Internet Statement 2006-53

 

 

 

Die CDU – voll beteiligt an der Destruktion der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland:

 

Der Fall der Hanauer Nuklearbetriebe

 

Wie die CDU-FDP-Landesregierung in Hessen unter Walter Wallmann in Koordination mit Klaus Töpfer in der Bundesregierung im Januar 1988 einen schweren Schlag gegen die Kernenergie in Deutschland landete

 

Walter Grobe, Juni 2006

 

  

Mit der Katastrophe von Tschernobyl (April 1986), bei der sowohl der technische Hergang wie die politischen Hintergründe bis heute große Fragen aufwerfen, war bekanntlich in Deutschland – anders als in anderen europäischen Ländern – die Auseinandersetzung um die Kernenergie neu und in verschärfter Form entbrannt. Ein SPD-Parteitag und auch der DGB-Kongreß beschlossen, den Ausstieg zu fordern, während die CDU-Spitze  in Person von Kanzler Kohl eine Regierungserklärung abgab, an der Kernenergie festhalten zu wollen. Man kann allerdings nicht außeracht lassen, daß gleichzeitig wesentliche Teile und Repräsentanten sowohl von CDU wie auch CSU nach Tschernobyl sich ähnlich der SPD und den Grünen äußerten. Die Meinungen in der FDP, die an der Regierung beteiligt war, gingen ebenfalls auseinander. Lambsdorff soll gegen eine  Delegiertenmehrheit auf dem FDP-Parteitag für die Kernenergie einschließlich Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) und Schnellem Brüter gekämpft haben.

 

Während es auf der zentralen politischen Ebene zu einem Grundsatzstreit um die Kernenergie mit offenem Ausgang zu kommen schien, wurde versucht, auf Länderebene durch Torpedierung zentraler Anlagen bzw. Projekte die Kernenergie entscheidend zu treffen und damit Vorentscheidungen für einen späteren weitergehenden oder gänzlichen Ausstieg zu schaffen. Bereits 1979 hatte es den Fall der in Niedersachsen geplanten Wiederaufarbeitungsanlage gegeben, die von einer CDU-Landesregierung unter Ernst Albrecht als „derzeit politisch nicht durchsetzbar“ blockiert worden war.

 

Ins Zentrum der Auseinandersetzungen rückten ab 1986 zunehmend die sog. Hanauer Nuklearbetriebe, Firmen wie Nukem und Alkem und weitere. Hier, im Bundesland Hessen, das seit April 1987 von einer CDU-FDP-Koalition regiert wurde,  war die Brennelementeproduktion der Bundesrepublik Deutschland konzentriert. Es wurden Brennelemente aus Uran hergestellt, hier wurde auch - im Betrieb der Leichtwasserreaktoren entstehendes -  Plutonium zusammen mit Uran zu neuen sog. MOX-Brennelementen für dieselben Reaktoren verarbeitet und somit auch ein Beitrag zur Verwertung von sog. Atommüll geleistet. Die MOX-Technik war  auch für den beabsichtigten Betrieb des Schnellen Brüters von zentraler Bedeutung. Hauptträger der letztgenannten Entwicklungen war die Firma Alkem, die eine große Anlage errichtete, aus der sie Kernkraftwerke in der ganzen Welt zu beliefern vorhatte. (Es ist diese Anlage, die nach den Interventionen aller möglichen Regierungen einschl. derer der CDU nie in Betrieb gegangen ist und schließlich im Jahre 2004 noch einmal wegen eines möglichen Verkaufs an China Schlagzeilen machte.)

 

Ferner wurden die Brennelemente für den Hochtemperatur-Reaktor bei Nukem, genauer der Nukem-Tochter HOBEG  gefertigt. Die Firma Nukem hatte außerdem eine bedeutende Stellung in der Herstellung von verschiedenartigen Brennelemente für Forschungsreaktoren im In- und Ausland.

Zum Zeitpunkt Anfang 1988 befand sich die Nukem zu 45% im Besitz von RWE, zu 35% von Degussa, sowie zu je 10% von Metallgesellschaft und der Imperial Smelting Corporation, London.

