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      D. N. A I D I T 
        Die indonesische Gesellschaft  
        und die 
        indonesische Revolution 
        Grundfragen der indonesischen Revolution 
       
      
       
       
      Vorbemerkung 
      Kennen wir Indonesien? Kennen wir das Wesen seiner Geschichte, seiner 
        Gesellschaft, seiner Menschen, seiner Revolution? Lange Zeit befanden 
        sich die meisten von uns in der eigenartigen Lage, mehr über den 
        Westen als über Indonesien, mehr über die Revolutionen anderer 
        Länder als über unsere eigene Revolution zu wissen. 
        Die Kommunistische Partei Indonesiens ist sich nicht erst seit heute dieses 
        unnatürlichen Zustandes bewußt. Sie bemüht sich seit längerer 
        Zeit, Abhilfe zu schaffen, das heißt, die Söhne und Töchter 
        Indonesiens mit ihrer eigenen Gesellschaft, die indonesischen Revolutionäre 
        mit ihrer eigenen Revolution vertraut zu machen. Alle Dokumente, Berichte 
        und Beschlüsse unserer Partei sind bereits Schritte in dieser Richtung. 
        So wurde auch im Juli 1957 dem 5. Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen 
        Partei Indonesiens der Entwurf eines Lehrbüchleins mit dem Titel 
        „Die indonesische Gesellschaft und die indonesische Revolution“ 
        vorgelegt, eine Arbeit, die Indonesien mit sich selbst bekannt macht. 
        Dieses vom Genossen Aidit geschriebene Büchlein ist für das 
        Studium an der Zentralen Parteischule und an den Provinzparteischulen 
        bestimmt. Es wurde vom Plenum der Partei im Beschluß über die 
        Arbeit „Grundfragen der indonesischen Revolution“ gebilligt. 
        Wir veröffentlichen diese Arbeit mit der Überzeugung, daß 
        sie nicht nur für die Erziehung der revolutionären Kader, sondern 
        für die Entwicklung der revolutionären Bewegung selbst von größter 
        Bedeutung sein wird. 
      Abteilung für Agitation und Propaganda  
        beim Zentralkomitee der Kommunistischen Partei 
        Indonesiens 
      Djakarta, November 1957  
      
        
        Einleitung 
      Der V. Parteitag der Kommunistischen Partei Indonesiens im März 
        1954 gab Antwort auf alle grundlegenden Fragen der indonesischen Revolution. 
        Aber es gibt immer noch viele Mitglieder der Partei, die nicht völlig 
        verstanden haben, was mit den „grundlegenden Fragen der indonesischen 
        Revolution“ gemeint ist. 
        Es ist wichtig, die Grundfragen der indonesischen Revolution zu kennen. 
        Die Grundfragen der indonesischen Revolution kennen heißt ihre Aufgaben 
        und Ziele kennen, heißt die Kräfte kennen, die sie vorwärtstreiben, 
        heißt ihren Charakter und ihre Perspektiven kennen. Um die Grundfragen 
        der indonesischen Revolution zu verstehen, müssen wir aber zunächst 
        die indonesische Gesellschaft kennen. 
      
      
      Indonesien und seine Gesellschaft 
      Die geographische Lage Indonesiens 
        Indonesien ist ein Archipel, der aus Tausenden von kleinen und großen 
        Inseln mit einer Gesamtoberfläche von fast zwei Millionen Quadratkilometern 
        besteht. Das Gebiet Indonesiens ist etwa 57mal so groß wie Holland, 
        5mal so groß wie Japan, 3½ mal so groß wie Frankreich 
        und doppelt so groß wie Pakistan. Indonesien hat fünf Hauptinseln: 
        Java, Sumatra, Kalimantan (Borneo), Sulawesi (Celebes) und West-Irian 
        (West-Neuguinea). Die Entfernung zwischen dem östlichsten und dem 
        westlichsten Punkt Indonesiens ist fast so groß wie die Entfernung 
        zwischen der Ostküste und der Westküste der Vereinigten Staaten 
        oder etwa die Entfernung zwischen dem Kaukasus und England. 
        Indonesien ist von drei Ozeanen umgeben, dem Stillen Ozean, dem Indischen 
        Ozean und dem Südchinesischen Meer. Es bildet eine Brücke zwischen 
        dem asiatischen und dem australischen Kontinent. Es ist also leicht verständlich, 
        warum Indonesien seit Tausenden von Jahren bis zum heutigen Tag eine wichtige 
        Rolle im Weltverkehr, in der Weltwirtschaft und Weltpolitik spielt. 
        Da Indonesien am Äquator liegt, ist sein Klima tropisch. Die Durchschnittstemperatur 
        liegt bei 26 Grad (Djakarta hat eine Durchschnittstemperatur von 26,4 
        Grad, Bandung 22,6, Semarang 26,9, Ambon 27,2). Indonesien hat als tropisches 
        Land nur zwei Jahreszeiten, die Trockenzeit von März bis September 
        und die Regenzeit von September bis März. Die Niederschläge 
        sind in den verschiedenen Teilen des Landes unterschiedlich stark. 
        Die indonesischen Inseln sind überaus fruchtbar. Java gehört 
        zu den fruchtbarsten Gebieten der Welt. Deshalb werden hier seit undenklichen 
        Zeiten die verschiedensten Kulturen, vor allem Reis, angebaut. Indonesien 
        ist reich an Gebirgen, Tälern und Schluchten, Flüssen und Wasserfällen. 
        Der indonesische Boden birgt vielfältige Bodenschätze, und die 
        indonesischen Meere sind voller Reichtümer. In diesem fruchtbaren 
        und reichen Land, das mit seinen Meeren und Flüssen beste Verkehrsmöglichkeiten 
        bietet, lebten und entwickelten sich die Vorfahren des indonesischen Volkes. 
        Seinem Territorium und auch seiner Bevölkerungszahl nach gehört 
        Indonesien zu den großen Ländern der Welt. Daß es ein 
        reiches Land ist und daß es mit seinen Inseln zwei Kontinente verbindet 
        und von drei Ozeanen umspült wird, hat für das heutige Indonesien 
        sowohl Vorteile als auch Nachteile. 
        Indonesien hat eine vorteilhafte geographische Lage, weil es nicht von 
        der Welt isoliert werden kann. Es hat alle Voraussetzungen für einen 
        starken Fremdenverkehr. Die Möglichkeiten der Schiffsverbindung im 
        eigenen Lande und mit der Außenwelt sind unbegrenzt. 
        Auf der anderen Seite aber wird es Indonesien, nur wenn es stark ist, 
        gelingen, dem Druck der Invasoren zu widerstehen, die das unermeßlich 
        reiche Land beherrschen wollen. Die ausgedehnten Küsten sind nicht 
        leicht gegen ausländische militärische Aggressionen zu verteidigen 
        und vor Schmugglern zu schützen. 
        Die Erfahrungen der Augustrevolution 1945 lehren uns, daß der Partisanenkrieg 
        für die Verteidigung der indonesischen Souveränität eine 
        wichtige Rolle spielt, doch sind in Indonesien nicht alle notwendigen 
        Voraussetzungen für den Partisanenkampf gegeben. Es gibt nicht genügend 
        ausgedehnte bevölkerte Landstrecken, es sind nicht genügend 
        große Gebirgsgegenden und Wälder vorhanden, die weit genug 
        von den Städten und Hauptstraßen entfernt liegen. Erschwert 
        wird dieser Umstand noch durch die Tatsache, daß heute in der nächsten 
        Nachbarschaft Indonesiens Stützpunkte des Imperialismus, koloniale 
        und halbkoloniale Länder liegen. Im Norden liegen Malaya, Singapur, 
        Thailand, Süd-Vietnam, Sarawak, Nord-Borneo und die Philippinen. 
        Im Süden liegen Australien sowie die britisch beherrschten Weihnachts- 
        und Kokosinseln. Im Osten liegt das zu Australien gehörige Ost-Irian, 
        während West-Irian nach wie vor von den holländischen Imperialisten 
        beherrscht wird. Nirgends grenzt Indonesien an ein Land, das sich schon 
        völlig von der Macht des Imperialismus befreit hat. Um so notwendiger 
        ist es für die indonesischen Revolutionäre, ihren eigenen Weg 
        zur Vollendung der indonesischen Revolution zu gehen. 
        Aus der Augustrevolution 1945 kann man die Lehre ziehen, daß Partisanenkämpfe 
        in Indonesien möglich sind. Angesichts der Tatsache jedoch, daß 
        das Land nicht alle notwendigen Voraussetzungen für den Partisanenkampf 
        bietet, hätte die Revolution erfolgreicher sein können, wenn 
        es zu der Zeit gelungen wäre, die drei Formen des Kampfes zu verbinden, 
        nämlich den Partisanenkampf in den Dörfern (hauptsächlich 
        von den Bauern geführt), revolutionäre Aktionen der Arbeiter 
        in den Städten und eine gründliche Arbeit in der feindlichen 
        Armee. 
       
