Internet
Statement 2003-54
Die Weisheiten
des Stefan Engel - MLPD
Vorbemerkung für
die Diskussionsliste des Vorbereitungskreises
Mir ist bekannt, daß hier keine Organisationsauseinandersetzung
geführt werden soll. Das mache ich auch nicht. Aber wenn nun einmal
die Angriffe der MLPD gegen die gesamte Demonstrationsleitung und letztlich
auch gegen die Mehrheit, die die Demonstration hier getragen hat, im
Internet und in den Diskussionsgruppen stehen, muß man darauf
antworten. Die Weisheiten, die Stefan Engel hier im Zusammenhang mit
der Demonstration von sich gibt, kann man durchaus angemessen kurz streifen.
Die wütende Attacke, die auf deren Webseite mit großen Anprangerungsfotos
ergänzt wird, hat durchaus ihre Entsprechung in dem Text selbst.
Hier sind Erläuterungen unvermeidlich.
_______________
Eines kommt in der Interview-Rede
des Stefan Engel immer wieder:
"Sie (die Demonstration)
richtete sich unmissverständlich gegen die Schröder/Fischer-Regierung."
Und kurz danach:
"Die ganze volksfeindliche
Grundrichtung, die diese Regierung im Auftrag der Monopole mit ihrer Agenda
2010 verfolgt, wurde ins Visier genommen. Die Forderung nach dem Rücktritt
der Schröder/Fischer-Regierung wurde lebhaft diskutiert und gewann
mit dieser Demonstration eine verstärkte bundesweite Basis."
Und als drittes Beispiel:
"Auf der einen
Seite steht der gewachsene Einfluss der Richtung des konsequenten, selbständigen
Kampfes gegen die volksfeindliche Politik der Schröder/Fischer-Regierung.
Auf der anderen Seite stand die Anbiederung an SPD- und rechte Gewerkschaftsführer,
um jede selbständige Bewegung zu verhindern, sie abzubremsen bzw.
sie wieder unter Kontrolle zu bekommen."
Und ähnliches folgt noch mehrfach in diesem "Interview".
-- Wir können aber von Glück sagen, daß die meisten
Redner am 1. November, mögen sie auch sonst Schwächen aufweisen,
auf die große Koalition der Sozialräuber hingewiesen
haben, die von CDU/CSU über die FDP zur SPD/Grünen Koalition
geht und auch Teile der PDS mit einschließt. Und diese
Gesamtheit der Parteien drückt nämlich die Kräfte aus,
die hinter diesen Konzeptionen stehen, nämlich die des Kapitals,
entscheidender Teile der Bourgeoisie im Lande und auf internationaler
Ebene!
Jetzt den Schwerpunkt im Zusammenhang mit Hartz auf den Rücktritt
der Schröder/Fischer Regierung zu legen, widerspricht diesen Kräften
des Kapitals überhaupt nicht. Diese möchten einen Ruck nach
Rechts haben, nicht nur eine CDU/CSU geführte Regierung - die kann
die Probleme für sich genommen genausowenig lösen, wie die jetzige
- sondern gleich weiter dies verbinden mit einem allgemeinen Rechtsruck,
verbunden mit imperialistischen Abenteuern. Die Auseinandersetzung mit
"Hartz" und Co. ist eine mit dem gesamten politischen System
und mit der ökonomischen Politik der letzten Jahrzehnte. Was die
MLPD hier treibt, ist zu einem erheblichen Teil rechtes Getöse, genauso
wie der Spruch "Neue Politiker braucht das Land". Das könnte
nahtlos von der DVU oder der Schill-Partei übernommen werden, das
ist absolut kein Spruch, der eine linke Politik fördern würde.
Die Reden, die am 1. November gehalten wurden, mögen ihre Schwächen
gehabt haben, man möchte sich mehr Tiefe in der Analyse wünschen,
höher als derartige Phrasen stehen sie allemal.
Dabei hat diese "MLPD" alles mitgetragen, was die SPD/Grünen
ursprünglich mit an die Regierung gebracht hat. 1998 haben sie eine
Kampagne mit absolutem Schwerpunkt geführt: "Weg mit der Kohl
Regierung!", Obwohl doch mit dem Marxismus bekannte Leute wußten,
worauf die SPD/Grüne-Regierung hinauslief. Der reaktionäre Charakter
der SPD und erst recht der der Grünen war längst vorher klar,
so daß man sich über nichts wundern brauchte.
Man beachte aber auch Phrasen der folgenden Art:
"Das alles bringt
zum Ausdruck, dass das erwachende Klassenbewusstsein auf breiter Front
mittlerweile eine gewisse Stabilität und Unanfechtbarkeit entwickelt
hat."
