Die
Bedeutung des sogenannten Konsenses über die Stillegung der Kernenergie
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-----------------------------------------------Memorandum Hartmut Dicke,
Gruppe Neue Einheit 7. Juli 2000
Dieser sogenannte "Konsens" ist nicht etwa eine völlig neue Richtung, die in der Gesellschaft auftritt. Er ist vielmehr eine Fortschreibung dessen, was schon seit über 20 Jahren die Politik auf diesem Sektor beherrscht hat. Noch einmal grundsätzlich, warum kommt es eigentlich in dieser Frage zu solchen Auseinandersetzungen in diesem Land? Die Kernenergie stellt etwas prinzipiell Neues dar, dessen Bedeutung sich z.B. anhand des Vergleichs mit der Sonnenenergie beschreiben läßt. Die Gewinnung von Sonnenenergie ist
eine Form, wie Energie, die im Weltall existiert, gesammelt, akkumuliert
und dann für den Verbrauch freigegeben wird. Die Energieform Atomenergie
kommt aus der Beherrschung der Materie und stellt damit die bisher höchste
Steigerung der menschlichen Fähigkeit im Umgang mit der Natur dar.
Diese Beherschung der Materie, die in der Kernspaltung, in den Materie-Energie-Umwandlungsprozessen
sich betätigt, ändert das gesamte Bewußtsein der Menschen.
Der Mensch wird Herr der Materie, ist nicht nur mehr Empfänger oder
Sammler von bestimmter Materie oder allenfalls noch der, wie in der Chemie,
der Moleküle, die aus verschiedenen Teilen der Materie bestehen, auseinanderreißt
und neu zusammensetzt, sondern er ist hier innerhalb der Materie- und Energieprozesse
selbst aktiv. Das stellt eine Steigerung der menschlichen Tätigkeit
gegenüber allen vorherigen Formen der Energie- und Materiebeherrschung
dar. Das sprengt den Rahmen kleinbürgerlicher und früherer bürgerlicher
Konstellationen vollkommen. Nur die hochorganisierten Kapitalformen und
der Sozialismus sind fähig, überhaupt mit solchen Sachen umzugehen.
Von daher ist es verständlich, dass alle altertümlichen Klassen
sich gegen diese Sache wehren. Hierin liegt der Kern des Widerstandes gegen
die Kernenergie, der zugleich aus einer größeren Zahl konkreter
politischer Widersprüche gespeist wird, wie dem Hegemoniestreben bestimmter
Mächte.
Diese Vereinbarung der Stillegung
heißt, dass wir diesen ganzen neuen Ast der menschlichen Beherrschung
der Natur auf das "Abklinggleis" stellen, es wird gesagt, das machen wir
jetzt noch, aber das wird in Zukunft nicht mehr gemacht werden, der Mensch
wird also diese Stufe der Erkenntnis, die er hat, wieder rückgängig
machen. Wenn die Anwendung verboten wird, wenn sich die Praxis dieser Sache
nicht entwickeln kann, wird auch die Erkenntnis sich zwangsläufig
zurückentwickeln - immer vorausgesetzt, dieser Beschluß würde
in die Tat umgesetzt.