        Das indonesische Volk 
      Im Jahre 1955 hatte Indonesien eine Bevölkerungszahl von 84 Millionen. 
        Obwohl sich die Bevölkerung Indonesiens aus vielen Nationalitäten 
        zusammensetzt, bilden sie doch alle zusammen ein gemeinsames Ganzes, das 
        indonesische Volk. Das indonesische Volk ist das sechstgrößte 
        der Welt (nach China, Indien, der Sowjetunion, den Vereinigten Staaten 
        und Japan). 
        Die Bevölkerung verteilt sich sehr ungleichmäßig auf das 
        Land. Java, die kleinste der fünf Hauptinseln (Kalimantan, West-Irian, 
        Sumatra, Sulawesi und Java), hat etwa 54 Millionen Einwohner (einschließlich 
        Madura), während auf West-Irian, einer der größten der 
        „großen Fünf“, die Bevölkerung nur 2 Millionen 
        zählt. Sumatra ist zwar 3½ mal so groß wie Java, hat 
        aber nur 12½ Millionen Einwohner. Sulawesi, 1½ mal so groß 
        wie Java, hat etwa 6 Millionen Einwohner. Kalimantan (der indonesische 
        Teil, 4mal so groß wie Java, hat kaum 3½ Millionen Einwohner. 
        Die restlichen Einwohner sind auf die Inseln von Nusatengara (Ost-Indonesien) 
        mit einer Bevölkerung von 5½ Millionen und die Molukken mit 
        700 000 Einwohnern verteilt. 
        Java ist eines der am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt, etwa 393 
        Personen auf einen Quadratkilometer (1952). In Zentraljava gibt es sogar 
        Gebiete mit einer Bevölkerungsdichte von 460 Personen auf einen Quadratkilometer. 
        In Indonesien leben mehr als hundert Nationalitäten, von denen einige 
        mehrere Millionen Menschen, andere dagegen nur ein paar Tausende zählen. 
        Zu diesen Nationalitäten gehören die Javaner, die Sundanesen, 
        die Maduresen, die Melajunesen, die Atjeher, die Menangkabauer, die Batak, 
        die Palembang, die Lamponger, die Dajak, die Bandjar, die Minahasa, die 
        Bugi, die Toradja, die Makassaren, die Balinesen, die Sasak, die Ambonesen, 
        die Timoresen, die Sabu, die Nationalitäten auf West-Irian und viele 
        andere. Von all diesen Nationalitäten ist die javanische die größte, 
        ihr folgt die sudanesische, die maduresische, die menangkabauische, die 
        batakische usw. Die melajunesische Nationalität war lange Zeit die 
        am weitesten verbreitete an der Ostküste Sumatras, auf den Inseln 
        zwischen Sumatra und Kalimantan und an allen Küsten Kalimantans. 
        All die Nationalitäten haben ihre eigene Sprache, sprechen daneben 
        aber auch indonesisch, die Sprache der Einheit, die auf der Melaju-Sprache 
        beruht. Das kulturelle Niveau all dieser Nationalitäten ist unterschiedlich, 
        aber alle blicken auf eine lange Geschichte zurück. 
        Das indonesische Volk besteht demnach aus vielen Nationalitäten mit 
        unterschiedlichen Sprachen und unterschiedlicher kultureller Entwicklung, 
        aber alle Nationalitäten stammen von einem Volk mit einer gemeinsamen 
        Sprache und einer gemeinsamen Kultur ab. Sie wurden im Laufe der Zeit 
        getrennt, haben sich aber im Prozeß des Kampfes für nationale 
        Unabhängigkeit und für ein neues Indonesien wieder vereint. 
        All diese Nationalitäten betrachten Indonesien als ihr Vaterland 
        und fühlen sich als Teil des indonesischen Volkes. Sie betrachten 
        die indonesische Sprache als die Sprache der Einheit und die indonesische 
        Kultur als eine gemeinsame Kultur neben ihrer eigenen nationalen Kultur. 
        Sehr interessant ist die Tatsache, daß die indonesische Sprache 
        nicht von der Sprache der größten Nationalität abgeleitet 
        wurde. Die indonesische Sprache ist in ihrer ganzen Geschichte niemals 
        eine Sprache der Kolonialherrschaft gewesen; im Gegenteil, sie ist eine 
        Sprache, die mehr als hundert Nationalitäten vereint. Sie entstand 
        im Kampf für nationale Unabhängigkeit und ist die Sprache der 
        Befreiung. 
        Neben diesen Nationalitäten gibt es in Indonesien einige Millionen 
        Bürger ausländischer Abstammung, Chinesen, Europäer und 
        Araber, die alle neben der indonesischen Sprache und Kultur ihre eigene 
        Sprache und Kultur bewahren. 
        Auch die wirtschaftliche Entwicklung ist auf den verschiedenen Inseln 
        unterschiedlich verlaufen. Das zeigt sich in der Industrie, in der Landwirtschaft 
        und besonders im Verkehrswesen. Java besitzt zum Beispiel ein ausgedehntes 
        Straßen- und Eisenbahnnetz, während auf anderen Inseln wenig 
        oder nichts davon vorhanden ist. Auf einigen Inseln und in einigen Gebieten 
        gibt es sogar noch Überreste vergangener Wirtschaftsordnungen. Auf 
        der Grundlage dieser unterschiedlichen ökonomischen Bedingungen weist 
        auch die Gesellschaft unseres Landes unterschiedliche Entwicklungsstufen 
        auf, von denen jede ihre Eigenheiten besitzt. 
        Das indonesische Volk hat nicht immer sein heutiges Gebiet bewohnt. Etwa 
        1500 Jahre vor unserer Zeitrechnung, also etwa vor 3500 Jahren, lebten 
        die Vorfahren der heutigen Indonesier in Hinterindien (heute Indochina, 
        Thailand und Birma). Zu der Zeit nannte man sie die Mon Khmer, ein Volk, 
        das heute noch in Tongking, Thailand und Kambodscha lebt. Die Mon Khmer 
        sind ein Zweig der Austroasiaten (Südasiaten); weitere Zweige sind 
        die Khasi (Assam), die Munda (Indien) und die Santal (Indien). Das indonesische 
        Volk ist eines der vier Zweige der Mon Khmer (die anderen sind die Melanesier, 
        Polynesier und Mikronesier). Diese vier Zweige wurden Austronesier genannt 
        (Volk der südlichen Inseln). Die Mon Khmer waren nicht die Urbevölkerung 
        von Hinterindien, sondern kamen aus Jünnan (Südchina) und wurden 
        damals die Austrier (Südländer) genannt. 
        So ist zwar das indonesische Volk in viele Nationalitäten geteilt 
        (darunter die Nationalitäten auf West-Irian und Halmahera, die ethnologisch 
        zu den Melanesiern gehören, politisch aber zu den Indonesiern), aber 
        sie alle haben gemeinsame Vorfahren (die Austrier, später die Austroasiaten 
        und noch später die Mon Khmer); es ist ein Volk mit einer sehr langen 
        Geschichte, ein Volk, das in Kriegen und gegen Naturkatastrophen erbitterte 
        Kämpfe ausgefochten hat. 
        Vor etwa 3500 Jahren weilten unsere Vorfahren noch in Hinterindien. Sie 
        bestellten ihre Felder im Tal des Mekong, des Irawadi und des Salwen. 
        Unter dem starken Druck von Völkern, die aus dem Norden und Westen 
        zuwanderten, raubend und plündernd ihr Land besetzten und ihr friedliches 
        Leben störten, mußten unsere Vorfahren sich entscheiden, entweder 
        ein Sklavendasein zu führen oder eine neue Heimat zu suchen. Sie 
        zogen es vor, anderwärts ein Leben in Freiheit zu suchen. 
        Kriege und andere Faktoren, wie Nahrungsmangel, Naturkatastrophen, Überschwemmungen 
        und Seuchen, veranlaßten die Vorfahren der Indonesier, auf einfachen 
        Segelbooten das Festland zu verlassen und sich weit auf das Meer hinauszuwagen. 
        Sie verstanden sich auf die Seefahrt, waren kräftig und mutig. Sie 
        überquerten die Meere und landeten in Madagaskar, auf den Philippinen, 
        auf Kalimantan, Sumatra und anderen indonesischen Inseln. Etappenweise, 
        in großen Gruppen, wanderten sie auf die südlichen Inseln aus 
        und siedelten sich überall an den Küsten Indonesiens an, vom 
        östlichsten bis zum westlichsten Punkt. Sie landeten wie ein siegreiches 
        Heer, das neues Land besetzt. Hier konnten sie den Boden bestellen, jagen 
        und zur See fahren. Überall an den Küsten bauten sie sich ihre 
        Häuser. 
        Die indonesischen Inseln jedoch waren nicht unbewohnt, als unsere Vorfahren 
        hier landeten. Sie trafen auf eine einheimische Bevölkerung. Diese 
        „Eingeborenen“ gehörten zu den Völkern der Negrito 
        und Weddiden, die schon seit Jahrtausenden auf den Inseln lebten. Sie 
        waren nicht bereit, sich von den Neuankömmlingen aus dem Norden verdrängen 
        zu lassen, und leisteten anfangs Widerstand. Es war also notwendig, zu 
        einer Regelung mit den Einheimischen zu kommen. Außerdem mußten 
        unsere Vorfahren gegen wilde Tiere, Überschwemmungen und andere Schwierigkeiten 
        kämpfen. Die Waffen unserer Vorfahren waren besser als die der einheimischen 
        Bevölkerung. Während diese nur mit Blasrohren und vergifteten 
        Pfeilen bewaffnet war, besaßen unsere Vorfahren schon eiserne Waffen 
        (Messer, Lanzen, Pfeil und Bogen). Unsere Vorfahren kannten schon den 
        Ackerbau, während die einheimische Bevölkerung auf das angewiesen 
        war, was ihr der Urwald gab. Es dauerte Jahrhunderte, bis Einheimische 
        und Neuankömmlinge gelernt hatten, miteinander zu leben, und alle, 
        die sich einem solchen Zusammenleben widersetzten, weitergezogen waren. 
        Es fiel also unseren Vorfahren nicht leicht, in Indonesien eine Heimstätte 
        zu finden. Sie mußten einen Kampf auf Leben und Tod führen, 
        stürmische Meere überqueren und gegen wilde Tiere, Hochwasser 
        und andere Naturkatastrophen kämpfen. 
        Das indonesische Volk, das auf dem asiatischen Festland ein einheitliches 
        Ganzes mit einer gemeinsamen Sprache und Kultur gewesen war, verteilte 
        sich nun auf die indonesischen Inseln. Gebirgsketten, Flüsse, Seen 
        und das Meer trennten die einzelnen Teile voneinander, so daß sie 
        nun, auf sich selbst gestellt, einen unterschiedlichen Weg einschlugen 
        und sich im Laufe der Jahrhunderte zu verschiedenen Nationalitäten 
        entwickelten, jede mit einer eigenen Sprache und Kultur. 
        Nach ihrer Ankunft auf dem indonesischen Archipel nahmen unsere Vorfahren 
        das Leben, das sie auf dem asiatischen Festland geführt hatten, wieder 
        auf. Sie lebten in Gemeinschaften, errichteten Pfahlbauten, bestellten 
        den Boden, fuhren zur See und jagten. Ihre äußerst primitiven 
        Produktionsinstrumente zwangen sie, kollektiv zu arbeiten. Die Produktionsmittel 
        waren gemeinsames Eigentum, es gab keine Ausbeutung des Menschen durch 
        den Menschen, und alle Einwohner hatten den gleichen Anspruch auf das, 
        was die Natur hergab. Zu der Zeit gab es keine Klassen in der Gesellschaft. 
        Jede Gemeinschaft wählte ihre Führer; von oben eingesetzte Könige 
        oder eine Staatsmacht gab es nicht. Ein Staat war zu der Zeit nicht notwendig. 
        Das Zusammenleben wurde durch Sitten und Gebräuche geregelt, und 
        zur Aufrechterhaltung der Ordnung genügten die Autorität und 
        das Ansehen der gewählten Führer und Ältesten. Unsere Vorfahren 
        lebten damals in einer Urgemeinschaft. Überreste dieser Urgemeinschaft 
        finden sich heue noch in Indonesien. So gibt es Dörfer, in denen 
        der Boden noch gemeinsames Eigentum ist, so gibt es den Brauch der gemeinschaftlichen 
        Arbeit (gotong-royong), Überreste des Mutterrechts (zum Beispiel 
        in Menang-kabau und auf der Insel Enggano), Überreste der patriarchalischen 
        Familie (in Batak, auf den Molukken) usw. 
        Mit der Verbesserung der Produktionsinstrumente und dem Fortschreiten 
        der Produktivkräfte begannen die alten Produktionsverhältnisse 
        die weitere Entwicklung der Produktivkräfte zu hemmen. Die Methoden 
        der Gemeinschaftsarbeit in der Urgesellschaft entsprachen nicht mehr den 
        vervollkommneten Produktionsinstrumenten. Die gesellschaftliche Arbeitsteilung 
        entwickelte sich. All das bedeutete, daß wohl oder übel das 
        gemeinschaftliche Eigentum an den Produktionsmitteln dem individuellen 
        Eigentum weichen mußte. Aber die Reisfelder und Wiesen, die Wälder 
        und Weiden und die Bewässerungsanlagen blieben gemeinsames Eigentum. 
        Das Privateigentum an bestimmten Produktionsinstrumenten und an persönlichem 
        Reichtum weckte bei den Privateigentümern den Wunsch, immer mehr 
        Produktionsinstrumente und Reichtum in die Hand zu bekommen. Privateigentümer 
        waren jene, die Machtpositionen innehatten (die Ältesten, die von 
        den Kriegshäuptlingen und Priestern gestützt wurden). Die Mächtigen 
        verwandelten das Gemeineigentum in Privateigentum. Gleichzeitig begann 
        auch der Drang nach Expansion, nach der Eroberung anderer Dörfer, 
        mit dem Ergebnis, daß sich mehrere Dörfer unter einem Ältesten 
        zusammenschlossen. Ein Krieg löste den anderen ab, weil jeder Dorfälteste 
        (Gebieter eines kleinen Herrschaftsbereiches) sein Territorium erweitern 
        wollte, um sich mehr Produktionsinstrumente und größeren Reichtum 
        anzueignen. Im Kampf gefangene Feinde wurden nicht mehr getötet, 
        sondern zu Sklaven gemacht und gezwungen, für die Mächtigen 
        zu arbeiten, die sich das Arbeitsprodukt aneigneten und ihren Reichtum 
        vermehrten. Auch verschuldete Arme, die ihre Schulden nicht zurückzahlen 
        konnten, wurden zu Sklaven gemacht. Die Sklavenhalter konnten mit ihren 
        Sklaven tun und lassen, was sie wollten, sie verkaufen und sogar töten. 
        Auf diese Weise traten die indonesischen Vorfahren in die Sklavenhaltergesellschaft 
        ein. 
        In dieser Gesellschaft öffnete sich eine breite Kluft zwischen den 
        beiden Hauptklassen, den Sklavenhaltern und den Sklaven, den Herrschern 
        und den Beherrschten, eine Kluft, die immer breiter und tiefer wurde. 
        Auf diese Weise trat in der Gesellschaft unserer Vorfahren zum ersten 
        Mal der Klassenkampf in Erscheinung, Die Macht des Dorfältesten wurde 
        immer größer, bis er sogar seinen eigenen Nachfolger ernennen 
        durfte (bis dahin waren die Ältesten gewählt worden). Das Gebiet 
        unter der Herrschaft der Ältesten nahm zu, immer mehr Dörfer 
        und Familien gerieten unter ihre Herrschaft. Diese Ältesten, die 
        nun reich geworden waren und sich dem Volk entfremdet hatten, führten 
        mit ihrer Familie und ihrer Dienerschaft ein Luxusleben im „Keraton“ 
        (Königspalast) oder „Ketadon“ (Fürstenpalast). Sie 
        waren nicht mehr nur die Führer, sondern galten als Vertreter unserer 
        Vorfahren, denen Achtung und Gehorsam entgegengebracht werden mußten. 
        Da die Sklaven Widerstand leisteten, brauchten die Sklavenhalter nun ein 
        Mittel, den Widerstand zu brechen und die Sklaven niederzuhalten. So entstand 
        der Staat, ein Apparat, der den Sklavenhaltern Macht gab und ihnen die 
        Herrschaft über die Sklaven ermöglichte. 
        Überreste dieser Sklavenhaltergesellschaft gab es Anfang des 20. 
        Jahrhunderts noch auf einigen unserer Inseln, So war es an einigen Orten 
        den Sklavenhaltern immer noch möglich, ihre Sklaven töten zu 
        lassen, ohne dafür bestraft zu werden, so verfügten die Mramba 
        (Sklavenhalter in Sumba) über das gesamte Produkt des von ihren Sklaven 
        bestellten Bodens (Atta), und so waren die Kinder von Sklaven Eigentum 
        der Sklavenhalter. 
        Selbst mit dem Machtmittel des Staates in der Hand konnten die Sklavenhalter 
        den offenen oder geheimen Widerstand der Sklaven niemals ganz brechen. 
        Die Sklavenarbeit, die anfangs die Entwicklung der Produktivkräfte 
        im Vergleich zur Urgesellschaft vorangetrieben hatte, erwies sich mit 
        der Zeit als immer weniger produktiv, weil die Sklaven nicht das geringste 
        Interesse an ihrer Arbeit hatten und immer weniger schöpferisch wurden. 
        Ein Teil der Freien in dieser Sklavengesellschaft, die Bauern und Handwerker, 
        gerieten durch die ständigen Kriegsabgaben in immer stärkere 
        Bedrängnis und verfielen der Sklaverei. Manche flohen aus dem Machtbereich 
        der Sklavenhalter in die Küstengegenden oder andere entlegene Gebiete 
        und schlossen sich dem Widerstandskampf gegen den Sklavenhalterstaat an. 
        Die ständig zur Erhaltung der Sklavenhaltermacht notwendigen Kriege, 
        das unaufhörliche Absinken von Produktion und Handel brachten es 
        mit sich, daß die Macht der Sklavenhalter immer schwächer wurde 
        und die Kultur des Sklavenhalterstaats immer mehr verfiel. 
        Die fortgeschrittenen Produktivkräfte entsprachen nicht mehr den 
        bestehenden, auf Sklavenarbeit beruhenden Produktionsverhältnissen. 
        Die Sklavenhaltergesellschaft war zu einer Fessel geworden und wurde schließlich 
        durch die Feudalgesellschaft abgelöst. In Indonesien, besonders in 
        Java, traten unsere Vorfahren etwa mit dem Beginn der christlichen Zeitrechnung 
        in die Feudalgesellschaft ein. In der Feudalgesellschaft durften die bisherigen 
        Sklaven den Boden „für sich selbst“ bestellen, unter 
        der Voraussetzung, daß sie einen großen Teil ihrer Ernte an 
        den Feudalherrn abgaben. Hier wurde nun die Trennungslinie zwischen dem 
        Produkt der notwendigen Arbeit für den Bauern und dem Produkt der 
        Mehrarbeit, das vom Feudalherrn angeeignet wurde, deutlich sichtbar. Der 
        Grundwiderspruch in der Feudalgesellschaft war der Widerspruch zwischen 
        den Feudalherren (den Königen, Adligen, Priestern und Häuptlingen) 
        und den Bauern. Die Staatsmacht lag in der Hand der Feudalherren, die 
        über die Bauern herrschten. Die Bauern waren im Vergleich zu den 
        Sklaven etwas „freier“, mit dem Ergebnis, daß sie auch 
        produktiver waren. Es war nun im großen und ganzen nicht mehr möglich, 
        die Bauern willkürlich zu töten. Sie waren nicht mehr Sklaven, 
        sondern Leibeigene, die unbezahlte Arbeit (rodi, corvée) leisteten, 
        indem sie einen großen Teil ihrer Erzeugnisse an den Feudalherrn 
        abgaben. 
        Neben den Bauern gehörten auch die Handwerker und Händler zu 
        den unterdrückten Schichten, die mit der Zeit vom Feudalismus in 
        ihrer weiteren Entwicklung gehemmt wurden. 
        Die Geschichte des indonesischen Volkes enthüllt, daß Landwirtschaft 
        und Handwerk schon sehr alt sind, daß Indonesien seine eigenen Philosophen, 
        Wissenschaftler, Künstler, Staatsmänner und Militärstrategen 
        hatte. Lange vor der christlichen Zeitrechnung, lange also vor der Ankunft 
        der Hindu, produzierte Indonesien Werkzeuge in großen Mengen, ebenso 
        Waffen aus Stein und Eisen. Der Kalender, der für die richtige Bestellung 
        der Reisfelder so notwendig war, bestand bereits, ebenso ein Bewässerungssystem. 
        Im Jahre 150 unserer Zeitrechnung schrieb der griechische Geograph und 
        Astronom Ptolemäus, die Insel Java sei außerordentlich fruchtbar 
        und produziere viel Gold (er meinte Gegenstände aus Gold). Aus der 
        gleichen Periode lesen wir in der Hindudichtung (Ramajana): „Studiert 
        Djawadjipa (Java) mit seinen sieben Königreichen, die Gold- und Silberinsel, 
        wo es im Überfluß aus Gold hergestellte Gegenstände gibt.“ 
        Im Jahre 132 wurden Abgesandte von Java nach China geschickt, die goldene 
        Königssiegel mit sich führten. Die Lage Indonesiens zwischen 
        Indien und China machte es schon Anfang der christlichen Zeitrechnung 
        zu einem Zentrum des Welthandels. Es gibt Aufzeichnungen, daß im 
        Jahre 414 ein chinesischer Handelsmann mit 200 anderen, meist Hindus, 
        von Westjava nach Kanton reiste. 
        All diese Tatsachen zeigen, daß lange vor der Ankunft der Ausländer 
        die Indonesier ein zivilisiertes Volk waren und daß die Auffassung, 
        erst die Ausländer hätten die Indonesier etwas gelehrt und ihnen 
        die Zivilisation gebracht, falsch ist. Später, nach Ankunft der Hindus, 
        wurden herrliche Tempel gebaut, und die berühmte Kunst des Tanzes 
        und Puppenspiels faßte Fuß. Schöpfer all dieser Dinge 
        war das indonesische Volk; die Hindus spielten nur die Rolle von Helfern 
        und Beratern. Die Errungenschaften dieser Kultur zeigen, daß schon 
        seit uralten Zeiten das indonesische Volk stets bereit war, Gutes aus 
        der Fremde anzunehmen, daß es Ideen und Hilfe aus berufener Quelle 
        stets willkommen hieß, ohne jedoch seine nationalen Eigenheiten 
        aufzugeben. 
        Indonesien spielte eine aktive Rolle im Außenhandel und in der Außenpolitik 
        und nutzte dabei geschickt die äußerst vorteilhafte geographische 
        Lage des Landes aus. Dadurch wurde es schon in alten Zeiten eines der 
        Zentren des Welthandels. 
        Das indonesische Volk war aber nicht nur als fleißiges und beharrliches 
        Volk bekannt, als ein Volk mit einer eigenen Kultur, sondern auch als 
        ein Volk von Kämpfern und Revolutionären. Schon als es noch 
        auf dem asiatischen Festland lebte, war es kampfgewohnt. Um seine neue 
        Heimat hatte es kämpfen müssen, und später mußte 
        es sie oft vor ausländischen Angriffen verteidigen. Das indonesische 
        Volk ist ein freiheitliebendes Volk mit einer revolutionären Tradition. 
        Das hat sich bis in das 20. Jahrhundert, bis zum heutigen Tag immer wieder 
        erwiesen. Die indonesische Geschichte ist schon seit frühesten Zeiten 
        eine Geschichte von Bauernrevolten, von Helden und Revolutionen, eine 
        Geschichte der arbeitenden Menschen. Im 20. Jahrhundert hat der Kampf 
        des indonesischen Volkes moderne Formen angenommen, die aber nichts anderes 
        als eine Fortsetzung der jahrhundertealten revolutionären Traditionen 
        sind. 
       Die Feudalgesellschaft 
          
