Internet Statement 2003-63
Daniel Behruzis Fehldarstellung der Frankfurter Konferenz in der "Junge Welt" Warum eigentlich stellt die Junge Welt die Frankfurter Aktionskonferenz v. 13.12. in ein ungünstiges Licht? Dieser Bericht von Daniel Behruzi ist nicht korrekt. Er gibt die positiven Ergebnisse und Beiträge der Konferenz kaum wieder, bläst das Thema "Streit auf der Konferenz" auf, nennt aber nicht die dafür Verantwortlichen, und versucht insgesamt die Konferenz ziemlich herunterzuqualifieren.
Die Berliner Demo wurde, wie jeder weiß, in einer politisch sehr weitgespannten Zusammenarbeit zahlreicher Gruppen und Richtungen der Linken realisiert, sogar unter schließlichem Einschluß von attac, einer Richtung, die sich selbst nicht als "links" bezeichnen würde. Daß es während der Vorbereitung Auseinandersetzungen zwischen Beteiligten gab, ist doch wohl normal, das würde ich aber an Stelle von Daniel nicht mit dem hier abwertend gemeinten Ausdruck "Streit" belegen wollen, weil es dem Stil der Auseinandersetzung und ihrem Ergebnis, dem 1.11., nicht entspricht. "Streit", wenn man das überhaupt so nennen will, gab es vor und nach dem 1.11. im wesentlichen mit einer ganz bestimmten Organisation, und denselben Streit hat diese Organisation die ganze Zeit über und zuletzt am 13.12. in Ffm. am Leben zu halten versucht, die MLPD. Keine der in Frankfurt vertretenen zahlreichen Gruppen, die das Spektrum der Demovorbereitung wieder in etwa - etwas reduziert - repräsentierten, hatte ein Interesse an Streitereien, man ließ die MLPD ihre Vorstellungen vortragen, gab ihr reichlich Redezeit, soviel, daß die eigene Agenda leider beeinträchtigt wurde, wies viele ihrer Vorstellungen zurück, entschied großenteils schließlich auf Nichtbefassung, und setzte die eigene Diskussion fort.
So lange dauerte das zwar nicht, aber es gab in der Tat darum Streit, und zwar keinen anderen, als daß die MLPD, unter dem Konstrukt bundesweite Vorbereitungsgruppe (Hannoveraner) auftretend, beanspruchte, das Podium paritätisch zu besetzen. Daniel hat wohl völlig übersehen, daß das ein absurder Streitpunkt war, denn wie kann eine Gruppe, die die Frankfurter Konferenz noch ca. eine Woche vor ihrem Stattfinden unbedingt zu Fall bringen wollte, einen solchen Anspruch erheben? Dann versuchte sie, die Verabschiedung einer Solidaritätsadresse an die zur Stunde demonstrierenden Studenten zu verschieben, um erst einmal durch ein Statut, das niemand wünschte außer ihnen, sich eine Position auf der Konferenz zu verschaffen. Das führte zurecht zu Unmut. "Ursprünglich hatten sogar zwei Konferenzen gleichzeitig stattfinden sollen: Eine in Frankfurt/Main, zu der das Rhein-Main-Bündnis gegen Sozialabbau und Billiglöhne sowie die Gewerkschaftszeitung Express eingeladen hatten, und eine weitere in Hannover, die auf die Initiative eines Kreises um die maoistische MLPD zurückging. Letztlich einigte man sich doch noch auf eine gemeinsame Konferenz in der Bankenmetropole." "Einigte man sich" ? Die Hannoveraner, von Erfolglosigkeit
gebeutelt, strichen ca. am 6.12. kurzerhand ihre eigene Konferenz, statt
sich aber demokratisch in Frankfurt einzuordnen, versuchten sie, dort
die Dominanz zu erreichen. Die Frankfurter sagten der Konferenz, es sei
kein Versuch seitens der Hannoveraner unternommen worden, sich über
eine gemeinsame Konferenzvorbereitung zu einigen. Nebenbei: "maoistische MLPD"? Was soll das denn sein, "Maoismus"? Warum solche merkwürdigen Etikettierungen verwenden, die die bürgerlichen Medien keineswegs ohne Hintergedanken etabliert haben? Was verstehst Du unter "Maoismus", Daniel?