Wie die Anti-KKW-Bewegung in Deutschland zustande gebracht wurde und sich entwickelt hat Seit Herbst 1974 gibt es eine aktive größere Bewegung auf diesem Gebiet. Dies war das Jahr, in dem es auch seit langem zum ersten Mal wieder eine größere Arbeitslosigkeit gab, nachdem in den Jahren zuvor unter der Mehrzahl der Deutschen, nicht zuletzt auf Grund der damals millionenfach neuangestellten ausländischen Arbeiter in fast allen Produktionszweigen, die Anhebung der Position erfolgt war. Sie trat mit der Kampagne um Wyhl an die Öffentlichkeit, massiv von den Medien geschürt, und forderte zu einem Teil anfangs, dass eine Anlage nicht an einer bestimmten Stelle gebaut werden sollte, sondern woanders, um sich schließlich gegen die gesamte Kernenergie zu richten. Schon Mitte der siebziger Jahre wurde allen Ernstes das Ziel verfolgt, die gesamte Kernenergie, die seitdem in Deutschland unendliche Mengen an Megawatt produziert hat, stillzulegen und quasi zu verbieten. Aus den Fortsetzern sogenannter "revolutionärer
Linker" im Verein mit sogenannten "Wertkonservativen" wurde eine "Bewegung"
gebastelt. Gestützt auf bestimmte Presseorgane wie "Spiegel", "Zeit",
"Süddeutsche Zeitung", "Frankfurter Rundschau", beide staatlichen
Fernsehanstalten, sogenannte "linke SPD", sogenannte "DKP", mit Unterstützung
der damaligen DDR-Führung und der damaligen sowjetischen Führung,
die auf ihrem eigenen Territorium die Kernenergie ausbaute, und mit der
Unterstützung gewisser finanzkapitalistischer Kreise in den USA wurde
diese Bewegung angefacht und in Deutschland zu einem tatsächlichen
politischen Machtfaktor gemacht.
Trotzdem war der Widerstand der ökonomischen
Basis gegen dieses politische "Machtkartell" so groß, dass sie es
niemals geschafft haben, die bestehende Kernenergie zu sabotieren und abzuschalten.
Aber es gelang ihnen, gerade während der achtziger Jahre, die Kernenergie
dann doch zum Stillstand zu bringen. Seitdem wurde kein einziges neues
Kernkraftwerk mehr gebaut, und auch die CDU hat niemals eine wirklich offene
Sprache über diese Bewegung und ihren Charakter geführt, wenngleich
sie auch niemals die Kernenergie vollkommen abgeschrieben hat.
Eine der Ursachen, warum es niemals gelang, diese Anti-Atom-Bewegung, in der die Zahl der beteiligten Aktivisten sehr stark fluktuierte und zeitweilig auf ein minimales Rinnsal zurückging, das aber trotzdem in der Presse und im Fernsehen, in der ARD, eine große Unterstützung hatte, in ihrem Kern anzugreifen, war die folgende: sie hat etwas zu tun mit der politischen Konstellation, in der die Bundesrepublik Deutschland selbst sich befindet. Sie hat damit etwas zu tun, dass durch die Kernenergie, würde sie zum Beispiel in Europa komplett angewandt, der politischen Druck über die Frage der Ölversorgung, der einer der Haupthebel der weltweiten Macht der USA ist, aber auch in früheren Zeiten einer der Sowjetunion und Rußlands war, ins Wanken geraten würde. Darüberhinaus verschafft die Atomenergie unter Umständen ein gewisses Potential, das auch zur kriegsmäßigen Anwendung dienen könnte, und damit das Monopol der beiden großen atomaren Mächte durchbrechen könnte. Dies sind die wirklichen Gründe für diese Kampagne, einmal abgesehen von dem grundsätzlichen Aspekt, den ich ganz vorne erwähnt habe. Bereits Ende der siebziger Jahre wurde der "Schnelle Brüter" in Nordrhein-Westfalen mit allen Mitteln bekämpft. Der Hochtemperaturreaktor, dessen Prototyp in Hamm-Uentrop stand, wurde von der SPD schließlich in fanatisierter Weise sogar abgeschaltet und kurz darauf die Technologie der damaligen Sowjetunion zum Kauf angeboten. Gerade was den Fall des Hochtemperaturreaktors