Internet Statement 2002-15 Dieser Tage veranstaltet die Organisation
"Linksruck", eine Organisation mit revolutionärem Anspruch
aber deutlichem sozialdemokratischen und trotzkistischen Einschlag, ein
Seminar, die "Rosa-Luxemburg-Tage",
auf dem eine größere Zahl von wichtigen Themen angesprochen
wird. Zu dem Aufruf der Organisation "Linksruck", zu einer Reihe darin enthaltener charakteristischer Thesen veröffentlichte unsere Gruppe das folgende Papier. U.M. 19.5.2002
Die Frage nach dem Kapitalismus und seiner Ablösung stellt sich heute dringender als vielleicht zuvor in der Geschichte. Die Aufspaltung in reiche und arme Regionen in der Welt und die rasche weitere Aufspaltung in Klassen in den armen und reichen Ländern heute zeigen, daß alle die Gesetze, die man früher dem Kapitalismus unterstellt hat, nicht etwa aufgehoben sind, sondern sich nur auf eine höhere und radikalere Ebene transformiert haben. Das zeigt, dass die Behauptung, dass der Sozialismus überholt ist oder eine Überlegung von gestern sei, sich innerhalb von 10 Jahren schon als eine Fehlleitung erwiesen hat.
Der Zusammenschluß von Staaten, die sich gegen den Imperialismus
wehren, die sich gegen die internationale Ausbeutung wehren, ist auch
eine abgeleitete Form des Klassenkampfes, ebenso wie der frühere
Widerstand und der Zusammenschluß von Kolonien auch immer schon
im Zusammenhang mit der Unterdrückung und dem Widerstand des Proletariats
gesehen wurde. Und just in dem Moment, wo das Kapital verkündet hatte, daß
der Klassenkampf etwas von gestern ist und eine Losung ist, die man vergessen
sollte, treibt es munter in den Betrieben und in der Gesellschaft den
Klassenkampf voran. Alle Thesen, die auf eine Überwindung des Klassenkampfes hinausgelaufen
sind, haben sich innerhalb von 10 Jahren ad absurdum geführt.
Welche Rolle spielt die sogenannte Globalisierungskritik? Wenn diese Fragen des Klassenkampfes und der Widersprüche, die sich in der Welt aufladen, in den Mittelpunkt des Interesses geraten, - dann sind alle fortschrittlichen Organisationen in einem Punkt zumindestens verpflichtet, diese Widersprüche ungeschönt und ungeschminkt vor allen Ländern auszubreiten, damit daraus die Schlußfolgerung gezogen wird. - dann darf keine Propaganda gemacht werden, die sowohl den Klassen als auch den Völkern und Nationen Sand in die Augen streut, als könne man irgendwie den Zusammenstoß vermeiden und eine grundsätzlich friedliche Welt auf der Grundlage von Ausbeutung möglich machen, weil das einfach nicht real ist. Eine solche Losung ist Giftstoff für die Völker und Nationen, wenn sie sich wappnen wollen gegenüber der Auseinandersetzung, die ihnen bevorsteht. Die kapitalistische Globalisierung ist schon seit 500 Jahren eine stattfindende Tatsache, und noch mehr, sie war ein großer Motor für den menschlichen Fortschritt selbst. Sogenannte große Geister, die zB in der Vergangenheit gegen die Entdeckung und Erschließung des amerikanischen Kontinents waren, waren zurecht ein Objekt des Spottes bei revolutionären Menschen in aller Welt. Solche, die gegen die Erschließung der gesamten Welt und die Vereinheitlichung der Welt sind, sind in Wahrheit Rechte, die einen Konservativismus ganz alter Art prägen. Unter bestimmten Bedingungen kann man dafür sein, daß Nationen ihre Ökonomie und Produktion abschotten, um ihre Selbständigkeit zu entwickeln für eine gewisse Zeit lang. Zu Recht wehren sich heute Staaten und politische Systeme dagegen, daß das internationale Kapital, gestützt auf einige wenige große kapitalistische Staaten, sich wie Diktatoren in ihre inneren Belange einmischt. Aber wir können niemals generell gegen Globalisierung sein. Und
die Globalisierung die jetzt in den letzten 20-30 Jahren durch die neuen
Kommunikationstechniken stattgefunden hat, die es ermöglicht, eine
Produktion zu koordinieren in verschiedenen Kontinenten, das heißt,
daß Unternehmen in verschiedenen Kontinenten zusammengefaßt
werden, um ein Produkt zu erzeugen, stellt selbst einen Revolutionierungsfaktor
dar, der die Marxisten nur vor eine einzige Aufgabe stellt, nämlich
die entsprechende soziale Organisierung zu leisten. Niemals aber können
wir ein Zurück fordern, daß diese Globalisierung sozusagen
verboten wird und das Niveau von vor 50 Jahren wieder herbeigesehnt wird.
