde erworben, nicht gestohlen“.
oder:
Einfach gesagt ist Eroberung die historische Normalität. Regierungen auf der ganzen Welt gründen auf Invasionen; fast alle Staaten wurden auf Kosten anderer gegründet. Niemand ist dauerhaft an der Macht, die Wurzeln aller gehen auf andere Orte zurück.“ (Beide Zitate aus hagalil.com, Hervorhebung von mir.)

Sie argumentieren in der gleichen Logik wie 1978 der frühere Ministerpräsident von Baden-Württemberg Filbinger, der sagte: „Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein.“ um seine Todesurteile am Ende der Nazizeit zu rechtfertigen. Doch, aus heutiger Sicht ist Fortsetzung des Kolonialismus, der damals als normal galt, und erst recht in einer Zeit, als die kolonialen Völker um ihre Befreiung kämpften, Unrecht. Man nehme auch einen bejubelten Redebeitrag auf dem VIII. Zionistenkongress im August 1907, der stark bejubelt wurde:

„Tatsächlich aber sind wir unseres 2000 jährigen Europaertums so sicher, daß wir über die Neckerei, wir würden in Palästina Asiaten werden, lächeln dürfen. ( Sehr richtig.) Wir würden dort so wenig Asiaten im Sinne anthropologischer und kultureller Minderwertigkeit [!] werden, wie die Angelsachsen in Nordamerika Rothäute ( Heiterkeit ), in Südafrika Hottentotten und in Australien Papuas geworden sind. ( Rufe : Sehr gut. — Lebhafter Beifall und Hände klatschen.) Wir würden uns bemühen, in Vorderasien zu tun, was die Engländer in Indien getan haben, — ich meine die Kulturarbeit, nicht die Herrschaft ; — wir gedenken, nach Palästina als Bringer von Gesittung zu kommen und die moralischen Grenzen Europas bis an den Euphrat hinauszurücken. ( Andauernder lebhafter Beifall im Saal und auf den Galerien.“ (Stenografisches Protokoll der Verhandlungen des 8. Zionistenkongresses in Haag, Seite 22, Beitrag von Dr. Max Nordau, Mitsreiter Herzls. - https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/titleinfo/3476254)

Dr. Max Nordau war nicht irgendein Zionist, sondern ein bekannter Repräsentant. In Wikipedia heißt es über ihn:

„Nordau vertrat – im Gegensatz zu den ‚praktischen‘ Zionisten – den ‚politischen Zionismus‘ ebenso vehement wie Herzl selbst. (Die ‚praktischen‘ Zionisten wollten Tatsachen schaffen, wogegen ‚politische‘ Zionisten erst die Unterstützung europäischer Großmächte erlangen wollten.)“ (Wikipedia zu Max Nordau)

Diese Geringschätzung und Herabwürdigung der Asiaten, zu denen die Araber gezählt wurden, (die arabische Halbinsel wird zu Vorderasien gezählt) als „anthropologisch und kulturell minderwertig“, diese rassistische Sichtweise scheint dort vollkommen normal gewesen zu sein. Die europäischen Zionisten, wie gesagt eine kleine Minderheit der Juden damals, sahen sich als Europäer, die „die moralischen Grenzen Europas bis an den Euphrat hinausrücken“ So hatten sie kein Problem damit, sich in den Dienst des britischen Kolonialismus zu stellen, auch wenn die Araber bereits gegen die Unterdrückung durch die Osmanen kämpften und sich eine arabische Nationalbewegung entwickelte. Schließlich erhofften sie einen eigenen Staat dadurch zu bekommen, daß sie sich für ein solches Kolonialprojekt einspannen ließen,.

 

Die Araber im Mittleren Osten bekämpften dann zur Zeit des ersten Weltkrieges das Osmanische Reich, das die Region beherrschte. Großbritannien sicherte ihnen die Unabhängigkeit zu, wenn sie die Osmanischen Herrscher besiegen halfen. Aber bereits im Dezember 1915/ Januar 1916 hatten sich im geheimen Frankreich und Großbritannien, mit dem Einverständnis des zaristischen Russlands, das selbst Gebiete der heutigen Türkei in Anatolien bekommen sollte, über die Aufteilung des Mittleren Ostens in Kolonien nach dem 1. Weltkrieg geeinigt. Dabei war Syrien (incl. Libanon als alter „Kreuzritterstaat“) Frankreich „als Erbe“ zugesprochen worden. Palästina sollte wegen der heiligen Stätten unter internationale Verwaltung kommen. Dieses Geheimabkommen kam nach der Oktoberrevolution an die Öffentlichkeit, als die neue revolutionäre Regierung das Abkommen im Geheimarchiv fand und natürlich ablehnte.

