Internet Statement
2024-65
Deindustrialisierung bekämpfen!
Nach jahrzehntelanger Ignoranz in puncto Deindustrialisierung und Produktionsverlagerungen schwant es mittlerweile selbst so manchem Kapitalvertreter und Gewerkschaftsmanager, daß die rasant beschleunigte Deindustrialisierung die Nation bedroht und damit auch ihre eigene Grundlage. Daß sie bereits Millionen Menschen aufs Abschiebegleis in prekäre Arbeitsverhältnisse vorwiegend im Dienstleistungssektor gedrängt hat oder gar in die Abhängigkeit von Hartz IV, oder wie es jetzt heißt, Grundsicherung, getrieben hat, ging ihnen allerdings ziemlich am Arsch vorbei. Bei der Bourgeoisie, bei den Kapitalvertretern ist das kein Wunder, für sie steht der eigene Profit und nicht die Menschen im Vordergrund. Bei den Gewerkschaftsführern, die immer mehr zu Co-Managern des Kapitals geworden sind, ist das schon etwas verwunderlich. Wäre ihre Aufgabe doch, die Interessen der Arbeiterklasse zu vertreten. Für den DGB aber stand von Anbeginn der sogenannten „sozialen Marktwirtschaft“ nach dem Krieg die Bewahrung des sozialen Friedens, die Sozialpartnerschaft im Vordergrund. Lediglich in ganz wenigen Ausnahmen waren sie klassenkämpferisch, bei der Erkämpfung der Lohnfortzahlung und in den 80er-Jahren bei den Streiks um die 35-Stunden-Woche. Während die erstere noch existiert, arbeitet die Mehrheit der Lohnarbeiter und Lohnarbeiterinnen längst 40 Stunden und mehr die Woche.
Bevor ich zur aktuellen Lage und der Notwendigkeit und den Möglichkeiten des Kampfes gegen die Deindustrialisierung komme, empfiehlt es sich, einen gerafften Blick auf bestimmte Entwicklungen in der Bundesrepublik zu werfen. Als 1966 im Gefolge der Kulturrevolution in China, im Zuge der Empörung gegen den Vietnamkrieg der doch so demokratischen USA sowie auch der aufkommenden Wirtschaftskrise die Jugend- und Studentenbewegung aufkam, als immer mehr Jugendliche, Studenten und auch junge Arbeiter, das kapitalistische System prinzipiell infrage stellten, als der Marxismus und der Klassenkampf Ende der 60er Jahre einen damals ungeahnten Aufschwung nahm, als die Zahl der sogenannten wilden Streiks zunahmen, stellten sie sich offen an die Seite des Kapitals und gegen die Jugend- und Studentenbewegung und die Streikenden. Diese haben sie weit stärker bekämpft, als das Kapital. Die deutschen Gewerkschaften waren von Anfang an voll in das bundesdeutsche kapitalistische System eingebunden (ganz ähnlich wie die Gewerkschaften in der damaligen DDR), wer das System attackierte, attackierte damit auch sie. Man könnte nun einwenden, das ist doch kalter Kaffee von gestern. Weit gefehlt. Die DGB-Gewerkschaften machen nach wie vor auf Partnerschaft mit dem Kapital, wer möchte das bestreiten? Und wie sah und sieht denn ihr Kampf gegen die Deindustrialisierung aus? Wie hat der Staat damals auf die revolutionäre Stimmung unter der Arbeiter- und Studentenschaft reagiert? Mit Zuckerbrot und Peitsche, mit Korrumpierung und Repression. Der Gang durch die Institutionen wurde propagiert, als Einstieg in die Korrumpierung, es wurde mit Posten im Staatsapparat, im Kultur- und Sozialbereich und in den Gewerkschaften gelockt. Wer das nicht wollte, wurde unterdrückt. Man erinnere sich nur an die Notstandsgesetze, die durchgepeitscht wurden, oder an den