Internet Statement 2004-78

 


Ist die Feststellung der faktischen Unterstützung des USA-Krieges durch Andrea Schön (Autorin von 'Offensiv') unberechtigt?


An die Redaktion von Kommunisten-Online.de

Lieber Gen. Günter Ackermann,

als Ihr am 11.November die Stellungnahme unserer Redaktion “Die Verbrechen gegen das irakische Volk und Seiten des Widerstandes“ , die auf einer Vorlage von mir beruht, auf Eure Webseite  stelltet, habt Ihr eine wesentliche Aussage zu der Offensiv-Autorin Andrea Schön, daß diese de facto auf Seiten des USA-Imperialismus Partei ergriffen  habe, beanstandet. Es kam die Frage, ob unsere Einschätzung ihrer Stellung während des Irakkrieges sich auf  ihren Artikel „Deutschland auf dem Weg zur kriegsfähigen Weltmacht“ beziehe, der auch auf K-online wiedergegeben ist, und dazu kam der kritisierende Vermerk, ob ich den Artikel wohl richtig gelesen hätte [1]. Ist  die Äußerung zu Andrea Schön unberechtigt?

Die Erwähnung von ihr als faktische Begünstigerin des US-imperialistischen Krieges gegen den Irak bezog sich dort nicht auf diesen Artikel, sondern auf frühere Äußerungen von ihr. Ich hatte ihren Artikel „Neue Anti-Hitler-Koalition?“ aus „Offensiv“ Mai 2003 im Auge, der zu der Zeit abgefaßt worden war, als die Vergewaltigung des Irak mittels Besetzung durch den US-Imperialismus und seine Verbündeten gerade geschehen war oder noch lief.

Was war das wesentliche Merkmal in der Vorgeschichte dieses imperialistischen Krieges, der bis zum heutigen Tag andauert und zu einem blutigen Gemetzel gegen das irakische Volk geworden ist? Wir haben im Vorfeld dieses Krieges eine der größten Massenbewegungen gegen den politischen Anführer dieses Krieges, George W. Bush, und seine Politik gehabt. George W. Bush nutzte die Anschläge der provokatorischen sog. Al-Kaida, um sowohl dem Irak wie auch der gesamten Welt massive Drohungen, gestützt auf das Atomwaffen- und das sonstige Waffenpotential der USA, auszusprechen. Die USA haben nichts anderes getan als zu behaupten, daß aufgrund der terroristischen Gefahr sie berechtigt seien, in jedes beliebige Land zu intervenieren und dort Verbrechen nach ihrem Gusto zu begehen, und zwar in einer unverblümten Offenheit, wie sie in der Tat nur bei extremsten Reaktionären, Imperialisten und Faschisten auftritt. Zumindest ist es also berechtigt zu sagen, daß es viel Ähnlichkeit in den Drohgebärden etwa zwischen Bush und dem faschistischen Hitlerdeutschland gegeben hat. Die Drohung ging so weit zu erklären, daß die USA nunmehr die absolute militärische Führungsmacht auf der Welt geworden sind, diese Position in den letzten 15 Jahren ungeniert ausgebaut haben, und nunmehr jedem Staat, der es auch nur wagen würde, sich Waffensysteme zuzulegen, die diese US-imperialistische Vormacht in ihrer Handlungsfreiheit einschränken, mit militärischen Maßnahmen kommen werden.

Gegen die gesamte Politik des Bush-Clans und des amerikanischen Imperialismus erhob sich weltweit eine der größten Massenbewegungen, die die Erde je gehabt hat. In allen Ländern, auch den USA, gab es eine entschiedene Verurteilung dieser massiven imperialistischen, auf Atombomben und die internationalen Waffensysteme der USA gestützten Erpressung. Selbstverständlich unterstützten Kommunisten und progressive Menschen in der ganzen Welt diese Bewegung und versuchten so gut wie möglich, ihren Zusammenhalt zu erhöhen. Proteste allein allerdings schüchtern den US-Imperialismus noch nicht ein. Deshalb war es von sehr großer Wichtigkeit, daß, nicht zuletzt aufgrund des Druckes der Völker aller Länder, auch des Druckes bspw. von Wahlen wie in Deutschland, eine große Zahl von Staaten direkt - oder auch in „äsopischer“, etwas unterwürfiger Sprache, aber trotzdem klar in der Sache - erklärten: wir machen diesen Kurs nicht mit. Zu diesen Staaten gehörten erfreulicherweise Frankreich und Deutschland,  es gehörten dazu Rußland, China und Indien, aber auch Staaten wie Brasilien und eine Reihe anderer.

Dieser trotz seiner inneren Widersprüche vorhandene internationale Block von, wohlgemerkt, kapitalistischen Staaten setzte dem maßlos arroganten US-imperialistischen Verhalten gewisse Grenzen. Selbstverständlich haben Kommunisten in einem solchen Fall dies auch zu zu tolerieren, ja mehr noch in einem gewissen Maße zu unterstützen. Es ist ein Teil einer in der Tat antifaschistischen und antiimperialistischen Praxis im positiven Sinne, daß sie in diesem Fall nicht diejenigen Staaten, die gegen diesen konkreten imperialistischen Krieg sind (natürlich aus ihren bürgerlichen Interessen heraus und nichts anderem), etwa deswegen angreifen, weil sie diesen imperialistischen Krieg der USA nicht unterstützen. Selbstverständlich begrüßen wir, daß sie diesen Krieg nicht unterstützt haben. Es ist grundlegende Losung des Marxismus-Leninismus, für die Niederlage der eigenen imperialistischen Regierung im imperialistischen Krieg zu sein, und selbstverständlich ist es dann, wenn ein Land noch nicht an einem imperialistischen Krieg beteiligt ist, die Aufgabe, den Eintritt eines solchen Landes in den imperialistischen Krieg oder seine Mitwirkung daran zu verhindern.