 

 

Die Auseinandersetzung um die Kernenergie, insbesondere um die Hanauer Betriebe, hatte schon jahrelang die hessische Landespolitik stark geprägt. Die Landesregierung  hatte zuvor zwischen dem 12.12.85 und dem 9.2.1987 aus der merkwürdigen Kombination einer SPD-Riege mit Holger Börner als Ministerpräsident und Krollmann als stellv. Ministerpräsident mit dem grünen „Umweltminister“ J. Fischer bestanden, der ohne Wahlen in die vorherige reine SPD-Regierung hereingenommen worden war - ein noch immer erklärungsbedürftiger Vorgang. Börner war kein Gegner der Kernenergie und versuchte noch längere Zeit, dem Haupttrend seiner Partei in dieser Frage entgegenzuwirken, während Krollmann, sein Vize und späterer Nachfolger im Amt des Ministerpräsident, bald den Kernenergie-feindlichen Kurs vertrat. Anlagen in Hessen, das seit 1946 ununterbrochen unter SPD-Führung gestanden hatte, wie die in Hanau und das AKW Biblis (Biblis A war der erste Großreaktor der 1200-MW-Klasse in Deutschland gewesen), waren herausragende Elemente in der Entwicklung der kommerziellen Kernenergietechnik der Bundesrepublik Deutschland. Damit war die Stellung der hessischen Landesregierung zu einem Brennpunkt der bundesweiten Auseinandersetzung geworden.

Die Koalition Börner-Fischer hatte nur 14 Monate Bestand und wurde am 9.2. 1987, den Berichten zufolge genau wegen des Streits um Alkem, aufgekündigt. Inzwischen hatte der stellv. Ministerpräsident Krollmann (SPD) Alkem zu einem „auslaufenden Modell“ erklärt,  während Börner politischen Widerstand leistete, aber am 10.2. „aus Gesundheitsgründen“ zurücktrat und den Posten des Ministerpräsident an Krollmann abgab. Auf den 5.4.1987 wurde eine vorgezogene Landtagswahl terminiert.  Die hessische CDU kandidierte unter Walter Wallmann, der früher in Frankfurt OB gewesen war und derzeit als der Bundes- Umweltminister des Kabinetts Kohl/Genscher amtierte. Wallmann kündigte in dieser Funktion Ende Februar 87 an, die hessische Landesregierung anzuweisen, Alkem die erste Teilerrichtungsgenehmigung für den Neubau der erwähnten großen Plutoniumverarbeitungsanlage zu erteilen (HB 26.02.87), während die noch amtierende SPD-Grünen Koalition in Hessen mit einem Normenkontrollverfahren beim Bundesverfassungsgericht Alkem völlig zu Fall zu bringen suchte. Sie strebte darin an, daß eine industrielle Verarbeitung von Plutonium überhaupt verboten würde und weder der Schnelle Brüter noch die WAA je in Betrieb gehen könnten. (SZ 19.03.87).

Am 5.4.87 siegte die CDU mit ihrem Versprechen der Weiterführung der Kernenergie und der Hanauer Betriebe klar in der Landtagswahl und konnte, zum ersten Mal in der Geschichte dieses Bundeslandes, in einer Koalition mit der FDP, die Regierung bilden. Das Mandat der hessischen Wähler bezog sich eindeutig gerade auch auf die offizielle Haltung der CDU in der Kernenergie-Frage, denn diese hatte den entscheidenden Stoff der vorausgegangenen politischen Auseinandersetzung gebildet. Von daher ist das Umschwenken der Wallmann-Regierung im Dez. 1987/Jan. 1988, mit dem Höhepunkt der völlig willkürlichen, aber umso folgenreicheren Schließungsverfügung gegenüber Nukem, klar als Bruch der Hauptversprechungen zu werten. Man kennt Wortbrüche zwar aus der Praxis aller parlamentarischen Parteien der Bundesrepublik zur Genüge, aber was hier geschah, hatte besonders große Bedeutung für das Land und die internationale Entwicklung und verdient schon von daher in der Rückschau auch nach 18 Jahren mit aller Deutlichkeit festgehalten zu werden.

