Internet Statement 2017-58
Revolutionäre Ausblicke Warum ist die Welt so unbefriedigend wie sie ist?
Maria Weiß 06.06.2017 Nationale Identität ist ein Produkt der geschichtlichen Entwicklung einer Nation. Daß diese Wandlungen unterliegt, ebenso wie sie sich einmal entwickelt hat, dürfte ebenso selbstverständlich sein. Man muß immer die Rückschritte mit einkalkulieren, weil sie Teil der Dialektik sind. Geschichte entwickelt sich eben in Windungen und Wendungen. Und manchmal hat es eben keinen Sinn, so ungeduldig zu sein, weil eben erst noch eine Wendung zuvor stattfinden muß. Es hat keinen Zweck. Man kann nichts überspringen, es hat eben seine objektive Begründung, warum ein Land oder ein Teil der Welt sich eben so entwickelt und nicht anders. Woher kommt es denn zum Beispiel, daß es in China einen Umschwung gab, wie kommt es, daß dort Deng Xiao-ping an die Macht gelangen konnte? Das ist eben auch objektiv begründet und es ist vielleicht gar nicht mal zu vermeiden gewesen. Und solche Umschwünge und Rückschläge gibt es eben auch noch in anderen Teilen der Welt und es wird sie auch in Zukunft geben. Deswegen hat es keinen Sinn, daran vorbei zu argumentieren, sondern man muß dem eben Rechnung tragen. Oder auch praktischen Widerstand entgegen setzen, soweit man es kann.
Wenn man in die Geschichte zurückblickt, nehmen wir mal das Beispiel Europa, dann sieht man, daß auch dort gewisse bürgerliche Ideale bis zum heutigen Tag nicht vollständig realisiert sind. Aber was will man denn eigentlich? Man darf nicht so ungeduldig sein, sondern man muß einfach Schritt für Schritt Widerstand leisten, um Stück für Stück den Fortschritt der Gesellschaft durchzusetzen. Und wenn eben Frau Merkel ein Problem damit hat, daß in diesem Land ein gewaltiges Leck an jungen Menschen existiert und sie sich deswegen veranlaßt sieht, diese Lücke von anderswo in der Welt zu füllen, dann soll es doch so geschehen, dann wollen wir doch mit all diesen junge Menschen, die von anderswo kommen, weiter unsere gesellschaftlichen Ziele durchsetzen, unser Recht auf Entwicklung, auf Gleichberechtigung und auf eine Abschaffung der Ausbeutungszustände in diesem Land hinwirken, gemeinsam mit allen Menschen, die hierher kommen.
Deutschland ist gegenwärtig das Land, was am meisten in Europa an Überalterung zu leiden hat, aber es gibt dieses Problem auch in den anderen Staaten. Und dort ist es ähnlich: in Frankreich, in Italien, in Griechenland und anderswo. Und überall dort müssen wir darauf hinwirken, daß auch dort keine Spaltung der Bevölkerung entsteht, egal aus welchen Gegenden sie sich rekonstruiert und speist. Darauf müssen wir hinwirken, alle Kräfte, die am Fortschritt interessiert sind, müssen das tun, denn anders geht es gar nicht, alles Andere würde ein völlig aberwitziges zurück nach Hinten Blicken bedeuten, welches noch nie in der Geschichte irgendeine positive Bilanz vorzuweisen hatte. Den neokolonialen Kriegsabsichten gewisser europäischer Staaten, beispielsweise Frankreich aktueller Weise, muß allerdings entschieden entgegen getreten werden. Das kommt gar nicht in Frage. Der zerstörerische Krieg, auch von europäischen imperialistischen Staaten mit angezettelt, muß ein Ende haben. Das darf nicht etwa unter irgendwelchen Vorwänden fortgesetzt werden, ebenso wenig wie irgendwelcher Anzettelung von neozaristischen Kriegen von seiten des gegenwärtigen Rußland unter der Führung von Putin nachzugeben. Das kommt überhaupt nicht in Frage. Wenn irgendwelche Staaten in Europa glauben, sie müßten dies tun, dann sollen sie das gefälligst auch selbst verantworten. Die Staatengemeinschaft in Europa, wie sie in der europäischen Union zusammengeschlossen ist, hat damit nichts zu tun. Dies sollte man auch ganz klar beispielsweise der neuen französischen Regierung entgegen halten, welche gegenwärtig sich dazu aufzuschwingen anschickt, weitere neokoloniale Kriege, kriegerische Machenschaften in Nordafrika und dem Mittleren Osten zu verfolgen. Das ist allerdings ein vollkommen absurdes Unterfangen, denn schon jetzt zeigt sich dort, daß die Widersprüche, die Ambitionen eines Macron sich mit den Ambitionen eines Putin oder auch Anderen im Mittleren Osten unvermeidlich konfrontieren werden. Wenn Herr Macron meint, er müsse Frankreich auf Vordermann bringen, dann bitte schön aus eigener Kraft, nicht aber mittels weiterer neokolonialer Kriege, egal unter welchem Vorwand, welche bereits in der Vergangenheit ihr Unheil dort angerichtet haben, welches wie bereits in der Vergangenheit auch im weiteren unweigerlich destruktiv auch auf Europa zurückschlagen wird. Sie wollen doch nicht glauben, daß der russische Zar daran interessiert ist, diesen Ambitionen europäischer Staaten zu helfen, sie auf Vordermann zu bringen.