betrifft, so muß man direkt von antiindustriellem Vandalismus der SPD in Nordrhein-Westfalen reden, die nach der Entscheidung sofort, damit nichts mehr rückgängig gemacht werden kann, Teile dieser Anlage zerstören ließ. Bis in die neunziger Jahre gab es immer noch Bestrebungen die Kernenergie auch mit erneuerten Projekten fortzuführen. Im Jahre 1989 wurde nach längerem Hin und Her, ohne dass eine nennenswerte Kampagne gegen die Wiederaufarbeitung existierte, für den äußeren Beobachter wie aus heiterem Himmel, die Konzeption der Wiederaufarbeitung aufgegeben, unter der Wortführerschaft des damaligen Veba-Vorsitzenden Bennigsen-Foerder. Einige Zeit später konnte man ahnen, was sich im April 1989 im Hintergrund zugetragen hatte, als diese Entscheidung gefällt wurde. Man muß vermuten, dass diese Entscheidung im Vorfeld der deutschen Einigung getroffen wurde. Obwohl die konkrete Ausgestaltung der deutschen Einheit zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar war, war doch klar, dass das Honecker-Regime gestürzt werden sollte und ein irgendwie konföderiertes Deutschland, in welcher Form auch immer, entstehen sollte. Offenbar gehörte die plötzliche Beendigung der Wiederaufarbeitung zu dem Paket, das in den internationalen Verhandlungen um diese Frage vereinbart worden war, und offenbar glaubte die deutsche Industrie und Bourgeoisie, dass, wenn sie diese Konzession macht, sie die übrige Kernenergie ja behält und dann später wieder an die Entwicklung anknüpfen kann. Dies erweist sich jetzt als eine typische Fehlkalkulation. Aus dem ständigen ausschließlichen Beibehalten des Status quo entwickelt sich immer ein Status quo minus. Während der neunziger Jahre
wurden nun ganz besonders die notwendigen Transporte zur Endlagerung und
zu den ausländischen Wiederaufarbeitungsanlagen in Sellafield oder
in der Bretagne durch die Angriffe gegen die Castortransporte behindert,
wobei diese Transporte als eine umfassende Gefahr für das ganze Land
hingestellt wurden, als das Kernproblem, mit Aufmärschen, die direkt
von der ARD mit beobachtet wurden, bei denen ein riesiges Polizeiaufgebot
alleine schon für eine Attraktion sorgte. Man hat später gesehen,
dass die gleiche Bewegung. ohne mit der Wimper zu zucken, den Krieg von
seiten der NATO gegen Jugoslawien akzeptierte und, ohne mit der Wimper
zu zucken, die Verwendung von Uranmunition (depleted uranium) akzeptierte.
Man kann allerdings nicht davon sprechen, dass diese Politik nur das Ergebnis bestimmter Parteien ist, die sich außerdem in der damaligen Zeit in der Opposition befanden. Immer hat auch die CDU selbst eine zweifelhafte Rolle gespielt und bis zu einem gewissen Grade das ganze Spiel mitgemacht, d.h. das gesamte System der Bundesrepublik, CDU und FDP eingeschlossen, hat eine höchst zweifelhafte Rolle gespielt. Sie hätten zur damaligen Zeit Einfluß genug gehabt, dieser Anti-AKW-Bewegung die Gräten zu brechen und den politischen Hintergrund aufzuzeigen. Aber die CDU und die FDP sind ja selbst an die ganze Bundesrepublik und ihren Werdegang aus der USA-Hegemonie heraus geknüpft, und ihnen sind bei ihrer Politik gegenüber diesen Kräften, die innerhalb der Bundesrepublik dies betreiben, Grenzen gesetzt. Und diese Grenzen, diese ständige
Notwendigkeit der Aufrechterhaltung des Status quo in dieser Frage, die
auch von der CDU beachtet worden ist, kann eben dazu führen, dass
dieses Land fundamentale Rückschläge erleidet, ja aus einer Vielzahl
von Fragen heraus selbst existenziell in Frage gestellt wird. Man denke
einmal an die Bevölkerungsfrage, an die wahre Katastrophe der deutschen
Nation, die mit diesem ganzen Regime heutzutage verbunden ist.