Der Mann ist - gelinde gesagt - ein Traumtänzer. Von einem Klassenbewußtsein,
und dieses kann nur ein internationalistisches sein, sind wir von wenigen
politischen Kräften abgesehen noch einigermaßen entfernt; von
Stabilität und Unanfechtbarkeit zur reden, weil hier eine Demonstration
stattgefunden hat, ist absurd. Es hat schon manche große Demonstration
in Ländern gegeben, nach der hinterher
rechte Demagogen gekommen sind. Es ist gefährlich, einen solchen
Quatsch zu reden! Und es ist ein Glück, daß die MLPD mehr oder
minder im eigenen Saft schmort und aus dieser wichtigen Demonstration
wenigstens in den entscheidenden Punkten draußen gehalten worden
ist!
Kaum noch überraschend ist, daß diese Partei sich mit stolz
gewölbter Brust hinstellt und sich zum eigentlichen Macher der Demonstration
erklärt. Man muß jedoch festhalten, daß diese Demonstration
von ihrem Inhalt seit Dezember letzten Jahres in den Anti-Hartz Gruppen
vorbereitet wurde, seit etwa Frühjahr in Diskussion stand und am
19.Juli konkreter ins Auge gefaßt wurde. In dieser gesamten Etappe
hat man von der MLPD nichts gesehen, sie ist dann bei der Konferenz am
16.August aufgesprungen. In der von ihr gebrachten sogenannen Übersicht
über die Auseinandersetzung um die Demonstration wird das mit keinem
Wort erwähnt.
Die vorgebrachte Kritik an ATTAC, aus der heraus tatsächlich versucht
worden ist, die Demonstration erst zu verhindern und dann in eine andere
Richtung zu lenken, ist billig, weil sie ihre eigene Rolle auslassen.
Seit wann übrigens sollte denn Pfisterer als Vertreter der Oberhausener
Konferenz reden, es hieß bisher immer als Betriebsrat und VL-Leiter
seines Betriebes. Das alles ist wohl nichts als Teil der Zudeckung ihres
Versuchs des Zugriffes auf die Kundgebung. Die zahlreichen Argumente über
ihren Zugriff werden ignoriert. Angebote zum Kompromiß an sie hat
es gegeben, sie sind darauf nicht eingegangen.
Schließlich muß man hier die sektenhafte Rolle dieser Organisation
wieder behandeln. Der Abdruck
einer Reihe von Verantwortlichen dieser Demonstration, in dem diese
mit großflächigem Bild im Net und in der "Roten Fahne"
(sic!) abgedruckt werden, weil diese die MLPD blockiert haben, stellt
auch etwas von den Sekten her Bekanntes dar. Es haben sich weitere beschwert,
daß sie von "MLPD"-Leuten entgegen ihrem Willen belästigend
gefilmt worden sind. (Gleiches wird zum Beispiel über die Scientology-Sekte
berichtet.) Die Notwendigkeit, diesen oder jenen Punkt bei anderen politisch
zu kritisieren, rechtfertigt derartiges in keiner Weise. Bei dieser Organisation
muß die prinzipielle Frage nach dem rechten Charakter gestellt werden.
Es gibt weiteres, woran sich das verrät, zum
Beispiel an den Statuten dieser Organisation. Derartige Statuten wie
die MLPD hat keine einzige revolutionäre Partei sonst, haben noch
nicht einmal bürgerliche Parteien. Neben der Partei wird eine Kontrollkommissionsstruktur
gesetzt, die politisch von den Parteimitgliedern nicht überprüfbar
ist, die aber ohne weiteres jeden Beschluß der politischen gewählten
Gremien einschließllich des Zentralkomitess kassieren kann. Das
riecht nun verdächtig nach Sekte!
Ausdrücklich muß man betonen, daß weder der Marxismus,
noch der Leninismus, noch irgendeine Partei für das, was die "MLPD"
hier treibt, verantwortlich gemacht werden kann. Die KPdSU hat zu keiner
Zeit ein derartiges Statut gehabt, auch die Kommunistische Partei Chinas
nicht. Der Hinweis auf "Stalinismus" geht fehl. Ebenso der Hinweis
auf die frühere ML-Bewegung, die "MLPD" hat sich bewußt
in Gegensatz dazu gestellt. Das ist eine ganz besondere Marke für
sich. Wo besonders groß ML draufsteht, muß nicht ML drin sein!
Hartmut Dicke
Gruppe Neue Einheit, 8.Nov.03
www.neue-einheit.com |
|