sog. Radikalenerlass. Regelrecht hasserfüllt war die Hetze in den Medien, die Springer-Presse allen voran. Der Attentäter gegen Rudi Dutschke wurde maßgeblich davon inspiriert. Es gab auch nicht wenige Ausschlüsse aus den Gewerkschaften. Dies alles ist, den Älteren zumindest, hinreichend bekannt. Was weit weniger bekannt ist oder beachtet wird - aber nicht weniger bedeutsam gewesen ist - ist die Reaktion des Staates darauf auf ökonomischem Gebiet. „Jugendliche, Arbeiter. Ihr wollt Klassenkampf, ihr wollt Revolution? Na wartet, da haben wir was für euch. Nein, nicht bloß Prügel, das sorgt nur für Unruhe und noch mehr Zulauf zu euch. Da gibt‘s noch mehr. Noch ist die Mehrheit der Arbeiterschaft nicht auf eurer Seite, und wir werden dafür sorgen, daß es so bleibt und ihr keinen Fuß in die Betriebe bekommt...“ - in diesem Sinne wurde begonnen, aus politischen Gründen Industrie zu verlagern, gleichzeitig wurden massiv ausländische Arbeiter für die niedrigeren, schlecht bezahlten Jobs herbeigeholt, viele deutsche Arbeiter rutschen dafür in höher bezahlte Jobs und Positionen. Anfang der 70er Jahre wurde das immer deutlicher, trotz Wirtschaftskrise und hoher Arbeitslosigkeit, haben sie so den fortschrittlichen und revolutionären Kräfte die Basis in der Arbeiterschaft weggezogen und an der Entwicklung gehindert. Parallel dazu starteten die Versuche, inspiriert auch vom Club of Rome, den Widerstand gegen das kapitalistische System umzumünzen in den Kampf für die Ökologie und den Umweltschutz. Wenn sie den Widerstand schon nicht brechen konnten, so versuchten sie diesen auf eine Schiene zu lenken, die dem System nicht gefährlich werden konnte, ja ihm sogar noch nützen könnte. Der Spiegel, der auch gegen die rebellierenden Studenten hergezogen hatte, machte plötzlich Propaganda für Bürgerinitiativen. Bürgerinitiativen seien der moderne, zeitgemäße, weil lokale und reale zivile Widerstand. Bürgerinitiativen gegen Umweltverschmutzung, gegen Industrie, gegen Straßenbau und ab 1974 vor allem gegen die Atomkraft. Der vom Spiegel und anderen Medien 1973/74 propagierte Widerstand gegen den Bau eines Atomkraftwerkes in Wyhl am Kaiserstuhl wurde zum Wendepunkt. Unverhohlen propagierten linke Organisationen mit revolutionärem Anspruch: „Kampf gegen Atomkraft ist Kampf gegen das System“. Viele ehemals revolutionäre, fortschrittliche Jugendliche glaubten das und kämpften fortan gegen Atomkraft und für Umweltschutz, der Kampf gegen das System aber trat in den Hintergrund und wurde alsbald ganz fallen gelassen. In Wyhl liegt gewissermaßen auch die Geburtsstunde der „Grünen“ und der Öko-Bewegung, ein Sammelsurium aus erzrechten, liberalen und linken Kräften, vereint im Kampf gegen Atomkraft, gegen die Industrie generell und insbesondere gegen die Auto- und Chemieindustrie. Aus heutiger Sicht muß man sagen, das Kapital und der Staat waren leider erfolgreich damit, vom revolutionären Klassenkampf gegen das kapitalistische System abzulenken und ihn umzulenken in einen Kampf gegen die modernste Art der Energiegewinnung Atomkraft und für Umweltschutz und Ökologie umzulenken. Kampf gegen Wissenschaft, Industrie und Technik statt gegen das System. Daß das so funktioniert hat, hatte viele Gründe, man muß das alles auch im internationalen Rahmen sehen (1). Doch zurück zur Gegenwart.