Wir sind nicht dagegen, daß globalisiert wird, sondern wir wollen, daß die Arbeiterbewegung ihrerseits solch einen Sprung macht, der diesem Sprung der Entwicklung entspricht. Das Gleiche gilt auch für die weltweit geführte intellektuelle Debatte.
Es heißt darin unmittelbar:
War Marx in irgendeiner Weise Globalisierungskritiker? In keiner Weise.
Marx verstand vielmehr die Internationalisierung der Wirtschaft als eine
Triebfeder, die insgesamt altüberkommene Verhältnisse beiseite
fegte und damit auch den Weg zur moderneren Gesellschaft, in der sich
die Klassenfrage in einer neuen Weise stellt, eröffnete. "Karl
Marx war der erste, der systematisch erklären konnte, warum der Kapitalismus
nicht im Interesse der Menschen funktioniert und immer wieder zu Krisen
und Kriegen führt." Karl Marx zeigte, daß der Kapitalismus
nur während einer gewisse Episode den Interessen der menschlichen
Entwicklung entsprach. Also zumindestens eine Zeitlang funktionierte er
im Interesse der Menschen. Von einer bestimmten Stufe ab aber ist dies
nicht mehr der Fall, ist der Kapitalismus überholt und erzeugt seinerseits
Kräfte, die an seiner Beseitigung arbeiten. In einer solchen Epoche
leben wir.
Es ist keine andere Welt möglich! Es gibt nur die eine Welt, in
der wir leben. Und in dieser Welt eben entstehen Kräfte, die fähig
sind, den Kapitalismus und Imperialismus zu überwinden.
"Bushs Krieg gegen Afghanistan hat eine Spirale von Krieg und Aufrüstung
in Gang gesetzt."? Das ist falsch . Diese Spirale von Krieg und Aufrüstung
ist längst seit Jahren in Gang gesetzt , und wurde unmittelbar erneut
in Gang gesetzt als der Warschauer Pakt zusammengebrochen war. "Putin startet eine Offensive in Tschetschenien"? Schließlich sei erwähnt, daß es gelte im Zusammenhang mit dem Bush-Besuch in Berlin, "eine breite und sichtbare Front gegen das barbarische militärische Gesicht der Globalisierung aufzubauen." Bush repräsentiert zu allererst das militärische Gesicht der USA, die der ganzen Welt drohen, nicht aber die Globalisierung im allgemeinen. Es gibt andere Mächte, die sind ebenfalls für die sog. Globalisierung, haben aber ihre eigenen militärischen Interessen, wie zum Beispiel die Europäer, die sich zunehmend von den USA absetzen. Überall wird hier versucht, dem berechtigten Widerstand gegen Kapitalismus und kapitalistische Mächte den "Kampf gegen Globalisierung" aufzusetzen. Das muß deutlich kritisiert werden.
Eine solche Konferenz schließlich darf niemals nach den konkreten
Erfahrungen mit der sozialdemokratisch-grünen Bundesregierung zu
einer Wahlunterstützungskonferenz der Sozialdemokratie und der SPD-Grünen-Koalition
werden. Auch 1998 war schon klar, in welche Richtung eine "rot-grüne"
Koalition gehen würde, die meisten Wähler wählten sie ohne
große Überzeugung, weil sie endlich von Kohl genug hatten.
Die Tatsachen haben selbst die härtesten Erwartungen übertroffen. Unsere Organisation wird gerade in dieser Richtung wirken und steht gerne zu Fragen und Antworten zur Verfügung.
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