Gegen diese selbstverständliche Position zogen gewisse sog. Ideologen zu Felde, darunter eben auch, und sogar besonders exponiert, Andrea Schön.

Natürlich ist damit zu rechnen, daß die vielen verschiedenen Kräfte, die alle diese ablehnende Haltung gegenüber dem US-Imperialismus einnahmen, viele kleinbürgerliche, revisionistische, bürgerliche und pazifistische Anschauungen an den Tag legen und ihren Protest jeweils gemäß ihrer Ideologie vorbringen. In dem Artikel „Neue Anti-Hitler-Koalition?“ tut Andrea Schön nichts anderes, als solche Parteien und Gruppen,  mit denen sie zuweilen durchaus in relativ enger Beziehung steht, anzugreifen wegen  dieses oder jenes angeblichen ideologischen Fehlers, aber immer nur mit dem Ziel, ihre Position gegen diesen Krieg in Frage zu stellen. Dieser Artikel ist eine einzige Agitation gegen die Parteinahme gegen den Bush-Krieg.

Dabei werden die abwegigsten Sachen vertreten, z.B.:

„Es ist eine historische Unrichtigkeit, daß die Mächte des Antikominternpaktes auf vereinten Widerstand stießen.“

Diese ang. Kommunistin hat wohl noch nie etwas von dem Krieg von 1941-45 gehört, als es, selbstverständlich eingeschränkt, militärische Gemeinsamkeiten zwischen einer Reihe westlicher Staaten und der Sowjetunion gab. Die Tatsache, daß die USA oder England oder Frankreich vorher selber mit zu den offensichtlichen Initiatoren des Faschismus gehört haben, ändert nichts daran, daß aufgrund der gesamten Konstellation es nun zu diesem Bündnis kam. Letztlich kam in diesem Bündnis auch der Widerstand aller Völker gegen die Nazireaktion zum Ausdruck, was nicht heißt, daß es in diesem Kriege auch von der antifaschistischen Seite her nicht auch ganz andere reaktionäre Elemente gab.

II.

Ich habe mir inzwischen aber ihren Artikel „Deutschland auf dem Weg zur kriegsfähigen Weltmacht“, auf den Du Dich beziehst, auch durchgelesen und muß sagen, ich komme aus dem Staunen über soviel Offenheit nicht mehr heraus. Die folgende Darlegung über diesen Artikel ist etwas länger geraten, aber nachdem Du diesen Artikel angeführt hast, sehen ich und wir  uns veranlaßt, dazu deutlich Stellung zu nehmen.

Ich möchte zunächst einmal erwähnen, daß man sehr kritisch mit Andrea Schöns Methode, bürgerliche Quellen zu zitieren, umgehen muß. Die meisten Zitate stammen aus der „Financial Times Deutschland“ (FTD), deren Urteile hier als Fixpunkte genommen werden. Diese Zeitung ist aber ein Organ des britischen Imperialismus in deutscher Sprache, das die Dinge gerade  im Sinne dieser Macht, die mit den USA eng verbunden ist, hinzudrehen versucht. Ich habe außerdem persönlich mit Andrea Schön auf dem „Bündniskongreß“ 2001 eine Erfahrung gemacht. Schon damals wurde  im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Angriff auf Afghanistan über die Bedeutung der USA als Hegemonialmacht diskutiert und versucht, Deutschland als gleichrangige Hegemonialmacht neben die USA zu stellen. Dabei sagte sie, der Beweis dafür, daß Deutschland eine solche gleichberechtigte große Gefahr sei, zeige sich z.B. darin, daß in einem Pentagon-Papier Anfang der 90er Deutschland als der zentrale Gegner bezeichnet wird. Damals  habe ich mich gefragt: seit wann sind denn Pentagon-Papiere ausschlaggebend für unsere Einschätzung? Und was es mit den Hintergründen dieser Einschätzung auf sich hat, das sollte man einmal bei der Analyse des gesamten imperialistischen Systems der USA erfassen.

Nun zu dem Artikel und seinen Aussagen selbst. Es heißt im 1. Absatz:

„Wenn wir heute über Imperialismus reden, dann müssen wir Lenins Imperialismustheorie nicht nur in Betracht ziehen, sondern diese gründlich studieren, verstehen und entsprechend anwenden. Diese Theorie ist völlig ausreichend, um die heutige Weltlage zu verstehen. Es bedarf keiner Zusatzkonstrukte, um neue Formen derselben Widersprüche zu erklären. Mehr noch: Diese Theorie ist absolut notwendig, um das, was sich derzeit vor unseren Augen in der Welt abspielt, begreifen zu können. Es handelt sich also um eine "notwendige und hinreichende" Theorie zum Verständnis und zur Handlungsorientierung in der heutigen Welt.“

Den ersten Satz über die aktuelle Bedeutung von Lenins Imperialismustheorie kann man voll unterschreiben. Aber die Behauptung, daß diese Theorie völlig ausreichend sei, um die heutige Weltlage zu verstehen, ist abwegig. Die Theorie Lenins ist zunächst einmal fast 90 Jahre alt, und es wäre doch sehr merkwürdig, wenn in der weiteren Entwicklung des Imperialismus nicht noch wesentliche Elemente hinzugekommen wären, die wir weiter zu analysieren haben. Natürlich sind solche Elemente aufgetreten, z.B. bedurfte der Nazifaschismus einer besonderen Analyse und bedarf ihrer noch weiterhin. Weiter: das System des Hegemonismus [2], das sich seit 1918 mit den USA herausgebildet hat, ist ebenfalls ein Thema, das der näheren Analyse bedarf. Der moderne Revisionismus ist ein Phänomen, das zwar Ähnlichkeiten mit dem alten Revisionismus aufweist, das aber auch in seinen neuen Varianten studiert werden muß. Also kommen auch neue theoretische Momente hinzu. Die Methodik, die Theorie zu etwas Abgeschlossenem zu erklären, bei dem man nichts Neues brauche, ist in Wirklichkeit ein Versuch, die konkrete Analyse totzuschlagen.

