Internet Statement 2001/18

Dokumente zur Studenten- und revolutionären Jugendbewegung 1966-1972

Das Thema 1968 führt aus aktuellen Anlässen immer wieder zu Diskussionen in diesem Land. Manche sprechen auch von einem Trauma, das dieses Land mit dieser Bewegung hat. In der Tat wandelten sich in der Zeit zwischen 1966 bis 1972 die Bedingungen im Lande erheblich. Von der vorherigen Wirtschaftswunder-Republik, die politisch verknöchert war, während sie ökonomisch einen Aufstieg hatte, entwickelte sie sich unter heftigstem Druck der Bevölkerung, vor allem der Jugend, zu einem anderen System, das sich einen pseudofortschrittlichen Anstrich gab, zugleich aber umso rigoroser gegen die Quellen sozialistischer Bewegung vorging: mit ökonomischen Konsequenzen von größter Tragweite, mit den Produktionsverlagerungen, der Bekämpfung bestimmter Industriezweige, einer Politik, die die Reduzierung der Bevölkerung über Jahrzehnte hinweg begünstigt hat. Mit einer Politik, die sich kurz mit dem Begriff Sozialdemokratie verbindet und schließlich noch durch die sogenannten Grünen, die aus der Studentenbewegung hervorgegangen sind, ergänzt wurde.

Es war in der Tat nicht nur das Jahr 1968, das entscheidend war. Schon während des Jahres 1966, in einzelnen Fällen schon seit 1963, entwickelte sich eine Studentenbewegung, die sich binnen kürzester Frist an fast allen namhaften Universitäten ausbreitete und in einem krassen Kontrast zu der selbstzufriedenen Wirtschaftswunder-Gesellschaft der Bundesrepublik stand.

Die Dokumente dieser Bewegung sind noch keineswegs aufgearbeitet. Es ist absolut nicht nur das Jahr 1968, das interessant war, es war auch das Jahr 1966 schon interessant, was hier durch einige Dokumente repräsentiert wird. In der folgenden Resolution vom 22./23. 6. 1966 kam der Wille der überwiegenden Mehrheit der Studenten der Freien Universität Berlin zum Ausdruck, die zum ersten Mal die politischen Verhältnisse mit dem Begriff Oligarchie beschrieben. Obwohl aus heutiger Sicht diese Resolution sehr harmlos erscheint, so rief sie damals eine riesige Empörung unter dem „Establishment“ hervor.

Nachdem längere Zeit die Auseinandersetzung in vielen Einzelfragen lief, spitzte sich im Sommersemester die Situation an der Universität deutlich zu. Die Studenten hatten einen „reformerischen“ Rektor bekommen, und die Mächte in der Stadt Berlin (West) hofften, die Lage unter den Studenten würde sich beruhigen. Am Abend des 22.Juni 1966 aber kam es zu einer Versammlung, die als ein Einschnitt gelten kann. Zwischen 3000 und 5000 Studenten versammelten sich kurzfristig in der Halle des Henry Ford Baus und diskutierten über die politische Lage der Universität. Schließlich wurde eine Resolution verabschiedet, die es in sich hatte. Dieses Dokument ist zunächst einmal reformerisch, und es wird darin betont, auf dem Boden der Verfassung zu stehen. Dann aber hieß es unmißverständlich:

„Was hier in Berlin vor sich geht, ist ebenso wie in der Gesellschaft ein Konflikt, dessen Zentralgegenstand weder längeres Studium noch mehr Urlaub ist, sondern der Abbau oligarchischer Herrschaft und die Verwirklichung demokratischer Freiheit in allen gesellschaftlichen Bereichen.“

Das war eine Kampfansage an die bestehende tatsächliche Ordnung, und es wurde auch so vernommen. Dahinter stand eine wirkliche Mehrheitsstimmung der Studenten, die das trug. Vor dieser Versammlung stand ein hilfloser Rektor, der die Studenten anflehte, nach Hause zu gehen. Obwohl nur punktuell in der Gesellschaft, verfehlte die Versammlung der betroffenen Masse der Studenten ihre Wirkung nicht. Sie sollte noch lange Nachwirkungen haben.

Außerdem stellen wir zwei Dokumente der Studentenschaft zum Vietnamkrieg aus der damaligen Zeit vor, die auch zeigen, wie sehr sich schon Opposition herausgebildet hatte.

In der Ausgabe der Neue Einheit zum Jahre 2001 werden diese Dokumente als Faksimile zu sehen sein.

[24.5.2001,    Diese Rubrik ist im Aufbau begriffen. Sie wird über einen längeren Zeitraum noch erweitert werden.]


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