Was Wallmann, sein Umweltminister Karl-Heinz Weimar (CDU), sowie Klaus Töpfer, der Nachfolger Wallmanns als Bundes-Umweltminister, die unmittelbaren Entscheidungsträger, hier vollbracht haben, trägt nicht nur die Kennzeichen des direkten Verrats am Mandat, sondern auch die einer absoluten Farce. Diese Politiker legten Nukem still, ohne irgendeinen Beweis für die massiven Verdächtigungen in der Hand zu haben, die die Medien im Januar 88 unter Hochdruck ausspuckten, ließen aber diesen Akt bestehen, obwohl sie unmittelbar darauf öffentlich zugaben, auf bloßes Hörensagen hin gehandelt zu haben.  [1]

Man kann ein derartig widersprüchliches Verhalten nur erklären, wenn es an höherer Stelle, auch in der Spitze der CDU/CSU und der damaligen Kohl-Regierung selbst, abgesichert gewesen ist, die somit selbst die Verantwortung mitzutragen haben.

Was waren die konkreten Ereignisse damals, im Dez. 87 und Jan. 88?

Die heiße Phase begann nach jahrelangen Auseinandersetzungen um Alkem im Dez. 1987 mit dem sog. Transnuklear-Skandal. Bei der Transnuklear, einer Tochterfirma der Nukem, die den Transport von radioaktivem Material betrieb, war es zu Aufdeckungen von technischen Unregelmäßigkeiten und Korruptionsfällen gekommen. Den Berichten zufolge hatte die Firma selbst bereits am 8.4. 87 die Staatsanwaltschaft angerufen und Anzeige wg. Untreue gegen mehrere Mitarbeiter erstattet. Eine neue, seit dem 1.1.87 amtierende Geschäftsführung hatte durch eigene Recherchen festgestellt, daß in den Jahren 82—86 Firmengelder in schwarze Kassen geleitet worden waren, aus denen Mitarbeiter von Kernkraftwerken und Energieversorgungsunternehmen zwecks Erteilung von Transportaufträgen an die Transnuklear bestochen worden waren. Ein Prokurist der Transnuklear nahm sich in der U-Haft das Leben. Am 17. 12.1987 entzog Bundesumweltminister Töpfer der Transnuklear die Genehmigung zum Transport nuklearer „Abfälle“.

Die Medienkampagne zu diesem Korruptionsfall war anscheinend jedoch nur eine Art Präludium gewesen, um den Namen Transnuklear, die Mutterfirma Nukem und „Hanau“ überhaupt schon einmal mit einem üblen Odium zu versehen. Die Staatsanwaltschaft Hanau erklärte am 27.1.88 öffentlich die Angelegenheit für relativ unbedeutend. Obwohl die Ermittlungen im Korruptionsfall Transnuklear auch nach 9 Monaten noch nicht abgeschlossen seien, lägen jedoch „allen öffentlich geäußerten Behauptungen und Vermutungen Dritter zum Trotz – keine konkreten Anhaltspunkte und forensisch brauchbare oder gar überzeugende Beweismittel dafür vor, daß mit Hilfe der in Rede stehenden Zuwendungen in den Sicherheitsbereich der einzelnen Kernkraftwerke eingegriffen, notwendige Sicherheitsvorschriften umgangen und außer Kraft gesetzt werden wären, oder daß nichtgenehmigte oder nichtgenehmigungsfähige Transporte oder sonstige Handlungen im Bereich der Entsorgung befürwortet worden wären.“ (SZ 28.1.1988)

Das eigentliche öffentliche Getöse um Transnuklear begann im Dez.87 /Jan. 88. Jetzt wurde eine zweite Kampagne eröffnet, in der „die Fässer aus Mol“ in einer ganzen Lawine von Anklagen und Gerüchten durch die Medien gepeitscht wurden. Diese Propaganda hatte schon fast wieder Tschernobyl-Format und knallte in die Gegenfront in Parteien und Gewerkschaften hinein, die sich gegen die Ausstiegsbeschlüsse „wegen Tschernobyl“ zu formieren begonnen hatte.

