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Recherche 2007-75
Wie
es im deutschen Bankwesen zugeht
-- Ein
paar Splitter aus der Berichterstattung der letzten Tage
Walter Grobe,
24.08.2007
1.
Zum Fall der sächsischen Landesbank
Die LB Sachsen mußte
am Wochenende 18./19. 8. 2007 durch einen blitzartigen Sonderkredit der
Sparkassenorganisation in der Bundesrepublik in Höhe von 17,3 Milliarden
Euro gestützt werden. Nach den Berichten war eine Tochterfirma, die
in Dublin angesiedelte „Ormond Quay“, mit Geschäftchen
auf dem US-Hypothekenmarkt Verbindlichkeiten in dieser Höhe eingegangen,
deren unmittelbare Fälligkeit man angesichts des dortigen Chaos nun
nicht mehr ausschließen kann. “Ohne
die Kreditzusage hätten wir die Bank am Montag gar nicht mehr öffnen
können“, sagte lt. FAZ v. 21.8. 07 ein – ungenanntes
- Mitglied des Sachsen-LB-Verwaltungsrats.
Die Deckung durch
die Sparkassenorganisation ist allerdings nur unmittelbare Nothilfe. Die
Verluste der LB Sachsen über ihre Pleitetochter müssen nämlich
letztlich vom Freistaat Sachsen und den Kommunen getragen werden. Fallen
sie in voller Höhe an, dann dürfen die sächsischen Bürger,
etwas mehr als 4 Millionen Menschen vom Baby bis zum Greis, sich auf 4100
Euro zusätzliche Staatschulden pro Person freuen. Der gesamte Jahresetat
des Freistaats beträgt mit 15 Mrd. weniger als das, was einige Finanzierungskünstler
der Landesbank in den letzten Jahren an Verbindlichkeiten aufhäufen
durften.
Der sächsische Finanzminister Metz (CDU) behauptete, wie es weiter
in der FAZ v. 21.8. heißt, durch die Kreditlinie der Sparkassenorganisation
müssten zur Sicherstellung der Liquidität keine öffentlichen
Haushaltsmittel des Freistaates oder der ebenfalls an der Sachsen LB beteiligten
Kommunen in Anspruch genommen werden.’ Die Zeitung stellt dazu berichtigend
fest: „Allerdings stammen die mittlerweile problematischen Engagements
noch aus Zeiten, als die Gewährträgerhaftung noch nicht abgeschafft
war. Der Freistaat und die Kommunen müssen also das Risiko für
Ausfälle bei der irischen Tochter der Sachsen LB tragen. Wie viel
Geld der irische Patient die öffentliche Hand und damit den Steuerzahler
kosten könnte, ist derzeit nicht abzusehen.“
Über die vielberufene
Solidität der Finanzpolitik Sachsens erfährt man im genannten
Artikel weiter:
“>Wir
hoffen, dass wir mit einem blauen Auge davonkommen<, sagt Ronald
Weckesser (Die Linke), der dem Haushalts- und Finanzausschuss des Sächsischen
Landtags vorsitzt und zudem dem Verwaltungsrat der Sachsen LB angehört.
Das bestmögliche Szenario sei unter den derzeitigen Bedingungen,
dass die internationalen Finanzmärkte sich wieder beruhigten und
man dieses Jahr lediglich auf die erhofften Gewinne verzichten müsse.“
„Die Aufgabe der Sachsen LB ist eigentlich die Wirtschaftsförderung.
Doch in ihrem Heimatgeschäft ist die Bank weder groß noch
ertragsstark. Jahrelang galt die irische Tochter als Cash-Cow. Und die
Anteilseigner waren froh, über die Gewinne, die dort generiert
wurden. Auch in diesem Jahr haben die Kommunen wieder Zahlungen in ihre
Etats eingeplant. Weil das Geld bisher pünktlich floß, fragte
keiner der Bürgermeister und Landräte, kein Landtagsabgeordneter
und keiner der drei Minister, die im Verwaltungsrat der Sachsen LB sitzen,
so genau nach, was es denn mit dem komplexen Finanzsystem auf sich habe.