Es ist ferner zu berücksichtigen, daß selbstverständlich Lenins Theorie auch für die damalige Zeit gewisse Mängel aufweist. Ich verweise hier nur auf einen auffälligen Punkt: die USA waren am 1. Weltkrieg von Anfang an beteiligt, nichts erst mit ihrem unmittelbaren Eintritt in den Krieg 1917. Eine Rivalität zwischen den USA und den europäischen Mächten entwickelte sich bereits deutlich erkennbar seit dem Spanisch-Amerikanischen Krieg  von 1898. Lenin  geht in seiner Analyse des  Krieges von 1916 von dem englisch-französisch-russischen Block und dem deutsch-österreichisch-türkischen Block aus. Diese Eingruppierung ist unzureichend. Solche Schwächen in der theoretischen Analyse geschehen nun einmal, und selbstverständlich hat Lenin sie im weiteren korrigiert. Spätestens ab dem Jahre 1920 wurde ihm die volle Bedeutung der Rolle des US-Imperialismus bewußt, und das sowjetische Rußland und dann die Sowjetunion haben von da an eine unmißverständliche Sprache auch gegenüber den USA gesprochen.

Es genügt übrigens nicht als Gegenargument, daß Lenin US-Konzerne als  Musterbeispiele der imperialistischen monopolistischen Konzentration anführt. Es geht hier um die Frage, wieweit die USA in der Rivalität des 1. Weltkriegs präsent sind. In dieser Frage ist noch einiges aufzuarbeiten.

Diese Ausführungen muß ich vorwegschicken, weil in dem besagten Absatz bei Andrea Schön der Versuch liegt, von vornherein jede weitere Erörterung über die Differenzierung im Imperialismus totzuschlagen. „Es bedarf keiner Zusatzkonstrukte“ – was soll das denn überhaupt heißen?

Des weiteren konzentriert sich Andrea Schön nur auf den Widerspruch zwischen den USA und Europa, das vermeintlich von Deutschland beherrscht wird. Das ist bereits für die Analyse völlig unzureichend. Die heutigen imperialistischen Widersprüche entwickeln sich nicht zuletzt auch im Pazifik. Mit dem chinesisch-amerikanischen Konflikt entwickelt sich eine weitere, möglicherweise härteste Konfrontation, mit der wir rechnen müssen. Der Ausgang dieser Entwicklung ist noch keineswegs klar. Sie wird in jedem Fall nachhaltigste Auswirkungen auf die Entwicklung in Europa, auf die gesamte Welt haben.

Es heißt z.B.:

„Wir werden uns im folgenden vorrangig mit der EU bzw. dem sie maßgeblich prägenden deutschen Imperialismus befassen, um die Konkurrenzsituation besonders mit der USA angemessen erfassen zu können.“

Hier sind mehrere Voraussetzungen falsch. Erstens kann man sich nicht auf diese beiden Akteure beschränken, wie bereits gesagt. Zweitens: was den „prägenden deutschen Imperialismus“ angeht, so hat  gerade der Krieg gegen den Irak doch gezeigt, daß England, Spanien, Italien und Polen, mindestens vier größere Staaten in Europa, auf Seiten der USA gestanden haben, und daß der deutsche Imperialismus schon einmal so weit nicht reichen kann, daß er das hat verhindern können. Mit diesem Bündnis europäischer Staaten auf Seiten der USA, zu dem sich auch Japan gesellte, versuchten die USA das „alte Europa“, Frankreich und Deutschland, in die Zange zu nehmen.

Dann wird behauptet, daß zum ersten Mal seit 1989 „die Widersprüche zwischen den USA und den maßgeblichen EU-Protagonisten BRD und Frankreich offen aufgebrochen“ seien. Auch das ist falsch. Mit de Gaulle in den 60er Jahren und dem nachfolgenden Gaullismus in den 70er Jahren war es Frankreich, das in mindestens so deutlicher Sprache wie jetzt gegenüber den USA hervorgetreten ist. Auch die Bundesrepublik Deutschland hat mehrfach, z.B. durch ihre ökonomische Politik Ende der 60er Jahre, durchaus Anstalten gemacht, verstärkt sich der Hegemonie der USA zu entziehen. Eher bildet die jetzige Entwicklung im Irak einen Schlußpunkt für eine recht auffällige Welle von Anpassungen auch dieser Staaten an die Interessen der USA,  die im Zusammenhang mit dem Umsturz in Osteuropa und der revisionistischen Sowjetunion erfolgt sind und zunächst einmal die USA sehr dominant an den Drücker gebracht haben.

Man wundert sich wirklich , was Andrea Schön eigentlich will. Ausführlich stellt sie es als beklagenswertes Ereignis hin, daß diesmal die europäischen Staaten für den US-Krieg im Irak „gerade einmal 200 Mio. Euro“ gespendet hätten, soviel wie Südkorea allein, lt. FTD. Ja und? Seien wir doch froh, daß es weniger ist als 1991.