Wenn manche nun meinen, die rapide beschleunigte Deindustrialisierung sei der Unfähigkeit der Ampel-Regierung und insbesondere des grünen Wirtschaftsministers Habeck geschuldet, der irrt gewaltig. Ohne der Ampel-Regierung oder Herrn Habeck die Unfähigkeit absprechen zu wollen, sehe ich mich gezwungen festzustellen, diese Deindustrialisierung ist Programm! Die Bremsung der Industrie aus Furcht vor der Kraft der industriellen Arbeiterklasse war seit Anfang der 70er Jahre, wie oben bereits kurz skizziert, Programm des Staates und des Kapitals. Ausgeglichen durch die verstärkte Teilhabe an der internationalen Ausbeutung vor allem in Asien, seit Anfang der 90er Jahre insbesondere auch der Ausbeutung Osteuropas. Besonders radikal hierin waren und sind die Grünen, bei ihnen war der Kampf gegen die Industrie von Anfang an Programmpunkt, koste es, was es wolle. Ganz gezielt haben sie den Eckpfeiler jeder modernen Industrienation angegriffen - die Energieerzeugung. Und in Deutschland hieß das, Kampf gegen Atomkraft, die modernste Art der Energieerzeugung. Mit dem Aufkommen der Klimawandel-Kampagne attackierten sie zunehmend auch Kohle, Gas und Öl. Lediglich die „erneuerbaren Energien“, Sonne, Wind und Wasser sind noch opportun. Die im Vergleich zu anderen Industrieländern doppelt und mehrfach höheren Strompreise sind eben kein Zufall, sie sind Programm. Daß ein Habeck über Subventionen der von seiner Politik geschuldeten überhöhten Strompreise an die Industrie schwadroniert, ist lächerlich und ein Hohn, weil völlig unzureichend und zeigt auch seine Ignoranz gegenüber der Bevölkerung, die nicht wenig unter den stetig steigenden Energiepreisen leidet. Ein weiterer Punkt der Grünen war von Anfang an auch der Kampf gegen die individuelle Mobilität, gegen das Auto. Heute nennt man das vornehm Mobilitätswende. Man denke nur mal an die unsägliche Waldsterbenkampagne. Kein Wunder also, wenn ihn die Massenentlassungen in der Auto- und Zulieferindustrie kalt lassen. Die einzigen Wirtschaftsbereiche, die Habeck fördern tut, sind die wirtschaftlich zerstörerische Öko- und Rüstungsindustrie. Für die Rüstungsindustrie gelten allerdings keinerlei Öko-Vorgaben. Für Panzer zum Beispiel gilt kein Verbrennerverbot, für Nachhaltigkeit und CO² Bilanz bei Kampfjets oder Kriegsschiffen ist auch noch nie die Rede gewesen. Wer meint, das sei alles doch sehr hart und ungerecht, der soll mal die folgende Frage beantworten: Wie kann es sein, daß in Zeiten von Energieknappheit und extrem hohen Energiepreisen, wegen teils selbstverschuldetem Wegfalls des Gases aus Rußland, bei der Umstellung auf doppelt so teures Flüssiggas aus den USA, bei beschlossenem Kohleausstieg auch noch die letzten verbliebenen, noch gut 20 Jahre lauffähigen Atomkraftwerke abgeschaltet wurden? Ist das Unfähigkeit oder Kalkül? Stattdessen träumt Habeck zusammen mit Scholz vom grünen Wirtschaftswunder, das ein genauso leeres Versprechen ist wie Kohls „blühende Landschaften“. Kurzum, die Grünen sind die Haupttreiber der Deindustrialisierung, insgeheim, nur selten offen, jubeln sie über ihre Erfolge darin. Abmilderungsmaßnahmen der von ihnen gewollt hohen Energiepreise sind bloße Staffage, Tropfen auf einen heißen Stein, Beruhigungspillen. Das sollte jedem klar sein, der wirkliches Interesse an günstigen Energiepreisen und am Erhalt und Ausbau der Industrie hat. Mit den Grünen ist das nicht zu machen. Im Gegenteil, ihre Liquidationspolitik muß schärfstens bekämpft werden. Doch mit SPD, CDU/CSU, FDP und der Linken sieht es hier nicht besser aus. Sie sind mittlerweile selbst so vergrünt, daß auch sie diese Liquidationspolitik seit den 90er Jahren schon aktiv mit betreiben. Ich denke da an die rot-grüne Regierung unter Schröder und Fischer, sowie an die Merkel-Regierung, die nach Fukushima den Atomausstieg aktiv voran getrieben hat. Alle stehen zum New Green Deal und zur Klimapolitik zu Lasten der Massen. Nur langsam macht sich unter einigen ihrer Vertreter die Erkenntnis breit, daß das eine ruinöse, selbstmörderische Politik ist.