Es ist durchaus nicht verkehrt zu postulieren, daß die Europäische Union sich von dem amerikanischen Einfluß, vor allen Dingen von der militärischen Schutzmacht emanzipieren muß. Das ist vollkommen richtig, aber es heißt noch lange nicht, daß man damit selbst neokoloniale Ambitionen gegenüber anderen Staaten in der Welt vertreten oder rechtfertigen kann. Man muß sehen, wie die Geschichte läuft. Die konterrevolutionäre Antwort auf die Oktoberrevolution war der Nazifaschismus. Der Nazifaschismus wurde niedergeschlagen von den Völkern Europas, vor allem dem russischen Volk. Und was kam dann? Dann kam die Revolution im Osten, China, welches sich aus Jahrhunderte langer Unterdrückung erhob und seine Befreiung erkämpfte.
Soeben erinnerte ich mich auch an die Zeit 2010 und 2011, arabischer Frühling, wobei allerdings nicht das heraus gekommen ist, was man sich vorgestellt hatte, von seiten der Volksmassen jedenfalls nicht, was unter anderem eine Quelle für den sogenannten Islamischen Staat darstellt, indem diese sich sagen: die Imperialisten machen unser Land kaputt, dann machen wir eben ihres ebenfalls kaputt. Das Problem dabei ist, daß hier eben sehr unterschiedliche Kräfte an den Strängen gezogen haben. Die Einen sagen: Ihr paßt euch uns an. Die anderen sagen: das wollen wir aber gar nicht. Emanzipation läßt sich nicht exportieren. Emanzipation muß aus den Gesellschaften selbst heraus entwickelt werden. Das zeigt auch die Geschichte verschiedenster Revolutionen, das zeigt die russische Revolution und auch die chinesische Revolution, welche sich an unterschiedlichen Punkten stark voneinander unterschieden haben. Und auch mit der arabischen als auch der afrikanischen Revolution wird es nicht anders sein. Zweifellos spielt heute die Globalisierung eine gewisse Rolle bei dem Vorantreiben der verschiedenen Gesellschaften auf der Welt, aber auch sie kann nicht Revolution exportieren. Sie exportiert zuallererst einmal Ausbeutung, d.h. sie exportiert gesellschaftlichen Gegensatz und daraus muß erst einmal etwas Richtiges entwickelt werden.
Revolution kann man nicht exportieren. Sie muß aus den Gesellschaften selbst heraus entwickelt werden, entwickelt werden können. Das heißt natürlich nicht, daß nicht bestimmte Ideen sich auswirken, die der Emanzipation Auftrieb geben, diese verkörpern und ihr einen Namen geben. Selbstverständlich hat die deutsche Revolution, die Lehren von Marx und Engels, sich auf Rußland und die dortige revolutionäre Bewegung ausgewirkt, ebenso wie die revolutionären Erkenntnisse in Rußland, zusammengefaßt vor allem von Lenin, sich auch auf China ausgewirkt haben. Das ist gar keine Frage. Trotzdem aber, wie das umgesetzt wird, wieweit es aufgegriffen werden kann, das hängt von den Gesellschaften selbst ab. Das läßt sich nicht exportieren. Inwieweit sich revolutionäre Kräfte in einem Land selbst entwickeln können, hängt von diesen selbst ab als auch von den Bedingungen in diesem Land. Natürlich gibt es auch Anstöße, die von außen kommen, aber was das Durchsetzungsvermögen angeht, das hängt letztendlich vor allem von den revolutionären Kräften in dem Land selbst ab. Nehmen wir die russische Revolution. Es besteht kein Zweifel, daß diese auch von westeuropäischen Idee, von den Theorien und Erkenntnissen von Marx und Engels beeinflußt ist. Trotzdem aber hat sie selbst eigene Umsetzungen entwickelt und erfolgreich versucht, diese zum Sieg zu bringen.