Mit Zahlenspielereien geht Andrea Schön auch noch an andere Dinge heran. Es heißt:

„Die BRD ist mit einem Bruttoinlandsprodukt von 1,8 Bio. US$ die drittgrößte Ökonomie in der Welt. Im August 2003 schlug sie das Exportvolumen der USA um mehr als 7% und wurde mit einem Exportanteil am Weltmarkt in Höhe von 10,5% wieder Exportweltmeister. (Übrigens gelang dies Deutschland zum ersten Mal im Jahre 1937!)“

Was sollen diese Zahlen beweisen? Das internationale Gewicht Deutschlands? Die Japaner waren lange Zeit die großen Exportweltmeister, trotzdem sind sie als politische Macht immer absolut zweitrangig gegenüber den USA gewesen, schon deswegen, weil sie völlig unter der militärischen Fuchtel derselben stehen und auch ökonomisch sehr an sie gebunden sind. In der heutigen Welt ist es viel wichtiger als „Exportweltmeister“ zu sein, inwieweit Kapitaldirektinvestitionen in allen Ländern existieren, und auf diesem Sektor sind die USA Weltmeister. Sie sind auf der einen Seite Spitze beim internationalen Kapitalexport seit dem 2. Weltkrieg, aber sie sind auch Spitze durch die Investmentpolitik, die die großen US-Investment-Banken betreiben, die heute als Machtfaktor in jedes beliebige Land der Erde reichen. Das gibt es selbstverständlich auch seitens der Banken der anderen imperialistischen Länder, aber zweifelsohne sind die USA bei weitem die größte Investmentmacht der Welt.

Hier werden Zahlen aufgetischt mit dem Ziel, Deutschland als eine große imperialistische Supermacht darzustellen, aber in Wirklichkeit wird in den ausländischen Zeitungen Deutschland eher als „kranker Mann in  Mitteleuropa“ bezeichnet, und zwar zu Recht, weil eine Reihe von Strukturproblemen dieses Land derartig belasten, daß von Deutschland als wirkliche im weltweiten Sinne ausschlaggebende Großmacht bei weitem nicht die Rede sein kann. Allerdings ist es richtig, daß eine solche abwärtsweisende Entwicklung die deutschen Imperialisten nicht daran hindert, sich in Abenteuer zu stürzen, und das muß in der Tat bekämpft werden. Aber es muß auch die reale Macht dieses Landes eingeschätzt werden, statt spinnitiöse Theorien aufzustellen, die militärisch und ökonomisch diese Macht mit den USA als gleichrangig darstellen. Das ist schlichtweg Unsinn.

Wieder wird die FTD zitiert: „’Auf Augenhöhe’ heißt die selbstbewußte Schlußfolgerung.“ Aber wenn die FTD etwas von „gleicher Augenhöhe“ zwischen Deutschland und den USA schreibt, braucht das doch nicht zu existieren.

Ein anderes Beispiel ist das Zitat aus der Deutschen Bank.

„Hören wir hierzu einige Schlüsselzitate aus berufenen Mündern“, schreibt Andrea Schön, um das Zitat einzuleiten, und zitiert dann:

„Die Deutsche Bank in ihrem 'Osteuropa-Special' im Jahre 1990: 'Gewichtsverschiebungen im tripolaren System der Weltwirtschaft dürften eine unausweichliche Folge der Öffnung Osteuropas sein. Europa gewinnt mit neuer Gestaltungskraft und Wachstumsdynamik an Statur. Es wird damit vom Juniorpartner zum echten Partner und potenten Konkurrenten der USA. Die Vereinigten Staaten müssen sich jetzt im internationalen politischen und militärischen Geflecht neu positionieren.’“

Wieso ist denn die Deutsche Bank ein „berufener Mund“?
Diese Bank, die einen erheblichen Anteil an der herunterwirtschaftenden Politik der Bundesrepublik hat,  ist doch keine Autorität in Punkto realistischer Einschätzungen.

Nun aber zu diesen Sätzen der Deutschen Bank von 1990. Was war die wirkliche Entwicklung seitdem? Militärisch haben sich die USA als absolut dominante Macht profiliert, wie bereits gesagt. Was die Zahl der Flugzeugträger, die weltweite Spionage über Satelliten und Spionagesysteme, die Luftfahrt, die Entwicklung von Bombern etc. angeht bis hin zur Führung in der Computertechnik und Militärtechnik, sind die USA, obwohl die Europäer sich auf einigen Sektoren bemühen gleichzuziehen, bis heute absolut Spitze. Und die Spekulation der Deutschen Bank, daß sie zum „potenten Konkurrenten der USA“ wird, bekommt heute einen interessanten Beigeschmack. In der Deutschen Bank gab es vor kurzem eine harte Auseinandersetzung zwischen zwei Richtungen. Einer der konservativen Vertreter, der selbst an der Internationalisierung der Bank gearbeitet hat, kritisierte die jetzige Führung, daß diese sich aus der deutschen Ökonomie mehr oder minder zu verabschieden gedenke, und daß die Möglichkeit bestehe, daß sie zu einer „internationalen“, sprich vorwiegend angelsächsisch orientierten Bank wird. In der Tat liegt dies im Bereich des Möglichen.

