Internet Statement 2006-05

 

Der Koalitionsvertrag in einzelnen Themen  

  Folge 3

zu   Folge 1    Folge 2     

- Energiepolitik
        - Billige Strom- und Energieversorgung – Fehlanzeige!
        - Atomausstieg umstritten – aber festgeschrieben
        - Energiepolitik der rot-grünen Regierung wird fortgeführt

Uwe Müller, 11.1.06

 Energiepolitik

 - Billige Strom- und Energieversorgung – Fehlanzeige!

Das Kapitel zur Energiepolitik steht unter dem Motto: „Energiepreisanstieg begrenzen, Wettbewerb entfachen“. „Energiepreisanstieg begrenzen“  - dieser Anspruch geht an der Lebensrealität vieler Menschen hier im Lande vorbei. Wie sehen denn die heutigen Energiepreise aus? Millionen Menschen drehen ihre Heizung immer weiter herunter in Furcht vor der nächsten Heizkostenabrechnung! Nicht wenige müssen dennoch alljährlich wegen der ständig steigenden Energiepreise ihre Konten überziehen, die Heizkosten fressen ihnen buchstäblich die Haare vom Kopf. Millionen Menschen schränken ihre Mobilität aufgrund der steigenden Benzin- und Bahnpreise immer mehr ein, Besuche bei weiter entfernten Freunden und Verwandten werden immer seltener. Immer mehr, insbesondere Familien, können es sich einfach nicht mehr leisten. Es reicht doch hinten und vorne nicht, den Energiepreisanstieg zu begrenzen! Die Energiepreise müssen runter! Und zwar kräftig!
Der Anspruch der großen Koalition, lediglich den Preisanstieg begrenzen zu wollen, ist für die breite Bevölkerung ein Hohn. Denn selbst mal angenommen, die große Koalition könnte ihr gestecktes Ziel erreichen, selbst dann würde das weiter steigende Energiekosten bedeuten! Und das bei seit Jahren sinkenden Reallöhnen, bei Ausweitung des sog. Niedriglohnsektors und bei steigender Arbeitslosigkeit. Man soll es wohl noch als ein positives Signal ansehen, wenn es im Koalitionsvertrag heißt, die Ökosteuer solle nicht weiter erhöht werden. Ein echtes positives Signal aber wäre: die Ökosteuer wird abgeschafft.

Die viel zu hohen Strom- und Energiepreise belasten nun nicht nur die einzelnen Bürger, die arbeitende Bevölkerung, sie belasten auch direkt die Industrie und den Handel. Ein Teil der energieintensiven Industrie (Stahl, Aluminium) ist schon ins Ausland verlagert worden. Die viel zu hohen Energiepreise belasten aber die Industrie generell, und tragen so zusätzlich zu weiteren Produktionsverlagerungen und Firmenpleiten mit bei. Auch von dieser Seite aus wäre eine Senkung der Energiepreise, und nicht die Begrenzung der Erhöhung, oberstes Gebot der Energiepolitik.

Man könnte nun einwenden: die Forderung nach billiger Energie ist ja richtig, doch wie soll das denn heutzutage erreicht werden? Deutschland hat nun mal kaum eigenes Öl oder Gas und ist vom Weltmarktpreis abhängig. Und der Staat ist doch im Grunde pleite, wie soll er denn so auf Öko-, Mineralöl-, Stromsteuer usw. verzichten können? Dem kann entgegnet werden. Deutschland hat durchaus die Möglichkeiten, die Energiepreise zu senken. Genauer gesagt, die Strompreise massiv zu senken und die Abhängigkeit von Öl und Gas erheblich zu verringern. Dazu muß aber die Kernenergie im Lande, als modernste und billigste Stromerzeugung, weitergeführt und ausgebaut werden. So wie das momentan viele Länder auf der ganzen Welt tun. Dazu müssen auch die Milliarden an Subventionen, die in die sog. erneuerbaren Energien fließen und die Strompreise hierzulande künstlich in die Höhe treiben, wovon lediglich die Stromkonzerne und die Spekulanten verdienen, gestrichen werden. Hier kommen wir zum eigentlichen Knackpunkt in der Energiefrage.