        Obwohl Indonesien ein großes, günstig gelegenes Land ist, obwohl 
        es fruchtbar und dicht bevölkert ist und auf eine alte, an revolutionären 
        Traditionen reiche Geschichte zurückblickt, ist es doch heute ein 
        ökonomisch, politisch und kulturell rückständiges Land. 
        Der Grund dafür sind 1500 Jahre Feudalherrschaft. 
        Das ökonomische und politische System der indonesischen Feudalgesellschaft 
        zeigte folgende Merkmale: 
        l. In der Feudalgesellschaft wurde für den eigenen Bedarf produziert, 
        nicht für den Markt. Das Bewässerungssystem in unserem Lande 
        war zu Anfang der Feudalperiode schon gut entwickelt. Das beweisen die 
        Anweisungen König Purnawarmans vom Königreich Taruma Negara 
        (in Westjava, etwa auf dem Gebiet der heutigen Bezirke Djakarta, Bogor 
        und Krawang) im 4. Jahrhundert, der den Bau eines fünfzehn Kilometer 
        langen Kanals befahl. Es ist bewiesen, daß es seit dem Beginn der 
        modernen Zeitrechnung geschickte Handwerker gab, denn schon vor der Ankunft 
        der Hindus stellten die Indonesier Gegenstände aus Eisen, Kupfer, 
        Schildpatt, Horn und Gold her. Sie wurden aber nicht in erster Linie für 
        den Handel produziert. Es gab zwar einen Austausch von Produkten zwischen 
        den Einwohnern und auch einen Austausch mit der Außenwelt, zum Beispiel 
        zwischen indonesischen Königen und hohen Beamten und Kaufleuten aus 
        China, Indien und anderen Ländern, aber dieser Austausch spielte 
        keine wesentliche Rolle. 
        2. In der Feudalgesellschaft lag die Macht in den Händen der Feudalklasse. 
        Ihre Vertreter waren der König, die Adligen, die Priester und Häuptlinge 
        (die Beamten). Die Macht der Feudalklasse stützte sich auf ihr Eigentum 
        an Grund und Boden und ihr begrenztes Eigenturn an den leibeigenen Bauern. 
        Der König übte die zentrale Macht aus. Er ernannte die Beamten 
        der Zentralregierung und die Beauftragten für die Provinzen. Ihre 
        Aufgaben beschränkten sich auf Fragen der bewaffneten Kräfte, 
        der Gerichte, des Staatsschatzes und der Lebensmittelbevorratung. Die 
        Könige übten nur über einen kleinen Teil ihres Gebietes 
        eine direkte Macht aus, der Rest wurde von Adligen und Beamten in Vertretung 
        des Königs beherrscht. Die Vertreter des Königs hatten die Aufgabe, 
        die Abgaben der Bauern an landwirtschaftlichen Produkten für ihren 
        eigenen Bedarf und für den König (die Zentralregierung) einzutreiben. 
        Außer diesen Abgaben hatten die Bauern noch die Verpflichtung, für 
        die Adligen und Beamten unbezahlte Fronarbeit zu leisten (rodi und corvée). 
        Sie wurden gezwungen, Paläste und Tempel zu bauen, Kanäle und 
        Dämme anzulegen und in Kriegszeiten das Äußerste herzugeben, 
        auch Soldat zu werden, um den Sieg zu erringen. Als nach Gründung 
        der mohammedanischen Königreiche zum ersten Mal reguläre Armeen 
        aufgestellt wurden, oblag den Bauern nun noch die zusätzliche Last, 
        für eine Armee zu zahlen, die in erster Linie zu ihrer eigenen Unterdrückung 
        und nur selten zur Zurückschlagung eines feindlichen Angriffes in 
        Marsch gesetzt wurde. Im Namen des Königs übten die Adligen 
        und Beamten die Staatsfunktionen aus, saßen zu Gericht und machten 
        die Gesetze. Um die „Königstreue“ des Volkes zu stärken, 
        wurden den Untertanen religiöse Gefühle eingeimpft (so befahl 
        zum Beispiel König Darmawangsa im 10. und 11. Jahrhundert seinen 
        Hofgelehrten, die Geschichten der Mahabharata aus dem Sanskrit in die 
        altjavanische Sprache zu übersetzen). 
        Es ist also klar, daß sich die Feudalgesellschaft auf den Großgrundbesitz 
        stützte, während die Bauern als Leibeigene arbeiteten (sie pachteten 
        ihr Ackerland oder „entlehnten“ es). Der Boden, in der Feudalgesellschaft 
        das grundlegende Produktionsmittel, gehörte den feudalen Grundherren. 
        Die leibeigenen Bauern unterschieden sich von den Sklaven dadurch, daß 
        sie nicht mehr ohne Umstände getötet werden konnten, aber sie 
        konnten noch gekauft und verkauft werden. 
        Der Feudalstaat war ein Instrument in den Händen der Grundherren, 
        um ihr feudales Ausbeutungssystem zu erhalten. Zur ökonomischen Ausbeutung 
        kam die politische Unterdrückung. Die Bauern hatten weder politische 
        Rechte noch persönliche Freiheiten. Die Feudalherren durften sie 
        schlagen und foltern und bis in die späten Jahre der Feudalzeit sogar 
        unter bestimmten Umständen töten. 
        Die Verarmung und Rückständigkeit der Bauern, eine Folge der 
        feudalen Ausbeutung und politischen Unterdrückung, war die Hauptursache 
        dafür, daß die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben in 
        Indonesien um Jahrhunderte hinter den fortgeschrittenen modernen Ländern 
        der heutigen Zeit zurückblieb. In der feudalen Gesellschaft sind 
        Bauern und Handwerker die Klassen, die Reichtum und Kultur schaffen, während 
        die Feudalherren und ihre Cliquen (die Könige, Adligen, Priester 
        und Beamten) nicht nur völlig unproduktiv sind, sondern die große 
        Mehrheit des Volkes ausbeuten und unterdrücken. 
        Die besonders scharfe ökonomische Ausbeutung und politische Unterdrückung 
        führten zu zahlreichen Bauernaufständen gegen die Macht der 
        Feudalherren, so zum Beispiel die Rebellion gegen die erste Mataram-Monarchie 
        (8. und 9. Jahrhundert), die Rebellionen gegen die Kediri-Monarchie (Anfang 
        des 13. Jahrhunderts) unter der Führung des Bauernsohnes Ken Anrok, 
        der Aufstand gegen das Singasari-Königreich (Ende des 13. Jahrhunderts), 
        der Aufstand gegen das Madjapahit-Königreich (im 14. und 15. Jahrhundert) 
        und viele andere. Diese Aufstände erreichten zwar stets nur, einen 
        alten König durch einen neuen zu ersetzen, ohne an der Lage der Bauern 
        etwas zu verbessern, trotzdem aber waren es echte Bauernaufstände, 
        geboren aus der Opposition der Bauern gegen die ökonomische Ausbeutung 
        und Politische Unterdrückung durch das Feudalregime.  
        Sie erhoben sich spontan, weil sie die Feudalherren haßten, aber 
        sie waren nicht in der Lage, ein revolutionäres Agrarprogramm aufzustellen. 
        Es gab auch noch keine fortschrittliche Klasse und keine politische Partei, 
        die in der Lage gewesen wären, die Bauern zum Siege zu führen. 
        Das Ergebnis war, daß die Bauernaufstände und -kriege mit einer 
        Niederlage endeten und keine Veränderung der feudalen Produktionsverhältnisse 
        und der politischen Ordnung herbeiführten. Sie mußten scheitern, 
        weil die Bauern als individuelle Kleinbesitzer nicht den neuen Produktionsverhältnissen 
        zum Durchbruch verhelfen konnten. 
        Trotzdem wäre es falsch zu sagen, daß die Bauernaufstände 
        überhaupt keinen sozialen Fortschritt herbeigeführt hätten. 
        Es ist völlig klar, daß die Bauern Erfahrungen in der Kriegführung 
        erwarben und daß verschiedene Könige, die sie auf den Thron 
        brachten, einige der bösartigsten Formen der Ausbeutung abschaffen 
        mußten. Die Kämpfe der Bauern trugen entscheidend zur Schwächung 
        des Feudalismus bei und werden schließlich seine völlige Beseitigung 
        erzwingen. 
        Die koloniale Gesellschaft 
        Mit der weiteren Ausdehnung des indonesischen Außenhandels im 14. 
        Jahrhundert, und besonders durch den Gewürzhandel mit Europa, erwarben 
        die indonesischen Küstenstädte eine immer größere 
        Bedeutung, und der Handel mit Europa nahm gegenüber dem Handel mit 
        China und Indien zu. Die Küchen Europas verlangten immer mehr Gewürze. 
        Malakka und Banten (an der Westspitze Javas) spielten eine führende 
        Rolle in diesem regen Handel. 
        In Malakka und Banten ließen sich viele ausländische Händler 
        nieder, besonders mohammedanische Händler aus Indien und Persien, 
        die einen großen Einfluß auf die indonesischen Könige 
        gewannen. Die Händler belieferten die Könige mit Luxusartikeln. 
        Sie bekehrten die Könige, die dem hinduistischen Glauben angehörten, 
        zum Islam und veranlaßten sie, sich vom Madjapahit-Reich, dessen 
        Zentrum im Inneren lag, loszusagen und unabhängige mohammedanische 
        Königreiche zu bilden. Um ihren Einfluß weiter zu festigen, 
        verheirateten diese mohammedanischen Händler ihre Töchter mit 
        den Königen. Je stärker ihr Einfluß wurde, desto größer 
        wurden auch ihre Profite. 
        Je weiter der Welthandel voranschritt, desto entschlossener waren die 
        Königreiche entlang der Küste, die Gebiete des Madjapahit-Reiches 
        im Inneren unter ihre Herrschaft zu bringen. Unter der Führung des 
        Königs von Demak vereint, stürzten die mohammedanischen Könige 
        1521 König Madjapahit. Der Sturz Madjapahits war das Ergebnis des 
        Widerspruchs zwischen den feudalen mohammedanischen Königreichen, 
        die sich mit dem Handelskapital vereinigt hatten, und den feudalen hinduistischen 
        Königreichen, die sich noch völlig auf die alte feudale Agrarwirtschaft 
        stützten. 
        In diesem Zustand der Spaltung, der sich verschärfenden Widersprüche 
        zwischen den am Welthandel beteiligten Königreichen an der Küste 
        und den noch völlig auf Agrarwirtschaft und dem Pologoro (feudale 
        Fronarbeit) beruhenden Königreichen im Inneren, trafen die Europäer 
        ein und brachten Schiffe und Waffen mit sich, die den indonesischen Königreichen 
        weit überlegen waren. 
        Die ersten waren die Portugiesen (1498) unter Vasco da Gama, der nicht 
        nur auf einen Gewinn bringenden Handel bedacht war, sondern außerdem 
        die in Europa vorherrschende christliche Religion verbreiten wollte. Dabei 
        nutzten die Portugiesen die Widersprüche zwischen den „mohammedanischen 
        Königreichen“ und den „hinduistischen Königreichen“ 
        aus. Um dem Angriff der Portugiesen zu begegnen, gleichzeitig aber die 
        Bauernaufstände zu unterdrücken und gegen die hinduistischen 
        Königreiche Krieg zu führen, wurde in den mohammedanischen Königreichen, 
        zum Beispiel in Demak, eine Neuerung eingeführt, die in den hinduistischen 
        Königreichen noch nicht bekannt war, ein stehendes Heer. 
        Im Jahre 1512 trafen die Spanier mit zwei Schiffen in Tidore ein. Um Fuß 
        zu fassen, verbündeten sie sich mit dem König von Tidore, der 
        zu der Zeit gegen die mit dem König von Ternate verbündeten 
        Portugiesen kämpfte. Im Hintergrund des spanisch-portugiesischen 
        Konflikts stand das Monopol für Gewürznelken. In den Kämpfen 
        zwischen den Spaniern und dem Königreich Tidore einerseits und den 
        Portugiesen und dem Königreich Ternate andererseits unterlagen die 
        Spanier. Sie verließen 1529 Indonesien mit einer Entschädigungssumme 
        von 350 000 Crusados. 
        Die stehenden Heere der mohammedanischen Königreiche waren besser 
        bewaffnet und ausgerüstet als die Streitmacht der hinduistischen 
        Königreiche, die im wesentlichen aus ausgehobenen Bauern bestand. 
        Die europäischen Schiffe und Waffen waren wiederum denen der mohammedanischen 
        Königreiche überlegen. Darauf ist es in der Hauptsache zurückzuführen, 
        daß die Kriegsschiffe des Königreichs Dernak unter der Führung 
        von Dipati Unus im Krieg gegen die Portugiesen (1513) zum Rückzug 
        gezwungen wurden. Nicht Mangel an Mut oder Können führte die 
        Niederlage der Indonesier herbei, sondern lediglich die technische Überlegenheit 
        der Europäer und vor allem die Spaltung, die eine Schwächung 
        der indonesischen Königreiche herbeigeführt hatte. 
        Am 22. Juni 1596 landeten vier holländische Schiffe unter dem Befehl 
        von Cornelis de Houtman im Hafen von Banten. 
        Ursprünglich kamen die Holländer nach Indonesien, um Handel 
        zu treiben. Dazu gründeten sie 1602 in Holland eine Handelsgesellschaft, 
        die Holländisch-Ostindische Kompanie. Um die holländische Position 
        in Indonesien zu festigen und die Handelstätigkeit zu koordinieren, 
        wurde ein Generalgouverneur ernannt (der erste trat 1610 sein Amt an) 
        und ein aus fünf Personen bestehender Indienrat gebildet. Zunächst 
        blieben die Holländer auf einen sehr engen Raum beschränkt. 
        Gegen sie standen die Portugiesen mit ihren südostasiatischen Besitzungen 
        und die Indonesier, die nach wie vor die indonesischen Meere beherrschten. 
        Als ein Mittel, ihre Monopolstellung im Gewürzhandel zu wahren, führte 
        die Holländisch-Ostindische Kompanie rücksichtslos ihre sogenannten 
        Hongi-Expeditionen in die östlichen Teile Indonesiens durch. (Hongi 
        ist ein schnelles und bewegliches Schiff, das in den Gewässern der 
        Molukken in Gebrauch war. Charakteristisch für diese Hongi-Expeditionen 
        waren Raub, Plünderung und Massenvernichtung.) Die Holländisch-Ostindische 
        Kompanie fiel bei der geringsten Übertretung ihrer Monopolbestimmungen 
        über die Einwohner der ostindonesischen Inseln her, mißhandelte, 
        schleppte ins Gefängnis und entvölkerte ganze Landstriche. Die 
        Bewohner der Bandainseln wurden fast restlos ausgerottet. Aber die Bevölkerung 
        der Molukken nahm diese Strafexpeditionen nicht tatenlos hin. 1635 brach 
        in Ambon unter der Führung von Kakiali ein Aufstand gegen die Greueltaten 
        der Kompanie aus. 
        Ein Mann, der viel dazu beitrug, den Grundstein für die holländische 
        Kolonialherrschaft in Indonesien zu legen, war der Generalgouverneur J. 
        P. Coen, der die Erweiterung seiner Macht damit begann, daß er Djakarta 
        eroberte (am 4. März 1619 gaben die Holländer der Stadt offiziell 
        den Namen Batavia) und es zu einem Zentrum des Ostasienhandels machte. 
        Damit ging der Handel aus den Händen der indonesischen Königreiche 
        und der Portugiesen in die Hände der Holländer über. Von 
        Djakarta aus erweiterten die Holländer ihre Macht über die ganze 
        Länge und Breite des Landes. 1641 vertrieben die Holländer die 
        Portugiesen aus ihrer südostasiatischen Festung Malakka; 1667 besetzten 
        sie Makassar, 1677 die Nordküste Javas bis nach Ostjava, und 1692 
        bekamen sie Banten in die Hand. Banten sicherte den Holländern die 
        Herrschaft über den westlichen Zugang zu Indonesien, von Malakka 
        aus beherrschten sie die Straße von Malakka, von Makassar aus den 
        Osten Indonesiens, und ihre Besetzung der Nordküste Javas ermöglichte 
        es ihnen, das (zweite) Mataram-Königreich vom Meer abzuschneiden. 
      Unter Ausnutzung der Widersprüche zwischen den mohammedanischen 
        und den hinduistischen Königreichen und des Widerspruchs zwischen 
        den hinduistischen Königreichen selbst gelang es den holländischen 
        Kolonialherren mit ihren überlegenen Waffen, das völlig eingeschlossene 
        Maratam-Königreich 1749 zur Übergabe zu zwingen. 
        Die koloniale Ausbeutung der Holländisch-Ostindischen Kompanie, die 
        der Periode des Handelskapitals in Holland entsprach, beruhte auf einem 
        System hoher Bodensteuern (Quoten genannt) und der Zwangsablieferung landwirtschaftlicher 
        Produkte zu sehr niedrigen Preisen. Die Politik der Holländisch-Ostindischen 
        Kompanie bestand darin, die bestehenden feudalen Institutionen auszunutzen. 
        Unter diesem ökonomischen und politischen System waren die Bauern 
        einer doppelten Ausbeutung ausgesetzt, der Ausbeutung durch die Könige 
        und der Ausbeutung durch die Holländisch-Ostindische Kompanie. 
        Unter der Herrschaft der Holländisch-Ostindischen Kompanie änderten 
        sich die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht, nur der König 
        hieß jetzt Bupati (Bezirkschef) und wurde von der Kompanie eingesetzt. 
        Starb ein Bupati, so wurde das Amt demjenigen seiner Söhne übertragen, 
        den man für den Tüchtigsten hielt. Die Bauern litten größte 
        Not, weil sie nicht nur die Forderungen der Kompanie befriedigen mußten, 
        die den größten Teil ihrer Ernte verschlangen, sondern auch 
        noch vom Bupati ausgeplündert wurden. 
        Durch ihr Zwangs- und Monopolsystem führte die Holländisch-Ostindische 
        Kompanie ihren eigenen Untergang herbei, weil sie kein Wachstum der Produktivkräfte 
        zuließ, die Wirtschaft zerrüttete und damit nicht zuletzt auch 
        ihre eigenen Profite gefährdete. Überall im Regierungsapparat 
        herrschte Korruption, bei Holländern und Indonesiern. Immer wieder 
        brachen im 17. und 18. Jahrhundert auf Grund der doppelten Ausbeutung 
        Bauernaufstände und Widerstandsaktionen aus. Die Holländisch-Ostindische 
        Kompanie wurde im Jahre 1798 aufgelöst, weil sie für die Aktionäre 
        keine Profite mehr abwarf. Danach übernahm der niederländische 
        Staat selbst die Herrschaft über Indonesien. 
        Die Ära der Holländisch-Ostindischen Kompanie war eine wichtige 
        Periode im Zuge der ursprünglichen Akkumulation des Kapitals. Über 
        die unsagbaren Greueltaten, mit denen sich die holländischen Kaufleute 
        ihre unbeschränkten Rechte erwarben, schrieb Karl Marx: „Die 
        Geschichte der holländischen Kolonialwirtschaft — und Holland 
        war die kapitalistische Musternation des 17. Jahrhunderts — ,entrollt 
        ein unübertreffbares Gemälde von Verrat, Bestechung, Meuchelmord 
        und Niedertracht'.“ 1) 
        Die direkte Herrschaft durch den niederländischen Staat brachte Indonesien 
        keine Verbesserung. Im Gegenteil, als Holland von Frankreich besetzt wurde, 
        erschien in Indonesien ein besonders brutaler Generalgouverneur, Daendels 
        (1808—1811). Unter der Herrschaft Daendels wurden die holländischen 
        Truppen von 4000 auf 18 000 Mann erhöht. Für ihre militärischen 
        Zwecke bauten die Holländer Festungen, die so manchem Indonesier 
        das Leben kosteten. Außerdem wurden etwa eintausend Kilometer Straße 
        gebaut, die den Osten Javas mit dem Westen verbanden. Diese Straßen 
        entstanden in weniger als einem Jahr mit sehr geringem Kostenaufwand, 
        aber mit einem großen Verlust an Menschenleben. Die hohen Bodensteuern 
        und Zwangsablieferungen blieben in Kraft, aber dazu kam jetzt noch das 
        Reismonopol der Regierung und der Verkauf von „Privatland“ 
        an reiche Europäer und Chinesen. Die verstärkte Ausbeutung ließ 
        neue Aufstände aufflammen, besonders in Banten und Tjirebon. Es ist 
        also leicht verständlich, warum die Holländer beim indonesischen 
        Volk keine Unterstützung fanden, als 1811 die Engländer Java 
        angriffen. Von den hemmungslosen Greueltaten Daendels empört, weigerten 
        sich sogar die Könige und Bupati, gegen die Engländer zu kämpfen. 
        Während der englischen Herrschaft von 1811—1814 versuchte Generalleutnant 
        Stamford Raffles in Java das Prinzip der englischen Kolonialpolitik im 
        Interesse des damals rasch voranschreitenden englischen lndustriekapitals 
        anzuwenden. Es war das auch in Bengalien (Indien) angewendete Prinzip 
        der freien Konkurrenz für das englische Industriekapital. England 
        versuchte, in Indonesien das auf Wucher und Raub beruhende System des 
        holländischen Handelskapitals durch ein System zu ersetzen, das der 
        weiter fortgeschrittenen englischen Industrie besser entsprach. 
        Die Engländer erreichten jedoch nicht viel, weil sie nur 3½ 
        Jahre an der Macht waren. Die englische Herrschaft brachte dem indonesischen 
        Volk neue Lasten. Die neuen Kolonialherren führten eine staatliche 
        Kontrolle über die Salzproduktion ein und setzten den Verkauf von 
        „Privatland“ mit allen dazugehörigen feudalen Rechten 
        zugunsten des Käufers und zum Schaden der Bauern fort. 
        England erklärte Grund und Boden zum Staatseigentum und erhob darauf 
        eine Steuer, die nicht weniger als zwei Fünftel einer guten und ein 
        Viertel oder ein Drittel einer schlechten Ernte betrug. Auch die englische 
        Bodenpolitik rief Bauernaufstände hervor, in Banten, Tjirebon, Djokjakarta 
        und an anderen Orten. Raffles sah sich daraufhin gezwungen, einen Teil 
        des im Namen des Staates verkauften „Privatlandes“ wieder 
        zurückzukaufen. 
        Nach der Niederlage Napoleons unterzeichneten die Engländer 1814 
        ein Abkommen mit Holland, das die Rückgabe aller holländischen 
        Kolonien einschließlich Indonesien vorsah. So bekamen die Holländer 
        Indonesien erneut in die Hand, stellten aber ihre Herrschaft erst 1816 
        wieder her. 
        Der Diepo-Negoro-Krieg von 1825 bis 1830 kostete das holländische 
        Schatzamt 20 Millionen Gulden. Auch der belgische Aufstand gegen die Holländer 
        von 1830—1839 belastete die Staatskasse schwer. Holland befand sich 
        in einer sehr schwierigen ökonomischen Lage, am Rande des Bankrotts. 
        Um die holländische Wirtschaft aus der Katastrophe zu reißen, 
        führte die Regierung das sogenannte Kulturensystem (ein System des 
        Zwangsanbaus) ein (1830-1870). 
        Das Kulturensystem war eine Kombination der bisherigen von der Holländisch-Ostindischen 
        Kompanie, von Daendels und von Raffles praktizierten Kolonialmethoden. 
        Die negativsten Elemente all dieser Systeme wurden miteinander verquickt 
        und Kulturensystem genannt. Unter diesem System verblieb den Bauern nicht 
        die geringste Freiheit. Sie mußten Kulturen für den europäischen 
        Markt anbauen (Zuckerrohr, Kaffee, Indigo, Baumwolle und Tabak) und ihre 
        Produkte der kolonialen Regierung verkaufen. Welche Preise sie dafür 
        erhielten, blieb der Regierung überlassen. 
        In der Praxis zwang das Kulturensystem die Bauern, ein oder zwei Drittel 
        ihres Bodens, zuweilen sogar den ganzen Boden für die Exportkulturen 
        zu benutzen. Die Exportkulturen erforderten vielmehr Arbeit und Pflege 
        als der Reisanbau. Die Grundsteuern, auch auf das mit Exportkulturen bestellte 
        Land, wurden erhöht. Wenn wirklich einmal die Einnahmen der Bauern 
        für die Exportkulturen höher waren als die zu entrichtenden 
        Steuern, wurde ihnen die Differenz nicht ausgehändigt. Im Gegenteil, 
        um die Steuern zahlen zu können, mußten die Bauern oft noch 
        ihren Reis verkaufen, obwohl er ohnehin für den eigenen Bedarf nicht 
        ausreichte. Für Mißernten, selbst wenn sie durch Naturkatastrophen 
        hervorgerufen wurden, mußten die Bauern allein aufkommen. Von den 
        Bauern wurde verlangt, daß sie ihre Pflichtprodukte auf eigene Kosten 
        bis zu den Lagerhäusern transportierten. Außerdem wurden noch 
        unentgeltliche Arbeitsleistungen für öffentliche Einrichtungen 
        und für den Festungsbau von ihnen verlangt. 
        Nach vierzig Jahren dieses Kulturensystems hatten die Holländer 800 
        Millionen holländische Gulden an Profiten eingesteckt, etwa so viel, 
        wie in der Periode des Handelskapitals 200 Jahre Ausbeutung unter der 
        Holländisch-Ostindischen Kompanie eingebracht hatten. In der imperialistischen 
        Periode im 20. Jahrhundert, vor der Wirtschaftskrise von 1929, konnten 
        die holländischen lmperialisten eine solche Summe allerdings schon 
        in einem einzigen Jahr herausholen. 
        In diesem räuberischen Kulturensystem spielten die Großgrundbesitzer, 
        die Klasse der feudalen Grundbesitzer, die Vermittlerrolle. Daneben erhielten 
        sie nach wie vor ihre feudalen Tribute und preßten die Bauern zur 
        Fronarbeit. Den holländischen Kolonialherren waren die Beamten, ob 
        hoch oder niedrig, zu unbeschränkten persönlichen Diensten verpflichtet. 
        Das ging so weit, daß den Residenten (den holländischen Regierungsbeamten) 
        Musikkapellen und Tänzerinnen bereitgestellt werden mußten, 
        wenn sie das Land bereisten. Die einheimischen Beamten erhielten ein sehr 
        niedriges Gehalt, konnten aber ihre Positionen ausnutzen, um sich auf 
        Kosten der unbezahlten Arbeit der Bauern zu bereichern. 
        Diese schwere Ausbeutung und Unterdrückung führte überall 
        zu neuen Bauernaufständen. Viele Bauern zogen in andere Gegenden, 
        obwohl ihnen eine Verordnung verbot, ohne besondere Erlaubnis ihr Dorf 
        zu verlassen (Passierscheinsystem). Der Widerstand der Bauern, die Aufstände 
        und die Flucht von einem Gebiet in ein anderes trugen in großem 
        Maße dazu bei, das Kulturensystem zu untergraben. 