Die Vorbereitung des Stillstandes bereits 1997 Kehren wir zurück zur Frage der Kernenergie und ihrer weiteren Entwicklung. Bereits im Frühjahr 1997 kam es zu zahlreichen Gerüchten über "Geheimverhandlungen über Kernenergie" (FAZ, 10.2.1997), zwischen der SPD und der CDU wurden offenbar gewisse "Kompromisse" ausgehandelt. Hier erfahren wir bereits von "Konsensgesprächen", in denen die Option Kernkraft irgendwie offen gehalten wurde, aber auf eine Weiterentwicklung wird verzichtet. Die Konzessionen, die die CDU in Richtung SPD machte, in pcto. Kohlesubvention, liefen darauf hinaus, das Kernenergiekonzept mit einem eingeschränkten Entsorgungskonzept zu koppeln, mit einigen nur noch vagen Versprechungen, dass ein neuer Reaktortypus geschaffen werde. Aus dem FAZ-Artikel: Eine Woche später, am 17.2.97, finden wir den folgenden sehr treffenden Kurzkommentar in der FAZ: hal. Für Kernkraft in Deutschland sieht es schlechter aus als für deutsche Kohle. Während die große Demonstration im Ruhrgebiet für den Bergbau ihre politischen Wirkungen nicht verfehlen wird, regt sich für die Kernenergie keine Hand. Der jüngste bekanntgewordene Entwurf für einen Energiekonsens, demzufolge richtungsweisende Entscheidungen zur Kernkraft erst im Jahre 2005 fallen sollen, spielt auf Zeit; de facto bedeutet er das Ende für eine Energieform, die in Deutschland auf höchstes technisches Niveau entwickelt worden ist und die inzwischen in der ganzen Welt zunehmend Anerkennung findet. Die Koalition sollte die weiteren Milliarden-Subventionen, die sie wider alle Vernunft in die Steinkohle stecken wird, wenigstens von der Zustimmung der Opposition abhängig machen, die Kernenergie nicht länger zu blockieren. Doch dazu fehlt nach Jahren politischen Gezerres offenbar die Kraft. Die Koalition mag argumentieren, dass sie in der Streitfrage der atomaren Endlagerung weitergekommen sei. Schließlich solle Gorleben vorsichtig weiter erforscht, und die atomaren Zwischenlager sollen auch in Zukunft - eingeschränkt - genutzt werden. Doch die Stromwirtschaft signalisiert, dass ihr Interesse an der Kernkraft angesichts der politischen Umstände allmählich erlahmt. Damit kommt der Abschied einer weiteren Technik aus Deutschland näher. In der Energiepolitik gehört die Zukunft offenbar der Vergangenheit." Kurz bevor Schröder im Frühjahr
1998 als zukünftiger Bundeskanzler hofiert wurde, z.B. von der Bildzeitung
oder von anderen Medien, erklärte er in der Öffentlichkeit, dass
er auch ein offenes Ohr für die Kernenergie habe. Diese Schönfärberei
diente nur dazu, den Leuten, die gern gegenüber der Regierung Kohl
eine Erneuerung gehabt hätten, aber keine antiindustrielle Ausstiegspolitik
wie etwa die Grünen vertreten, die Augen zu verkleistern. Allerdings
konnte nur jemand, der leichtgläubig ist, etwas Derartiges annehmen,
denn die Schröder-Regierung war ja diejenige, die von Anfang an auf
die Koalition mit den Grünen zuging, infolgedessen die Demontagepolitik
gegenüber der Kernenergie im Rucksack hatte.