 
 - Atomausstieg umstritten – aber festgeschrieben

Die Frage um den Ausstieg aus dem Atomausstieg war bei den Verhandlungen zum Koalitionsvertrag ein Kernpunkt, bei dem es zu heftigen Diskussionen gekommen war. Gab es innerhalb der CDU/CSU immerhin einige Stimmen, ernsthaft über einen Ausstieg aus dem Atomausstieg nachzudenken, so beharrte die SPD mit einem regelrechten Fanatismus auf dem von ihr im Jahre 2000 mit den „Grünen“ beschlossenen Atomausstieg. Daran durfte kein bißchen gerüttelt werden, ja noch mehr, die SPD lehnte sogar jegliche Diskussion über diesen Punkt von vornherein ab! Sie hätte an diesem Punkt die Verhandlungen zur großen Koalition glattweg scheitern lassen. Und die CDU/CSU, allerdings selbst nicht einheitlich in dieser Frage, hat dem, mit Merkel an der Spitze, nachgegeben. Das Ergebnis liest sich denn im Koalitionsvertrag wie folgt:

Zwischen CDU, CSU und SPD bestehen hinsichtlich der Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung unterschiedliche Auffassungen. Deshalb kann die am 14. Juni 2000 zwischen Bundesregierung und Energieversorgungsunternehmen geschlossene Vereinbarung und können die darin enthaltenen Verfahren sowie für die dazu in der Novelle des Atomgesetzes getroffene Regelung nicht geändert werden. Der sichere Betrieb der Kernkraftwerke hat für CDU, CSU und SPD höchste Priorität. In diesem Zusammenhang werden wir die Forschung zum sicheren Betrieb von Kernkraftwerken fortsetzen und ausbauen.“  Seite 41

Aufgrund der Nichteinigung zwischen CDU/CSU und SPD bleibt der Atomausstieg unangetastet. Das ist der Kernaussage des Koalitionsvertrag in punkto Energiepolitik. Der (nicht nur) ökonomische Wahnsinn soll also weitergehen. Atomkraftwerke, die mit höchstem Sicherheitsstandard noch gut und gerne 20 weitere Jahre preisgünstig Strom produzieren könnten, sollen, wie schon Stade und Obrigheim, nach und nach stillgelegt und mit Milliardenaufwand abgebaut werden! Und das in Zeiten eines weltweit immens ansteigenden Energiebedarfs und immer höher steigender Strom-, Öl- und Gaspreise.
Die Treiber dieser liquidatorischen Politik, das wurde an diesem Punkt so deutlich wie nie zuvor, sind nicht bloß die „Grünen“, sondern genauso fanatisch die SPD selbst! Keine einzige kritische Stimme innerhalb der SPD gegen den Atomausstieg war und ist bis heute zu vernehmen. Daß die CDU/CSU sich in dieser Frage der Erpressung der SPD gebeugt haben, liegt allerdings daran, daß auch in ihren Reihen etliche Vertreter des Atomausstiegs zu finden sind, und daß das Zustandekommen der großen Koalition für Angela Merkel wichtiger war, als dieser Liquidationspolitik Einhalt zu gebieten.
Die internationale Entwicklung wird diese für jede Nation so wesentliche Frage allerdings verstärkt aufs Tapet bringen. Die aktuelle Debatte um einen Ausstieg aus dem Atomausstieg, die jetzt anläßlich der Gaserpressung der Ukraine durch Rußland neu entflammt ist, wird nicht die letzte sein.


  - Energiepolitik der rot-grünen Regierung wird fortgeführt

In Deutschland aber soll laut Koalitionsvertrag die wahnwitzige Energiepolitik (man muß es so scharf formulieren) der rot-grünen Regierung fortgeführt werden. So soll der Anteil der sogenannten erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2010 auf mindestens 12,5% und bis 2020 auf mindestens 20% steigen. Hochsubventionierte mittelalterliche Windmühlen und Biogas - anstatt billiger und moderner Kernenergie und Förderung der Fusionstechnologie! Mit allen Folgen, die das eben nach sich zieht, wobei im Koalitionsvertrag davon natürlich nirgends die Rede ist. Aber damit noch nicht genug. Während kein Wort zur Unterstützung des beschlossenen Baus eines internationalen Fusionsreaktors in Frankreich (ITER) zu finden ist, soll Deutschland auch weiterhin innerhalb der EU und international Schrittmacher der sog. erneuerbaren Energien spielen. So heißt es im Koalitionsvertrag ganz konkret:

„…die internationalen Aktivitäten zum Ausbau der erneuerbaren Energien fortführen und die Gründung einer Internationalen Agentur für erneuerbare Energien (IRENA) initiieren; die Exportinitiative für erneuerbare Energien intensivieren...“   Seite 43