        Ein Holländer, Douwes Dekker, der 1856 zum stellvertretenden Residenten 
        in Lebak (Banten) ernannt wurde, veröffentlichte 1860 unter dem Pseudonym 
        Multatuli sein berühmtes Buch „Max Havelaar“, in dem 
        er den holländischen Kolonialismus als den Verantwortlichen für 
        die unmenschliche politische Unterdrückung und ökonomische Ausbeutung 
        mit Hilfe des Kulturensystems verurteilt. Das Buch Multatulis fand eine 
        weite Verbreitung unter den jungen Intellektuellen und auch unter den 
        Führern der Arbeiterbewegung, die sich damals in Holland zu entwickeln 
        begann. Gleichzeitig aber machte das Buch die holländische Bourgeoisie 
        darauf aufmerksam, daß die Periode des Raubs à la Kulturensystem 
        aufhören mußte, daß diese Methode für die Bourgeoisie 
        nicht mehr notwendig war und ihr mehr schaden als nutzen konnte. 
        Die Periode des Kulturensystems war die schlimmste aller Kolonialperioden 
        für den indonesischen Bauern. Niemals gelang es den Holländern 
        in dieser Zeit, die Flamme der Rebellion auszutreten. Unaufhörlich 
        brachen überall im Lande kleine Aufstände aus. Die Feudalherren, 
        die in früheren Zeiten Bauernaufstände „angeführt“ 
        hatten, unterwarfen sich nach ihrer Niederlage im Diepo-Negoro-Krieg 1825—1830 
        den Kolonialherren und zeigten niemals wieder Willen zum Widerstand. Außerhalb 
        Javas brachen noch immer Aufstände aus, aber die holländischen 
        Kolonialherren hielten ihre Positionen in diesen Teilen des Landes für 
        weniger wichtig. Zu dieser Zeit war noch nicht daran zu denken, daß 
        ein Bauernaufstand von der nationalen indonesischen Bourgeoisie oder vom 
        indonesischen Proletariat angeführt werden könnte. 
        Die industrielle Entwicklung Hollands vollzog sich langsam, weil Holland 
        ein reiches Land wie Indonesien in seinem Besitz hatte. Erst 1870 erließ 
        die Kolonialregierung das sogenannte Agrargesetz, ein Gesetz, das dem 
        privaten holländischen Kapital ermöglichte, Grund und Boden 
        in Indonesien anzukaufen. Dieses Gesetz öffnete dem holländischen 
        Privatkapital Tür und Tor zur Teilnahme an der kolonialen Ausbeutung. 
        Es war ein Wechsel vom Kolonialmonopol des Handelskapitals zur „neuen“ 
        Kolonialpolitik des Industriekapitals, ein Wechsel vom Monopol zur freien 
        Konkurrenz. Diese Zeit der freien Konkurrenz, die von 1870 bis 1895 dauerte, 
        zeichnete sich durch eine ständig wachsende Bedeutung der Kolonialbanken 
        aus. 
        Die schwere Wirtschaftskrise von 1895 trieb sehr viele Privatkapitalisten 
        in Holland in den Ruin. Die Folge war, daß das Finanzkapital die 
        Wirtschaft völlig in die Hand nahm. Also dauerte die Periode des 
        Industriekapitals auf der Grundlage der freien Konkurrenz in Indonesien 
        nicht lange, nur etwa 25 Jahre von 1870 bis 1895. Der Periode der freien 
        Konkurrenz folgte 1895 die Ära des Imperialismus. Es ist die Ära, 
        in der das Finanzkapital, die Verschmelzung des Industrie- und Bankkapitals, 
        die ausschließliche Herrschaft über das wirtschaftliche und 
        politische Leben in Indonesien auszuüben begann.  
        Die holländischen Imperialisten unternahmen zwei wichtige Schritte, 
        um die Zukunft des Kapitals, das sie aus Europa exportiert hatten, zu 
        sichern: Sie eroberten erstens das gesamte Territorium Indonesiens politisch 
        und militärisch und studierten zweitens alle Möglichkeiten, 
        die sich für ein unbeschränktes Wachstum ihres Kapitals boten. 
        Diese Schritte entsprachen dem Übergang vom vormonopolistischen Kapitalismus 
        zum Monopolkapitalismus, zur Periode der Herrschaft des Finanzkapitals. 
        Dieser Übergang war nicht zu trennen von dem sich ständig verschärfenden 
        Kampf zwischen den Imperialisten um die Aufteilung der Welt. Das Finanzkapital 
        war bemüht, wo es nur konnte und mit allen zur Verfügung stehenden 
        Mitteln, so viel Land wie nur möglich an sich zu reißen, denn 
        es mußte mit den potentiellen Rohstoffquellen rechnen. Jeder imperialistische 
        Staat fürchtete, in dem erbitterten Kampf um die letzten noch verfügbaren 
        Landfetzen ins Hintertreffen zu geraten, und erstrebte eine Neuaufteilung 
        jener Gebiete, die schon verteilt waren. 
        Um ganz Indonesien unter holländische Herrschaft zu bringen, führten 
        die Holländer Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts ausgedehnte 
        Kolonialkriege. Es gelang ihnen schließlich, ihre Herrschaft auf 
        Bali, Lombok, Sumbawa, Dompo, Flores, Bone, Bandjarmasin, Jambi, Riau, 
        Tapanuli, Atjeh und andere Gebiete auszudehnen. Um höchste Profite 
        zu gewährleisten, unternahm die holländische Regierung geologische, 
        geographische, botanische, biologische und andere Forschungen und studierte 
        auch die Gebräuche, Sprachen und Religionen, die Kultur und Geschichte 
        der Nationalitäten. 
        So zerstörte zwar der Imperialismus den staatlichen Monopolismus 
        des Kulturensystems, setzte aber an seine Stelle ein neues Monopol, das 
        Monopol des Finanzkapitals. Da die Holländer militärisch schwach 
        waren und Indonesien nicht mit Waffengewalt verteidigen konnten, mußten 
        sie ab 1905 eine Politik der offenen Tür verfolgen, eine Politik, 
        die Indonesien den Kapitalisten aller Länder, besonders den britischen 
        und amerikanischen Kapitalisten, als Ausbeutungsobjekt zugänglich 
        machte. Die holländischen Imperialisten rechneten, daß ihnen 
        eine solche Politik zwei Vorteile bringen werde: l. erhöhte Profite 
        aus den imperialistischen Unternehmen und 2. gemeinsame Maßnahmen 
        der imperialistischen Staaten zur Verteidigung ihrer Interessen in Indonesien. 
        Eine solche Lage gab den holländischen Imperialisten gleichzeitig 
        die Möglichkeit, die übrigen imperialistischen Staaten gegeneinander 
        auszuspielen, um zu verhindern, daß einer von ihnen die Herrschaft 
        in Indonesien an sich risse. An die Stelle der alten Sklaverei des Kulturensystems 
        setzte der Imperialismus eine neue Form der Sklaverei, die unter anderem 
        „Sanktionen“ vorsah, das heißt Verordnungen zur Bestrafung 
        all jener, die im Rahmen des Systems zur Bereitstellung billiger Arbeitskräfte 
        für die ausländischen Unternehmungen vertragsbrüchig würden. 
        Da Indonesien in der vorimperialistischen Ära völlig ruiniert 
        und ausgeblutet worden war, mußte der Imperialismus erst die Grundlagen 
        für ein modernes Ausbeutungssystem, für eine intensivere und 
        systematischere Ausbeutung des Volkes und des Reichtums von Indonesien 
        schaffen. Vom ersten Augenblick der imperialistischen Ära an verfolgte 
        die holländisch-ostindische Regierung eine, wie sie sagte, „ethische 
        Politik“, eine Politik, die unter anderem die Verringerung der Zwangsarbeit, 
        die Einführung eines Gesundheitswesens, eine geringfügige Erweiterung 
        der Bewässerungsanlagen, die Errichtung von Grundschulen, Lehrerbildungsanstalten, 
        technischen Schulen, Mittelschulen und ähnliches vorsah, um den Bedarf 
        des Imperialismus an Arbeitskräften und billigen, aber ausreichend 
        gebildeten einheimischen Angestellten zu decken. 
        Unter imperialistischer Herrschaft war Indonesien eine billige Rohstoffquelle, 
        eine Quelle billigster Arbeitskraft, ein Absatzmarkt für die Produkte 
        der imperialistischen Länder (Holland, England, die Vereinigten Staaten, 
        Japan, Frankreich, Italien und andere Länder) und ein Gebiet zur 
        Investition ihres Kapitals. 
        Die Kolonialpolitik der Imperialisten war keineswegs darauf gerichtet, 
        die Industrie in Indonesien zu fördern, sondern sie diente ausschließlich 
        der Entwicklung der Industrie in ihren eigenen Ländern. Die Imperialisten 
        widersetzten sich heftig der industriellen Entwicklung Indonesiens. Deshalb 
        entwickelte sich hier im Gegensatz zu Europa die Handwerkskunst des Volkes 
        nicht zur modernen Industrie. 
        Indonesische Unternehmen blieben auf einen sehr engen Wirkungskreis beschränkt, 
        zum Beispiel das Flechten von Hüten, Matten und Körben, die 
        Herstellung von Batikstoffen und Kretek-Zigaretten. Am weitesten entwickelt 
        waren die Batikbetriebe, von denen einige mehrere Dutzend, ja sogar Hunderte 
        von Arbeitern beschäftigten. Diese Betriebe waren weitgehend von 
        den ausländischen Importeuren in Indonesien abhängig, bei denen 
        sie die Materialien für ihre Industrie beziehen mußten. Auch 
        die Zigarettenbetriebe waren von ausländischen Importeuren abhängig 
        und mußten außerdem einen schweren Kampf gegen die europäische 
        Konkurrenz führen. Die größeren Batik-und Kretek-Betriebe 
        waren meist Eigentum von Arabern, Chinesen oder Europäern. 
        Angesichte der imperialistischen Politik war es fast unmöglich, die 
        nationale Industrie mit modernen Maschinen auszurüsten. Vor allem 
        dieser Umstand hat es Indonesien so schwer gemacht, im zweiten Weltkrieg 
        und während der Revolution von 1945 bis 1948 seinen Bedarf an Industriewaren 
        zu decken. 
        Indonesien hat alle Voraussetzungen, ein starkes, modernes Industrieland 
        zu werden, denn es ist reich an Kohle, Eisenerz, Erdöl, Zinn, Bauxit, 
        Mangan, Kupfer, Chrom, Quecksilber, Jod, Asphalt, Gold, Silber, Zink, 
        Uran und anderen Bodenschätzen. Aber die Imperialisten sorgten dafür, 
        daß Indonesien kein Industrieland wurde. Ihre Eisenbahnen, Straßen 
        und Häfen in Indonesien waren dazu bestimmt, die Erzeugnisse des 
        Landes davonzuschleppen und außerdem die Beweglichkeit der zum Schutz 
        des Kolonialsystems eingesetzten Truppen zu gewährleisten. Was an 
        Industriebetrieben errichtet wurde, diente lediglich Reparaturzwecken 
        und der Veredlung für den Export bestimmter Rohstoffe. Zu den fortgeschrittensten 
        Industriebetrieben der Imperialisten gehörten der Bergbau (Erdöl, 
        Zinn, Bauxit, Kohle usw.), außerdem Zuckerfabriken, Reismühlen, 
        Betriebe zur Verarbeitung von Tee, Kaffee, Kokosöl, Tabak und anderen 
        Produkten. 
        Dieser imperialistischen Beherrschung Indonesiens ist es zuzuschreiben, 
        daß die koloniale Gesellschaft im Lande folgende Merkmale aufwies: 
        Die Grundlage der natürlichen Bedarfswirtschaft war zerstört, 
        mit anderen Worten, es wurde für den Markt produziert, aber die Ausbeutung 
        der Bauern durch den Großgrundbesitzer — die gesellschaftliche 
        Grundlage der feudalen Ausbeutung—blieb. Die feudale Ausbeutung 
        hatte sich mit der Ausbeutung des ausländischen Kapitals, der Kompradoren 
        und der Wucherer, die eine entscheidende Position im sozialökonomischen 
        Leben Indonesiens einnahm, verflochten. Aus dem feudalen Indonesien war 
        ein halbfeudales Indonesien geworden. 
        Der Spielraum für die Entwicklung eines nationalen Kapitalismus war 
        sehr eng, so daß dieser niemals eine große Rolle im politischen, 
        ökonomischen und kulturellen Leben Indonesiens gespielt hat. Während 
        der japanischen Besetzung konnte die nationale Bourgeoisie etwas Einfluß 
        gewinnen, weil die Japaner gezwungen waren, sie zu ihrem Helfer zu machen. 
        Trotz allem ist die nationale Bourgeoisie Indonesiens auch heute noch 
        in politischer, ökonomischer und kultureller Hinsicht sehr schwach. 
        Im modernen Indonesien war zwar die Macht der autokratischen Könige 
        gebrochen, das bedeutete jedoch nicht, daß die Feudalherren nun 
        keine Rolle im kolonialen Regime mehr gespielt hätten. Die Feudalherren, 
        das heißt die Adligen und Großgrundbesitzer, waren stets ein 
        wichtiges Instrument in den Händen der Imperialisten zur Verewigung 
        ihrer ökonomischen Ausbeutung und politischen Unterdrückung 
        des Volkes. Kolonialmacht bedeutet Diktatur der ausländischen Großbourgeoisie 
        und der einheimischen Feudalklasse. Durch diese Diktatur beherrschte die 
        ausländische Beourgeoisie Indonesien nicht nur finanziell und ökonomisch, 
        sondern auch militärisch und politisch. 
        Die ausländischen Imperialisten benutzten auch die Waffe der Kultur, 
        um den Widerstandswillen des indonesischen Volkes zu brechen. Ihre kulturelle 
        Tätigkeit war darauf gerichtet, im Volk ein Gefühl der eigenen 
        Minderwertigkeit heranzuzüchten und sich in Lobeshymnen auf die Ausländer 
        und ihre Agenten zu ergehen. Dem indonesischen Volk wurde eingeimpft, 
        es sei unfähig, und nur die Ausländer seien gut und weise. Es 
        wurde erklärt, nur wer in Europa, besonders in Holland, studiert 
        habe, könne eine Position, einen guten Namen und Reichtum erwerben. 
        Die imperialistische und feudale Ausbeutung zur Zeit der holländischen 
        Herrschaft und besonders während der japanischen Besetzung stieß 
        das indonesische Volk, vor allem die Bauern, in immer tiefere Armut. Es 
        litt Hunger, war schlecht gekleidet und wohnte schlecht. 
        Die heutige indonesische Gesellschaft ist halbkolonial und halbfeudal 
        Der Grundwiderspruch in der modernen indonesischen Gesellschaft, der Widerspruch 
        zwischen dem Imperialismus und dem indonesischen Volk, erreichte mit dem 
        Ausbruch der nationalen Revolution im August 1945 einen Höhepunkt. 
        Das indonesische Volk nahm den Kampf um die nationale Unabhängigkeit 
        in die eigene Hand. In dieser Revolution führte das Volk einen heldenhaften 
        Kampf gegen seinen Hauptfeind, den Imperialismus. Aber der andere gefährliche 
        Feind, die feudalen Großgrundbesitzer, die wichtigste gesellschaftliche 
        Stütze des Imperialismus, wurde nicht gestürzt. Das bedeutet, 
        daß die Hauptkraft der indonesischen Revolution, die Bauern, nicht 
        genügend aufgerüttelt und in die Revolution einbezogen wurde. 
        Daß die beiden Hauptaufgaben, die antiimperialistische Aufgabe der 
        nationalen Revolution und die antifeudale Aufgabe der demokratischen Revolution 
        voneinander getrennt wurden, ist der wichtigste Grund für das Scheitern 
        der Augustrevolution. 
        Im Programm der Kommunistischen Partei Indonesiens heißt es unter 
        anderem: 
        „Die Aufgaben der nationalen Befreiung und der demokratischen Umgestaltung 
        sind in Indonesien noch nicht durchgeführt. Das Sehnen des indonesischen 
        Volkes nach voller nationaler Unabhängigkeit, nach demokratischen 
        Freiheiten und nach einem besseren Leben ist noch nicht Wirklichkeit geworden.“ 
        Weiter heißt es im Programm der Kommunistischen Partei Indonesiens: 
        „Die Vereinbarung, die auf der Konferenz am Runden Tisch (Round 
        Table Conference) von der Regierung Hatta und der holländischen Regierung 
        am 2. November 1949 unterzeichnet wurde, legte für Indonesien den 
        Status eines halbkolonialen Landes fest. Die sogenannte Übergabe 
        der Souveränität, die am 27. Dezember 1949 laut dieser Vereinbarung 
        vollzogen wurde, sollte im indonesischen Volk die Illusion wecken, daß 
        Indonesien nunmehr ein völlig unabhängiges Land und die ,Übergabe 
        der Souveränität unwiderruflich, vollständig und bedingungslos' 
        sei.“ Tatsächlich aber stellte die Regierung Hatta mit der 
        Unterzeichnung des Abkommens die imperialistische Macht der Holländer 
        wieder her. 
        Mit Hilfe der Vereinbarung der Konferenz am Runden Tisch versuchten die 
        indonesischen Reaktionäre, die völlig vor den Imperialisten 
        kapituliert hatten, die nationale Unabhängigkeitsbewegung und die 
        demokratische Bewegung des indonesischen Volkes zum Stillstand zu bringen 
        und zu unterdrücken. Sie erreichten aber nur das Gegenteil. Unter 
        dem Druck der Volksmassen kündigte die indonesische Regierung im 
        April 1956 in einer einseitigen Erklärung die Vereinbarung der Konferenz 
        am Runden Tisch und erklärte etwas später auch alle „Schulden“ 
        Holland gegenüber für null und nichtig. Obwohl dies wichtige 
        politische Schritte waren, die der wachsenden antiimperialistischen Einstellung 
        der Massen entsprachen, führten sie keine entscheidende Veränderung 
        in der indonesischen Gesellschaft herbei. 
        Die Kündigung der Vereinbarung bedeutete, daß das indonesische 
        Volk im wesentlichen die politische Unabhängigkeit für 80 Prozent 
        seines Territoriums erreicht hatte, während auf den restlichen 20 
        Prozent des Territoriums, in West-Irian, nach wie vor die holländischen 
        Kolonialherren herrschen und die politische Unabhängigkeit noch nicht 
        errungen ist. Von einer uneingeschränkten und stabilen politischen 
        Unabhängigkeit des indonesischen Volkes kann jedoch nicht die Rede 
        sein. Noch genießt Indonesien nur eine halbe, ständig von den 
        Reaktionären bedrohte Unabhängigkeit. Die indonesischen Reaktionäre, 
        die mit den holländischen, amerikanischen und anderen Imperialisten 
        zusammenarbeiten, machen alle Anstrengungen, die politische Unabhängigkeit 
        des Volkes einzudämmen und zu zerstören. Darüber hinaus 
        versucht die nationale Bourgeoisie, der politischen Unabhängigkeit 
        der Arbeiterklasse und anderer fortschrittlicher Kräfte Grenzen zu 
        ziehen. 
        Ganz klar zeigt sich der halbkoloniale Charakter der indonesischen Gesellschaft 
        in der Tatsache, daß Indonesien auf ökonomischem Gebiet noch 
        nicht unabhängig ist. Die Imperialisten (die großen ausländischen 
        Kapitalisten) sind in der indonesischen Wirtschaft auch heute noch vorherrschend. 
        Sie nutzen ihre Herrschaftspositionen in der Wirtschaft aus, um mit Hilfe 
        ihrer Lakaien auch in die Entscheidung der politischen Fragen Indonesiens 
        einzugreifen. Die imperialistischen Gesellschaften wie Bataafsche Petroleum 
        Mij. (eine Tochtergesellschaft der Royal Dutch-Shell), Caltex Pacific 
        Petroleum Mij. und Standard Vacuum haben die Erdölreserven unseres 
        Landes in der Hand. Ein großer Teil des Bodens wird von ausländischen 
        Grundstücksgesellschaften beherrscht, und in der Schiffahrt herrscht 
        die Holländisch-Königliche Schiffahrtsgesellschaft vor. Über 
        den Außen-und Binnenhandel bestimmen nach wie vor die meist als 
        die „fünf Großen“ bezeichneten Firmen Internationale 
        Crediet-en Handelsvereeniging „Rotterdam“, Borneo Sumatra 
        Handel Mij., Jacobson van den Berg & Co., Lindeteves-Stoviks und Geo 
        Wehry & Co. Wichtige Einrichtungen, zum Beispiel das Verkehrswesen, 
        liegen völlig oder zu einem großen Teil in der Hand der großen 
        ausländischen Kapitalisten. Die großen Banken, die Indonesiens 
        Wirtschaft beherrschen, zum Beispiel die Factorij, die Handelsbank, die 
        Escompto, die Chartered Bank, die Great Eastern Bank und andere, sind 
        ausnahmslos im Besitz der holländischen Kolonialherren und anderer 
        Imperialisten. 
        Die ökonomische Politik der Imperialisten ist heute im Prinzp die 
        gleiche wie zur Kolonialzeit. Die Imperialisten führen ihre alten 
        Unternehmen weiter und haben neue eröffnet. Das bedeutet, daß 
        sie sich indonesische Rohstoffe aneignen, den natürlichen Reichtum 
        Indonesiens ausbeuten und billige indonesische Arbeitskraft benutzen. 
        Sie üben einen wirtschaftlichen Druck auf unsere nationale Industrie 
        aus, sowohl auf die staatlichen Betriebe wie auf die der nationalen Bourgeoisie. 
        Sie stehen der Entwicklung der Produktivkräfte in unserem Lande im 
        Wege. Daß die Banken, die Finanzen und die Waren in den Händen 
        der Imperialisten liegen, spielt eine entscheidende Rolle im heutigen 
        Wirtschaftsleben unseres Landes. 
        Um ihr Kapital zu schützen und ihre Ausbeutung der breiten Massen 
        der Bauern und anderer Schichten des Volkes zu erleichtern, benutzen die 
        Imperialisten die Kompradoren und Wucherer, die ihr Ausbeutungsnetz von 
        den großen Handelsstädten an der Küste über die kleineren 
        Städte im Inneren bis in die entlegensten Dörfer spannen. Die 
        Klasse der Kompradoren ist eine Schöpfung des Imperialismus, ein 
        Helfer der Imperialisten zur Ausbeutung des Volkes. Die Kompradoren dienen 
        nicht den Interessen der Imperialisten schlechthin, sondern jeder Komprador 
        ist mit einer bestimmten imperialistischen Gruppe verbunden und hilft 
        ihr, politische Macht zu erlangen. Die Imperialisten haben ihre Kompradoren 
        in den bürgerlichen Parteien Indonesiens und erreichen dadurch, daß 
        diese Parteien als treue Diener der imperialistischen Interessen handeln. 
        Auf dem Umweg über die bürgerlichen Parteien und unter dem Vorwand, 
        die Interessen der „Religion“ und der „Ideologie“ 
        wahren zu wollen, sind die Kompradoren in die Regierung, das Parlament 
        und den Verwaltungsapparat eingedrungen, um im Auftrag ihrer imperialistischen 
        Herren die Einheit des Volkes zu sprengen und das Wachstum der fortschrittlichen 
        Kräfte unter der Führung der Kommunistischen Partei zu hintertreiben. 
        Neben der ökonomischen Macht der Imperialisten gibt es auch noch 
        starke Überreste des Feudalismus, zu denen vor allem folgende gehören: 
        l. das ausschließliche Eigentumsrecht des Großgrundbesitzers 
        auf den Boden, den der Bauer bestellt. Die große Masse der Bauern 
        besitzt keinen eigenen Boden und ist daher gezwungen, den Boden zu den 
        vom Großgrundbesitzer gestellten Bedingungen zu pachten; 
        2. die Entrichtung der Pacht in Naturalien, die einen großen Teil 
        der Ernte des Bauern verschlingt. Die Folge ist eine fortschreitende Verelendung 
        der großen Masse der Bauern; 
        3. das System der Pachtzahlung in Form von Arbeitsleistungen auf den Feldern 
        des Großgrundbesitzers, das den Bauern fast in den Zustand eines 
        Sklaven versetzt; 
        4. die wachsende Verschuldung, die einen großen Teil der Bauern 
        zu Boden drückt und zum Schuldsklaven der Großgrundbesitzer 
        macht. 
        Dem Weiterbestehen starker feudaler Überreste ist es zuzuschreiben, 
        daß die landwirtschaftlichen Methoden rückständig sind, 
        daß die große Mehrheit der Bauern verelendet, daß der 
        Binnenmarkt immer mehr zusammenschrumpft und das Land nicht in der Lage 
        ist, die Industrialisierung zu vollziehen. Wachsende Verelendung und Unterdrückung 
        der nationalen Industrie und der nationalen Kultur, das also hat die doppelte 
        Unterdrückung durch den Imperialismus und Feudalismus Indonesien 
        gebracht. 
        Der Hauptwiderspruch in der modernen indonesischen Gesellschaft ist der 
        Widerspruch zwischen dem Imperialismus und der indonesischen Nation und 
        der Widerspruch zwischen dem Feudalismus und den breiten Massen des Volkes, 
        vor allem den Bauern. Daneben bestehen natürlich auch noch andere 
        Widersprüche, wie der Widerspruch zwischen Bourgeoisie und Proletariat, 
        Widersprüche zwischen den reaktionären Kräften selbst und 
        Widersprüche zwischen den verschiedenen imperialistischen Mächten. 
        Wie dem aber auch sei, der Hauptwiderspruch ist der Widerspruch zwischen 
        dem Imperialismus und der indonesischen Nation. Die Kämpfe, die sich 
        aus diesen Widersprüchen ergeben, und die sich ständig vertiefenden 
        Widersprüche innerhalb einer halbkolonialen und halbfeudalen Gesellschaft 
        werden zweifellos zu einer Weiterentwicklung der revolutionären Bewegung 
        führen, denn die indonesische Revolution ist aus diesen Widersprüchen 
        hervorgegangen und herangewachsen. 
        Das sind die Schlußfolgerungen, die wir aus den Merkmalen einer 
        halbkolonialen und halbfeudalen Gesellschaft ziehen können. Die heutige 
        indonesische Gesellschaft hat sich gegenüber der Lage vor der Augustrevolution 
        1945 nicht grundlegend gewandelt. Das ist darauf zurückzuführen, 
        daß die Augustrevolution die beiden Aufgaben der Revolution, die 
        antiimperialistische nationale Revolution und die demokratische antifeudale 
        Revolution, nicht gleichzeitig in Angriff nahm. So blieb die Augustrevolution 
        unvollendet. Noch heute herrscht der Imperialismus in Indonesien, und 
        auch die wichtigste gesellschaftliche Basis der imperialistischen Macht, 
        die Klasse der Grundbesitzer, ist nicht gestürzt worden. 
      