Was aber die Dauerhaftigkeit solcher Siege angeht, so hängt sie von vielen eigenen inneren Faktoren selbst ab. Das zeigt sich kaum irgendwo so deutlich wie an der russischen Revolution. Die russische Revolution hat tiefgreifende Veränderungen in diesem riesigen Land, dem größten der Erde hervorgebracht. Sie hat sich erfolgreich verteidigt gegen die Angriffe der Imperialisten, vor allen Dingen verkörpert durch den Nazifaschismus, und diese zurückgeschlagen. Was jedoch die eigene innere Entwicklung angeht, so hat es doch ganz erhebliche Mängel und Unvollkommenheiten dabei gegeben, was sich bis zu heutigen Tag zeigt, wenngleich es eine wechselvolle Entwicklung gegeben hat. Es gab die Aufrollung durch den westlichen Imperialismus in der Mitte der 1980er bis in die Anfänge der 1990er Jahre als auch den Versuch, Russland zu erhalten, vertreten und verkörpert durch Kräfte wie Putin. Aber was hat man daraus selbst entwickelt? Da sieht es relativ bescheiden aus. Allerdings hat man es dort bis zum heutigen Tag mit westlichen Versuchen der Aufrollung des eigenen riesigen Landes zu tun. Zugleich auf der anderen Seite jedoch mit einem mangelnden Vermögen, die eigenen Potenzen wirksam zur Geltung zu bringen, und diese liegen eben immer und vor allem in den Menschen eines Landes, nicht aber in seinen Rohstoffen. Dieser Widerspruch ist es, der vor allen Dingen dieses riesige Land bis heute prägt. Man nimmt statt dessen bestimmte Fortschritte der Infrastruktur zum Anlaß, um selbst zu expandieren. Die Frage ist allerdings, was dies in punkto Fortschritt eigentlich bringt. Was bringt es vor allem für die Menschen des Landes, wenn es sich nicht auf revolutionäre Konzepte, sondern auf hinterhältige Auskundschaftung und Ausbeutung der Bevölkerung reduziert.
Was auf jeden Fall fehlt und was ein riesengroßer Mangel ist, das ist die Verbindung von fortschrittlichen, revolutionären Kräften sowohl in Rußland als auch im Westen, um durch gemeinsame Anstrengung als auch Kritik sich wechselseitig in eine fortschrittliche schöpferische Richtung zu inspirieren. Das ist es, was vor allen Dingen fehlt. Da gab es sogar im 19. Jahrhundert mehr Verbindung als jetzt, trotz Zarismus. Was die Verbindungen heutzutage angeht, so existiert eine erhebliche Kontrolle, die so etwas erschwert, wenn nicht gar verhindert. Das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten ist ein Prinzip zwischen Staaten, nicht aber zwischen fortschrittlichen und revolutionären Kräften innerhalb der Staaten und ihrer internationalen Verbindung. Die revolutionäre Verbindung der Arbeiterklassen aller Länder ist eine internationale, keine nationale. Wer das vergißt, geht dem Imperialismus sämtlicher Couleur auf den Leim. Und nicht nur diesem, vor allem auch dem bürgerlichen Nationalismus geht man auf den Leim, was einen riesigen geschichtlichen Salto nach hinten zur Folge haben kann.
Proletarischer Internationalismus versus bürgerlicher Nationalismus- auf diesem Gebiet gibt es noch eine ganze Menge Fragen aufzuarbeiten und zu klären, egal auf welchem Teil des Globus man sich befindet.
Man muß also sehr genau hinsehen, um was es sich jeweils handelt, wie konkret die Einflußnahme eines Staates sich auswirkt. Dieses Problem stellte sich vor allem hinsichtlich des Einflusses der ehemals sozialistischen Sowjetunion, in welcher zu einem bestimmten Zeitpunkt die bürgerlichen Kräfte die Oberhand gewannen, wodurch infolgedessen auch deren internationaler Einfluß sich in seiner Klassennatur gewandelt hat. Es ist allerdings manchmal nicht so einfach, das gleich festzustellen. Aber man muß es zumindest versuchen. Das gleiche gilt übrigens auch für China.