Der Sache nach handelte es sich um zwei Gruppen von Fässern. In knapp 2.400 Fässern hatte Transnuklear Abfälle aus deutschen Nuklearanlagen zu einem spezialisierten Unternehmen in Mol/Belgien transportiert. Dort waren sie für die Endlagerung in der Bundesrepublik bearbeitet und anschließend wieder durch die Transnuklear an die Ursprungsorte zurücktransportiert worden. Diese Fässer enthielten beim Rücktransport minimalste Spuren von bestimmten radioaktiven Stoffen - genannt wurde in den Medien vor allem Plutonium-, die nicht in der Deklaration der Stoffe enthalten waren, die nach Mol gebracht worden waren. Sie waren daher auch nicht in der Deklaration der rücktransportierten Stoffe enthalten. Wie war das zu erklären? Im Bericht des Bundestags-Untersuchungsausschusses zur Transnuklear-Affäre, der schließlich im Sept. 1990 dem Bundestag zur Kenntnis gebracht wurde, wurde hierzu ausdrücklich festgestellt, daß aus technischen Gründen der Verarbeitung in Mol eine völlige Identität der Stoffe vor und nach der Verarbeitung nicht bis auf  Dutzende von Stellen nach dem Komma eingehalten werden könne, sodaß es nach allgemein anerkannten Prinzipien genüge, wenn die Strahlungsaktivität der Fässerinhalte nach der Bearbeitung nicht höher sei als davor. Es hatte demnach aufgrund der technischen Eigenschaften der Verarbeitung in Mol eine minimale Verschmutzung mit Plutonium gegeben, die niemand der Erwähnung für wert gehalten hatte.

Zum anderen wurde über die Medien im weiteren ein zweite Fässergruppe von 50 Stück ins Spiel gebracht, die ebenfalls von der Transnuklear nach Mol gebracht und wieder zurückgebracht worden waren. Sie stammten von der Nukem selbst, die bereits als Mutterfirma der Transnuklear im Strudel war und einen ihrer drei Geschäftsführer zur Bewältigung dieser Probleme abgestellt hatte. Nun wurde vom 14.1. 88 an in einem weiteren Steigerung der Attacke die öffentliche Atmosphäre bis zur Entladung schwül aufgeladen. Die 50 Fässer begründeten angeblich den Verdacht, daß die Nukem nukleare Brennstoffe aus ihrem eigenen Besitz nicht nur verheimlicht, sondern möglicherweise nach Libyen und Pakistan verschoben habe, der Atomwaffensperrvertrag sei verletzt, usw. Dergleichen ratterte vom 14.1.88 an über alle Kanäle.  Der „Spiegel“ erzählte, möglicherweise sei aus den Büchern der Internationalen Atomenergie-Kontrollbehörde (IAEO) das Material zum Bau von 70 Atombomben verschwunden. Täglich erschienen –zig Artikel und Kommentare, die derartige Gerüchte breittraten, und dabei gab es kaum einen Unterschied zwischen den Medien, die politisch der CDU-FDP-Bundesregierung näher zu stehen schienen, und den übrigen.

Am 11.1.1988, 3 Tage zuvor, war übrigens eine schwerwiegende Entscheidung gegen die Entwicklung der Kernenergie in der Bundesrepublik bekannt geworden: die Betreiberfirma des Schnellen Brüters in Kalkar (NRW) hatte die Anträge auf die Einlagerung der Brennelemente in die Anlage zurückgezogen. In den Medien wurde dies als deutliches Signal gewertet, daß die Firma sich dem politischen Druck, das Projekt sterben zu lassen, konform verhalte.