     
      
       Die indonesische Revolution 
         
        Die revolutionäre Bewegung Indonesiens im 20. Jahrhundert 
        Seit der Auflösung der Holländisch-Ostindischen Kompanie im 
        Jahre 1798 übte die holländische Regierung die direkte und offizielle 
        Macht in Indonesien aus. Mit Ausnahme der britischen Herrschaftsperiode 
        von 1811 bis 1816 herrschte die holländische Regierung bis zu ihrer 
        Vertreibung durch die japanischen Truppen am 9. März 1942 despotisch 
        über Indonesien. 
        Mit dem Prozeß der kolonialen Unterwerfung Indonesiens vollzog sich 
        aber gleichzeitig beim indonesischen Volk ein Prozeß des Kampfes 
        gegen den holländischen Kolonialismus und seine Agenten. Nur mit 
        den größten Schwierigkeiten gelang es der holländischen 
        Regierung, die bewaffneten Aufstände in Ambon, Java, Sumatra, Bali, 
        Lombok, Kalimantan, Sulawesi und an vielen anderen Orten zu unterdrücken. 
        Zu den erbittertsten Kämpfen gehörten der Aufstand von Ambon 
        unter der Führung Pattimuras im Jahre 1817, der javanische Krieg 
        von 1825—1830 unter der Führung Diepo Negoros und der Paderi-Krieg 
        in Sumatra von 1830 bis 1839 unter der Führung Iman Bondjols. Die 
        Aufstandsbewegung in Atjeh konnte von den Holländern erst nach einem 
        vierzigjährigen ständigen Krieg von 1873 bis 1913 unterdrückt 
        werden. 
        Anfang des 20. Jahrhunderts begannen sich mit dem Aufstieg neuer Klassen, 
        der Arbeiterklasse und der nationalen Bourgeoisie, und unter dem Eindruck 
        der russischen Revolution von 1905 in der revolutionären Bewegung 
        Indonesiens neue Kampfformen zu entwickeln. Die russische Revolution trug 
        in starkem Maße dazu bei, die Völker Asiens aufzurütteln. 
        Auch in Indonesien begannen sich die unterdrückten Klassen zu organisieren. 
        Noch im selben Jahr entstand in Indonesien die erste Gewerkschaft, der 
        Verband der Eisenbahnarbeiter. 1908 bildete eine Gruppe von Intellektuellen 
        in Java die Organisation Budi Utomo. Überall entstanden örtlich 
        begrenzte Jugend- und Stu-dentenorganisationen. 
        Indonesische Studenten in Holland bildeten 1908 die Indische Vereniging, 
        die 1922 den Namen Indonesische Vereniging erhielt und sich schließlich 
        1925 Perhimpunan Indonesia nannte. Die Perhimpunan Indonesia war eine 
        eindeutig politische Organisation, die Unabhängigkeit für Indonesien 
        forderte. 
        Im Jahre 1911 bildeten bürgerliche Kaufleute die Serikat Dagang Islam 
        (Union mohammedanischer Kaufleute), die sich 1912 den neuen Namen Serikat 
        Islam (Mohammedanische Union) gab. 1914 wurde die Indische Sociaal-Democratische 
        Vereniging, die erste politische Organisation indonesischer Marxisten, 
        gegründet. Die Große Sozialistische Oktoberrevolution 1917 
        hatte einen großen Einfluß auf das indonesische Proletariat 
        und besonders auf die Sozialdemokratische Vereinigung. Mitte November 
        1918 wurde eine einheitliche Orgnisation der Nationalen Front gegründet, 
        die Radicale Concentratie, der die Mohammedanische Union, die Budi Utomo, 
        die Insulinde, die Pasundan und die Sozialdemokratische Vereinigung angehörten. 
        Diese Radicale Concentratie erhob die Forderung nach einer Verfassung 
        und einem Parlament. 
        Am 23. Mai 1920 bildete sich die Sozialdemokratische Vereinigung zur Kommunistischen 
        Partei Indonesiens um. 
        Schon bald war der Einfluß der Kommunistischen Partei weit und breit 
        beim Volk zu verspüren, das schwer unter der wirtschaftlichen Ausbeutung 
        und politischen Unterdrückung des holländischen Imperialismus 
        litt. Die Krise in Indonesien verschärfte sich, die Lebensbedingungen 
        wurden immer schlechter, der Widerstand der unorganisierten Bevölkerung 
        immer größer. Unter diesen Umständen häuften sich 
        die Provokationen der holländischen Kolonialregierung. Streikende 
        wurden entlassen, Bauern verhaftet, von der Kommunistischen Partei und 
        der Serikat Rakjat (Union des Volkes) eröffnete Schulen geschlossen, 
        Arbeiterzeitungen verboten, Arbeiterführer verhaftet und ähnliches. 
        Gegen die Bauern organisierten die Holländer Terrorbanden wie die 
        Sarikat Hedjo (Grüne Garde). All das führte zum Ausbruch eines 
        Volksaufstandes gegen die holländische imperialistische Macht, Ende 
        1926 in Java und Anfang 1927 in Sumatra. Die Kommunistische Partei setzte 
        ihre ganze Kraft ein, um in diesem Aufstand die Führung zu übernehmen. 
        Mangelnde Vorbereitung und Unerfahrenheit sowie die Tatsache, daß 
        das indonesische Proletariat und seine Partei noch nicht die richtige 
        politische Linie hatten, sind die Ursachen für das Scheitern des 
        Aufstandes. Die Kommunistische Partei wurde in die Illegalität getrieben; 
        überall im Lande wütete der weiße Terror. 
        Nach dem Verbot der Kommunistischen Partei Indonesiens entstanden Orgnisationen 
        und politische Parteien der nationalen Bourgeoisie unter der Führung 
        revolutionärer Intellektueller, die den von der Kommunistischen Partei 
        begonnenen Kampf fortsetzten. Unter dem Eindruck des revolutionären 
        Kampfes wurde 1928 die Organisation Sumpa Pemuda (Gelöbnis der Jugend) 
        gegründet. In ihr verkörperte sich die feste Überzeugung 
        der Jugendlichen verschiedener Nationalitäten und verschiedener politischer 
        Richtungen, daß sie ein Volk mit einer Sprache in einem Vaterland, 
        Indonesien, seien. Das war ein äußerst wichtiger Schritt im 
        Bildungsprozeß der indonesischen Nation. Mit ihm gab die Jugend 
        die richtige Antwort auf die Spalterpolitik der holländischen Imperialisten. 
        Im Jahre 1933 brach wie ein Blitz aus heiterem Himmel eine Meuterei auf 
        dem holländischen Kriegsschiff „De Zeven Provincien“ 
        aus. Indonesische und holländische Seeleute übernahmen gemeinsam 
        das Kommando über das Schiff. Auch als die Kolonialregierung eine 
        Bombe auf das meuternde Schiff abwerfen ließ, blieb die Solidarität 
        zwischen den indonesischen und holländischen Seeleuten fest. Diese 
        Meuterei, obwohl sie schließlich erstickt wurde, gab Millionen unterdrückter 
        Indonesier neue Hoffnung und neues Selbstvertrauen. 
        Im März 1942 vertrieben die japanischen Imperialisten die Holländer 
        aus Indonesien. Auch während der japanischen Besetzung brach der 
        revolutionäre Kampf des indonesischen Volkes niemals ab. In den Betrieben 
        häuften sich die Sabotageakte, japanische Truppentransportzüge 
        wurden zum Entgleisen gebracht, wichtige Gebäude in die Luft gesprengt. 
        Auf dem Lande brachen organisierte Bauernaufstände aus, in Singaparna, 
        lndramaju, den Karoinseln und an anderen Orten. Auch in den Reihen der 
        Peta (Heimwehr), die unter japanischer Führung aus Indonesiern gebildet 
        worden war, kam es zu Revolten, zum Beispiel in Blitar (Ostjava). Unter 
        den Intellektuellen, den Studenten, der Jugend und den Schulkindern wuchs 
        der Widerstand. Kurz nachdem die Nachricht von der japanischen Kapitulation 
        bekannt geworden war, proklamierte das indonesische Volk am 17. August 
        1945 seine Unabhängigkeit und gründete eine Republik. 
        Die junge Republik Indonesien sah sich starken Feinden gegenüber, 
        die für sich in Anspruch nehmen konnten, soeben siegreich aus dem 
        zweiten Weltkrieg hervorgegangen zu sein, besonders die britischen und 
        holländischen Armeen, die vom amerikanischen Imperialismus unterstützt 
        worden waren. Abgesehen davon, daß sie weit bessere Waffen als die 
        Republik Indonesien besaßen, machten sich die Imperialisten auch 
        die Waffe der Politik und Diplomatie zunutze. Sie umgaben die indonesische 
        Revolution mit einem Ring von Marionettenstaaten und versuchten gleichzeitig, 
        durch reaktionäre Kräfte, die wichtige Positionen in der Republik 
        innehatten, die Revolution von innen zu sprengen. 
        Durch Intrigen und Einschüchterung gelang es den Imperialisten mit 
        Hilfe der Hatta-Clique im Januar 1948, die revolutionäre Regierung 
        der Republik zu stürzen und an ihre Stelle eine reaktionäre 
        Regierung unter der Führung Hattas zu setzen, der bis dahin den Posten 
        eines Vizepräsidenten der Republik Indonesien innegehabt hatte. Diese 
        Hatta-Regierung war es, die später Kommunisten und andere Fortschrittliche 
        verfolgen und morden ließ. Mit der als „Zwischenfall von Madiun“ 
        2) bekannt gewordenen Provokation verschaffte sich die Hatta-Regierung 
        den Anlaß zur blutigen Unterdrückung der revolutionären 
        Kräfte. Nun hatte sie freie Bahn, einen Kompromiß mit der holländischen 
        Regierung einzugehen, der unter der Oberaufsicht eines Vertreters der 
        USA rasch zustande kam. Am 2. November 1949 unterzeichneten die Hatta-Regierung 
        und die holländische Regierung die Vereinbarung der Konferenz am 
        Runden Tisch, die Indonesien in den Zustand eines halbkolonialen Landes 
        versetzte. 
        Fünzig Jahre sind vergangen, seit 1908 die ersten revolutionären 
        Organisationen des indonesischen Volkes entstanden, über dreißig 
        Jahre seit dem Aufstand von 1926, dreißig Jahre seit der Gründung 
        der Organisation „Gelöbnis der Jugend“ und weit mehr 
        als ein Jahrzehnt seit der Augustrevolution 1945, aber die Aufgabe des 
        nationalrevolutionären Kampfes ist noch nicht restlos erfüllt. 
        Die nationale Unabhängigkeit wurde nicht vollständig errungen, 
        die demokratischen Veränderungen wurden nicht vollzogen und ein besseres 
        Leben für das Volk nicht erreicht. Die Augustrevolution ist nicht 
        zu Ende geführt. Vor dem indonesischen Volk, besonders vor der indonesischen 
        Arbeiterklasse und der Kommunistischen Partei Indonesiens, steht daher 
        die Aufgabe, die Verantwortung für die Vollendung der Augustrevolution 
        in die Hand zu nehmen. 
        Um bei der Vollendung der Augustrevolution Fehler zu vermeiden oder doch 
        auf ein Mindestmaß zu beschränken, müssen wir uns völlig 
        klar über die Ziele der Revolution sein. Welches sind ihre Aufgaben? 
        Welche Kräfte treiben sie voran? Das sind die Grundfragen der indonesischen 
        Revolution, und davon soll im nächsten Kapitel die Rede sein. 
      Die Grundfragen der indonesischen Revolution 
       