Den Atomausstieg einmal ausgenommen, wobei es den meisten Gegnern sowieso lediglich um die Verlängerung der Laufzeiten geht, scheint es generell in punkto Energiepolitik, in punkto „erneuerbare Energie“, Biomasse, dezentraler Energieerzeugung, CO2-Reduzierung (Kyoto) u.ä. zwischen SPD und CDU/CSU aber keine Meinungsunterschiede zu geben. Hier führt der Koalitionsvertrag schlichtweg die rot-grüne Politik fort. Inklusive milliardenschwerer Subventionierung der unsinnigen und unökonomischen Windräder, Biogasanlagen, Beibehaltung der Ökosteuer usw.. Die große Koalition will zudem die Steigerung der Energieeffizienz fördern. Gemeint ist damit u.a. die weitere Aufstockung des Gebäudesanierungsprogramms, das für Hausbesitzer durchaus reizvoll sein kann, für die Mieter in vielen Fällen aber Mieterhöhungen nach sich zieht, so daß für sie die geringen Einsparungen bei den Heizkosten wieder aufgehoben werden. Worin unterscheiden sich z.B. folgende Absichten im Koalitionsvertrag von denen der rot-grünen Regierung?

„...die Ausgaben für die Energieforschung schrittweise zu verstärken. Davon sollen erneuerbare Energien und Biomasse, Effizienztechnologien bei der Nachfrage (Industrie, Produkte, Verkehr, Gebäude), zentrale und dezentrale Effizienztechnologien bei der Energieerzeugung (einschließlich Speichertechnologien) und ein nationales Innovationsprogramm zu Wasserstofftechnologien (einschließlich Brennstoffzellen) gefördert werden…“   Seite 43

Abgesehen davon, daß dies lediglich Absichtserklärung ist (man erinnere sich an den Finanzierungsvorbehalt), so liegt auch hier das Gewicht auf den volkswirtschaftlich total unrentablen sog. erneuerbaren Energien und auf Energieeffizienz. Nicht aber auf Seite der modernsten und billigsten Energieerzeugung, wie es die Atomkraft heute ist und für nicht absehbare Zeit noch sein wird. Und schon gar nicht geht diese Energieforschung in Richtung der zukunftsweisenden Fusionstechnologie, die mit dem Beschluß des Baus eines neuen Versuchsreaktors in Frankreich einen Schritt weiter gekommen ist.


Während irgendwelche nebensächlichen Kleinigkeiten auf Dutzenden von Seiten des Koalitionsvertrags abgehandelt werden, wird dieses zentrale Thema der Energiepolitik auf gerade einmal 3,5 Seiten behandelt. Das ist an sich schon bezeichnend. Wesentlich ist aber, daß die Energiepolitik, wie sie hier formuliert wurde, die Fortführung der rot-grünen Politik darstellt. Während viele Länder vollkommen zu Recht weltweit auf den Ausbau der Kernenergie setzen (Finnland, Frankreich, China, Indien, Venezuela, Brasilien, Ukraine, Iran, USA und viele mehr) wird hierzulande am, unter der Schröder-Fischer-Regierung beschlossenen, Ausstieg aus der Kernenergie festgehalten. Die Abhängigkeit Deutschlands von Erdöl und Erdgas wird dadurch noch weiter verschärft. Die Energie- und Strompreise werden zwangsläufig weiter steigen und das ganze Land weiter herunter ziehen.
Wie unmöglich diese Politik ist, das zeigt sich aufgrund der internationalen Entwicklung immer deutlicher. Die Auseinandersetzung um die Frage der Kernenergie ist nicht vorbei, auch wenn der Ausstieg im Koalitionsvertrag bestätigt wurde. Im Gegenteil. Selbst die IG Metall, die das Energieprogamm der großen Koalition über den grünen Klee lobt, meint die Regierung in punkto Atomausstieg ermahnen zu müssen:

"Die IG Metall fordert die Bundesregierung auf, am Atomausstieg festzuhalten."      "Wirtschaft aktuell" 18/2005

Das zeigt, daß sie dem Frieden nicht traut und befürchtet, der Widerstand gegen die Liquidationspolitik werde zunehmen. Wie recht sie damit hat. Wie eine IG Metall dazu kommt, den Atomausstieg und die Liquidation massiv zu fordern, was den Interessen der Arbeiter und des ganzen Landes absolut zuwider läuft, ist ein eigenes Kapitel und muß seine Ursachen haben. Aber auch innerhalb der Gewerkschaften regt sich langsam Widerstand. So gab es kürzlich einen Vorstoß der IG-BCE und Ver.di, die sich gegen den Atomausstieg ausgesprochen haben. Und immer mehr Arbeiter und Gewerkschafter werden erkennen müssen, daß die Produktionsverlagerungen, Betriebsschließungen und Pleiten sehr wohl mit dem Atomausstieg und dem ganzen industriefeindlichen Gehalt des Ökologismus zu tun haben, der unter dem Vorwand des Umweltschutzes die Zerstörung der Industrieproduktion und der organisierten Arbeiterklasse betreibt. Hier steht die Abrechnung noch an.


Fortsetzung folgt…

 

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