Wie also kämpfen gegen die Deindustrialisierung? Man kommt nicht umhin, die Sache prinzipiell anzupacken. Es ist verlogen und heuchlerisch, wenn dieselben Leute, die die Energiepreise in die Höhe getrieben haben und weiter treiben, sich nun hinstellen, und diese nun angeblich subventionieren wollen, um die Industrie zu retten. Ebenso verlogen und heuchlerisch ist es, wenn dieselben Leute, die auf Teufel komm raus die Verbrennermotoren verbieten und alles auf die Karte E-Auto setzen, plötzlich Massenentlassungen z. B. bei VW (2) verhindern wollen. Die Massenentlassungen bei den Zulieferern wollen sie wohl gar nicht retten, da hört man wenig, viele sind jetzt schon Pleite gegangen. Das ist nicht glaubwürdig. Andersherum wird ein Schuh draus.
Forderungen nach Subventionen vom Staat, der doch diese Deindustrialisierung aktiv betreibt, laufen ins Leere und werden nichts bringen. Und selbst wenn, dann ginge das nur über eine massive Verschuldung durch die Aufhebung der Schuldenbremse, mit der gerade die Liquidatoren liebäugeln und sie händeringend fordern. Das wäre doch pervers: Schulden machen für die Liquidation der Industrie, für sozial und ökonomisch ruinöse Öko- und Aufrüstungsprogramme! Wo soll das denn hinführen? Die Zeche dafür zahlen (nicht nur) im Kapitalismus immer die Massen, über radikale Kürzungen der Löhne und Sozialleistungen und über die Inflation. Oder in einem Krieg, zu dem das Kapital greift, wenn es nicht mehr weiter weiß. Es ist sicherlich kein Zufall, daß die größten Bekämpfer der Industrie hierzulande zugleich die größten Kriegstreiber sind. Würden Schulden gemacht für den ökonomischen, sozialen und gesellschaftlichen Fortschritt, wäre das eine andere Sache. Wollen wir also die Industrie verteidigen und fördern, müssen wir die Liquidationspolitik attackieren und bekämpfen. Wir wollen keine soziale Abfederung, diese verhindert die Deindustrialisierung nicht. Wie viele Hunderttausende Jobs sind schon „sozial abgefedert“ verloren gegangen. So wie die Dinge in Deutschland nun mal liegen, bedeutet die Liquidationspolitik zu attackieren, das System zu attackieren. Das muß einem klar sein. Wir legen uns damit nicht nur mit der eigenen Bourgeoisie und deren Helfern an, sondern auch mit den internationalen Kräften, die Deutschland niederhalten wollen. Das ist nicht leicht, es erfordert Mut und Ausdauer. Es erfordert viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit. Es führt aber meiner Ansicht nach kein Weg daran vorbei. Packen wir’s an. .............................. (1) Siehe hierzu Klaus Sender: „Über den historischen Hintergrund der „grünen“ und antiindustriellen Ideologie (Geschichtliche Übersicht)“ (2) Bei VW wie auch den anderen Autokonzernen spielen allerdings die Energiekosten nicht die zentrale Rolle, wie sie es allerdings in vielen Bereichen der Industrie spielen. Das Verbrennerverbot, der Kampf gegen das Auto für die Massen spielt hier die zentrale Rolle, das Missmanagement, eine verfehlte Modellpolitik, sowie die wachsende Konkurrenz aus China sind weitere wichtige Faktoren.
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