Unter diesen Bedingungen forderte Wallmann als hessischer Regierungschef bereits am 14.1. die Ablösung der beiden noch amtierenden Geschäftsführer der Nukem, und Töpfer forderte namens der Bundesregierung die hessische Landesregierung auf, die Betriebsgenehmigung für Nukem (nach anderen Berichten nur für die Nukem-Abteilung, in der Brennelemente für Forschungs- und Hochtemperaturreaktoren hergestellt wurden)  bis zur Klärung aller Vorwürfe auszusetzen. Wallmann und Weimar setzten dies unverzüglich in die Tat um - und  begannen bereits am Tag danach mit einem öffentlichen Einräumen der Tatsache, daß sie keine Beweise hatten. Dies zog sich über ein paar Tage hin. Sie stellten es nun so dar, daß Weimar lediglich von einem Bonner Journalisten namens Kassing am 13.1. 87 ein paar Tips bekommen habe, daß vielleicht gewissen Verdachtsmomenten nachzugehen sei, die er sofort an Wallmann weitergeleitet habe - während Kassing seinerseits öffentlich erklärte, er hätte sich nie träumen lassen, daß seine vagen Hinweise von Weimar und Wallmann überhaupt so ernst genommen werden und sie zu solchen Konsequenzen treiben könnten! [2]

Während so die Wolken, wohlgemerkt nach dem Zustandekommen der Stillegungsverfügung,  rasch wieder zerstreut und im weiteren nur noch Restgerüchte im Arsenal professioneller Anti-Kernkraft-Agitatoren konserviert wurden – nach dem Prinzip: man kann ja jedenfalls noch jahrzehntelang vage behaupten: da war was  -  blieb jedoch der Bann über Nukem einige Monate in Kraft, zeitigte gravierende Konsequenzen, und J. Fischer konnte befriedigt feststellen, daß „ausgerechnet Wallmann der Kernindustrie derart zwischen die Hörner gehauen hat, daß sie in die Knie gegangen ist.“ (SZ 20.1.1988)

Töpfer, Bundesumweltminister des Kabinetts Kohl,  plädierte wenige Monate später ganz offen und direkt für „eine Zukunft ohne Kernenergie“ (SZ 30.5.1988):

„Die Kernenergie wird nach den Worten von Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) in der Bundesrepublik nur noch eine ‚gewisse Zeit’ genutzt werden. Er gehe davon aus, daß es ‚unsere Aufgabe ist, eine Zukunft ohne Kernenergie zu erfinden’, sagte Töpfer im Süddeutschen Rundfunk. Auch eine noch so sichere Kernenergie könne kein Alibi dafür liefern, regenerative Energien nicht zu erforschen und zu entwickeln.“

Am 12.3.88 wurde gemeldet, die Firma Nukem werde ihre Brennelementeproduktion zum Teil aufgeben, zum Teil für ein paar Jahre aussetzen. Die Produktion für Forschungsreaktoren werde aufgegeben, da die Marktanteile, die seit der Zwangsstillegung v. 14.1.88 verloren gegangen seien, angeblich nicht zurückerobert werden könnten. Die Brennelemente-produktion für Hochtemperaturreaktoren solle später wieder aufgenommen werden, wenn ein neues Betriebsgebäude dafür fertiggestellt sei – etwa Ende 1990 – und die Betriebsgenehmigung dafür erteilt werde.

Als dann mehr als ein Jahr später, Ende April 1989, die Stillegung des Hochtemperatur-Reaktors THTR in Hamm als bereits mehr oder weniger feststehend angekündigt wurde, diente diese vorausgegangene – zunächst als nur zeitweilig hingestellte - Stillegung der Produktion seiner Brennelemente bei Nukem in Hanau als das hauptsächliche der öffentlich vorgebrachten Deckargumente. Es hieß, wegen der Unsicherheit des Brennelemente-Nachschubs aus Hanau sei der Weiterbetrieb des THTR mit „erhöhten wirtschaftlichen Risiken“ verbunden, und die sei niemand zu tragen bereit, weder die Betreiber noch die Regierungen in NRW (SPD-Grüne) oder in Bonn (CDU-FDP), also bleibe nur übrig, das Ende des THTR zu verkünden.