Überhaupt: welche Rolle spielt Osteuropa? Osteuropa ist der Bereich, in dem der deutsche Imperialismus sich mit Duldung der USA ausdehnen durfte. Die Bedeutung Osteuropas aber im Vergleich etwa mit dem pazifischen Markt, dem lateinamerikanischen, dem indischen Markt ist zweifelsohne auf sekundärer Stufe zu sehen. Selbstverständlich ist es Aufgabe der deutschen Marxisten, den deutschen Imperialismus bei seiner Beteiligung an der Ausbeutung oder seiner Intervention in Osteuropa zu bekämpfen, das gilt insbesondere dann, wenn er dahingeht, Aufstände gegen diese Ausbeutung in Osteuropa militärisch zu unterdrücken.
 Das kann schon sehr bald eine dringliche Aufgabe werden. Auch jede Betätigung auf kolonialem Sektor, bspw. in Afrika, muß bekämpft werden. Aber wir können nicht den darüberliegenden Rahmen, daß nämlich die USA Hegemonialmacht über Europa sind, weglassen. Dies ist ein ganz gewichtiger Faktor. Es kann keine Arbeiterbewegung in Europa geben, wenn wir die Hegemonie der USA in Westeuropa und Europa, die seit 1945 unzweideutig existiert, akzeptieren.

Ich will nicht alle Punkte dieses Artikels in einem Antwortbrief an Dich behandeln, aber noch  einige weitere unzweideutige Stellen anführen, die das ganze Ausmaß der Parteinahme von Andrea Schön auf seiten des US-Imperialismus belegen.

„China ist ein weiteres Land, mit dem der deutsche Handel boomt: Wie nach dem Chinabesuch des Kanzlers im Oktober 2003 berichtet wurde, sind die Exporte nach China im ersten Halbjahr 2003 um 50% gestiegen, in der Automobilindustrie sogar um 100%, womit China für den VW-Konzern zum wichtigsten Auslandsmarkt geworden ist.“

Na und? Ist das etwa ein Spezifikum des deutschen Imperialismus? Japan, die USA, Frankreich, alle laufen um die Wette nach China, auch die Kapitalisten kleinerer Länder. Wie die „Financial Times Deutschland“ – in diesem Fall kann man sie ja tatsächlich einmal zitieren – festgestellt hat, ist China die „Werkstatt der Welt“. Alle Imperialisten bewegten sich dahinein. In letzter Zeit haben sogar die deutschen Imperialisten einige herbe Niederlagen im dortigen Konkurrenzkampf erlitten. Es ist nicht unsere Sache, das zu beklagen, aber man kann es nicht so hinstellen, als würden diese Zahlen irgendetwas über eine „Weltmacht Deutschland“ belegen.

Aber dann heißt es weiter:

„Iran, ein weiterer  'Schurke’ [??? weshalb wird das so ausgedrückt?] betrachtet Deutschland als seinen wichtigsten Handelspartner. Das Land erhält von deutschen Monopolen wie ThyssenKruppStahl (TKS), Siemens und MAN wichtige Ausrüstungen in der Fahrzeugindustrie und im Maschinenbau. Der Iran verfügt immerhin über 16-18% der weltweiten Gasreserven und ist daher als Energielieferant neben seiner geostrategischen Bedeutung wichtig. Die EU-Außenminister de Villepin, Fischer und Straw haben ganz zum Ärger der USA einen recht freundlichen Vertrag mit dem Iran zum Umgang mit atomwaffenfähigem Material ausgehandelt, der aufgrund eines fehlenden ‚Sanktionsmechanismus’ die USA deutlich in Bedrängnis bringt, zu welchem Schluss auch die FTD vom 21.10.2003 kommt.“

Was will Andrea Schön mit solchen Angaben eigentlich sagen? Daß diese Entwicklung bedrohlich ist? Man  muß erst einmal festhalten: der Iran ist militärisch durch die USA von allen Seiten bedroht, von Seiten des Irak, wo die USA stationiert sind; die USA sitzen im Kaukasusgebiet, sie sitzen in Afghanistan, in Grenznähe zu Iran, sie haben in Pakistan ein ihnen willfähriges Regime, sie sitzen in den ehemaligen GUS-Republiken, die an Afghanistan angrenzen, und sie sitzen in den Golfstaaten gegenüber am Persischen Golf. Der Iran ist ein bedrohtes Land. Er ist bedroht durch die Atomwaffen der USA und Israels. Angenommen, der Iran würde tatsächlich dahin streben, an atomwaffenfähiges Material zu kommen - wäre es unsere Sache, das zu beklagen? 

Es wirkt auffällig, daß sowohl Deutschland wie Frankreich und ganz besonders J.Fischer Druck machen, daß Iran von der Möglichkeit eines Atomwaffenbaus Abstand nimmt. In den letzten Monaten sind am laufenden Band entsprechende Meldungen durch die Medien gegangen, begleitet war dies von massiven militärischen Drohungen der USA. Obwohl wir, und gerade wir,  das Mullahregime immer entschieden bekämpft haben und unbedingt für seine Beseitigung eintreten, lehnen wir natürlich einen Umsturz made in USA, der das Land komplett zu einer Kolonie der USA machen würde, entschieden ab. Die Intervention der USA in diesem Raum, die Bedrohung bringen auch die inneren Kräfte im Iran in eine komplizierte Lage.

Auf jeden Fall ist es nicht unsere Aufgabe, irgendwelche Sorgen auszudrücken, daß der Iran atomwaffenfähiges Material bekommt. Eine solche Sache ist Parteinahme für den Hegemonismus, ist Ideologie des sog.Atomwaffen-Sperrvertrages [3], und eine solche Ideologie beinhaltet die imperialistische Erpressung.