 

Nach dem ersten Weltkrieg begannen die Araber dann mit der Schaffung eines Groß-Syrien, dem der Libanon und Palästina angehören sollten, wie es vorher schon gewesen war. Das war ihnen in einem Schriftstück zugesichert worden:

 »Am 24. Oktober 1915 schrieb der britische Hochkommissar in Kairo, Sir Henry McMahon, an den Scherifen Hussein von Mekka:

Die beiden Distrikte von Mersina und Alexandretta sowie Teile Syriens, die westlich der Distrikte von Damaskus, Homs, Hama und Aleppo liegen, kann man nicht als rein arabisch bezeichnen. Daher sollten sie von den geforderten Staatsgrenzen ausgeschlossen werden. […] Abgesehen von den genannten Änderungsvorschlägen ist Großbritannien bereit, die Unabhängigkeit der Araber in allen vom Scherifen von Mekka geforderten Gebieten anzuerkennen und zu unterstützen.« (Zwischen Kolonialismus und Nationenbildung, bpb 13.12.2016)

Ein unabhängiger großsyrischer Staat unter einem König Faisal wäre sicher eine bessere Lösung geworden, zumal als Ergebnis einer arabischen Nationalbewegung. Das hätte einen ganz andere Legitimität und Akzeptanz geschaffen. Aber Großbritannien und Frankreich unterdrückten diese Bestrebungen, auch mit barbarischen militärischen Mitteln. Heute sprechen manche Araber von 100 Jahren Krieg des Westens gegen die Araber, der damals begann. Frankreich z.B. nutzte alle Widersprüche in seinem Bereich, um Spaltung zu säen und versuchte das Gebiet in ca. ein halbes Dutzend verschiedene Kolonialterritorien aufzuteilen, was aber letztlich nicht vollständig durchsetzbar war.

 

Der Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung „Zwischen Kolonialismus und Nationenbildung“ bringt in diesem Zusammenhang folgendes, das so heute nicht mehr in einer aktuellen Veröffentlichung stehen dürfte:

»Unter dem Eindruck der revolutionären Nachkriegsunruhen in Europa und im Nahen Osten, Lenins Machtübernahme in Russland sowie der Offerten von US-Präsident Wilson an antikoloniale Bewegungen veränderten London und Paris die Form ihrer Kolonialherrschaft. Am 20. April 1920 ließen sie sich in San Remo vom Völkerbund, den sie dominierten, "Mandate" über die begehrten Gebiete erteilen. Ihre Fremdherrschaft bemäntelten sie mit dem Vorwand, die fraglichen Länder auf die Unabhängigkeit "vorzubereiten". In leichter Abänderung des Sykes-Picot-Abkommens wurde Syrien nun in Palästina, Libanon und "Rest-Syrien" aufgeteilt. Die beiden letztgenannten Regionen fielen unter französisches, Palästina – ebenso wie der östliche Nachbar Irak – unter britisches Mandat. In diesem Gefüge war für Faisal kein Platz mehr. Am 28. Juli 1920 unterlag er südlich von Damaskus französischen Truppen und floh ins italienische Exil.«

 

