Vorbemerkung
"Die Herausbildung der Zivilisation unter unterschiedlichen Bedingungen
der Geschichtsepoche und unter unterschiedlichen Naturbedingungen in den
verschiedenen Regionen der Erde bildet selber einen wesentlichen Bestandteil
aller gesellschaftlichen Untersuchung, so auch bei Marx und Engels. Die
Art und Weise, wie die russische revolutionäre Bewegung und Revolution
an die Frage der Zivilisation und Ihrer Entstehung gerade auch in Bezug
auf Rußland herangeht, ist von großer Tragweite und hat sich
auf ihre unmittelbare Theorie und Praxis, auf ihre Resultate ausgewirkt.
Diese Revolution aber hat bestimmende Auswirkung auf die folgenden 60-70
Jahre gehabt.
Der folgende Artikel knüpft an die Fragestellungen nach dem Entwicklungsweg
Rußlands an, auf die wir im Zusammenhang mit unserer Untersuchung
der Grundlagen immer wieder stoßen und die selbst Gegenstand vieler
Grundsatzausführungen Lenins sind.
Marx befaßte sich gegen Ende seines Lebens sehr intensiv mit
der russischen Frage und kam am Schluß zu Anschauungen, die er so
zusammenfaßte, daß die "Dorfgemeinde in Rußland" die
Quelle der sozialen Wiedergeburt Rußlands sei. Diese Dorfgemeinde
existierte noch auf Grund der besonderen historischen Bedingungen Rußlands.
Ich werde hier versuchen darzulegen, wie sich diese Feststellung in der
Gesamtheit der Lehre des Marxismus ausnimmt. Sie steht keineswegs isoliert
da.
Marx und Engels haben über die Springquellen der Kultur erheblich
andere Anschauungen als etwa Lenin und die russische Sozialdemokratie überhaupt.
Als einer der Zentralpunkte ergibt sich bei Marx, daß der Zarismus
sich vom Feudalismus des Westens qualitativ erheblich unterscheidet. Marx
und Engels heben bezüglich der Gesellschaften des Westens hervor,
daß sie die Möglichkeit zur Zivilisiertheit, zur allmählichen
Emanzipation der arbeitenden Klassen, schließlich zur Revolution
beinhalten.
Gerade das ist es, was sie für den Zarismus und auch und gerade
für die Epoche Peters I., für die Marx hervorhebt, daß
jener Rußland nur den "Firnis", den äußerlichen Anstrich,
einer Zivilisation gab, bestreiten oder zumindest in Frage stellen.
Bis heute zu Gorbatschow hin spielt diese geschichtliche Frage über
das Wesen des russischen Staates eine ganz wesentliche Rolle, sie liefert
uns ein substantielles Mittel der Erkenntnis über Rolle und Vorgehensweise
des heutigen revisionistischen, immer noch auf Expansion bedachten sozialimperialistischen
Staates, das die bisherigen Anschauungen erheblich erweitert.
Diese stützten sich auf die eigenen gesellschaftlichen Erfahrungen,
den Marxismus-Leninismus, auf die Lehren, die die Volksrepublik China unter
Mao Zedong (bis 1976) weitergeben konnte, sowie auf die eigene Analyse,
die an all dies unmittelbar anknüpfte.
Ich werde mich bei meinen Darlegungen maßgeblich auf Marx sowie
auf Engels stützen, sie rekapitulieren und dabei durch Zitate ausgiebig
zu Wort kommen lassen. Dies ist um so berechtigter, als Lenin selbst diese
als seine Voraussetzung annimmt. Diese Lehren weisen aber auch nach heutigen
Maßstäben ein ganz außerordentliches Maß an Geschlossenheit
auf. Der Artikel setzt im großen und ganzen elementare Kenntnisse
über die gesellschaftliche Entwicklung, über die Rolle der Produktivkräfte,
der Revolutionen, des Überbaus und des Staates voraus. Auf jeden Fall
ist Engels´ alte Grundlagenarbeit "Der Ursprung der Familie, des
Privateigentums und des Staats" als Begleittext zu empfehlen.
Der Artikel knüpft auch an Feststellungen an, die ich in meiner
Artikelfolge "Lenins Stellung zu Alexander I. Herzen" (Kapitel VII und
IX) getroffen habe."
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