Aber Andrea Schön klärt uns ja selbst auf in ihrer Sprache, was sie meint. Sie unterstellt, daß  ein zu „freundlicher Vertrag“ der EU-Staaten mit dem Iran „aufgrund eines fehlenden 'Sanktionsmechanismus’ die USA deutlich in Bedrängnis bringt.“ Die USA kommen also in Bedrängnis, nach Ansicht von Andrea Schön, weil möglicherweise atomwaffenfähiges Material in die Hände des Iran gelangt. Aber so sprechen doch Bush und die ganze amerikanische imperialistische Kamarilla höchstpersönlich! Das ist doch deren Anschauung! Hat ein solches Land auch nur eine halbe Atombombe, ist es eine Gefahr für die US-Imperialisten, die so viele Atomwaffen haben, daß sie nach ihren eigenen Angaben die ganze Welt plattbomben können. Hier kommt doch Andrea Schön mit der Anschauung des US-Imperialismus in seiner extremsten Form! Hier kommt es heraus, daß in der linken Bewegung Leute sitzen, die die US-imperialistische Atombombenerpressung selbst mit Fleisch und Blut verteidigen. Das ist absolut unvereinbar! Und so etwas wird auf Kommunisten-Online abgedruckt?! Das sollte einmal zum Nachdenken Anlaß geben.

Bei allen hier über die europäische Militärpolitik gebrachten Zahlen muß immer die Relation gesehen werden zu anderen Mächten. Wenn ich sage, irgendwo werden so und so viel tausend Soldaten aufgestellt, muß ich immer sehen, in welcher Relation das zu den übrigen militärischen Entwicklungen steht. Allerdings ist richtig, daß auch die Europäer zu der Eingreiftruppen-Politik und damit der imperialistischen Aggressionspolitik längst übergegangen sind, der Krieg gegen Jugoslawien zeigte bereits, daß die europäischen Staaten voll militärisch auf der Seite im imperialistischen Lagers mitgehen können. Unsere Organisation hat sich seinerzeit an allererster Stelle ins Zeug gelegt, um diese Aggression sowohl der USA wie auch der Bundesrepublik zu bekämpfen.

Das Weitere dieses Artikels ist ganz auf der Linie wie gehabt, ein Klagelied, wo überall den US-Imperialisten ihre Herrschaft verloren zu gehen droht, daß eine ernsthafte Konkurrenz auf dem Luftfahrtsektor entsteht, daß EADS sich als erfolgreicher Rüstungskonzern betätigt, und das Monopol der US-Rüstungskonzerne etwas angekratzt wird. Es ist nicht unsere Aufgabe, irgendwo der Bourgeoisie in Europa Beifall zu zollen, wenn sie einen Rüstungskonzern aufbaut. Das macht die Bourgeoisie eben, es ist nicht Aufgabe des Proletariats, das zu verteidigen. Aber wir können auch nicht die Frage der Hegemonie außer Acht lassen.

In der Tat ist es gerade beim deutschen Imperialismus immer wieder zu beobachten, daß er seine eigenen Kräfte völlig überschätzt, daß er sich durch andere funktionalisieren läßt und am Ausbruch von Kriegen beteiligt ist oder sie sogar selbst zum Ausbruch bringt. Dieser Subjektivismus, diese Rückwärtsgerichtetheit, die in Deutschland herrschen, müssen in der Tat bekämpft werden. Beispiele dafür finden sich auch auf anderen Gebieten, z.B. in einer generell rückwärtsgewandten Auffassung über die Ökonomie in der sich entwickelnden Welt, die sich z.B. darin äußert, diesen Ländern Kernenergie und große Wasserkraftwerke zu verweigern. Unsere Organisation hat das bekämpft. Welche andere Organisation hat das bekämpft? An bestimmten Punkten ist der deutsche Imperialismus reaktionärer als der amerikanische, gerade was diese alternativen und kleinbürgerlich-idiotischen Richtungen angeht. Aber da sind wir an der Spitze des Kampfes gegen den deutschen Imperialismus und nicht Leute wie Andrea Schön.

Was Andrea Schön von Zahlenwerten hält, wird auch an ihrem Schlußplädoyer deutlich.

„Im Zusammenhang mit den militärischen (Un-)fähigkeiten der EU, die gerne auch von bürgerlichen Blättern immer wieder beklagt werden (natürlich um die Notwendigkeit verstärkter Rüstungsausgaben in die Köpfe der Leser zu hämmern), wird gerne der Vergleich mit dem Rüstungshaushalt der USA herangezogen, dessen Umfang alle Länder der EU zusammen genommen nicht einmal bzw. höchstens zu 50% erreichen. Leider wird dieses oberflächliche Argument bis in weite Teile der – sich auch als marxistisch-leninistisch verstehenden Linken! – immer wieder gerne und gedankenlos nachgeplappert.“

Solch einen Fakt anzuführen, daß die Rüstungen der europäischen Länder, die sich untereinander nicht einig sind, die qualitativ nicht mit den USA mitziehen können, noch nicht einmal 50% des Umfangs erreichen, obwohl die europäischen Staaten einen weitaus größeren Anteil an der Weltbevölkerung haben als die USA, soll „gedankenloses Nachplappern“ sein? Es heißt aber dann noch besser:

„Vergessen wird dabei vor allem, dass die USA horrende Summen allein zur Unterhaltung ihrer (offiziell!) 4.000 Stützpunkte in der Welt bereitzustellen hat. Sicherlich kann man diese Stützpunkte als gewichtigen Macht- und Einflussfaktor betrachten.“

Ja, als was denn sonst? Die USA haben in der Tat als einzige ein weltweites umfangreiches Stützpunktnetz, das kostet eine Menge Geld, und von diesen Stützpunkten aus bedrohen sie die ganze Welt. Wieso soll dann die Einbeziehung dieser Stützpunktkosten  in die Rüstungskosten ein Gegenargument sein?

„Eben dieser zeigt aber gerade derzeit im Irak (und durchaus in den maßgeblich derart "gestützten" Ländern wie Südkorea, Philippinen, Indonesien etc.) seine unübersehbaren Grenzen.“

Ja, richtig, es gibt Grenzen des US-Imperialismus, bspw. durch das Bündnis gegen den Irak-Krieg, und die haben wir nach Kräften gefördert, aber Andrea Schön tut alles, um diese Begrenzungen in ein negatives Licht zu setzen!