Wie konnte der jetzige sogenannte "Konsens" gegenüber den Elektrizitätsunternehmen durchgesetzt werden? Mit dem Regierungsantritt der Regierung Schröder entsteht eine Konfrontation zwischen dieser Regierung, die in ihrer Koalitionsvereinbarung die Stillegung der Kernenergie festgeschrieben hat, und den Konzernen, die mit der Kernkraft einen erheblichen Teil der Stromproduktion bestreiten. Die Vernichtung der Kernenergie wurde in dem Koalitionsvertrag festgeschrieben, zugleich erklärte z.B. Otto Majewski, Vorstandsvorsitzender des zum Energiekonzern Viag gehörenden Bayernwerks in München, lt. dem Bericht der FAZ v. 2.10.98: "Würden die Kraftwerke vorzeitig abgeschaltet, stünden den Betreibern Entschädigungszahlungen von mehr als 100 Milliarden DM zu." Dabei wird die Zerstörung der
Kernenergie durchaus als eine Katastrophe gesehen und beschrieben. Als
die SPD-grüne Regierung die Konzerne unter Druck setzte, endlich dieser
in die Länge gezogenen Stillegung zuzustimmen, hatten sie noch beträchtliche
Trümpfe in der Hand, da die rechtlichen Grundlagen für eine solche
Schließung keineswegs sicher sind, und da ein Anti-Kernenergie-Gesetz
auch im Bundesrat genügend Zustimmung finden müßte und
somit die sog. rot-grüne Regierung an ihrem Vorhaben hätte gehindert
werden können. Dies gilt erst recht unter Bedingungen, wo durch die
steigenden Preise und die Verschlechterung der sozialen Lage, durch die
Abnutzung der pseudo-sozialen Demagogie die Positionen der sog. rot-grünen
Regierung immer schlechter werden und die Anhängerschaft der Anti-Atom-Bewegung
stark zusammengeschmolzen ist. Bei einer entsprechenden gewissen Standhaftigkeit
hätte dies also durchgesetzt werden können. Dass man diese aber
vergeblich sucht, hat etwas damit zu tun, dass hier die Gesamtinteressen
des Kapitals als vorrangig angesehen werden. Eine solche Stellung hätte
die sog. rot-grüne Koalition ernsthaft erschüttert, wenn nicht
zu Fall gebracht, und sie wird gegenwärtig von den ausschlaggebendsten
Teilen des Kapitals auch in Deutschland selbst als der erste Ordnungsfaktor
angesehen. Hier erweist sich das Kapital, das die Kernenergie betreibt,
als Teil des Gesamtkapitals. Man ist bereit, die Zukunft dieser Industrie
potentiell in den Schornstein zu schreiben, nur damit die Gesamtinteressen
- vermeintlich - gewahrt werden.
Zwei wesentliche Faktoren zur Durchsetzung dieses "Konsenses" Zum einen ist hier das allgemeine Konzept der Schröder-Regierung zu erwähnen, die deutsche Gesellschaft überhaupt in eine einzige "Dienstleistungsgesellschaft" umzuwandeln, in der die "klassische" Produktion auf ein kleines Restglied vermindert wird, noch viel kleiner, als es im Laufe der letzten 25 Jahre schon geworden ist, wo angeblich das Geld nur noch über die sogenannten "Neuen Technologien" verdient wird. Angeblich könne die deutsche Industrie sehr stark von E-Commerce, von den neuen Internettechniken, von neuen Biotechniken leben, aber natürlich auch von den vor allem dominanten Finanzgeschäften, die im Grunde aus notwendigen und nicht notwendige Finanztransaktionen bestehen, die im internationalen kapitalistischen Geschäft benötigt werden. Europa als ein vorwiegendes Finanzzentrum, das ist schon seit langem der Traum einiger Leute, und da braucht man natürlich auch im Lande keine Kernenergie, überhaupt keinen technischen Fortschritt. Man will diejenigen Quellen, die in der Vergangenheit soziale Unruhe erzeugt haben, allerdings auch der Motor des Fortschritts waren, bändigen, um die kapitalistische Ausbeutung um so brutaler, um so unmittelbarer in anderen Teilen der Welt zu praktizieren. Dies ist der Entwicklungstrend der ganzen neunziger Jahre. Dass dies ein gefährliches Spiel ist, ist