Internet Statement 2005-98
Folge 2 -
Steuern - alles wie gehabt Uwe Müller, 27.12.05 Steuern - alles wie gehabt 7 Jahre Liquidationspolitik der rot-grünen Regierung haben, trotz Schuldenerhöhung, mehrfacher Verletzung der EU-Maastricht-Kriterien sowie massiven Steuererhöhungen für weite Teile der Bevölkerung, zu einem finanziellen Desaster des Staatshaushaltes ungekannten Ausmaßes geführt. Die schon hohen Schuldenberge sind noch mehr und schneller gewachsen als vorher. Dieser Bankrott hat zum Sturz der rot-grünen Regierung in NRW und schließlich auch im Bund geführt.Haben die SPD und Grünen im Wahlkampf weitere Steuererhöhungen möglichst verschwiegen, so trat die CDU/CSU "ehrlich" auf, und kündigte diverse Steuererhöhungen schon an. Zu Anfang war dies immerhin noch verbunden mit dem Konzept der radikalen Vereinfachung des ganzen Steuersystems à la Kirchhof. Dessen Ansatz zur radikalen Steuervereinfachung, der zu einem neuen überschaubaren Steuersystem, und bei gleichzeitiger Anhebung der Steuergrundfreibeträge und niedrigen Steuereingangssätzen durchaus zur Steuerminderung für die breite Bevölkerung und zur verstärkten, tatsächlichen Besteuerung der Reichen und Konzerne hätte führen können, wurden im Wahlkampf von der SPD, den Grünen und von vielen Seiten attackiert. Und selbst in den Reihen der CDU/CSU gab es derartige Widerstände dagegen, daß dieser Ansatz zur Gänze fallengelassen wurde. So ist es nicht zu verwundern, wenn der Koalitionsvertrag in punkto Steuern und Abgaben nichts wirklich Neues bietet und die Steuererhöhungspolitik der Vorgängerregierung(en) fortsetzt. Da die Finanzlage schließlich so katastrophal sei, wird schon mal vorab erklärt, die Maastricht-Kriterien für 2006 auch nicht einhalten zu wollen. Erst ab 2007 soll die Neuverschuldung wieder unter die von Maastricht vorgegebenen 3% des BSP sinken. Die ganze Steuerpolitik wird unter der Überschrift
präsentiert. Die große Koalition will also die Staatsfinanzen sanieren. Gut und schön. Aber wie? Durch Schließung aller Schlupflöcher für die Konzerne und Reichen, die heutzutage so gut wie gar keine Steuern mehr bezahlen? Weit gefehlt. Durch Streichung der von "Rot-Grün" eingeführten Steuerfreiheit bei Beteiligungsveräußerungen, die den Finanzfonds Tür und Tor geöffnet hat, und schon etliche gesunde Unternehmen ruiniert hat (siehe z.B. Grohe)? Nein. Davon ist keine Rede, obwohl es gelegentlich im Wahlkampf angeklungen war. Soll das Steuersystem transparent, einfach und kontrollierbar werden? Nein, das asoziale Steuersystem und die Steuerbürokratie bleiben unangetastet. Wird die Ökosteuer abgeschafft? Nein. Werden wenigstens die Reichen auch stärker besteuert? Keine Rede. Die vielgepriesene sog. "Reichensteuer" ist nur leerer Popanz, denn die Mittel, diese leicht zu umgehen, sind in Fülle vorhanden. Sind Steuersenkungen für die breite Masse auch nur angedacht? Nein. Dazu heißt es lapidar:
Das ist pure Beschönigung, denn etliche konkrete Steuererhöhungen werden im Koalitionsvertrag ja schon angeführt. Natürlich finden sich im Koalitionsvertrag auch Formulierungen bezüglich einer Vereinfachung des Steuersystems. So soll für Arbeiter und Angestellte die Abgabe einer Steuererklärung überflüssig werden. Die bisherigen Lohnsteuerklassen sollen entfallen und Ehegatten anteilig an der Lohnsteuer beteiligt werden. Doch das sind nur Absichtserklärungen ohne jegliche Datumsangaben, sie betreffen zudem nur einen minimalen Teil des Steuersystems. Unter Erleichterung wird auch angeführt, daß künftig Steuererklärungen in elektronischer Form abgewickelt werden können. Fragt sich, für wen dies eine Erleichterung werden soll und wie sicher das dann sein wird. Im Grunde aber wird das Steuersystem so bleiben, wie es ist - ungerecht, unsozial, absolut undurchschaubar, ein bürokratisches Monstrum, das auf der ganzen Bevölkerung lastet wie ein Alb. Und die Punkte, die zumindest einige Abschwächung des Steuerbürokratismus für Selbständige und kleine Unternehmen beinhalten, sind zu minimal, um irgend etwas Essentielles bewirken zu können. Wurde Kirchhof ob seiner Pläne z.B. zur Streichung der Pendlerpauschale von allen Seiten, selbst Teilen der CDU/CSU, attackiert, so serviert