Internet Statement 2006-46
Bald werden mehr tote Bundeswehrsoldaten im Flughafen Köln-Wahn ankommen In Afghanistan werden die Bundeswehreinheiten in Kampftruppen zur Besatzung des Landes umgewandelt Im Kongo stehen unabsehbare Verwicklungen bevor Walter Grobe, 11.07.2006 Es hat noch nie eine Rechtfertigung der deutschen Regierung für die Entsendung der Bundeswehr nach Afghanistan gegeben. Unmittelbar nach den Ereignissen des 11. September 2001 hatte die damalige Schröder-Fischer-Regierung, unter ungewöhnlichen Drohungen gegen jeden Widerspruch auch aus den eigenen Reihen, die Entsendung beträchtlicher Bundeswehr-Kontingente nach Afghanistan angeordnet. Es hieß in grotesker Umdeutung der Tatsachen, ein Mitglied der NATO sei militärisch angegriffen worden, also müsse Deutschland als Partner ebenfalls nach Afghanistan. Hand in Hand mit diesem einschneidenden außenpolitischen Manöver gingen mehrere innere Gesetzesverschärfungen, die, ebenfalls unter dem Deckmantel eines sog. Kampfes gegen den Terrorismus, die Geheimdienste zur stärkeren Kontrolle der Bevölkerung anstachelten. Von Anfang an haben wir und auch andere die Entsendung von Truppen nach Afghanistan verurteilt als ein Stück imperialistischer Abenteuerpolitik (s. dazu: Die Welt am Rande des Krieges vom 21.9.2001, Bundeswehr demnächst mit ganzer Besatzungszone in Afghanistan? vom 7.5.05) . Von Anfang an war auch zu erkennen, daß die Schröder-Fischer-Regierung keineswegs nur aus Vasallentreue gegenüber dem US-Regime handelte, wenn diese auch zeitweise peinlich dick herausgestrichen wurde. Alle Rechtfertigungen für die militärischen Expeditionen nach Afghanistan waren um so unglaubwürdiger, als von den Verwicklungen des US-Regimes in die Machenschaften aller möglichen islamistischen Terrororganisationen, insbesondere gerade der Al-Kaida, schon in den ersten Tagen nach dem 11. September 2001 international einiges ans Licht gebracht wurde. Schon vor den Anschlägen hatten die USA die militärische Festsetzung in Afghanistan beabsichtigt, vor allem um langfristige Positionen gegenüber China, Rußland und Indien aufzubauen. Und gerade der Bush-Clan war es in den USA gewesen, der besonders enge Beziehungen zum bin-Laden-Clan gepflegt hatte. Die USA hatten schon zuvor nach Afghanistan gedrängt, und wenn dieser Drang im September 2001 nun auch Staaten wie Deutschland und Frankreich erfaßte, waren darin auch Elemente der imperialistischen Rivalität gegenüber den USA und anderen Mächten deutlich zu spüren. Die internationalen Interessen des deutschen Kapitals drängten zum sog. geopolitischen Mitmischen in dieser Wetterecke künftiger internationaler Zuspitzungen. Mittlerweile sind es schon über viereinhalb Jahre, in denen die Bundeswehr in Afghanistan agiert. Mit der politischen Konstruktion der „International Security Assistance Force“ (ISAF), einer Art Polizei-Hilfstruppe mehrerer Staaten für die Regierung Karsai, war zunächst ein offizieller Rahmen für diese Aktivitäten geschaffen worden, der auch einen UN-Heiligenschein bekommen hatte. Im Gegensatz dazu führen die USA ihren Krieg in Afghanistan auf eigene Faust und bislang, nach offizieller Darstellung, weitgehend alleine. Hier ist allerdings eine Einschränkung zu machen: dort nimmt auch eine kleine Anzahl deutscher Soldaten des sog. Kommando Spezialkräfte (KSK) teil, die Rede ist von etwa 100 Mann. Dieses Kapitel wird von allen offiziellen politischen Kräften der BRD in mysteriöse Schleier gehüllt. Die US-Truppen, deren