        Ausgehend von der Tatsache, daß die indonesische Gesellschaft halbkolonial 
        ist, hat die Kommunistische Partei Indonesiens auf ihrem V. Parteitag 
        im März 1954 die Ziele der indonesischen Revolution in der gegenwärtigen 
        Periode festgelegt und erläutert, welche Kräfte sie vorwärtstreiben 
        und welches ihre Merkmale und Perspektiven sind. Um die Grundfragen der 
        indonesischen Revolution zu verstehen, ist eine genaue Kenntnis der indonesischen 
        Gesellschaft notwendig. Eines der Hauptverdienste des V. Parteitages der 
        Kommunistischen Partei Indonesiens besteht darin, daß er, gestützt 
        auf eine richtige Kenntnis der indonesischen Gesellschaft, die Grundfragen 
        der indonesischen Revolution darlegte: 
        A. Das Hauptziel der indonesischen Revolution in der gegenwärtigen 
        Etappe ist die Beseitigung des Imperialismus und des Feudalismus, heißt 
        es im Programm der Kommunistischen Partei Indonesiens: „Solange 
        sich die Lage in Indonesien nicht ändert, das heißt, solange 
        die Herrschaft des Imperialismus nicht überwunden ist und die Überreste 
        des Feudalismus nicht beseitigt sind, kann sich das indonesische Volk 
        nicht von Armut, Rückständigkeit, Schlendrian und Wehrlosigkeit 
        gegenüber dem Imperialismus befreien. Die Macht des Imperialismus 
        und die Überreste des Feudalismus können nicht beseitigt werden, 
        solange in Indonesien die Staatsmacht in der Hand der Großgrundbesitzer 
        und Kompradoren liegt, die mit dem ausländischen Kapital zusammenarbeiten, 
        weil sie die imperialistische Unterdrückung und die halbfeudalen 
        Zustände in unserem Lande verewigen wollen und das indonesische Volk 
        mehr als alles andere fürchten.“ 
        Wenn wir sagen, daß die Beseitigung des Imperialismus und Feudalismus 
        das Hauptziel der indonesischen Revolution ist, so bedeutet dies, daß 
        die Hauptfeinde der indonesischen Revolution gegenwärtig die Großbourgeoisie 
        der imperialistischen Länder und die Großgrundbesitzer in unserem 
        eigenen Lande sind. Das sind die Klassen, die sich verschworen haben, 
        das indonesische Volk auszubeuten. Da die imperialistische Unterdrückung 
        am schwersten und brutalsten auf dem indonesischen Volk lastet, ist der 
        Imperialismus unser größter und erbittertster Feind. 
        Die indonesische Revolution darf sich nicht darauf beschränken, gegen 
        die Bourgeoisie der imperialistischen Länder und gegen die eigene 
        Klasse der Großgrundbesitzer zu kämpfen, sondern sie muß 
        auch die indonesischen Kompradoren und Agenten des Imperialismus bekämpfen. 
        Kampf gegen die ausländischen Imperialisten ohne Kampf gegen ihre 
        Agenten, die Kompradoren, wäre nutzlos, denn die ausländischen 
        Imperialisten könnten sich nicht einen Tag halten, wenn sie nicht 
        ihr Netz von Agenten hätten, die überall eindringen, in den 
        zentralen und örtlichen Staatsapparat, in die Verwaltung, in die 
        Wirtschafts- und Finanzorgane, in die politischen Parteien, in die Massenorganisationen, 
        in die Presse, die kulturellen Institutionen und Universitäten, in 
        die Armee und Polizei, in die verschiedenen offiziellen und inoffiziellen 
        Ausschüsse, in die Forschungsinstitute, in religiöse Vereinigungen 
        und Terroristenbanden. Von diesen imperialistischen Agenten sind die einen 
        an den Geschäften ihrer ausländischen Auftraggeber beteiligt, 
        die anderen werden aus besonderen Fonds bezahlt oder auf andere Weise 
        von den Imperialisten bestochen. 
        Es ist also klar, daß die Feinde der indonesischen Revolution noch 
        stark und sehr gefährlich sind, besonders die Kombination der Imperialisten, 
        Kompradoren und Großgrundbesitzer, die im indonesischen Volk ihren 
        größten Feind sehen. Obwohl die Feinde der indonesischen Revolution 
        noch stark sind, bedeutet dies keineswegs, daß sie eine aufsteigende 
        Kraft sind; im Gegenteil, sie befinden sich in einem Zersetzungs- und 
        Fäulnisprozeß. Trotzdem wäre es ein Fehler, ihre Stärke 
        und Gefährlichkeit zu unterschätzen. 
        Der Kampf gegen die Feinde der indonesischen Revolution wird also erbittert, 
        hartnäckig und langwierig sein. Es wäre ein Fehler, ihn zu leicht 
        zu nehmen, ebenso wie es falsch wäre, anzunehmen, er könnte 
        überhastet in kürzester Frist abgeschlossen werden. 
        Unsere Taktik in der Führung dieses erbitterten, schwierigen und 
        langwierigen Ringens muß darin bestehen, den revolutionären 
        Kampf des indonesischen Volkes behutsam, und ohne Übereilung, aber 
        unbeirrt voranzutreiben. Wir müssen uns dabei stets vor zwei Abweichungen 
        hüten, vor Kapitulantentum und Abenteurertum, die beide das Ergebnis 
        kleinbürgerlicher Schwankungen sind. 
        Da die Feinde des Volkes von allen Kampfformen Gebrauch machen, müssen 
        auch wir befähigt sein, alle Kampfformen anzuwenden. Wir müssen 
        geschickt alle Möglichkeiten des offenen und legalen Kampfes ausnutzen. 
        Das 4. Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Indonesiens 
        (Ende Juli 1956) wies unter anderem darauf hin, daß wir „wachsam 
        sein müssen, daß wir uns bereit halten und das Volk in jeder 
        Hinsicht vorbereiten müssen, damit es den Reaktionären nicht 
        gelingt, den Wunsch des Volkes nach einer friedlichen mit parlamentarischen 
        Mitteln vollzogenen gesellschaftlichen Umwälzung zu hintertreiben“. 
        Natürlich beschränkt sich die Tätigkeit der Kommunistischen 
        Partei Indonesiens nicht auf die parlamentarische Arbeit, sondern ist 
        vor allem auf die Massenarbeit gerichtet, die Arbeit unter den Arbeitern, 
        Bauern, Intellektuellen und anderen werktätigen und demokratischen 
        Massen. Diese gesamte Arbeit, innerhalb und außerhalb des Parlaments, 
        hat das Ziel, das Kräfteverhältnis zwischen den Imperialisten, 
        Großgrundbesitzern und Kompradoren auf der einen und den Kräften 
        des Volkes auf der anderen Seite zu verändern. Damit die Partei ihre 
        Ziele erreichen kann, müssen wir uns bei der Anwendung dieser Kampfformen 
        vom Prinzip der Gerechtigkeit leiten lassen, müssen wir jeden Vorteil 
        wahrnehmen und genau wissen, wie weit wir gehen dürfen. Wichtig ist 
        nicht in erster Linie, wie groß die Erfolge sind, sondern daß 
        der Kampf im ganzen erfolgreich geführt wird, daß jeder Erfolg 
        die Grundlage zu neuen größeren Erfolgen bildet. 
        Das bedeutet also, daß im Zuge der langwierigen Arbeit um die Mobilisierung 
        aller Kräfte zum Kampf gegen den noch starken Feind demagogisches 
        Geschrei und hastige, unüberlegte Aktionen die indonesische Revolution 
        ihrem Ziel keinen Schritt näher bringen werden. Was unsere Partei, 
        von allen Mitgliedern, besonders von den Funktionären verlangt, ist 
        Beharrlichkeit und geduldige harte Arbeit. 
        B. Zu den Aufgaben der indonesischen Revolution. Das Programm der Kommunistischen 
        Partei Indonesiens legt dar, daß es Aufgabe der indonesischen Revolution 
        ist, eine Volksregierung zu schaffen, die „zunächst keine sozialistischen, 
        sondern demokratische Veränderungen herbeiführt. Es wird eine 
        Regierung sein, die fähig ist, alle antiimperialistischen und antifeudalen 
        Kräfte zu vereinen, sie wird das Land kostenlos den Bauern übereignen; 
        sie wird dem Volk seine demokratischen Rechte verbürgen und wird 
        fähig sein, die nationale Industrie und den Handel vor der ausländischen 
        Konkurrenz zu schützen, den Lebensstandard der Werktätigen zu 
        erhöhen und die Arbeitslosigkeit abzuschaffen. Kurz gesagt, es wird 
        eine Regierung des Volkes sein, die für die nationale Unabhängigkeit 
        und die Entwicklung Indonesiens auf demokratischem und fortschrittlichem 
        Wege bürgen kann.“ 
        Die wichtigste Aufgabe ist der Kampf gegen die beiden Feinde, das heißt, 
        die Vollendung der nationalen Revolution zum Sturz des Imperialismus, 
        des äußeren Feindes, und die Durchführung der demokratischen 
        Revolution zum Sturz der Großgrundbesitzer im eigenen Lande. Von 
        diesen beiden Aufgaben ist die nationale Revolution zum Sturz des Imperialismus 
        die wichtigste. 
        Das bedeutet jedoch nicht, daß die beiden Hauptaufgaben der indonesischen 
        Revolution jede für sich allein gelöst werden könnten. 
        Im Gegenteil, diese beiden Aufgaben sind eng miteinander verbunden. Ohne 
        den Sturz des Imperialismus kann die Klasse der Großgrundbesitzer 
        nicht gestürzt werden, weil der Imperialismus die wichtigste Stütze 
        für die Großgrundbesitzer ist. Da aber andererseits die Großgrundbesitzer 
        die wichtigste gesellschaftliche Basis der imperialistischen Macht über 
        Indonesien sind, wird man die Kräfte des Imperialismus nicht stürzen 
        können, ohne auch die Kräfte der feudalen Grundherren zu stürzen. 
        Die Großgrundbesitzer können nur gestürzt werden, wenn 
        es die Arbeiterklasse versteht, die Hauptkräfte der Revolution, die 
        Massen der Bauern, zu mobilisieren, wenn sie den Bauern hilft, die Großgrundbesitzer 
        zu stürzen. Daraus geht klar hervor, daß die antifeudale Front 
        der Arbeiter und Bauern die Grundlage für die antiimperialistische 
        nationale Front ist. Die beiden Aufgaben der indonesischen Revolution 
        unterscheiden sich also voneinander, sind aber gleichzeitig eng miteinander 
        verbunden. 
        Der Gedanke, „zunächst die nationale Revolution zu vollenden“ 
        und erst dann, „nach Vollendung der nationalen Revolution, die antifeudale 
        demokratische Revolution in Angriff zu nehmen“, ist falsch und gefährlich. 
        Die „nationale Revolution vollenden“, ohne für die Befreiung 
        der Bauern von den Überresten des Feudalismus zu kämpfen, bedeutet, 
        die Bauern von der Revolution fernhalten, sie nicht für die Revolution 
        gewinnen. Dieser Fehler wird im wesentlichen von dem Wunsch diktiert, 
        die Positionen der Großgrundbesitzer unangetastet zu lassen. Die 
        Verfechter dieser Idee behaupten, man dürfe die Großgrundbesitzer 
        nicht antasten, weil sie sonst die antiimperialistische nationale Front 
        verlassen und sich gegen die Revolution wenden würden. Dieses Argument 
        ist völlig unbegründet. Wollten wir eine solche Politik betreiben, 
        so erreichten wir dadurch keineswegs eine nennenswerte Stärkung der 
        nationalen Front durch die Großgrundbesitzer. Auf der anderen Seite 
        verlören wir aber die Bauern, die Hauptkraft der Revolution, denn 
        es ist unmöglich, sie zum Kampf gegen den Imperialismus aufzurütteln 
        und zu mobilisieren, wenn nicht mit ihrem unmittelbaren Feind, mit dem 
        Großgrundbesitzer, abgerechnet wird und wenn dieser ungehindert 
        den Bauern weiter ausbeuten und unterdrücken darf. Ohne die Bauern 
        zu mobilisieren und für den Kampf zu gewinnen, kann die nationale 
        Revolution nicht vollendet werden. 
        Die Partei hat ein Programm zur Vollendung der Augustrevolution. Sie will 
        die Zusammenarbeit zwischen der Kommunistischen Partei Indonesiens und 
        allen Parteien, die Zusammenarbeit mit allen demokratischen und patriotischen 
        Gruppen und Einzelpersonen zur Verwirklichung aller Forderungen der Augustrevolution. 
        Neben der Propagierung ihres allgemeinen Programms ist die Kommunistische 
        Partei Indonesiens aber auch bemüht, das Volk auf der Grundlage seiner 
        unmittelbaren täglichen ökonomischen und politischen Forderungen 
        zu vereinen, und diese konkreten Forderungen zur Plattform für die 
        gegenwärtige Zusammenarbeit mit allen demokratischen und patriotischen 
        Parteien, Gruppen und Individuen zu machen. Die politische Forderung, 
        die heute am besten geeignet ist, das Volk zu vereinen, ist die Forderung 
        nach einer hundertprozentigen Verwirklichung der Konzeption Präsident 
        Sukarnos, mit deren Verwirklichung ein wichtiger Schritt auf dem Wege 
        zum strategischen Ziel der indonesischen Revolution, zur Vollendung der 
        Augustrevolution, getan wäre. 
        C. Zu den vorwärtstreibenden Kräften der indonesischen Revolution 
        heißt es in dem Programm der Kommunistischen Partei Indonesiens: 
        „Die vorwärtstreibenden Kräfte der indonesischen Revolution 
        sind die Arbeiterklasse, die Bauern, das Kleinbürgertum und andere 
        demokratische Kräfte, deren Interessen durch den Imperialismus geschädigt 
        werden.“ Sie alle bilden die fortschrittlichen Kräfte der indonesischen 
        Gesellschaft. Die Frage nach den vorwärtstreibenden Kräften 
        der Revolution ist die Frage danach, welche Klassen und Schichten der 
        indonesischen Gesellschaft beharrlich gegen Imperialismus und Feudalismus 
        kämpfen. Die Frage nach der grundlegenden Taktik der indonesischen 
        Revolution kann nur richtig beantwortet werden, wenn hierüber völlige 
        Klarheit herrscht. 
        Im Programm, der Kommunistischen Partei Indonesiens wird „die Vereinigung 
        der Arbeiter und Bauern, des Kleinbürgertums und der nationalen Bourgeoisie 
        zu einer nationalen Front“ gefordert. Die nationale Front ist der 
        Zusammenschluß der fortschrittlichen und gemäßigten Kräfte. 
        Die gemäßigten Kräfte sind im wesentlichen die Angehörigen 
        der nationalen Bourgeoisie. 
        Das Programm der Kommunistischen Partei Indonesiens sieht den Weg aus 
        der halbkolonialen und halbfeudalen Lage Indonesiens in einer „Kräfteverschiebung 
        zwischen den Imperialisten, Großgrundbesitzern und Kompradoren einerseits 
        und dem Volk andererseits. Zu diesem Zweck muß man die Massen, vor 
        allem die Arbeiter und Bauern, aufrufen, mobilisieren und organisieren.“ 
        Das 4. Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Indonesiens 
        stellte unter anderem fest, daß es in der indonesischen Gesellschaft 
        drei Kräfte gibt: die eingefleischten Reaktionäre, die gemäßigten 
        Kräfte und die fortschrittlichen Kräfte. Es stellte ferner fest, 
        daß gegenwärtig die Kräfte des Volkes, das heißt 
        die fortschrittlichen und die gemäßigten Kräfte, nach 
        einem politisch und ökonomisch unabhängigen indonesischen Staat 
        streben. Gegen diese Kräfte kämpfen die mit den Imperialisten 
        verbündeten Kompradoren und Großgrundbesitzer, die hartnäckig 
        bemüht sind, Indonesien in einen Satellitenstaat zu verwandeln, das 
        heißt in einen Staat, der nur formal unabhängig, in Wirklichkeit 
        aber dem Imperialismus unterworfen ist. Die politische Linie der Kommunistischen 
        Partei Indonesiens fordert gegenüber diesen drei Kräften: „Die 
        fortschrittlichen Kräfte unermüdlich und mit ganzer Kraft entwickeln, 
        sich mit den gemäßigten Kräften vereinen und die eingefleischten 
        Reaktionäre isolieren.“ Die Verwirklichung dieser Linie ist 
        von größter Bedeutung, um das Kräfteverhältnis in 
        der Gesellschaft zu verändern. 
        Die Herrschenden in der heutigen indonesischen Gesellschaft sind die obersten 
        Schichten der Großgrundbesitzer und der Bourgeoisie. Die Beherrschten 
        sind die Arbeiterklasse, die Bauern und alle übrigen Mittelschichten, 
        die große Mehrheit der indonesischen Gesellschaft. Man kann also 
        auch sagen, daß der Ausweg aus der halbkolonialen und halbfeudalen 
        Lage darin besteht, das Kräfteverhältnis zwischen den herrschenden 
        und den beherrschten Klassen zu verändern. 
        Die Lage und das Auftreten aller Klassen, der herrschenden und der beherrschten, 
        wird durch ihre gesellschaftliche und ökonomische Stellung bedingt. 
        Das heißt, daß nicht nur die Ziele und Aufgaben der Revolution 
        vom Wesen der indonesischen Gesellschaft bestimmt werden, sondern auch 
        die Kräfte, die diese Revolution vorwärtstreiben. Welche Klassen 
        gehören zu den Kräften, die die indonesische Revolution vorwärtstreiben? 
        Um diese Frage zu beantworten, müssen wir die Klassen in der indonesischen 
        Gesellschaft analysieren. 
        Die Klasse der Großgrundbesitzer, die die Bauern ausbeutet und unterdrückt, 
        die keine fortschrittliche Rolle spielt, sondern ein Gegner der politischen, 
        ökonomischen und kulturellen Entwicklung der indonesischen Gesellschaft 
        ist, zählt nicht zu den Kräften, die die Revolution vorwärtstreiben. 
        Sie ist ein Feind, gegen den der Hauptstoß der Revolution gerichtet 
        ist. 
        Die Klasse der Bourgeoisie zerfällt in zwei Teile, in die Kompradoren 
        und die nationale Bourgeoisie. Die Großbourgeoisie, die den Charakter 
        einer Kompradorenbourgeoisie trägt, dient unmittelbar den Interessen 
        der großen ausländischen Kapitalisten und wird von ihnen ausgehalten. 
        In der indonesischen Revolution sind die Kompradoren keine vorwärtstreibende 
        Kraft, sondern ein Hindernis. Deshalb richtet sich der Hauptstoß 
        der Revolution auch gegen sie. Die nationale Bourgeoisie ist zwiespältig. 
        Als eine vom Imperialismus unterdrückte Klasse, deren Entwicklung 
        auch durch den Feudalismus gehemmt wird, ist sie antiimperialistisch und 
        antifeudal und in dieser Hinsicht eine revolutionäre Kraft. Aber 
        auf der anderen Seite hat diese Klasse nicht den Mut, konsequent gegen 
        den Imperialismus und Feudalismus zu kämpfen, weil sie ökonomisch 
        und politisch schwach ist und Klassenbindungen zum Imperialismus und Feudalismus 
        hat. Auf diese Zwiespältigkeit der nationalen Bourgeoisie ist es 
        zurückzuführen) daß wir zwei Arten von Erfahrungen mit 
        ihr machen. Das heißt, bis zu einer gewissen Grenze kann diese Klasse 
        für den revolutionären Kampf gegen den Imperialismus, gegen 
        die Kompradoren und gegen die Großgrundbesitzer gewonnen werden 
        (wie zum Beispiel während der Augustrevolution), aber zu anderen 
        Zeiten läßt sie sich von den Kompradoren ins Schlepptau nehmen 
        und verbündet sich mit ihnen im konterrevolutionären Lager (wie 
        zum Beispiel 1948 zur Zeit des Zwischenfalls von Madiun und während 
        der Massenverhaftungen im August 1951). 
        Zur Frage der indonesischen Bourgeoisie zog der V. Parteitag der Kommunistischen 
        Partei Indonesiens auf der Grundlage ihrer Erfahrungen in verschiedenen 
        Phasen des Kampfes des indonesischen Volkes (1920-1926, 1935-1945, 1945-1948 
        und in der Zeit seit 1951) folgende Schlußfolgerungen: 
        „Die nationale Bourgeoisie Indonesiens kann, weil auch sie vom ausländischen 
        Imperialismus unterdrückt wird, unter bestimmten Umständen und 
        in gewissen Grenzen für den Kampf gegen den Imperialismus gewonnen 
        werden. Unter diesen bestimmten Umständen muß das indonesische 
        Proletariat die Einheit mit der nationalen Bourgeoisie schaffen und aus 
        ganzer Kraft für ihre Erhaltung wirken. In anderen, noch schärfer 
        abgegrenzten Situationen, zum Beispiel, wenn sich die Politik der Partei 
        in einem bestimmtem Augenblick nur gegen ein imperialistisches Land richtet, 
        kann sogar ein Teil der Kompradorenbourgeoisie für die Opposition 
        gegen dieses spezifische Land gewonnen werden. Trotz allem bleibt die 
        Kompradorenbourgeoisie eine durch und durch reaktionäre Klasse, deren 
        Ziel es ist, die Kommunistische Partei die Arbeiterbewegung und jede demokratische 
        Bewegung zu zerschlagen. 
        Da die indonesische nationale Bourgeoisie ökonomisch und politisch 
        schwach und ihrer Natur nach schwankend ist, wird sie unter bestimmten 
        historischen Umständen zögern und Verrat üben. Die indonesische 
        Arbeiterklasse und die Kommunistische Partei Indonesiens müssen also 
        auf der Hut sein; sie dürfen nicht außer acht lassen, daß 
        die nationale Bourgeoisie unter bestimmten Umständen nicht für 
        die nationale Front gewonnen werden kann, während es unter anderen 
        Umständen wieder möglich ist.“ 
        Bei der Einschätzung des schwankenden Charakters der nationalen Bourgeoisie 
        muß berücksichtigt werden, daß es gerade ihrer politischen 
        und ökonomischen Schwäche wegen nicht sehr schwer ist, sie nach 
        links zu ziehen und fest mit der Revolution zu verbinden, wenn die fortschrittlichen 
        Kräfte stark sind und die Kommunistische Partei eine richtige Taktik 
        anwendet. Das heißt, der schwankende Charakter dieser Klasse ist 
        nicht unabänderlich, nicht unüberwindlich. Sind aber die fortschrittlichen 
        Kräfte nicht stark und wendet die Kommunistische Partei keine richtige 
        Taktik an, so kann es leicht geschehen, daß die ökonomisch 
        und politisch schwache Bourgeoisie auf die Seite der Rechten überläuft 
        und ein Feind der Revolution wird. 
        Das Kleinbürgertum, das heißt die armen Schichten in der Stadt, 
        die Intellektuellen, Kleinhändler, Handwerker und Fischer, die Angehörigen 
        der freien Berufe usw. sind ähnlich wie die Mittelbauern der Unterdrückung 
        des Imperialismus, des Feudalismus und der Großbourgeoisie ausgesetzt 
        und leben ständig am Rande des Ruins. Deshalb sind sie eine vorwärtstreibende 
        Kraft der Revolution und ein verläßlicher Verbündeter 
        der Arbeiterklasse. Sie können ihre Freiheit nur unter der Führung 
        der Arbeiterklasse erreichen. Die Intellektuellen und Studenten sind nicht 
        eine besondere Klasse in der Gesellschaft, sondern ihre Klassenposition 
        wird durch ihre soziale Herkunft, ihre Lebensbedingungen und ihre politischen 
        Auffassungen bestimmt. Die Kleinhändler haben meist nur Buden oder 
        kleine Läden und arbeiten allein oder mit nur wenigen Angestellten. 