>Es blieb ein Sekundärthema, weil die Sache lief<, bestätigt
Weckesser. >Ich fühle mich nicht betrogen. Wenn wir gefragt
hätten, hätten wir sicher tiefer gehende Antworten bekommen.<
Weckesser verweist
auch darauf, dass sich das Gremium lange mit einer Serie von Affären
in der Bank habe auseinandersetzen müssen, die seit Anfang 2004
die Öffentlichkeit bewegten. Damals ging es um Missmanagement und
Vetternwirtschaft, um Dokumentenfälschung und um eine angeblich
überdimensionierte Dienstwagenflotte. Während das nun so problematische
Engagement der Bank weitgehend nicht beachtet blieb, beschäftigte
sich schließlich ein noch immer existierender Untersuchungsausschuss
auch mit Fragen wie der Anhängerkupplungen an Dienstfahrzeugen.“
Eine richtige sächsische
Idylle. Die Landesbank nimmt jahrelang über haarsträubend unverantwortlich
konstruierte Tochterfirmen alles mit, was sie auf den windigsten und korruptesten
Finanzmärkten der westlichen Welt an Gewinn wittert, wo Banken und
Hedgefonds bspw. auf US-Hypothekenmärkten die nächste große
Krise herbeispekulieren, wo sich die imperialistischen Kriegs- und Blutgelder
der ganzen Welt in der obszönsten Weise konzentrieren. Damit gleicht
sie ihr Versagen auf ihrem offiziellen Aufgabenfeld aus und befriedigt
mit einer Art von Schweigegeld die Minister, Landräte, Parlamentarier
usf., die die Bank im öffentlichen Auftrag „kontrollieren“.
Die PDS/Die Linke macht da keine Ausnahme. Und wenn die Sache zusammenbricht,
dann darf der Vertreter dieser Partei aussprechen, was er mit allen anderen
zusammen hofft: daß es nicht ganz so schlimm kommt wie möglich
und das beschriebene System sich wieder erholt.
Hatte man nicht vor kurzem von einem sächsischen Korruptionssumpf
reden hören? Hier sieht man einen Teil des finanziellen Unterfutters
einer anscheinend durchgängigen Mentalität, die Verantwortung
vergißt, solange Geld fließt. Da braucht man sich über
regelmäßige Besuche von Prostituierten im Leipziger Rathaus,
über Kinderprostitution und andere Scheußlichkeiten doch nicht
zu wundern, ganz gleich ob die Verdachtsmomente in jedem Fall die Richtigen
getroffen haben.
Bemerkenswert übrigens, daß derselbe Journalist, Reiner Burger,
der in der „FAZ“ monatelang mit am vehementesten die Existenz
eines sächsischen Korruptionssumpfes abgestritten hat, nun derjenige
ist, der solche Enthüllungen auf einem scheinbar anderen Feld bringt.
2.
Zum Fall der IKB, der KfW und der Deutschen
Bank.
Ende Juli war in der ersten spektakulären Feuerwehraktion der gegenwärtigen
Krisenrunde die Düsseldorfer IKB von ihrem Haupteigner, der staatlichen
KfW, mit 8,1 Milliarden Euro Kreditzusage vor dem Zusammenbruch gerettet
worden.
Wie es zu diesem kam, haben anscheinend einige unzufriedene Insider die
„FAZ“ wissen lassen, sodaß am 20.8. folgendes zu lesen
war:
„In Düsseldorf
laufen derweil die Aufräumarbeiten unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Die Spurensuche fördert Ungeheuerliches zutage. Wenn man Stimmen
aus der Umgebung der IKB und am Finanzplatz Frankfurt glauben darf,
hätte die Krise zwar nicht verhindert, in ihrer Dramatik aber gebremst
werden können. Ein erheblicher Teil der Schuld an dem Chaos im
Allgemeinen und dem mit der IKB im Speziellen wird der Deutschen Bank
gegeben, die gleich vierfach ein zweifelhaftes Spiel gespielt haben
soll. Sie habe Kreditportefeuilles an die IKB verkauft. Sie habe diese
als Treuhänder verwaltet. Sie habe an jenem 27. Juli angesichts
der sinkenden Preise für die in den Portefeuilles liegenden Papiere
die Kreditlinie der IKB gesperrt und dafür gesorgt, dass die Finanzaufsicht
über deren Schieflage informiert wird. Und sie habe an vorderster
Front zu Ramschpreisen zugegriffen, als in der Folge die Kurse der Papiere
zusammenbrachen.
Die Deutsche Bank weist dies von sich. Sie habe keine Papiere von der
taumelnden IKB gekauft und sich auch sonst nicht unlauter verhalten.
Sie habe schlicht als eine der ersten die Schwierigkeiten erkannt und
entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Ein mit der Materie Vertrauter
sieht das anders und fährt schweres Geschütz auf: ‚Von
chinesischen Mauern kann keine Rede sein. Die Deutsche Bank hat ihre
Treuhandfunktion benutzt, um aktiv ihr eigenes Geschäft zu betreiben.’
