Internet Statement 2024-04

 

Kampf gegen Rechts - Ja. Aber nicht so

Uwe Müller  05.02.2024  


Man reibt sich die Augen und denkt: Was ist denn jetzt los? Die breiten und berechtigten Proteste der Bauern gegen die für viele existenziell bedrohlichen Kürzungen der Ampel-Regierung beim Agrardiesel und gegen überbordende Bürokratie- und Ökoauflagen, gingen durchs ganze Land und haben auch viel Unterstützung in der Bevölkerung bekommen. Hinzu kommen die Streiks etlicher Branchen, nicht nur der der GDL-Lokführer, die für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen kämpfen, um ein wenig Ausgleich für die hohe Inflation und die enorm gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten und immer weiter steigende Mieten zu erreichen.

Was Ende des letzten Jahres schon begonnen hat, setzte sich fort: Die Kritik und der Widerstand gegen die Liquidationspolitik der Ampel-Regierung aus der Bevölkerung und selbst von Unternehmensverbänden und aus dem Mittelstand nahm täglich zu. Die Unzufriedenheit wächst und wächst, selbst bei den Mitgliedern der Regierungsparteien macht sich Unruhe breit. Die Ampel-Regierung aber zieht ihr Ding, den Green New Deal oder die Transformation in eine CO²-freie Welt (was in Wirklichkeit auf Liquidation der Ökonomie hinaus läuft), Aufrüstung und Vorbereitung auf einen Krieg mit Rußland auf Teufel komm raus durch, koste es was es wolle. Keine Einsicht, kein Einlenken und kein Umsteuern.

Und just in dieser für die Regierung immer prekärer werdenden Lage gibt es eine Aufdeckung über ein Treffen von AfD-Vertretern mit Identitären und Unternehmern im November letzten Jahres, auf dem nach den Berichten über Pläne zur Remigration und auch über Deportationen von Menschen mit Migrationshintergund gesprochen wurde. Daß unter den Führern und Ideologen und auch Teilen der Mitglieder der AfD Neofaschisten und völkische, erzbraune Kräfte am Werke sind, ist aber leider nichts Neues. Das ist längst bekannt. Daß sie solche Remigrations-Pläne bis hin zu Deportationen hegen, kann man sich gut vorstellen. „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus.“ ist seit langem der Schlachtruf der Neonazis. Daß diese Ausländerhetze bekämpft werden muß, ist keine Frage. Die Frage ist dabei, wie man das tut.


Für die Regierenden jedenfalls ist die Aufdeckung zum jetzigen Zeitpunkt ein Geschenk des Himmels. Was für eine Gelegenheit um abzulenken und den sozialen Protesten das Wasser abzugraben!

‘Schluß mit der kleinlichen Kritik an uns. Man kann immer besser regieren, nobody is perfect. Aber Kinderkram. Jetzt, liebe Landsleute, jetzt geht‘s ums Ganze: Die Demokratie und freiheitliche Verfassung sind gefährdet. Wir brauchen jetzt eine breite Einheitsfront aller Demokraten. Burgfrieden ist angesagt. Alle Demokraten gegen Rechts!‘ -so hört sich das sinngemäß an.

Das ist ihre Losung der Stunde. Und sie mobilisieren was das Zeug hält alle Reserven, auf die sie zugreifen können. Nicht offiziell als Partei der Grünen und der SPD, nein, das wäre ja zu offenkundig der Versuch, dem politischen Gegner AfD Wähler abzujagen. Sie mobilisieren stattdessen auf lokaler Ebene ihre Gemeinderäte, Bürgermeister, sowie Vereine, Kirchen, den DGB, Schulen und unzählige gesellschaftliche Organisationen.


Seit zwei Wochen wird nun im Land in vielen Städten gegen Rechts, gegen die AfD demonstriert. So war das auch am Samstag in Lahr, einer kleinen Kreisstadt in Südbaden, die bei dieser Regierungskampagne auch nicht zurückstehen möchte. Organisiert von den Fraktionsvorsitzenden der Grünen und der SPD im Gemeinderat. An die 3 bis 4000 Menschen trafen sich zur Kundgebung auf dem Rathausplatz, durchaus beeindruckend. Es wurden Reden gehalten vom Oberbürgermeister, einem Vertreter des Jugendgemeinderats libanesischer Abstammung, einer Irakerin, die seit den 90ern in Lahr lebt und sich für Integration engagiert, eine Rußlanddeutsche, die in Lahr eine neue Heimat gefunden hat und ebenfalls aktiv für die Integration und ein gutes Umgehen miteinander eintritt. Und eine Vertreterin der Wirtschaft, die auf die ökonomische Notwendigkeit der Migration hinweist. Der Tenor aller Reden war Eintreten für Demokratie und Menschenrechte: Alle Menschen sind gleich, egal welcher Herkunft, Hautfarbe und welchen Geschlechts. Und daß man doch wählen soll, und damit das System und die Demokratie stärken kann.

Ebenso beeindruckend, bzw. sehr frappierend war allerdings die komplette Ausblendung der aktuellen sozialen Proteste und des stetig wachsenden Unmuts über die Politik der Ampel-Regierung. Das wurde total ausgeblendet. Soziale Missstände, Wohnungsnot, Kriegspolitik statt Diplomatie, horrende Steigerung der Energie- und Lebenshaltungskosten, Abwürgen der Wirtschaft durch immer mehr unsinnige Öko-Auflagen und Verbote - das war überhaupt kein Thema. Auch nicht die nach wie vor riesigen Probleme aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen seit 2015. Nicht einer hat das angesprochen. Zufall? Wohl kaum. Stattdessen wurde mehrfach betont, daß man die Demokratie durch Teilnahme an den Wahlen stärken kann und muß. Als wenn alles okay wäre - wenn nur die verdammte AfD nicht wäre. Das ist heuchlerisch und verlogen. Woher rührt denn die aktuelle Stärke der AfD? Hat das nicht mit ihrer Politik zu tun? Kann man das denn weglassen?