        Sie leben in der ständigen Gefahr, von den Imperialisten, der Großbourgeoisie 
        und den Wucherern ruiniert zu werden. Die Handwerker und Fischer besitzen 
        ihre eigenen Produktionsmittel. Sie beschäftigen keine oder nur wenige 
        fremde Arbeitskräfte. Die Angehörigen der freien Berufe üben 
        verschiedene Tätigkeiten aus. Zu ihnen gehören die Ärzte. 
        Juristen usw. Sie arbeiten auf eigene Rechnung und beuten andere Menschen 
        nicht oder nur in sehr geringem Maße aus. Alle Angehörigen 
        des Kleinbürgertums können für die Revolution gewonnen 
        werden und gute Verbündete der Arbeiterklasse sein. Ihre Schwäche 
        besteht darin, daß sie leicht unter den Einfluß der Bourgeoisie 
        geraten. Deshalb muß besonderer Wert darauf gelegt werden, in ihrer 
        Mitte politische Überzeugungsarbeit zu leisten und sie zu organisieren. 
        Die Bauern machen 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung Indonesiens aus 
        und zählen zusammen mit ihren Familien Dutzende von Millionen Menschen. 
        Wir unterscheiden im indonesischen Dorf Großbauern, Mittelbauern 
        und Kleinbauern. Es gibt unter den Großbauern nicht wenige, die 
        Land verpachten, Geld verleihen und ihre Landarbeiter brutal ausbeuten. 
        Sie sind in ihrem Wesen eine halbfeudale Schicht, aber sie arbeiten selbst 
        mit und gehören von diesem Gesichtspunkt aus zur Bauernschaft. Ihre 
        Produktionstätigkeit wird noch für eine bestimmte Zeit nützlich 
        sein, und sie können auch dafür gewonnen werden, den Kampf gegen 
        den Imperialismus zu unterstützen. Im revolutionären Kampf gegen 
        die Feudalherren können sie dazu gebracht werden, eine neutrale Stellung 
        einzunehmen. Deswegen dürfen wir sie nicht zu den Großgrundbesitzern 
        zählen. Die Mittelbauern sind ökonomisch unabhängig. In 
        ihrer großen Mehrheit beuten sie keine fremden Arbeitskräfte 
        aus und leihen kein Geld gegen Zinsen aus. Im Gegenteil, sie selbst werden 
        von den Imperialisten, Großgrundbesitzern und von der Bourgeoisie 
        ausgebeutet. Es gibt Mittelbauern, die nicht genug Land besitzen, um voll 
        beschäftigt zu sein. Die Mittelbauern können nicht nur für 
        die antiimperialistische Revolution und die Agrarrevolution, sondern sogar 
        für den Sozialismus gewonnen werden. Deshalb sind sie eine der wichtigen 
        vorwärtstreibenden Kräfte der Revolution und ein unerläßlicher 
        Verbündeter der Arbeiterklasse. Ihre Haltung ist für den Erfolg 
        der Revolution von entscheidender Bedeutung, weil die Mittelbauern nach 
        der Agrarrevolution die Mehrheit der Landbevölkerung bilden werden. 
        Vor der Agrarrevolution bilden die Kleinbauern und Landarbeiter die Mehrheit 
        unserer Dorfbevölkerung. Die Kleinbauern besitzen entweder keinen 
        eigenen Boden oder zu wenig, um davon leben zu können. Sie sind Halbproletarier 
        und stellen zahlenmäßig die größte vorwärtstreibende 
        Kraft der Revolution dar. Ihrem Wesen nach sind sie die verläßlichsten 
        Verbündeten der Arbeiterklasse und ein fester Bestandteil der indonesischen 
        Revolution. 
        Die Klein- und Mittelbauern können ihre Befreiung nur unter der Führung 
        der Arbeiterklasse erringen. Andererseits kann die Arbeiterklasse die 
        Revolution nur führen, wenn sie ein festes Bündnis mit den Klein- 
        und Mittelbauern eingeht. Unter dem Begriff „Bauer“ verstehen 
        wir vor allem die Klein- und Mittelbauern. Sie bilden die Mehrheit der 
        Dorfbewohner. Bei der Führung des Kampfes auf dem Lande muß 
        die Partei bestrebt sein, 90 Prozent der Landbevölkerung zu mobilisieren 
        und in die Revolution einzubeziehen. Sie muß sich dabei fest auf 
        die Kleinbauern und Landarbeiter stützen und mit den Mittelbauern 
        ein Bündnis eingehen. 
        Die indonesische Arbeiterklasse umfaßt etwa sechs Millionen Arbeiter, 
        die mit ihren Familienangehörigen einige 20 Millionen Menschen oder 
        etwa 25 Prozent der Gesamtbevölkerung Indonesiens ausmachen. Davon 
        sind 500 000 moderne Industriearbeiter (Transport- und Verkehrsarbeiter, 
        Fabrikarbeiter, Arbeiter in Reparaturwerkstätten, Bergarbeiter usw.), 
        mehr als zwei Millionen sind in der kleinen Industrie und im Handwerk 
        beschäftigt. Eine weitere große Gruppe sind die Land- und Forstarbeiter 
        und sonstige Kategorien. Neben diesem Industrie-und Landproletariat gibt 
        es in den indonesischen Dörfern Millionen von Tagelöhnern, die 
        meist weder Boden noch eigene Arbeitsgeräte besitzen und ihre Arbeitskraft 
        im Dorf verkaufen müssen. Sie sind die ärmste Schicht im Dorf; 
        ihre Rolle in der Bauernbewegung ist ebenso wichtig wie die der Kleinbauern. 
        Ebenso wie die Arbeiterklasse anderer Länder hat auch die indonesische 
        Arbeiterklasse hervorragende Eigenschaften. Schon die Art ihrer Tätigkeit 
        hilft den Arbeitern, sich in der ökonomisch fortgeschrittensten Form 
        zu organisieren und die Notwendigkeit von Organisiertheit und Disziplin 
        zu erkennen. Da sie keine Produktionsmittel besitzen, sind sie von Natur 
        aus nicht individualistisch. Außerdem leidet die indonesische Arbeiterklasse 
        unter einer dreifachen Ausbeutung durch den ausländischen Imperialismus, 
        den Kapitalismus und den Feudalismus und tritt daher im revolutionären 
        Kampf fester und bewußter auf als alle anderen Klassen. Da unter 
        diesen Umständen der Boden in Indonesien für den Reformismus 
        nicht so fruchtbar ist wie in Europa, ist die Arbeiterklasse in ihrer 
        Gesamtheit revolutionär, mit Ausnahme einer kleinen Zahl, die zum 
        Lumpenproletariat abgesunken ist. Die indonesische Arbeiterklasse wird 
        seit ihrem Erscheinen auf dem politischen Schauplatz von ihrer revolutionären 
        Partei, der Kommunistischen Partei Indonesiens, geführt und ist aus 
        diesem Grunde die politisch bewußteste Klasse in der indonesischen 
        Gesellschaft. Die indonesische Arbeiterklasse hat eine natürliche 
        Bindung zu den Massen der Bauern, da sie sich zu einem großen Teil 
        aus der ruinierten Bauernschaft rekrutiert. Das Bündnis zwischen 
        Arbeitern und Bauern wird dadurch erleichtert. 
        Obwohl die indonesische Arbeiterklasse gewisse unvermeidliche Schwächen 
        aufweist, zum Beispiel ihre geringe Zahl im Vergleich zur Bauernschaft, 
        ihre Jugend im Vergleich zur Arbeiterklasse der kapitalistischen Länder 
        und ihr niedriges kulturelles Niveau im Vergleich zur Bourgeoisie, ist 
        sie doch die entscheidende vorwärtstreibende Kraft der Revolution. 
        Die indonesische Revolution kann nur unter Führung der Arbeiterklasse 
        erfolgreich sein. Wir können als das jüngste Beispiel dafür 
        die Augustrevolution anführen. Anfangs war sie erfolgreich, weil 
        die Arbeiterklasse mehr oder weniger bewußt einen wichtigen Anteil 
        an ihr hatte, aber später erlitt die Revolution Niederlagen, weil 
        die Rolle der Arbeiterklasse immer mehr in den Hintergrund gedrängt 
        wurde und die obere Schicht der Bourgeoisie ihr Bündnis mit der Arbeiterklasse 
        brach (Zwischenfall von Madiun). Dazu kommt, daß die indonesische 
        Arbeiter-klasse und ihre Partei noch nicht die genügende revolutionäre 
        Erfahrung gesammelt hatten. Ohne die aktive Teilnahme der Arbeiterklasse 
        wird in der indonesischen Gesellschaft nichts vorangehen. Die Geschichte 
        und die Erfahrung haben das in der Vergangenheit bewiesen und werden es 
        auch in Zukunft immer wieder beweisen. 
        Die indonesische Arbeiterklasse ist also die Klasse mit dem höchsten 
        politischen Bewußtsein und den besten organisatorischen Voraussetzungen. 
        Dennoch muß völlige Klarheit darüber herrschen, daß 
        der Sieg der Revolution niemals ohne ihre revolutionäre Einheit mit 
        allen anderen revolutionären Klassen und Gruppen erreicht werden 
        kann. Die Arbeiterklasse muß eine revolutionäre Front schaffen. 
        Von den anderen Klassen der Gesellschaft sind die Bauern die festesten 
        und verläßlichsten Verbündeten der Arbeiterklasse. Die 
        städtischen Mittelschichten sind verläßliche Verbündete, 
        während die nationale Bourgeoisie ein Verbündeter unter bestimmten 
        Umständen und in gewissen Grenzen ist. Das ist ein unumstößliches 
        Gesetz, das in der modernen Geschichte Indonesiens schon oft unter Beweis 
        gestellt wurde und täglich neu bewiesen wird. 
        Ein Produkt der halbkolonialen und halbfeudalen Gesellschaft sind die 
        Tagediebe und Vagabunden. Die halbkoloniale und halbfeudale Gesellschaft 
        ist dafür verantwortlich, daß in Städten und Dörfern 
        Arbeitslosigkeit herrscht, daß die Arbeitslosen ein zielloses Vagabundendasein 
        führen müssen und schließlich auf den Weg des Verbrechens 
        gedrängt werden. Sie schlagen sich als Diebe, Räuber, Gangster, 
        Bettler, Prostituierte oder auf ähnliche Weise durch das Leben. Diese 
        Gruppe ist ihrem Wesen nach schwankend. Ein Teil dieser Menschen läßt 
        sich von den Imperialisten kaufen, ein anderer kann für die Revolution 
        gewonnen werden. Es besteht aber immer die Gefahr, daß sie in den 
        revolutionären Reihen eine ideologische Quelle abenteuerlicher anarchistischer 
        Strömungen werden. Es ist nicht schwer, sie entweder zu bestechen 
        oder zu blindem Haß und hemmungsloser Zerstörungswut anzustacheln. 
        Sie lassen sich leicht von lauten flammenden Reden beeinflussen oder von 
        konterrevolutionären Kräften dazu mißbrauchen, durch demagogische 
        revolutionäre Phrasen Opposition und Spaltung in die Partei der Arbeiterklasse, 
        die Arbeiterbewegung und die revolutionäre Bewegung zu tragen. Deswegen 
        müssen wir sie durch geduldige und geschickte Überzeugungsarbeit 
        erziehen und vor allem ihren anarchistischen und destruktiven Charaktereigenschaften 
        entgegenwirken. 
        Aus dieser Analyse der Klassen in der indonesischen Gesellschaft geht 
        klar hervor, welche Klassen und Gruppen die Säulen des Imperialismus 
        und Feudalismus sind: die Großgrundbesitzer und die Kompradoren. 
        Sie sind das Hindernis, das der Revolution im Wege steht, darum sind sie 
        die Feinde des Volkes. Die Analyse zeigt auch, welche Klassen und Gruppen 
        die vorwärtstreibende Kraft der Revolution sind: die Arbeiterklasse, 
        die Bauern und das Kleinbürgertum. Sie zeigt, welche Klassen für 
        die Revolution gewonnen werden können: die nationale Bourgeoisie. 
        Deshalb bilden die Arbeiter und Bauern, das Kleinbürgertum und die 
        nationale Bourgeoisie das Volk; deshalb sind sie die Kräfte der Revolution, 
        die Kräfte der geeinten nationalen Front. 
        D. Über das Wesen der indonesischen Revolution sagt das Programm 
        der Kommunistischen Partei Indonesiens unter anderem folgendes aus: „Da 
        unser Land rückständig ist, erklärt die Kommunistische 
        Partei Indonesiens, daß diese Regierung (die demokratische Volksregierung) 
        nicht die Diktatur des Proletariats sein darf, sondern eine Diktatur des 
        Volkes. Diese Regierung wird keine sozialistischen, sondern demokratische 
        Veränderungen durchführen,“ Das heißt, der Charakter 
        der indonesischen Revolution in der gegenwärtigen Etappe ist nicht 
        der einer proletarisch-sozialistischen, sondern einer bürgerlich-demokratischen 
        Revolution. 
        Wir können den Charakter unserer Revolution bestimmen, wenn wir die 
        besonderen Bedingungen der indonesischen Gesellschaft erkennen, die heute 
        noch halbkolonial und halbfeudal ist, wenn wir wissen, daß die Feinde 
        der indonesischen Revolution gegenwärtig der Imperialismus und die 
        feudalen Kräfte sind, wenn wir erkennen, daß die Aufgabe der 
        indonesischen Revolution darin besteht, die nationale und die demokratische 
        Revolution zu vollenden und die beiden Hauptfeinde (Imperialismus und 
        Feudalismus) zu stürzen, wenn wir wissen, daß die nationale 
        Bourgeoisie für diese Revolution gewonnen werden kann und daß 
        selbst dann, wenn die Großbourgeoisie die Revolution verrät 
        und ihr Feind wird, die Hauptschläge gegen Imperialismus und Feudalismus, 
        nicht aber gegen Kapitalismus und Privateigentum der nationalen Kapitalisten 
        schlechthin geführt werden müssen. 
        Die indonesische bürgerlich-demokratische Revolution von heute ist 
        nicht eine bürgerlich-demokratische Revolution des alten Typs, sondern 
        sie stellt etwas spezifisch anderes dar, einen neuen Typ der Revolution. 
        Diese bürgerlich-demokratische Revolution neuen Typs nennt man auch 
        die neue demokratische Revolution oder die Revolution der Volksdemokratie. 
        Sie ist ein Teil der proletarischen Weltrevolution, die konsequent gegen 
        den Imperialismus, das heißt gegen den internationalen Kapitalismus, 
        kämpft. In der gegenwärtigen Etappe ist es nicht mehr möglich, 
        eine bürgerlich-demokratische Revolution durchzuführen, ohne 
        den Interessen der internationalen Kapitalisten den Kampf anzusagen, ohne 
        der proletarischen Weltrevolution zu dienen, die mit der Großen 
        Sozialistischen Oktoberrevolution 1917 ihren Anfang nahm. 
        Die volksdemokratische Revolution ist politisch gesehen die gemeinsame 
        Diktatur der revolutionären Klassen über die Imperialisten, 
        Kompradoren, Großgrundbesitzer und sonstigen Reaktionäre. Sie 
        wendet sich gegen die Umwandlung der indonesischen Gesellschaft in eine 
        bürgerliche Diktatur. Darin unterscheidet sie sich grundlegend von 
        der Französischen Revolution von 1789, die eine Diktatur der Bourgeoisie 
        brachte. Ökonomisch gesehen, bedeutet die volksdemokratische Revolution 
        die Nationalisierung aller Kapitalien und Betriebe der Imperialisten, 
        Kompradoren und sonstigen Reaktionäre, die Enteignung der Großgrundbesitzer 
        und die kostenlose Übereignung ihres Bodens an die Bauern. Die Betriebe 
        der individuellen nationalen Kapitalisten werden geschützt, und die 
        Großbauern bleiben unangetastet. Gleichzeitig muß aber die 
        volksdemokratische Revolution beginnen, die Voraussetzungen für den 
        Sozialismus zu schaffen. Die Periode der volksdemokratischen Macht ist 
        eine Übergangsperiode und nicht eine besondere Gesellschaftsform, 
        die sich radikal vom Sozialismus unterscheidet. 
        Die indonesische Revolution befindet sich gegenwärtig in der Übergangsetappe 
        von der Beendigung der halbkolonialen (in West-Irian ist die koloniale 
        Unterdrückung heute noch nicht abgeschafft) und halbfeudalen Gesellschaft 
        zur Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft. Der Übergangsprozeß 
        begann mit den Bewegungen für nationale Unabhängigkeit zu Beginn 
        des 20. Jahrhunderts, Einer der Höhepunkte dieses Übergangsprozesses 
        war die Augustrevolution 1945. Die Aufgabe der Augustrevolution, den Feind 
        von außen, den Imperialismus, und den inneren Feind, den Feudalismus, 
        zu stürzen, wurde jedoch nicht vollendet. Die Ursache dafür 
        ist der Verrat der oberen Schicht der Bourgeoisie und die mangelnde revolutionäre 
        Erfahrung der indonesischen Arbeiterklasse. 
        Im Jahre 1948 warf die indonesische Bourgeoisie das Banner der Augustrevolution 
        über Bord, verriet ihren Verbündeten, die Arbeiterklasse, und 
        kapitulierte vor dem Imperialismus. Es gereicht der indonesischen Arbeiterklasse 
        zur Ehre und erfüllt sie mit Stolz, daß sie unter diesen Umständen 
        der Augustrevolution treu blieb, daß sie das Banner der Revolution 
        erneut erhob und das ganze indonesische Volk aufrief, nicht auf halbem 
        Wege stehenzubleiben, sondern sich erneut zusammenzuschließen und 
        weiter zu kämpfen, um die Forderungen der Augustrevolution restlos 
        zu verwirklichen, um durch den Sturz der imperialistischen und feudalen 
        Macht auf indonesischem Boden die Revolution zu vollenden. 
        Die Erfahrungen der Augustrevolution und die Erfahrungen der folgenden 
        Jahre im Kampf des indonesischen Volkes gegen Kolonialismus und für 
        Demokratie zeigen, daß keine Kraft, keine Klasse das Schicksal Indonesiens 
        entscheiden wird, wenn sie die Arbeiterklasse, die Bauern und das Kleinbürgertum 
        unterschätzt und sich von ihnen isoliert. Eine demokratische Republik, 
        wie sie die indonesische Revolution erringen will, ist nur denkbar, wenn 
        die Arbeiter, die Bauern und die übrigen Mittelschichten einen wichtigen 
        Platz in ihr einnehmen und die entscheidende Rolle spielen. Eine demokratische 
        Republik muß sich, wenn sie nicht scheitern will, auf das revolutionäre 
        Bündnis der Arbeiter mit den Bauern, den städtischen Mittelschichten 
        und allen anderen antiimperialistischen und antifeudalen Kräfte stützen. 
        Die Erfahrungen des indonesischen Volkes zeigen, daß die Republik 
        Indonesiens unter der Führung der Bourgeoisie nicht in der Lage ist, 
        die Macht der Imperialisten und Großgrundbesitzer zu brechen. Allein 
        unter der Führung der Arbeiterklasse kann die Republik Indonesien 
        eine wahrhaft demokratische Republik werden, die befähigt ist, die 
        Macht der Imperialisten und Großgrundbesitzer hinwegzufegen. 
        E. Die Perspektiven der indonesischen Revolution werden klar, wenn die 
        Hauptstoßrichtung, die Aufgaben, die vorwärtstreibende Kraft 
        und der Charakter der Revolution im gegenwärtigen Augenblick erkannt 
        werden. Wenn über all diese Faktoren Klarheit herrscht, kann es auch 
        über die Perspektiven der indonesischen Revolution, über den 
        Zusammenhang zwischen der bürgerlich-demokratischen Revolution und 
        der proletarisch sozialistischen Revolution in Indonesien, über den 
        Zusammenhang zwischen der Gegenwart und der Zukunft der indonesischen 
        Revolution keinen Zweifel geben. 
        Die indonesische Revolution vollzieht sich in einer Zeit des sozialistischen 
        Aufbaus und des kapitalistischen Verfalls. Es ist also offensichtlich, 
        daß nicht der Kapitalismus, sondern der Sozialismus und Kommunismus 
        die Zukunft der indonesischen Revolution ist. Das ist die unwiderrufliche 
        Perspektive der indonesischen Revolution. 
        Stehen aber die Perspektiven des „Sozialismus“ und „Kommunismus“ 
        nicht im Gegensatz zu dem heutigen Ziel der Revolution, „nicht sozialistische, 
        sondern demokratische Veränderungen herbeizuführen“? Nein, 
        da gibt es keinen Gegensatz. Nach dem Sieg der volksdemokratischen Revolution 
        wird sich die kapitalistische Wirtschaft in bestimmten Grenzen entwickeln, 
        weil die Hemmnisse, die ihr heute im Wege stehen, beseitigt werden. Das 
        ist keineswegs erstaunlich und ist auch kein Grund zur Beunruhigung. Das 
        Wachstum des Kapitalismus in bestimmten Grenzen ist nur ein Aspekt des 
        Sieges der indonesischen Revolution. Auf der anderen Seite aber bedeutet 
        der Sieg der demokratischen Revolution die Entwicklung sozialistischer 
        Faktoren. Dazu gehören der wachsende politische Einfluß der 
        Arbeiterklasse, die wachsende Anerkennung ihrer führenden Rolle durch 
        die Bauern, Intellektuellen und anderen Mittelschichten, das Erstarken 
        der staatlichen Betriebe und der Genossenschaften der Bauern, Handwerker, 
        Fischer und anderer Bevölkerungskreise. Das alles sind sozialistische 
        Faktoren, die gewährleisten, daß die Zukunft der indonesischen 
        Revolution der Sozialismus und nicht der Kapitalismus sein wird. 
        Aus der Erkenntnis, daß die Perspektive der indonesischen Revolution 
        der Sozialismus und Kommunismus ist, ergibt sich die Aufgabe unserer Partei 
        in der gegenwärtigen und in den kommenden Etappen der Revolution. 
        Unsere Partei hat bei der Führung der indonesischen Revolution eine 
        doppelte Aufgabe. Unter der Losung „Restlose Erfüllung der 
        Forderungen der Augustrevolution“ gilt es, als erstes die Aufgaben 
        der bürgerlich-demokratischen Revolution zuvollenden. Der zweite 
        Schritt, nachdem der erste vollzogen ist, besteht in der restlosen Erfüllung 
        der Aufgaben einer Revolution, die ihrem Wesen nach proletarisch-sozialistisch 
        ist. Das sind also die Aufgaben der indonesischen Revolution. Jedes Mitglied 
        der Kommunistischen Partei Indonesiens muß dazu beitragen, sie bis 
        zum Ende zu erfüllen, ohne auf halbem Wege stehenzubleiben. Die indonesische 
        revolutionare Bewegung unter der Führung der Kommunistischen Partei 
        ist keine Bewegung, die sich mit halben Erfolgen zufriedengibt. Deshalb 
        umfaßt sie zwei revolutionare Prozesse, die sich ihrem Wesen nach 
        voneinander unterscheiden, trotzdem aber eng miteinander verbunden sind. 
        Die erste Etappe ist die notwendige Vorbereitung für die zweite Etappe, 
        und die zweite Etappe ist unmöglich, ohne daß die erste vollendet 
        wurde. 
        Das sind große und schwere, aber ruhmreiche Aufgaben, die unsere 
        ganze Kraft und einen unermüdlichen Kampf erfordern. Wir müssen 
        zu einer Partei werden, die sich auf das ganze Land erstreckt, die einen 
        breiten Massencharakter hat und in ideologischer, politischer und organisatorischer 
        Hinsicht fest ist. Alle Mitglieder der Kommunistischen Partei Indonesiens 
        müssen aus ganzer Kraft zur Schaffung einer solchen Partei beitragen. 
        Für eine solche Partei gibt es keinen Gipfel, der nicht gestürmt 
        werden könnte, sei es nun der Gipfel der demokratischen Republik 
        oder der sozialistischen Republik.
       