Stärke zwischen 15.000 und 20.000 Mann liegen soll, beschäftigen sich angeblich nach wie vor, seit fast fünf Jahren, vor allem im Süden und Osten des Landes mit der Jagd nach Osama bin Laden und der Unterdrückung von Resten der Taliban, unter Einsatz von heftigen Bombardements und modernen Waffen. Da ihr eigentliches Ziel in der militärischen Festsetzung in Afghanistan besteht, wird wohl die Sprachregelung von der Al-Kaida-Jagd noch um weitere Jahre verlängert werden, zumal es immer noch genug Medienmachthaber auf der Welt gibt, die diesen Schwachsinn weitertratschen. Die Schwierigkeiten mit tatsächlichen und angeblichen Taliban werden allerdings unabsehbar wachsen, denn daß die USA dort etwas anderes erreichen als noch mehr Chaos und Erbitterung der Bevölkerung, kann man sich kaum vorstellen. Das Ganze nennt sich „Operation Enduring Freedom“. Seit Ende 2005 versuchen die USA, Großbritannien, Kanada und die Niederlande zur Entsendung von Hilfstruppen zu bewegen. Dabei waren besorgte und fast schon desperate Töne nicht mehr zu überhören. Klaus Naumann, der als Generalinspekteur der Bundeswehr 1999 an verantwortlicher Stelle in dem von den USA angeführten Aggressionskrieg gegen Jugoslawien beteiligt war, meldete sich vor kurzem mit der Einschätzung, Afghanistan sei noch nicht ganz wie Irak, und der Aufforderung zu viel größeren Anstrengungen, um den Übergang in Zustände wie dort zu stoppen. Möglicherweise hat die Bundesregierung die KSK-Abteilung für die Teilnahme an „Enduring Freedom“, mit all den politischen Folgen, die dies haben wird, seinerzeit bereitgestellt, um seitens der USA zunächst die Tolerierung des eigenen recht massiven, von den USA seinerzeit nicht angeforderten Hereinplatzens in Afghanistan zu erreichen. In der letzten Zeit aber hat es politische Veränderungen gegeben, die den Preis auch für das deutsche Abenteuer deutlicher machen werden. Die ISAF-Truppen insgesamt wurden im August 2003 der NATO unterstellt, d.h. sie agieren auch formell jetzt unter erheblichem politischem Einfluß und im Verbund mit den USA. Zunehmend wurden auch die Aufgaben der ISAF umgewandelt. Diese Änderungen wurden in den internationalen Gremien wie NATO und UN hinter den Kulissen verhandelt, und der Bundestag hat sein Ja gegeben unter geflissentlicher Nichtinformation der breiten Öffentlichkeit. Verschiedene an der ISAF beteiligte Staaten, insbesondere auch die BRD, haben inzwischen unter dem schönen Namen „regionale Wiederaufbauteams“ sich etwas Ähnliches wie die Aufgaben von Besatzungskräften für Afghanistan zugesprochen, das zwischen ihnen mehr oder weniger aufgeteilt wurde. Wir haben bereits [link] vor dieser Entwicklung gewarnt. Insbesondere die Bundeswehr wurde durch ihre Stationierung im Nordosten Afghanistans und ihre Allianz mit den dortigen warlords und Drogenbaronen, beim gleichzeitigen Auftrag, bei der Reduzierung des Drogenanbaus und der Kontrolle der Drogenwege nach Europa zu helfen, in eine offensichtlich unmögliche Situation manövriert. Hinzu kommt noch, daß die Drogenpolitik der BRD und anderer europäischer Staaten auch nach innen hin durch Heuchelei geprägt ist, denn es gibt maßgebliche politische Kräfte hier, die die Zerstörung von Teilen der Bevölkerung, insbesondere der Jugend, durch Drogen hinterrücks befürworten – manche sogar offen wie der Bundesrichter Neskovic, der inzwischen für die sog. Linkspartei im Bundestag sitzt.. Afghanistan ist für Deutschland zur Schule der Heuchelei auf allen