Die Politik der Ampel-Regierung (wie auch schon die der Merkel-Regierung mit der ungebremsten Flüchtlingswelle 2015 und den völlig ungenügenden Anstrengungen, diese auch wirklich zu integrieren,,mit dem Atomausstieg etc.) ist es doch gerade, die Wasser auf die Mühlen der AfD leitet, deren Umfragewerte seit Monaten steigen. Je größer die Missstände auf vielen gesellschaftlichen Feldern werden, je arroganter und brutaler die Regierungspolitik gegenüber der Masse der Bevölkerung auftritt, desto stärker wird die AfD. Wird nicht jeder, der ernsthafte Kritik an der Regierung übt, allzu schnell in die rechte Ecke geschoben? Sei es bei der Kritik der Kriegs- und Sanktionspolitik gegen Rußland anstatt auf Diplomatie zu setzen und den Krieg schnellstmöglich zu beenden, oder bei der Kritik an der katastrophalen Energie- und Wirtschaftspolitik? Oder bei der Kritik an den diktatorischen Maßnahmen während Corona? Da nützt die AfD den Regierenden -und umgekehrt nützen sie der AfD damit auch. [1]

Sie selbst machen die AfD stark. Die AfD lebt von der Kritik, legt den Finger auf die Wunde, kritisiert durchaus die Schwachpunkte der Regierung und greift geschickt den Unmut der Bevölkerung auf. Für Viele ist die Hinwendung zur AfD reiner Protest. Das ist aber falsch und gefährlich. Hat doch die AfD selbst kein positives Programm für die Mehrheit der Bevölkerung. Kämen die an die Macht, wär‘s aus mit jeglicher Form von Demokratie. Sie ist, wie ehemals die Nazis, das letzte Aufgebot des Kapitals, wenn es nicht mehr weiter weiß. Mit ihren wahren Zielen hingegen halten sie lieber hinter dem Berg, lassen mal was raus, provozieren, rudern dann wieder zurück und machen auf unschuldig. Sie spielen ein übles Spiel. Sie vertreten allen Ernstes: „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ und schüren damit Haß auf Ausländer und Migranten. Sie lenken den berechtigten Unmut gegen die herrschende Politik und das Kapital um und machen die Ausländer und „Fremdstämmigen“ zum Sündenbock. Das hatten wir schon mal. So was von gestern und Neonazismus. Kämen die an die Macht, wärs in der Tat aus mit jeglicher Demokratie. Dagegen zu protestieren und zu kämpfen ist berechtigt und notwendig.

Die Ampel-Regierung macht die AfD stark, und jetzt stellen sie sich hin und meinen, alle sollen sich hinter ihr versammeln und nur noch gegen die AfD auftreten. Dabei macht sie selbst doch eine rechte, asoziale Politik gegen die eigene Bevölkerung im Namen des Umwelt- und Klimaschutzes [2], deren Ziel einzig und alleine in der Rettung des Kapitalismus zu liegen scheint: Vernichtung der Produktivkräfte, Sozialabbau, Vorbereitung auf Krieg und Abbau der Grundrechte. Haben nicht eben diese „Verteidiger der Demokratie“ während der Corona-Kampagne diktatorisch regiert und demokratische Grundrechte beschnitten und abgebaut? Versammlungsfreiheit, Bewegungsfreiheit, Lockdowns, Schulschließungen, Wegsperren der Alten in den Heimen. Trug das nicht auch schon faschistische Züge in sich? Man sollte das nicht vergessen.

Was für eine Demokratie verteidigen sie denn? Haben wir denn wirkliche Volksdemokratie oder nicht etwa eine Diktatur des Kapitals? Verteidigen sie nicht gerade diese? Diese Fragen sollte man sich stellen, wir werden darauf zurückkommen.

Eins dürfte klar sein: Will man den Rechten beikommen, dann muß man nicht nur die AfD bekämpfen, sondern auch die rechte Ampel-Regierung inklusive der CDU, man denke nur an die Flüchtlingspolitik oder den Atomausstieg, den auch schon Merkel betrieben hat.

Schluß mit der Liquidations- und Kriegspolitik! [3]

 

------------

[1] Siehe dazu den noch immer aktuellen, weil prinzipieller Artikel von Hartmut Dicke::Neonazismus und Staat aus dem Jahre 1992

[2] Siehe dazu  Der Faschismus hat nicht nur die Farbe braun. Er kommt auch in grün ganz passend daher Warum sind wir so streng mit den Grünen? Deshalb, weil diese genau das Element, welches die soziale Revolution begünstigt, bekämpfen, indem sie die Weiterentwicklung der Produktivkräfte bremsen und sogar liquidieren wollen. Objektiv stehen sie mit dieser Position auf der Seite der gesellschaftlichen Konterrevolution und machen sich zum Anwalt der Perpetuierung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen...    Maria Weiß  15.10.2019 / Teil 2  18.10.2019

[3] Siehe dazu: Gedanken zum Jahreswechsel Breiter sozialer Widerstand ist angesagt - nicht nur der der Bauern. Schluß mit der Kriegs- und Liquidationspolitik!  vom 31.12.2023


 

 



   

www.neue-einheit.de     www.neue-einheit.com