        I N H A L T 
       
        Vorbemerkung 3 
        Einleitung 4 
        Indonesien und seine Gesellschaft 5 
       Die geographische Lage Indonesiens 5 
        Das indonesische Volk 7 
        Die Feudalgesellschaft 17 
        Die koloniale Gesellschaft 20 
        Die heutige indonesische Gesellschaft ist halbkolonial und halbfeudal 
        34 
      Die indonesische Revolution 40 
       Die revolutionare Bewegung Indonesiens im 20 Jahrhundert 40  
        Die Grundfragen der indonesischen Revolution 45 
      
      
       
        Fußnoten: 
        ') Karl Marx: Das Kapital, Erster Band, Dietz Verlag, Berlin 1959, S. 
        791. 
        2) Ein Zwischenfall, der sich Mitte September 1948 bei der Armee in Madiun 
        zwischen den reaktionären und den treu zur Revolution stehenden Kräften 
        ereignete, gab der Hatta-Regierung den Vorwand, einen blutigen Terror 
        gegen die Kommunistische Partei und alle fortschrittlichen Kräfte 
        Indonesiens zu entfesseln. Die Red.  
        [Fußnoten aus Broschüre Dietzverlag 1959 übernomen; offensichtliche 
        Rechtschreibfehler wurden korrigiert. -Red. NE] 
      DIETZ VERLAG BERLIN  
        1959 
      Englischer Originaltitel:  
        Indonesian Society and the Indonesian Revolution 
        Übersetzt von Rose Gromulat 
         
      
        
      www.neue-einheit.com  |