Ebenen geworden. Immerhin hatte man mehrere Jahre hindurch nach außen hin einen öffentlichen Trennungsstrich zu den militärischen Unternehmungen der USA in Afghanistan aufrechterhalten, trotz der Mitwirkung des KSK an US-Operationen. Die Trennung zwischen ISAF und US-Armee wurde ausdrücklich immer wieder betont, um die ISAF-Episode in besserem Licht erscheinen zu lassen. Die ISAF, das sichtbare Engagement der Bundeswehr in Afghanistan, war als Polizei- und Wiederaufbau-Hilfstruppe organisatorisch und politisch von der „Enduring Freedom“- Armee der USA in Afghanistan getrennt. Mit der Unterstellung der ISAF unter die NATO war das schon aufgeweicht worden. Nunmehr aber ist von Herrn Jung zu erfahren, daß inzwischen die BRD ihre Zustimmung dazu gegeben hat, daß ISAF und „Enduring Freedom“ ab Januar 2007 unter einen gemeinsamen Oberbefehl kommen. Dies war bisher von den USA gefordert, von der BRD und Frankreich aber abgelehnt worden. Jetzt haben sich die USA anscheinend damit durchgesetzt. Welche Gründe die Bundesregierung zur Änderung ihrer Haltung bewegt haben, läßt sie vor der Bevölkerung völlig im Dunkeln. Ein Mandat dafür liegt anscheinend nicht einmal von seiten des Bundestags vor. Wenn jetzt die Meldungen über direkte militärische Attacken auf Bundeswehrsoldaten sich zu häufen beginnen, wenn die Regierungsstellungnahmen es mittlerweile ins zukünftig Normale zu drehen suchen, daß es Tote auf der eigenen Seite gibt und die Bundeswehr in ihrer „Selbstverteidigung“ am Hindukusch „zurückschießt“, dann ist das eine der Konsequenzen, die die ganze Entwicklung unvermeidlich hat. Anknüpfend an frühere relativ intensive Beziehungen zu Afghanistan hatte die Regierung es hier gern so dargestellt, daß auch ihre Soldaten dort als „Freunde“ empfangen würden. Aber auch für die deutsche Regierung und ihre Truppen gilt, daß sie Blutzoll für ihr Abenteuer zahlen müssen und irgendwann als Feind aus Afghanistan rausfliegen werden, wobei sicher auch die Zuspitzung der Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Mächten in und um diesen gesamten Raum eine Rolle spielen wird. Und während hier ein schwerer Bankrott sich abzeichnet, vermeldet die Regierung die Entsendung anderer Bundeswehrteile in den Kongo. Übereinstimmend wird aus militärischen Kreisen selbst berichtet, daß man gegen den Kongo-Einsatz ist, und dafür gibt es mehr als einen guten Grund. Der Zusammenhang dieses neuen Abenteuers mit dem Streben nach der Ausbeutung der immensen Rohstoff-Reichtümer des Kongo und mit der Rivalität der verschiedenen großen kapitalistischen Machtblöcke einschließlich Chinas und Rußlands um die Kontrolle des Kongo und überhaupt Afrikas ist dabei der entscheidende Ablehnungsgrund. Aus diesen Motiven wird neue Feindschaft gegen Deutschland und die Bundeswehr entstehen, diesmal in Afrika. Man kann nicht voraussagen, wann von dort die ersten Toten nach Deutschland zurückgeflogen werden und unter welchen Umständen sie zu Tode gekommen sein werden, aber man kann sicher sagen, daß aus einer solchen Politik solche Folgen entstehen. Und als wäre das alles nicht genug, macht die Regierung bereits Propaganda für einen Sudan-Einsatz. Alle, die es nicht ertragen wollen, daß die Jugend dieses Landes solchen kapitalistisch-imperialistischen Raubzügen dienen und zum Opfer fallen muß, sind aufgerufen, mit allen Mitteln gegen die militärischen Auslandsabenteuer und die Interessen dahinter zu kämpfen.
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