„Außerdem hat pikanterweise eine Studie der ZAS, der Zentrale für Analysen der Streitkräfte, eines Think-Tank der Bundeswehr mit Sitz in Waldbröhl, im Zusammenhang mit der Formulierung der neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien festgestellt, dass es durchaus möglich sei, den technologischen Rückstand zu den USA durch 'Überspringen einer Waffengeneration’ aufzuholen ...“

Wieder wird ein Zitat aus einer bürgerlichen Zeitschrift, hier der Bundeswehr, als Kronzeuge aufgefahren. Welchen realen Gehalt es hat, muß aber erst noch gesehen werden. Wir wissen, wie subjektivistisch, wie wahnsinnig gerade deutsche Militärs in der Vergangenheit gewesen sind, wenn sie meinten, sie holen alles auf und haben die große Armee. Das hat sich als schwerer und folgenschwerer Irrtum erwiesen.

„In diesem Zusammenhang vielleicht auch ein historischer Vergleich: Nach der Machtübertragung an Hitler hatte sich sicherlich kein Land der Welt vorstellen können, dass Deutschland innerhalb von sechs Jahren weltkriegsfähig werden würde.“

Der Nazi-Rüstungsaufmarsch war nur möglich, weil er aus den USA und aus den Ländern der Entente gefördert worden ist. Nur weil diese wollten, daß Deutschland gegen die Sowjetunion ausgespielt wird, war dieser Rüstungsaufmarsch möglich, sonst wäre er nicht zustande gekommen. Der ganze Aufbau der Nazimacht ist von dieser Konstellation, in der Deutschland gesteckt hat, nicht zu trennen.

Und was die „Weltkriegsfähigkeit“ angeht, so hat sich doch Folgendes herausgestellt: die deutschen Imperialisten unter Hitler bildeten sich ein, sie hätten eine gewaltige Marine, eine gewaltige Luftwaffe u.ä.  Es stellte sich heraus, daß ihre Luftwaffe und Marine den tatsächlichen Großmächten bei weitem unterlegen waren, daß sie subjektivistische wahnsinnige Verbrecher waren, die den Völkern ungeheures Unheil angetan haben. In der Tat ist es Aufgabe in Deutschland, solche Richtungen zu bekämpfen, man kann sie aber nur bekämpfen, wenn man gleichzeitig die internationalen Miturheber bekämpft und nicht etwa den amerikanischen Imperialismus beschönigt.

Weiter heißt es in einer sehr bezeichnenden aber grundfalschen Formulierung:

 „Dessen ungeachtet haben wir nach wie vor die Dynamik der innerimperialistischen Widersprüche als das bestimmende Moment und schließlich auch als das kriegsauslösende zu verstehen.“

Das bestimmende Moment sind nicht die innerimperialistischen Widersprüche auf der Welt – das bestimmende Moment ist der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und den Völksmassen aller Länder einerseits und allen Imperialisten und den jeweiligen kapitalistischen Herren in den Ländern andererseits. Der Widerspruch zwischen den Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, die den heutigen weltumspannenden gesellschaftlichen Produktivkräften nicht mehr angemessen sind, wirkt sich überall aus und macht alle diese Mächte panisch vor Angst, es könnte in der Welt zu einem Zusammensturz und zu einer Revolution kommen. Das erst einmal vorweg. Das bestimmende Moment ist dieser Widerspruch und nicht die innerimperialistischen Widersprüche. Die „innerimperialistischen Widersprüche“ sind überhaupt nur zu begreifen auf dem Hintergrund dieser treibenden Kraft, und sie müssen begriffen werden als solche, die in der Hauptsache die Revolution mit vorantreiben. Die Widersprüche dieser Imperialisten bilden selbst ein Moment, das die proletarische Revolution vorantreibt, da jede dieser Mächte die anderen Mächte untergräbt.

Alle modernen Revisionisten haben immer wieder versucht, diese Widersprüche dahingehend auszulegen, daß sie sie glätten und daß sie letztlich einer großen Macht alle Macht zuschieben, die dann als Kontrollmacht agiert. Das ist gewissermaßen das Credo des modernen Revisionismus, das sowohl theoretisch als auch praktisch und mit aller Härte bekämpft werden muß. Es ist auch das Credo, das letztlich im Kopfe von Andrea Schön steckt, die zur DKP gehört, die diese Politik und Ideologie über Jahrzehnte hinweg gepflegt hat.

Schließlich noch ein Satz:

„Wir wissen schließlich, dass Imperialisten normalerweise nicht sorgsam die Waffen abzählen, bevor sie einen Krieg beginnen ...“

Das ist ein Irrtum. Die Nazi-Imperialisten bspw. haben sehr genau ihre Waffen abgezählt, als sie Polen überfallen haben, und konnten sich ausrechnen, daß sie es sehr schnell machen werden. Und sie haben ihre Waffen abgezählt, als sie den Aufmarsch gegen die Sowjetunion aufgebaut haben, sie haben eine riesige Armee aufgestellt, mit der sie vermeinten, die Sowjetunion im Blitzkrieg besiegen zu können. Sie mögen die Waffen gezählt haben, was sie nicht gezählt haben, war der Widerstand des sowjetischen Volkes, der Widerstand der sozialistischen Produktionsverhältnisse, der zur Geltung kam, und den sie aufgrund ihres reaktionären Charakters nicht begreifen konnten. Daran sind sie letztlich zugrunde gegangen, trotz aller Fehler der Politik, die in der Sowjetunion existiert haben.