Das geht schon in Diffamierung über, was Daniel hier zum besten gibt. Tatsache ist: 1. Es gab eine ganze Reihe konkreter Redebeiträge, Lage- und Stimmungsschilderungen sowohl aus Kreisen der Arbeitslosen und Sozialhilfebezieher wie auch aus Betrieben. Ebenso gab es eine Reihe konkreter politischer Aktionsvorschläge. 2. Es bestand Konsens, daß im Januar und Februar vor Ort, lokal und regional, große Anstrengungen unternommen werden müssen, vor allem um die Bündnisse zu verbreitern, Gewerkschaftsorganisationen, Belegschaften und die Studentenbewegung einzubeziehen. Der vorgeschlagene Termin 14.2. ist nur als ein Orientierungspunkt für diese Mobilisierung gedacht, da, wo er passen würde. Er soll allerdings keineswegs nur die Sozialkürzungen zum Thema machen, sondern sich auch mit den gewerkschaftlichen Belangen - Kampf für die Erhaltung des Flächentarifs, Tarifrunde (am 31.1. endet die Friedenspflicht bei der IGM)- verbinden. Daß Daniel so schlecht hingehört haben soll während großer Teile der Diskussion, daß er das alles nicht mitbekommen hat, kann ich mir nicht vorstellen.
Daniel gibt die Diskussion dieses taktisch schwierigen Themas sehr verkürzt wieder. So einfach verliefen die Fronten hier nicht. Die Frage ist offen für weitere Diskussionen. Vielleicht bekommen auf den nächsten Treffen die Teilnehmer - und das sind viele - mehr Redezeit, die sich für politische Fragen und Lösungen interessieren, die von einer Mehrheit getragen werden können; und wer bloß für seinen eigenen Organisationsegoismus Sinn hat, dem wird es verwehrt, den anderen die Zeit zu klauen.
Hier ist auch wieder mehr falsch dran als richtig. Konsens war, daß man gegenüber dem Vorschlag eines Europäischen Aktionstages seitens des EGB, der ja immerhin noch gut viereinhalb Monate hin ist (!), sich "offen halten will", aber auch für die Möglichkeit eines bundesweiten zentralen Aktionstages und evtl. einen etwas früheren Termin. Schließlich weiß heute noch niemand, was aus dem EGB-Vorschlag wird.
Mehrere Teilnehmer der Aktionskonferenz am 13.12., darunter Mitglieder ihres Podiums und ihrer Koordinierungsgruppe, sind gleichzeitig Mitglieder dieser Vorbereitung. Viele wichtige Träger der ehemaligen Berliner Demovorbereitung ebenfalls. Bis auf weiteres sollte man es vermeiden, diese beiden Termine in einen Gegensatz hineinzureden, oder hattest Du das garnicht vor, Daniel? Dafür dürfte die Mehrheit der Teilnehmer des 13.12. ebensowenig Sinn haben wie die der Vorbereitungsgruppe für den 17./18. Januar. Abschließend ist nochmals zu fragen, warum Daniel und die jw etwas gegen die Frankfurter Konferenz haben. Doch nicht etwa, weil eine in seinen Augen "maoistische" MLPD dort eine regelrechte Pleite erlebt hat? Hm, hm. Ebensowenig einleuchtend dürfte vielen Freunden der jw die Erklärung sein: weil dort eine Kraft, wie auch immer ihr Etikett, die ganz besonders politisch unkreativ, dominanzheischend und einer breiteren Bewegung abträglich agiert, nicht durchgekommen ist. Also, hier besteht Erklärungsbedarf. Zur Bewertung der Konferenz verweise ich auch auf den von mir unterzeichneten "Bericht aus Frankfurt", der gestern gepostet wurde. Christoph Klein
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