Treiber des schmutzigen Spiels seien die Investmentbanker in London
gewesen, für die ‘Skrupel’ ein Fremdwort sei.“
Hinzu nehme man, was bereits früher über die armen Opfer, die
Unschuldsengel von IKB und KfW zu lesen war:
Eine mit 500 $ Eigenkapital ausgestattete Tochter der IKB in Delaware,
USA, die „Rhineland Funding“, hatte mit Spekulationen auf
denselben Märkten wie die sächsische LB „17,7 Milliarden
Euro (plus 2,7 Milliarden Euro)“ an „Eventualverbindlichkeiten“
angehäuft. (FAZ 31.7.2007). Denen stehen ganze 4,1 Mrd. an „aufsichtsrechtlichen
Eigenmitteln“ der IKB gegenüber.
Wie solche anheimelnden Proportionen zustande kommen? Dazu lese man in
der „FAZ“ v. 2.8.2007:
„Wie berichtet,
war die IKB durch eine milliardenschwere Kreditzusage an das amerikanische
Finanzunternehmen „Rhineland Funding“ in Schwierigkeiten
geraten, so dass die KfW stützend einspringen musste. Die IKB hat
die „Rhineland“ genutzt, bestimmte Geschäfte außerhalb
ihrer Bilanz zu führen; möglich war dies, weil die IKB die
Vorschriften, die dies verbieten, unter Berufung auf eine Übergangsregelung
nicht anwandte. Die „Rhineland“, die selbst nur ein Eigenkapital
von 500 Dollar hat, hatte Ende Mai Kredite und Wertpapiere für
fast 13 Milliarden Euro gekauft und kurzfristig refinanziert. Die IKB
hatte im Geschäftsjahr 2006/2007 von der „Rhineland“
rund 54 Millionen Euro an Beratungsgebühren erhalten – eine
Art verdeckte Gewinnausschüttung.
Ein Sprecher der IKB konnte nicht erklären, wie sich die Kreditzusage
der IKB von 8,1 Milliarden Euro mit der Großkreditregel vereinbaren
ließ. Nach dieser Vorschrift, die der Begrenzung der Risiken dient,
darf ein einzelner Kredit oder eine Kreditzusage höchstens 20 Prozent
der Eigenmittel ausmachen. Diese betragen bei der IKB 4,1 Milliarden
Euro.
Auf das gleiche Thema angesprochen, sagte ein Sprecher der KfW, die
Staatsbank unterliege nicht den Vorschriften des Kreditwesengesetzes.
Sie wende die Großkreditregel aber sinngemäß an. Die
Eigenmittel der KfW betragen dem Sprecher zufolge 20 Milliarden Euro.
20 Prozent davon sind 4 Milliarden Euro – deutlich weniger als
die ursprüngliche Kreditlinie von 8,1 Milliarden Euro, die der
>Rhineland< gewährt wurde.Ein >Großkredit-Thema<
gebe es gleichwohl nicht, versicherte der KfW-Sprecher.
Hintergrund scheint zu sein, dass solche Kreditzusagen offenbar in kleinere
Teilbeträge aufgespalten werden – möglicherweise um
so die Vorschriften der Aufsicht zu umgehen. Auch die Vorschrift, dass
nicht nur Kredite, sondern auch Kreditzusagen mit Eigenkapital unterlegt
werden müssen, lässt sich umgehen. Denn diese Vorschrift gilt
nur für Kredite mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr. Solche
Kreditzusagen werden deshalb für Zeiträume von weniger als
einem Jahr vereinbart und dann erneuert.“
Auch hier eine Staatsbank,
die KfW, die die staatlichen Regeln souverän umgeht, mit denen eigentlich
verhindert werden soll, daß staatliches Vermögen verspekuliert
wird. Auch hier bleibt dem Steuerzahler in letzter Instanz die Steuererhöhung
zur Deckung der Verluste aus den kriminellen Handlungen, verbunden mit
der „Hoffnung“, daß die Verluste nicht allzu hoch ausfallen
werden. Und wenn es um dubiose Dinge geht, die eigentlich vor den Kadi
gehören, da darf das „Flaggschiff“ der deutschen Finanzwelt,
die Deutsche Bank, natürlich nicht fehlen.
Für Menschen allerdings, die etwas weiter blicken, eröffnet
das Treiben, das hier ansatzweise ans Tageslicht kommt, eine etwas andersartige
Aussicht: diese Klasse von Bankern und Politikern wird es kaum daran fehlen
lassen können, Krisen von deutlich größerer Wucht einzufädeln,
als die jetzige zu haben scheint. Ob dann die Stützungskredite ausbleiben,
ob die Abneigung in der Bevölkerung, unter Banditen und einem Banditensystem
zu leben, ein politisch tragfähiges Ausmaß erreicht, um grundlegende
Änderungen zu erzwingen? Sicher sein kann man sich solcher Dinge
nicht, aber zur Hoffnung gibt die Realität wachsenden Anlaß.
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Presse-Meldungen
über die Finanzkrise - 17.8.2007
Walter
Grobe 17.8.07
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