auch vielen bürgerlichen Ökonomen klar. Viele sprechen von "Seifenblasenökonomie" und von Firmen, bei denen bisher nur die Erwartungen von ökonomischem Erfolg bestehen, aber noch kein Beweis, dass dieser Erfolg tatsächlich eintritt. Zudem ist diese Entwicklung ein Bruch mit über tausendjähriger Produktionskultur in diesem Land, ein Verbrechen größten Ausmaßes gegenüber den Werktätigen in diesem Land, in einer besonderen Weise gegenüber der Arbeiterschaft, die sich in den letzten 200 Jahren herausgebildet hat. Tatsächlich sind in den letzten 20-25 Jahren wahrscheinlich 40 bis 60 % der industriellen Arbeitsplätze abgeschafft worden, wenn nicht mehr, verbunden mit einer nicht zu nennenden Zahl von Schicksalen frühzeitiger Arbeitslosigkeit, Abschiebung aufs Rentengleis, Aussichtslosigkeit eines Teils der Jugend und deren Irreleitung, Zerstörung kreativer Potenzen in jeder Menge, Behinderung von wissenschaftlicher Entfaltung, die dann schließlich zu schweren wirtschaftlichen Rückschlägen führt und irgendwelche sogenannten "Green-Card-Lösungen" notwendig macht, der Heranziehung und Wieder-Abschiebung ausländischer Arbeiter und mit der aktiven Duldung der islamisch fundamentalistischen und separatistischen Kultur in den siebziger Jahren, verbunden mit der Zerstörung der gesamten Sozialstruktur in diesem Land -- letztlich aus dem Ziel heraus, die früher homogene Arbeiterklasse, die diesem Land das Gepräge gab, in ihrer Substanz und in ihrem Rückenmark zu brechen. Dazu muß man allerdings sagen, dass dieser ganze Vorgang, dieser ganze Prozeß von der sogenannten "Linken", von sogenannten "Marxisten" unterstützt worden ist, die die ganze Frage der Produktionsverlagerungen und der Verschiebungen in der Industrie, die strukturellen Umbrüche praktisch aus ihrer Propaganda herausgestrichen haben und sich als Ideologen gesellschaftlicher Ignoranz von bisher unbekanntem Stile erwiesen haben. Die Propaganda dieser rot-grünen
Koalition läuft darauf hinaus, die Kernenergie als etwas gar nicht
mehr Notwendiges, Altertümliches zu bezeichnen, man käme hier
mit neuen Windgeneratoren und Sonnenkollektoren aus, wozu brauche man auch
solch eine umfassende industrielle Energiegewinnung, usf. Das ist eine
Auffassung, die selbst gegenüber der Entwicklung des internationalen
Kapitalismus absticht, denn die Kernenergie hat in den neunziger Jahren
kräftig zugelegt und sie wird weiter zulegen, es gibt Dutzende von
Kernenergieprojekten auf der Welt, und der Anteil des Kernstroms wird weiter
steigen. In den USA werden angesichts ökonomischer Notwendigkeiten
Überlegungen angestellt, die Kernenergie, möglichst ungefährlich
für die atomare Vorherrschaft der USA, zur zivilen Nutzung weiterhin
zu fördern und zwar weltweit, insbesondere in den sog. emerging markets.
Die erlaubten Fusionen im Zusammenhang mit dem Konsens Zum anderen aber gibt es einen sehr konkreten Schachzug, der diesem Konsens endgültig die Basis zur Durchsetzung gegeben hat. Seit dem Amtsantritt der neuen Regierung
im Herbst 98 arbeitet sie zugleich massiv der sog. Liberalisierung auf
dem Strommarkt entgegen und spricht einer weiteren Konzentration der Energieunternehmen
in Deutschland das Wort. Man schaue hier zweimal hin: eine Regierung unter
Beteiligung der Grünen, die früher öfter das Monopol der
Stromerzeuger als eines der maßgeblichen Übel angegriffen haben,
arbeitet auf eine weitere Konzentration dieser Stromerzeuger hin. Der Wirtschaftsminister
dieser Regierung, Müller, ein früherer Manager des VEBA-Konzerns,
arbeitet seit ca. einem Jahr daran, diese sog. Ausstiegsbeschlüsse
der Regierung mit einer Genehmigung für den Zusammenschluß der
vier größten Energiekonzerne zu zwei Konzernen zu verbinden.