Gegenwärtig versucht der bürgerliche europäische Imperialismus sowohl in Arabien als auch in Afrika wieder seine Pfründe zu ziehen. Dem darf man natürlich nicht nachgeben, das hat mit Fortschritt gar nichts zu tun, sondern mit blanker Ausbeutung. Auf der anderen Seite ist der russische Einfluß in diesen Gefilden nicht mehr der gleiche, wie er einmal war, und letzteres ist lange her. Das geht weit in die Ära vor Chruschtschow und Breschnew zurück, und das ist ziemlich lange her. Wie also soll man damit heute umgehen ? Letztendlich wird man nicht darum herum kommen, diese Differenzen als Differenzen imperialistischer Ausbeuter zu behandeln. Und was ist denn mit China? Hier geht es los mit deren neuem Seidenstraßenprojekt. Ist das etwa ein Projekt, das fortgeschrittene Gesellschaftssystem, den Sozialismus in Richtung Westen voran zu treiben? Wohl kaum. Der Sozialismus hat sich auch in China spätestens seit dem Umsturz von Deng Xiao ping aus dem Jahr 1977 verabschiedet. Entsprechend muß man auch solche Ambitionen wie das Seidenstraßenprojekt bewerten. In China hat sich heutzutage längst das bürgerliche und damit zugleich auch das potentiell imperialistische Regime verankert. Es bleibt allerdings abzuwarten, in wie weit es der chinesischen Arbeiterklasse erneut gelingt, in dieser Hinsicht dort einen Umschwung zu erkämpfen.
Wir haben es gegenwärtig mit einer imperialistischen Dreierkonstellation zu tun. Das hat den Vorteil, daß man weiß, mit wem man es zu tun hat, aber den Nachteil, daß man in einigen Fällen, wenn man zurückliegt, nicht weiß, daß man es mit einer imperialistischen Macht zu tun hat. Letzteres gilt vor allen Dingen für China. Die konservative imperialistische Macht USA weiß längst, was ihnen mit China erwachsen ist. Und ihnen ist ebenfalls klar, daß die Unterwanderung und Zerstörung Rußlands auch nicht gelungen ist, so wie es Ende de 1980er/1990er Jahre beabsichtigt war. Das ist fehlgeschlagen und so haben wir es eben mit drei imperialistischen konkurrierenden Großmächten zu tun. Das sollte man sich ruhig im Kopf klarmachen, denn es ist, jedenfalls was diese zwei Mächte, sowohl Russland als auch China betrifft, keineswegs so leicht im Kopf zu behalten, weil man allzu leicht von der revolutionären Vergangenheit beider Mächte immer noch im Kopf mehr oder minder beeinflußt ist und von daher das, was sich gegenwärtig dort entwickelt, zu unterschätzen geneigt ist. Europa, nebenbei, bildet innerhalb dieses internationalen Machtverhältnisses eine nebensächliche Kraft, welche aufpassen muß, nicht zwischen deren konkurrierenden Ambitionen zerrieben zu werden. Das sollte man bei dem großkotzigen Gehabe einer Angela Merkel als auch bei gewissen anderen europäischen Möchte-Gern-Potentaten im Auge behalten. Daraus können sich durchaus Situationen entwickeln, wo ihnen ihr relativ enger Draht zum internationalen Finanzkapitalismus wenig nützen wird.
Die Seidenstrasse als internationales Emanzipationsprojekt? Gerne. Ich würde bloß ebenso gern wissen, was China an Emanzipation für die Bevölkerungen dort voranzutreiben beabsichtigt. Den Sozialismus haben sie längst über Bord geworfen. Kapitalismus als Emanzipation - das glauben sie wohl selber nicht. Da müßte ja ganz Afrika ein riesiges Vorbild sein. Von wegen! Die beschweren sich eher über Ressourcenklau und mangelnden Entwicklungsehrgeiz, und zwar zu recht.
Rußland ist das größte Land der Erde und nicht ohne Grund hat in diesem Land die erste sozialistische Revolution stattgefunden. Wenn dieses Land sich bloß mal wieder seiner Potenzen bewußt werden würde. Das könnte wirklich erheblich etwas ändern auf der Welt. Solange aber soziale Kleingeister wie Putin dort regieren, die immer nur am Erhalt des Bestehenden interessiert sind, kann daraus nicht viel werden. Natürlich ist es nicht die Masse allein, 150 Millionen gegenüber 1,3 Milliarden Menschen in China, sondern es kommt andererseits auch darauf an, was diese Masse zustande bringt. Wo ist eigentlich das Bewußtsein des sozialen Fortschritts auf der Welt geblieben? Das Proletariat in Europa als auch anderswo scheint seine Ehre verloren zu haben. Man kann nur hoffen (und natürlich nicht nur das), daß es sie wiederfindet, bevor es zu spät ist. Die verlorene Ehre des europäischen Proletariats - soll es das wirklich gewesen sein?
Ende Mai/Anfang Juni 2017
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Bemerkung
über den Begriff der modernen Nation
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