Auch diese Behauptung, daß die Imperialisten nicht ihre Waffen abzählen würden, führt in die falsche Richtung. Die Konsequenz daraus wäre, daß wir die Waffenverhältnisse gar nicht genau beachten. Eine kommunistische Taktik muß sie aber sehr genau beachten und nicht einen blöden Ökonomismus ohne politische Differenzierungen praktizieren, der immer schon ein Element des Revisionismus war.

Redaktion Neue Einheit
Hartmut Dicke,  
Nov./Anf. Dezember 2004

 


[1] Es heiß wörtlich bei Kommunisten-online:

Wenn „hd“ vom Verlag Neue Einheit den Beitrag in „Offensiv“ mit dem Tiel „Deutschland auf dem Weg zur kriegsfähigen Weltmacht“ von Andrea Schön meint, so haben wir keinerlei Hinweis gefunden, der diese Behauptung des Autors des Verlags Neue Einheit“ stützt. Er hat den Beitrag offensichtlich nicht richtig gelesen.“

[2] Verschiedene Vertreter von Offensiv versuchen den Begriff  Hegemonie insgesamt als falsch abzuwehren. Darauf bin ich in einem redaktionellen Statement eingegangen, das ich hier anfüge. Es heißt in dem IS 2004-73:

„Zum Irakkrieg ausgerechnet heißt es in dem "Offensiv"-Heft von März-April 03, daß der Krieg die Theorien über den Hegemonismus widerlege, ferner wird diese Frage in einen Topf mit der Theorie vom sogenannten „kollektiven Imperialismus“ geworfen. Es heißt unter der Redaktionsnotiz von dem Redakteur Frank Flegel:

„Dazu kurz (und stark verkürzt) zur Erinnerung: 'Hegemonismus’ will ausdrücken, dass wir keine nennenswerte Konkurrenz unter den verschiedenen imperialistischen Zentren zu verzeichnen haben, weil ein Zentrum, nämlich die USA, der Hegemon ist, alle anderen nur in Anerkennung dieser Hegemonie und damit in Abhängigkeit vom Hegemon handeln können und wir dementsprechend in einer unipolaren Welt leben.“

Eben das will „Hegemonismus“ keineswegs ausdrücken. Hegemonie bedeutet nämlich ein System relativer Abhängigkeit, unter der sich eine Fülle von Widersprüchen entwickeln können. Ferner kann es auch ein System durchaus zweier Hegemonialmächte geben. Wenn in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg sowohl die Sowjetunion als auch die Volksrepublik China ein Hegemonialsystem der USA konstatierten, so hoben beide zugleich auch die Widersprüche, die sich in diesem System entwickelten hervor, und dies zurecht. China hat ausdrücklich die Zwischenzonentheorie entwickelt, die es ihr ermöglichte, abgestuft und differenziert die einzelnen Gegner zunehmend zu isolieren, ganz besonders die USA. Als die Sowjetunion zu einem Sozialimperialismus degenerierte, wurde dieses Verfahren auch gegen sie angewandt.
In dieser Äußerung von Frank Flegel wird also erst eine falsche Definition gesetzt, und dann wird daran etwas „widerlegt“. Die sog. Theorie vom „kollektiven Imperialismus“ hat nichts mit der von dem revolutionären Sozialismus seit langem entwickelten Theorie über die Hegemonie zu tun.
Auch wenn es auf Grund bestimmter historischer Bedingungen zur Herausbildung einer Hegemonialmacht kommt, wie nach 1990, dann gibt es auf Grund der Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus und Imperialismus immer treibende Kräfte, diese Situation aufzulösen, hin zu einer Situation direkter Konkurrenz und Gegensätzlichkeit zwischen mehreren imperialistischen Mächten.
Überall arbeitet die in „Offensiv“ vertretene Hauptrichtung daran, durch die Hintertür die Bekämpfung der Hauptmacht des USA-Imperialismus zu hintertreiben, ohne die es derzeit auch keine Bekämpfung sonstiger imperialistischer Mächte gibt.
Wenn man die oberste Macht nicht angreift, bleiben alle anderen Angriffe gegen sekundäre Mächte nichts als Fassade, im besseren Fall, im schlimmeren Fall wird die revolutionäre Partei selbst zu einem Handlanger der obersten imperialistischen Macht, wie das bei dem modernen Revisionismus jahrzehntelang der Fall war und ist.“

[3] Der sog Vertrag zur Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen wurde von den USA, Großbritannien und der UdSSR am 1.Juli 1968 unterzeichnet. Er beinhaltet im wesentlichen, daß die USA und die UdSSR unbegrenzt und ungehindert weiter ihre Atomwaffenarsenale ausbauen können, dagegen die Staaten die bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Atomwaffenstaaten sind, keinerlei Atomwaffen besitzen und noch nicht einmal erstreben dürfen. Er ist der konkrete juristische Ausdruck der internationalen bewaffneten Erpressung und Ausdruck der Garantie des Systems der Ausbeutung.
Er bildete die Spitze der internationalen Zusammenarbeit von sowjetischem Revisionismus und USA Imperialismus, und wurde in der bestehenden Form wesentlich mit von der ersteren initiiert. Sein ursprüngliches Ansinnen war es, die VR China daran zu hindern, ein eigenes atomares Potential zu entwickeln. Alle Staaten, die im weiteren diesen Vertrag nicht unterzeichnen wollten, wurden mit jeder Art von Drangsalierung bedroht. Die USA sind der heutige Haupterbe dieses Vertrages.

[siehe dazu auch: Nochmals zu dem sog. Vertrag über Nichtweiterverbreitung - „Atomwaffensperrvertrag“ ]

 

 

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