Schon im Januar dieses Jahres 2000 wurde bekannt, dass Müller gleichzeitig
mit den sog. Atomausstieg die Verschmelzung des VEBA-Konzerns (Nordrhein-Westfalen)
mit der VIAG (Bayern), und des RWE und der VEW betreibt. Diese zwei entstehenden
neuen Riesenkonzerne, insbesondere der neue EON (so heißt die vereinigte
VEBA/VIAG), sind ein Produkt dieses Abkommens, des sog. Konsenses. Im Klartext:
diese Regierung köderte die EVU-Unternehmen, dem Konsens zuzustimmen,
wenn sie zugleich sich mit einem marktbeherrschenden Energieduopol absichern
können, den Fall der Strompreise bremsen können, die Monopolpreise,
die in Deutschland sowieso extrem hoch sind und die gesamte Ökonomie
behindern, weiterhin aufrecht erhalten können. Diese Kombination gab
den EVUs den lukrativen Unterbau.
Es ist eine Politik, die in ihrer
Substanz vor allem die Bürokratie fördert, die jetzt, ganz nach
dem Sinn aller Öko-Ideologen, der Kernenergie Quoten zuteilt. Ein
Kernkraftwerk soll nicht solange produzieren, bis es technisch und wirtschaftlich
keinen Sinn mehr macht, weil es veraltet ist, sondern "darf" nur noch gemäß
bürokratischer Abmachung eine bestimmte Strommenge produzieren. Die
Bürokratie wir nicht abgebaut sondern verstärkt, die technische
Entwicklung nach deren Wünschen eingeengt.Damit werden die Strukturen,
ähnlich denen, wie sie in Nordrhein-Westfalen als berüchtigte
Stillstandstrukturen vorhanden sind, gefestigt und auf das gesamte Bundesgebiet
übertragen.
Es gehört zu den Perversitäten
dieses Beschlusses, dass sich hinterher grüne Vertreter hinstellen
und sagen, dass nun Deutschland eine Voranreiterrolle übernommen habe,
da in einem großen Industrieland es gelungen sei, die Kernenergie
auf einen prinzipiellen Stopp zu bringen, und dass man nun neue, moderne
Energieerzeuger, gemeint sind vor allen Dingen Windgeneratoren, fördern
wolle. Es ist völlig unklar, was an die Stelle der Kernenergie treten
kann. Man muß hier an Schweden erinnern, das vor zwanzig Jahren,
in einer wahren Schwindelabstimmung, bei der es keine Möglichkeit
gab, für die Kernenergie abzustimmen, erreicht hat, dass die Kernenergie
auf "avvekla", auf Abwickeln, gestellt wurde. Aber inzwischen hat sich
die Realität stärker durchgesetzt, und obwohl ein Reaktor in
Barsebäck gegen den Widerstand zahlreicher Arbeiter und Angestellter
abgeschaltet worden ist, und zwar ausschließlich aus politischen,
aus sog. symbolischen Gründen, sollen die übrigen Kernkraftwerke
noch lange, lange laufen, und man nimmt nach neuen Berichten weiter Abstand
von dem Kernkraftausstieg.
Der sog. Konsens ist eine wackelige Konstruktion, deren rechtliche und ökonomische Grundlagen mehr als unklar sind Eine Regierung beschließt zusammen
mit bestimmten Konzernen den Ausstieg. Was passiert aber eigentlich, wenn
ein neuer Konzern entsteht, der Kernkraft aufbauen will? Außerdem
gibt es stromerzeugende Konzerne, die an diesem Konsens gar nicht beteiligt
waren, auch sie könnten weiterhin Kernenergie aufbauen und betreiben.