die große Koalition nun annähernd das Gleiche - aber ohne den Ausgleich durch ein einfaches, übersichtliches und unterm Strich für weite Teile weniger belastendes Lohn/Gehalts-Steuersystems. Es lohnt sich kaum, auf Einzelheiten einzugehen. Deshalb gehe ich nur kurz auf einige konkrete Punkte ein. An erster Stelle steht die Erhöhung der Mehrwertsteuer ab 2007 von 16 auf 19%! Dazu fällt einem ja nichts mehr ein. Die Auswirkungen sind klar: für die Reichen und Gutbetuchten ist dies kein Problem. Die breite Masse der Bevölkerung wird sie in höheren Preisen zu spüren bekommen, und der Handel wie auch die Unternehmen, die von der Nachfrage im eigenen Land abhängig sind, werden durch weiter sinkende Kaufkraft Probleme bekommen. Daß ein Teil dieser Erhöhung zur Reduzierung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung herhalten soll, zeigt einmal mehr die soziale Schieflage, denn dies nutzt den Arbeitslosen, Rentnern und Sozialhilfeempfängern gar nichts. Wo Subventionen bzw. Steuerfeibeträge gestrichen werden sollen (manches ist ja schon beschlossen), tangieren diese nicht das Kapital und die Großverdiener, sondern die breite Masse der Bevölkerung. So die Streichung der Eigenheimzulage, die Kürzung der Pendlerpauschale (künftig erst ab dem 21. km), die Abschaffung des Steuerfreibetrages für Abfindungen, Übergangsgelder, Heirats- und Geburtshilfen usw. usf.. Unternehmen hingegen können durch Änderungen bei Abschreibungen und einer Minderung der Nachweispflicht mit kleinen Erleichterungen rechnen. Im Jahre 2008 soll es schließlich eine Unternehmens- und Einkommenssteuerreform geben. Kurzum: Es bleibt steuerpolitisch alles wie gehabt. Der Staatshaushalt soll "konsolidiert" werden auf dem Rücken der breiten Bevölkerung. Steuer- und Abgabenerhöhungen für die breite Bevölkerung en masse, Tausende Steuerschlupflöcher und Steuergeschenke für die Reichen bleiben unangetastet. Die Schuldenpolitik des Staates wird auch zukünftig auf die Bevölkerung abgewälzt. Ganz so, als hätte sie, und nicht der Staat und seine Protagonisten selbst, diesen Schuldenberg fabriziert. Diese Steuerpolitik für sich genommen, wenn man sie überhaupt isoliert betrachten will, wird weder den Staatshaushalt konsolidieren können, noch entscheidende Impulse für die ökonomische Entwicklung liefern. Vielmehr wird sie zur weiteren Schwächung der Kaufkraft durch Senkung der Realeinkommen der Arbeiter und Angestellten führen, und so den inneren Markt noch mehr herunterziehen, als sie es jetzt schon tut.
Sozialversicherung und Arbeitsmarkt"reformen" Hier
wird als erstes wird die Senkung der Lohnzusatzkosten angeführt,
konkret die Reduzierung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung von
6,5 auf 4,5% ab 2007, dabei aber gleich die Erhöhung des Rentenbeitrages
um 0,4 Prozentpunkte angekündigt. Bis 2007 ist allerdings noch
eine Ecke hin, und beim Bankrott der Renten- wie auch der Kranken- und
Pflegeversicherung muß man kein Hellseher sein, um voraussagen
zu können, daß weitere Erhöhungen der Sozialversicherungsbeiträge
zu erwarten sind. Will also die neue Regierung die Lohnzusatzkosten
wirklich senken, so kann das nur heißen, daß der Anteil
der Arbeiter und Angestellten noch weiter steigen wird, der der Unternehmen
aber gleich bleiben oder gar sinken wird. Was
die sog. Arbeitsmarktpolitik angeht, so wird hier zumeist die Modernisierung
(sprich: weitere Aushöhlung) des Kündigungsschutzes genannt.
Daß die Verlängerung der Probezeit auf bis zu 2 Jahre keinen
einzigen Arbeitsplatz zusätzlich schaffen wird, dürfte doch
wohl klar sein. Worum geht es dann dabei? Wie die ganzen befristeten
Arbeitsverhältnisse in ihrer Mehrzahl schon jetzt, dient auch diese
Probezeitverlängerung vorwiegend der Disziplinierung und Erpressung
der Arbeiter und Angestellten im Betrieb. Wenn die SPD sich gegenüber
den Arbeitern und Gewerkschaften nun hinstellt, und sagt, sie habe hier
Schlimmeres verhindern können, so kann man dazu nur sagen: In diesem
Punkt vielleicht schon. Aber was zählen diese Punkte, wenn man
sich den ganzen politischen Gehalt dieses Koalitionsvertrag anschaut?
Da sind solche "Verhinderungen" doch rein kosmetischer Natur.
Was wird u.a. darunter verstanden?