 

Auf diese Weise wurde einer der krassesten regierungsamtlichen Vandalenakte in der Geschichte Europas, die willkürliche Zerstörung eines funktionierenden KKW einer besonderen Entwicklungslinie mit großer Zukunft und zugegebenermaßen geringsten Sicherheitsproblemen, mit einem anderen regierungsamtlichen Vandalenakt begründet, der in sich ebenso willkürlich war. Und dieser Vorgang zeigt ein fast lückenloses faktisches politisches Zusammenspiel zwischen der SPD-Grünen-Richtung, die offen die möglichst schnelle Liquidation der gesamten Kernenergie forderte, mit der CDU-FDP-Bundesregierung und einer CDU-FDP-Landesregierung, die sich bis dato öffentlich zur Kernenergie bekannt hatten, aber im Falle von Hanau an einer ganz entscheidenden Stelle exakt die Stillegungspolitik selbst ins Werk gesetzt hatten. Und die Kaltschnäuzigkeit, mit der die verantwortlichen CDU-Vertreter selbst nun gegen den THTR Umstände ins Feld führten, die ihre eigene Partei, nicht etwa SPD und Grüne, höchstautoritativ geschaffen hatte, weist auf die tatsächlich vorherrschende politische Linie hin, die mit den öffentlichen Deklarationen im Widerspruch steht.

Schließlich kann hier die Rolle der Betreiberfirmen wie Siemens, RWE und andere nicht unerwähnt bleiben, die diesem Treiben an keiner Stelle substantiellen Widerstand entgegengesetzt haben.

 

 

Zum Schluß:

 

Die Erörterung des gesamten politischen Umfeldes, auch des internationalen, in dem diese Vorgänge der Jahre 1987-1989 sich abgespielt haben, steht noch an. Die vorliegende Darstellung hat zunächst einmal den Zweck, bestimmte markante Fakten zusammenzufassen und politischen Legenden über die Rolle bestimmter Parteien entgegenzuwirken, genügt aber noch nicht zum Verständnis der politischen Zusammenhänge.

 



[1] Wallmann und Weimar verschwanden bald nach den hier geschilderten Vorgängen mit der verlorenen Landtagswahl 1991 in der politischen Versenkung. Von einer weiteren Karriere Wallmanns ist nichts bekannt. Weimar wurde erst 1999 sozusagen reaktiviert, indem er von Roland Koch wieder in ein Regierungsamt berufen wurde, als Finanzminister.
Klaus Töpfer, der noch einige Jahre als Bundesumweltminister tätig war, bis er von Angela Merkel in dieser Funktion beerbt wurde, wurde dann zu hohen internationalen Funktionen in der UN-Umweltbürokratie berufen.

[2] Möglicherweise hatten Kassing und Fischer zusammengespielt. Während Kassing Weimar und Wallmann mit Andeutungen  über mögliche Verletzungen des Atomwaffensperrvertrags spickte, die diese wohl nicht aus dem Stand beurteilen oder gar dementieren konnten, übernahm Fischer im Umweltausschuß des hessischen Landtags die Frage an Wallmann, ob es dergleichen Verdachtsmomente gebe. Hätte Wallmann mit Nein geantwortet, wären möglicherweise sofort gegenteilige „Enthüllungen“ öffentlich aufgefahren worden, durch Kassing und Fischer selbst oder aber durch andere. Dadurch aber, daß Wallmann  Fischers Frage bejahte, gab er der öffentlichen erzeugten Hysterie Auftrieb. Kassing machte sich einige Tage später demonstrativ über Wallmann lustig, der wohl ‚in schwieriger Lage zu Panik neige’ - seitens eines Journalisten, der gezielt an Wallmann herangetreten war, offenbar um bei diesem vage Besorgnisse zu erzeugen und ihn im Grunde für die Anti-AKW-Kampagne zu instrumentalisieren, eine ziemlich spitze Bemerkung.

 

 

 

 

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Die Fragen zu Tschernobyl bleiben - Sie müssen geklärt werden
22. April 2006

Viele Menschen haben ihre Arbeit verloren oder drehen schon in ihrer Wohnung die Heizung
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Die Ignoranz der SPD und ihrer Gefolgschaft in der Energiefrage
IS 2006-03 vom 09.01.2006

Aus der NEUE EINHEIT Nr.5/86: Die Veröffentlichung des Tschernobyl-Berichts - Zur Verlogenheit der Medienhetze gegen die Kernenergie
10. Oktober 1986

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Die Bedeutung des sog. Konsenses über die Stillegung der Kernenergie
Memorandum von Hartmut Dicke

7. Juli 2000


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zur Frage der Kernenergie