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Statement 2002/19
Kundgebung zum Berliner
Bankenskandal am 19. Juli 2002
Vor dem Berliner ICC, in dem die Hauptversammlung der Berliner Bankgesellschaft
stattfand, wurde von der Initiative Berliner Bankenskandal eine
Kundgebung abgehalten, in der deutliche Worte über die Berliner Bankgesellschaft
noch einmal gesagt wurden. Diese Kundgebung ist nur als ein Auftakt zu
werten zu weiteren Aktionen. Es war die erste öffentliche Demonstration
mit diesem Thema.
Es sprachen auf dieser Kundgebung erneut einige der Referenten, die auch
schon auf früheren Veranstaltungen die Dinge im Detail dargelegt
haben. Aber es kamen auch eine Reihe von spontanen Beiträgen, die
einzelne Aspekte dieser ungeheuerlichen Vorgänge und ihre Auswirkungen
für die Bevölkerung beleuchteten.
So stellte einer der Redner aus seiner Erfahrung mit vielen Korruptionsskandalen
dar, daß die Aufsichtsbehörde BAKred keineswegs nur bei der
Überwachung geschlafen hätte, sondern eher die Überwachung
gebremst hätte. Es ist damit zu rechnen, daß Kollegen, die
sich mit den Sachen ernsthaft befassen wollten, eher gebremst worden seien.
Also die Sache sei bewußt gedeckt worden.
Andere Redner legten die verschiedenen Formen von Korruption dar, nicht
nur die Korruption, die darin besteht, daß irgendwelchen Leuten
Geld in den berüchtigten Schwarzen Koffer gesteckt wird, was eine
ziemlich einfältige Form der Korruption ist, sondern daß es
hier auch Formen gibt, in denen keine Geldscheine wandern, aber in denen
Versprechungen gemacht werden, daß dieser oder jener demnächst
einen Staatssekretärsposten oder andere wichtige Positionen, andere
wichtige Ämter bekommt.
Auch über die Berliner Justiz zeigten sich mehrere Redner desillusioniert.
So sagte einer, daß es keineswegs ausreicht, gegen die hier am Pranger
stehenden Politiker vorzugehen. Auch die Berliner Justiz muß voll
zur Rechenschaft gezogen werden, ohne ihre Mitwirkung hätten die
Dinge nicht so ablaufen können wie geschehen. Wiederholt wurde die
Forderung erhoben, daß die Verantwortlichen nach dem Prinzip "gleiches
Recht für alle" voll mit ihrem Vermögen für den von
ihnen angerichteten Schaden zu haften haben, so wie man das bei jedem
gewöhnlichen Bürger auch verlangt.
Ein Elternvertreter der Kindertagesstätten wies darauf hin, daß
bei ihm derzeit 69 Millionen Euro Kürzungen anstehen und 1200 Erzieher
gestrichen werden. Und wie soll man die Kinder erziehen, wenn ihnen die
Politik in aller Öffentlichkeit Doppelbödigkeit vorführt
und diese Dinge in diesem Lande durchgehen. Wieder andere forderten ein
Vorgehen gegen die mafiösen Strukturen in dieser Stadt. In Anspielung
an ein berüchtigtes Sprichwort des gegenwärtigen Regierenden
Bürgermeisters Wowereit prangte groß der Satz: "Wir sind
korrupt, und das ist auch gut so", und darunter hingen die Bilder
einer Reihe der Vertreter aus Politik und Wirtschaft, die am Bankenskandal
Verantwortung tragen und prangern das korrupte Wesen des gesamten regierenden
Senats und der Vertreter verschiedener Parteien, der früheren und
des jetzigen Senats an.
Die Sache wird sich noch weiter entwickeln. Die Berliner Initiative hat
begonnen, einige Fondszeichner zu veröffentlichen und hat sie dazu
aufgefordert, ihre Fonds zurückzuzahlen. Geplant sind auch kleinere
Märsche in die Stadtteile, wo die Reichen wohnen. Man will ihnen
"einen Besuch abstatten". Mit einem Einlenken der Behörden
ist allerdings derzeit nicht zu rechnen, wohl aber damit, daß sich
der Zorn in der Bevölkerung weiter aufladen wird, da das Ganze sich
in einer Sackgasse befindet und keine Lösung hat und auch nicht im
Weiteren voll zur Tagesordnung übergegangen werden kann. Dazu ist
die Lücke, sind die Ausgaben viel zu groß und ist der gegenwärtige
Senat viel zu hilflos.
Zu der Kundgebung gehörte auch eine kleine Theaterinszenierung, bei
der die Akteure wie Bankmanager oder Landowsky und Gysi (Radieschen: außen
rot und innen ein großer weißer Kern) dargestellt wurden.
Bei der Kundgebung versuchten einige Personen aus dem Hintergrund heraus
mehrfach antijüdische Losungen zu rufen, wie "Gysi ist jüdisch",
um der Kundgebung zu schaden. Sie wurden von Teilnehmern der Kundgebung
zurückgewiesen. Die Dummheit dieser rassistischen Rufe sprang ins
Auge. Die Abqualifizierung von Menschen allein aufgrund ihrer Herkunft
ist etwas ungemein Primitives und Ablenkendes, das von dem Gehalt der
beabsichtigten Propaganda gegen den unerhörten Bankgesellschaftsskandal
ablenkt. Es kann nicht anders bewertet werden, als einen Versuch die Agitation
und Propaganda gegen den Bankbetrug in ein falsches Licht zu setzen und
zu mißbrauchen. Dies ist eine Provokation gegen die gesamte Aktion
und muß im Keim erstickt werden, und die Hinterleute dieser Abstrusköpfe
sollten ans Tageslicht gezogen werden.
Dem berechtigten Anliegen der Kundgebung tut derlei keinen Abbruch.
-ks-
NE-is-2002/19, 20.07.02
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