Aber diese Regierung vertraut darauf, dass sie zusammen mit den Konzernen,
die dies unterzeichnet haben, über genügend Einfluß verfügt,
dass das praktisch nicht realisierbar ist. Zudem wird geplant, in einem
Atomgesetz das Verbot des Ausbaus und der Neuentwicklung von Kernenergie
zu betreiben.
Die CDU hat sofort nach Bekanntwerden dieses sog. Konsenses erklärt, sollte sie an die Regierung kommen, werde dieser Beschluß wieder revidiert werden. Na hoffentlich! Es wird sich zeigen. Es wird auch nicht ausreichen, nur diesen Konsens aufzuheben, es muß die ganze Vergangenheit dran, die ganze Diffamierung durch die Medien, Kirchen und andere öffentliche Institutionen, die auch mit der CDU/CSU enge Bindungen haben, in denen die CDU/CSU eine starke Mitwirkung hat. Diese Partei hat immer nur partiell die Kernenergie verteidigt, die prinzipiellen Fragen umgangen, und aus den Kreisen des CDU-"Wertkonservativismus" ist die Anti-Kernenergie-Strömung ursprünglich gekommen. Verschiedene Verlautbarungen, die
die CDU in der Vergangenheit gemacht hat, und auch die konkrete Politik
in den sechzehn Jahren zuvor lassen Zweifel an diesem Vorhaben aufkommen.Vielleicht
aber wird ja die konkrete Entwicklung zu einem derartigen Umbruch nach
hinten führen, dass auch bei der CDU einiges Nachdenken ausgelöst
wird, dass die Kompromisse, die man in der Vergangenheit immer wieder mit
Rücksicht auf politische Konstellationen gemacht hat, letztlich nur
die Demontage verschärfen und damit die Katastrophe vertiefen. Das
wird abzuwarten sein.
Der Präsident des deutschen Atomforums, Otto Majewski, der urprünglich einen solchen Konsens ausgeschlossen hat, ist heute unter denjenigen zu zitieren, die diesen "Konsens" unterzeichnet haben: Ob sie aber die weitere Ruhe im Lande haben werden, das ist noch sehr die Frage (eine Ruhe der Zerstörung der Arbeitstätten für Hunderttausende). Wer sagt denn, dass nicht die nächste Gelegenheit benutzt wird, wenn es politisch opportun ist, diesen Streit wieder von vorne anzufangen, um die Kernenegie weiter unter Druck zu setzen? Es wird viel darüber spekuliert, dass dieser Beschluß sowieso nicht durchzuhalten sei. Wenn man aber der Ansicht ist, dass in zwei Jahren sowieso diese Regierung nicht mehr existiert, dann stellt sich doch die Frage, weshalb man dann überhaupt ein solches Abkommen unterzeichnet. Ein solches Abkommen weckt Hoffnungen auf weitere Aktivitäten in dieser Richtung. Man sollte daran erinnern, dass die Internetseite des Wall-Street-Journal, msnbc, am Tage des Abschlusses dieses Abkommens mit dem Artikel hervortrat: "Germany to eliminate nuke plants", in dem dieser Beschluß Deutschlands als Vorbild für die übrige Welt hingestellt wird. Solch eine Entscheidung setzt immer Maßstäbe. Man kann es drehen und wenden wie man will, es ist letztlich ein Resultat, das aus der inneren politischen Struktur der Bundesrepublik selbst kommt. Allerdings wird im weiteren an der gesamten Politik der Bundesregierung, an ihrer sozialen Politik, die schlimmer ist als die der vorherigen konservativen Regierung, deutlich, dass der Kampf gegen diese Regierung jetzt unvermeidlich wird und in der ganzen Schärfe zu entfachen ist. __________________________
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