Grundsätzlich ist gegen eine gewisse Kontrolle von Leistungsbeziehern ja auch nichts einzuwenden. Daß aber z.B. die Konten- und Auslandskonten der Arbeitslosen jetzt überprüft werden dürfen, die von Unternehmen und Steuerbetrügern großen Stils, die den Staat und damit die Allgemeinheit um unendlich viel mehr Geld und Steuern betrügen, aber nicht - das wirft doch ein bezeichnendes Licht auf den Charakter dieser Politik und dieses Systems. Absolutes Bankgeheimnis und hohe Datenschutzrechte für Wohlbetuchte und Steuerbetrüger großen Stils, für Arbeitslose soll aber die totale Ausspionierung seitens des Staates ermöglicht werden. Etliche sog. Fördermaßnahmen der Arbeitsagenturen und Bestandteile der Hartz-Gesetze sollen auf den Prüfstand gestellt werden, der Dickicht der vielen verschiedenen, teils sich widersprechenden Maßnahmen und Regelungen soll gesichtet und gelichtet werden. Die meisten sog. Fördermaßnahmen werden allerdings weiter geführt, so die Regelungen für die über 50-Jährige, spezielle Programme für arbeitslose Jugendliche oder die sog. Ich-AGs bis Mitte 2006.
Weiterbildung - "Bildungssparen" Viel Wert wird auf lebenslange Weiterbildung gelegt.
Das ist durchaus sinnvoll. Weiterbildung wird in der Tat immer wichtiger werden. Doch ach, die Kröte folgt auf den Fuß:
Man sieht, worauf es hinausläuft. Bildungssparen! Als wenn viele von ihrem kärglichen, unzureichenden Lohn noch irgend etwas sparen könnten! Doch halt, es kommt noch was:
Und wir dachten schon… Wie das allerdings (haushaltsneutral) finanziert werden soll, davon ist nicht die Rede. Natürlich werden nun auch wieder die Tarifparteien bemüht:
Wie aber soll das in nicht tarifgebunden Betrieben (d.h. in der Mehrheit der Betriebe) geregelt sein? Selbst da, wo der Koalitionsvertrag konkret wird, bleiben Fragen über Fragen.
Kombilohn - Ausweitung des Niedriglohnsektors Ein zentraler Punkt im angeblichen Kampf gegen die Arbeitslosigkeit für die große Koalition bildet der sog. Kombilohn. Was ist damit gemeint?
Was
heißt das nun konkret? Hier wird zwar nicht direkt die Ausweitung
des sog. Niedriglohnsektors gefordert - aber es läuft aufs Gleiche
hinaus. Es gibt jetzt schon eine stetig wachsende Anzahl von Menschen
(wahrscheinlich schon weit mehr als 2 Millionen), die in sog. prekären
Arbeitsverhältnissen gefangen sind, die jetzt schon nicht mehr
zum Bestreiten des eigenen Lebensunterhalts, geschweige denn zum Unterhalt
einer ganzen Familie ausreichen. Immer mehr Menschen hier im Lande verarmen
- obwohl sie noch Arbeit haben. Genannt seien Minijobs, 1-Euro-Jobs,
Leih- und Zeitarbeit, sog. Ich-AGs, Jobs im Verkauf, Logistik- und Dienstleistungsbereich
mit Stundenlöhnen bis herunter auf 4 Euro! Fakt ist, daß
immer mehr Löhne und Einkommen nicht mehr zum eigenen Lebensunterhalt
ausreichen. Daß dies eine Entwicklung im Sinne des Kapitals und
der Unternehmer ist, ist offenkundig. Anstatt dieser brutalen und unsozialen
Lohnentwicklung Einhalt zu gebieten und Gegenkonzepte zu entwickeln,
soll ein Kombi-Lohn-Modell geprüft werden, das den Niedriglohnsektor
legitimieren und ausbauen soll. So nach dem Motto: 'Du kannst von
deinem Lohn nicht leben? Selber schuld. Aber wir, als sozialer Staat,
wollen mal nicht so sein, und geben dir noch etwas dazu. Dafür
mußt du aber auch dankbar sein und nichts weiter fordern. Du mußt
dich vielmehr freuen, daß wir dich nicht verhungern lassen. Mehr
darfst du von uns aber nicht erwarten. Und wenn im Haushalt kein Geld
für Lohnzuschüsse übrig ist - dann mußt du halt
schauen, wie du zurecht kommst.' Weiter heißt es:
Da
kann man leider nichts allzu Gutes erwarten. Es sei an dieser Stelle
nur daran erinnert, daß die Tarifparteien auch zur Leih- und Zeitarbeit
Tarifverträge ausgehandelt haben, deren Konditionen weit unter
denen der EU-Regelung liegen. Die EU-Regelung sieht nämlich vor:
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit (auch für Leiharbeit!). In
Deutschland aber darf von dieser Regelung abgewichen werden, sobald
ein Tarifvertrag vorliegt - und genau solche wurden vom DGB und einigen
christlichen Gewerkschaften abgeschlossen. Fortsetzung folgt
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