Mit der jüdischen Besiedlung Palästinas und der Vergrößerung des Machtbereiches der Saudis, wo eine fanatische muslimisch-fundamentalistische Sekte quasi die Staatsreligion bestimmte, und der Ermöglichung ihrer Kontrolle über Mekka, schuf man Kräfte in der Region, die dem Westen verbunden waren und ihn zu Unterstützung brauchten. Die konnte man gegen die anderen arabischen Kräfte ausspielen. Die Ölquellen sollten möglichst von solchen Kräften beherrscht werden. So wollte man die arabische Nationalbewegung in Schach halten und den Zugriff auf das Öl sichern. Das haschemitische Königshaus, aus den Scherifen von Mekka hervorgegangen, heute Königshaus von Jordanien, das mit der arabischen Nationalbewegung sympathisiert hatte und den König von Groß-Syrien stellen sollte, wurde in seinem Land erheblich beschnitten zugunsten Saudi-Arabiens, verlor einen großen Teil seines Gebietes, incl. das Amt des Scherifen von Mekka, bekam aber dafür einen Teil Palästinas und die Hälfte von Jerusalem um den Staat Jordanien zu schaffen. Später wurde ein Mitglied des Königshauses als König im Irak eingesetzt. (Und im Krieg von 1948 verhinderte eine von Briten ausgerüstete und ausgebildete Truppe, die Arabische Legion, daß die Zionisten ganz Jerusalem eroberten). So sollten den Briten gewogene Kräfte erhalten werden. In eine solche Lage können neokolonialistische Kräfte schon einmal kommen, die mehr als ein Eisen im Feuer haben. Man siehe heute die Differenzen zwischen Biden und Netanjahu.)

 

Mit der Aufteilung Palästinas in einen palästinensischen Teil und einen jüdischen Teil 1947 ging die Missachtung und Bekämpfung der Einwohner Palästinas weiter. In dem Artikel der NZZ vom 15.12.2023 ( Die andere Hälfte der Fakten – ein paar notwendige Erinnerungen an die ganze Geschichte Palästinas heißt es dazu:

 »Gerne wird in der historischen Aufarbeitung des „Nahostproblems“ auf den UNO-Teilungsbeschluss von 1947 hingewiesen, oft mit dem Argument, dass dieser gleich am Anfang auch die Lösung gewesen wäre. Das klingt gut und weise. Nur fragt man sich, was daran gerecht war, wenn ein Drittel der in Palästina ansässigen Bevölkerung (der jüdische Bevölkerungsanteil von 1947), der 7 Prozent des Landes gehörten, 55 Prozent des gesamten Territoriums zugesprochen erhielt.

Und wer stimmte da ab? Viele arabische Staaten durften nicht, weil sie, noch unter imperialistischer Kontrolle stehend, nicht Mitglied der UNO waren; andere wurden durch Zahlungen zum Ja „ermutigt“. Auch der Hintergrund der einzelnen Pro- oder Contra-Entscheidungen ist nicht uninteressant: Keines der 33 zustimmenden Länder gehörte der damals gerade erst „neu“ dekolonisierten Welt an, und alle zustimmenden Voten entstammten dem christlichen Kulturkreis. Die 13 Contra-Länder hatten bis kurz vorher unter westlicher Hegemonie gestanden, und keines davon gehörte zur christlichen Welt (Libanon ist ein Sonderfall).«

1947, als der Teilungsplan abgestimmt wurde, gab es in Palästina 1,3 Millionen arabische Einwohner und 600.000 jüdische. Bei Gründung des Staates Israel gab es dort nur noch 150.000 Palästinenser. Den vertriebenen Palästinensern wurde die Rückkehr untersagt, Haus und Acker wurden an jüdische Einwanderer übergeben oder zerstört. („Erworben statt geraubt“?)

Also: Die arabischen Einwohner Palästinas brauchen keinen Antisemitismus, um die zionistischen Besatzer zu hassen. Die andauernde Verfolgung des palästinensischen Widerstandes hierzulande und der Solidaritätsbewegung ist allerdings eher geeignet, den Antisemitismus zu fördern, dessen absurden Theorien Vorschub zu leisten. Es geht dabei nicht um die Sorge für die Juden - denn solche Juden, die Partei für die palästinensische Sache ergreifen, werden nicht viel besser behandelt als Palästinenser - es geht um die Ordnung des Imperialismus und Neokolonialismus im Mittleren Osten und weltweit, die verteidigt werden soll. Es geht um den Hochmut gegenüber den ehemals kolonial unterdrückten Völkern, um deren Unterdrückung zu rechtfertigen. Und hier wirkt sich aktuell auch die Tendenz zu einem neuen globalen Krieg aus, denn Israel würde im gleichen Lager stehen wie Deutschland, angeführt von den USA.

 

 

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