Internet Statement 2006-105

 



Jetzt die Gaspreiserpressung gegenüber Weißrußland

Die russische Regierung unter Putin und der Gazprom-Konzern sorgen erneut für Unruhe, indem sie Belarus Liefersperren angedroht haben für den Fall, daß das Land nicht die geforderten Erhöhungen des Gaspreises auf das Vierfache zu zahlen bereit sei. Vor dem Hintergrund des Vorgehens gegen die Ukraine vor einem Jahr und einer bereits im Jahre 2004 vorgekommenen Sperrung der Lieferungen an Belarus durch Gazprom kann man dies nicht als leere Drohung betrachten.

Belarus bezieht bisher das Gas in etwa zu den Preisen, zu denen Gazprom es auch innerhalb Rußlands verkauft, nämlich 46 US-$ pro 1000 Kubikmeter. Einen höheren Preis zu verlangen war bisher nicht möglich, weil er in der angestrebten politischen Union zwischen Belarus und der Republik Rußland begründet war. Wenn Putin-Gazprom nun von Belarus rd. 200 $ fordern, so ist das ein internationaler Preis in der Größenordnung, den die erpresserischen Öl- und Gasmultis wie Exxon, Shell etc. weltweit in den letzten Jahren durchgesetzt haben, um alle möglichen Volkswirtschaften noch radikaler auszunehmen. Daß Gazprom versucht, in dieser ehrenwerten Gesellschaft die Nr. 1 zu werden, ist eigenes Bekenntnis. Das Vorgehen gegenüber Belarus in besonderen kommt außerdem einer Aufkündigung der Bestrebungen zu engerem politischen Zusammenschluß von Belarus mit Rußland gleich und wird in Belarus auch so aufgefaßt.

Die von Gazprom geforderte radikale Erhöhung würde die Wirtschaft von Belarus fast unvermeidlich schwer abstürzen lassen. Die Industrie von Belarus hat in den letzten Jahren eine relativ starke Entwicklung genommen, sie exportiert stark nach Rußland und in den Westen, die Wachstumsraten sind hoch, der Lebensstandard der arbeitenden Bevölkerung ist im Vergleich zu Rußland deutlich besser. Mit einer schlagartigen Mehrbelastung in Höhe von mehreren Milliarden jährlich (außer der Erhöhung des Gaspreises sollen auch riesige Zölle für die Öllieferungen fällig werden) könnte die Ökonomie dieses Landes, dessen BIP bei 79 Mrd. $ liegt, sicher nicht ohne Zusammenbrüche, Bankrotte und Massenarbeitslosigkeit fertigwerden.

Zurecht erklärt die Lukaschenko-Regierung, daß sie für Preiserhöhungen, die sie nicht völlig ablehnt, Zeit braucht.

In manchen Kommentaren wird auch durchaus angedeutet, daß die politische Destabilisierung der Regierung Lukaschenko zu den Absichten der russischen Führung gehören könnte. Ihr muß es ein Dorn im Auge sein, daß ihr von einer Verbindung krimineller Oligarchen mit dem von der früheren KGB-Bürokratie geprägtem Raubtierkapitalismus im Nachbarland sich bisher so nicht durchsetzen konnte und es dem Volk zu großen Teilen besser geht. Aber selbst wenn man Putin solche Absichten nicht unterstellen will, so muß man hier von imperialistischer Erpressung eines großen rohstoffreichen Landes mit großer Militärmacht gegenüber einem kleinen Staat an der Peripherie sprechen, der in der Energieversorgung völlig abhängig ist. Die Regierung von Belarus hat bisher versucht, den Zusammenhalt mit dem russischen Volk zu fördern und es im Kampf gegen den zerstörerischen Zugriff des internationalen Kapitalismus zu unterstützen. Von solchen völlig rechtlosen Verhältnisse, wie sie von den internationalen und den inneren kapitalistischen Kräften a la Gazprom in Rußland geschaffen wurden, hebt sich Belarus immerhin positiv ab Und hier fällt auf, daß die sog. demokratische und menschenrechtlerische Opposition in Belarus gg. die Regierung von Lukaschenko, die vom Westen sehr stark protegiert wird, den Druck Rußlands auf Belarus offenbar nicht zurückweist. Es hat sogar den Anschein, daß sie ihn als Chance sieht, über diesen Weg zum Sturz der Lukaschenko-Regierung zu kommen. Das zeigt einmal mehr den subversiven Charakter dieser „Demokraten“ und Menschenrechtler, die in Wirklichkeit die brutale finanzkapitalistsche internationale Ausräuberung, die sowohl vom Westen her als auch von Rußland aus heutzutage betrieben wird, unterstützt und die Forderung nach demokratischen Freiheiten als Mäntelchen mißbraucht.

Hiermit sind wir auch bei der Frage, wie diese Zuspitzung zw. Rußland und Belarus international bewertet wird. In Schwierigkeiten kommen in der Tat die westlichen Kräfte vor allem in der EU, denen bei ihrer eigenen zunehmenden Abhängigkeit von Gazprom nicht wohl sein kann, die aber bisher aus allen Rohren gegen die Lukaschenko-Regierung gehetzt haben.
In zusätzliche Schwierigkeiten kommen auch solche Repräsentanten der sog. Linken in unserem Land, die zwar bisher die Lukaschenko-Regierung gegen die westliche Hetze unterstützt haben, aber immer schon die Auseinandersetzung mit russischem Chauvinismus und russischem Großmachtstreben zu vermeiden versuchen. Was sich hier bei Putin und Gazprom zeigt, kommt direkt aus der Entwicklung der früheren sozialistischen SU zu der Politik der Chruschtschow und Breschnew, die bereits im Kern neokolonial und großmachchauvinistisch war. Sie rivalisierten mit den USA und ahmten sie nach. Die heutigen Oligarchen Rußlands stammen aus dem früheren ang. noch sozialistischen Management und der Parteibürokratie, in denen schon lange ein krimineller Untergrundkapitalismus begonnen hatte zu wuchern, bis er nach dem Ende der SU sich das produktive Eigentum dann ganz offiziell unter den Nagel gerissen hat. Und Putin und seine Mannschaft, die sich aus dem KGB Breschnews rekrutieren, haben ihre imperialistischen Ambitionen und ihre Methoden auch nicht erst heute angenommen. Wenn jetzt die typische Großmachterpressung sich massiv gegen Belarus richtet, dann ist von denjenigen Linken endlich eine klare Distanzierung von den Machenschaften und darüber hinaus die Analyse der ganzen Entwicklung der SU gefordert, die bisher diese Fragen immer verniedlicht oder gar verneint haben. Oder war die Parteinahme für Belarus auch nur ein schönes Spiel, solange nur praktiziert, als sie mit der verinnerlichten Parteinahme für den russischen Revisionismus und Chauvinismus nicht direkt in Konflikt kam?

Vor kurzem soll der Repräsentant von Gazprom vor der Öffentlichkeit sich bitter beklagt haben: was Belarus fordere, sei die Verarmung von Gazprom Wenn Belarus statt 46 nun 75 $ für 1000 cbm zahlen und sich die Beteiligung von Gazprom an der Gasleitungsfirma Beltransgas in Belarus mit 2,5 Mrd. $ bezahlen lassen wolle, müsse Gazprom Geld zusetzen. Gazprom bekommt, wenn seine Darstellung stimmt, einen massiven Kontrollhebel im Inneren von Belarus über diese Beteiligung, die Belarus lange abgelehnt hatte, und dazu eine massive Preissteigerung, mit der es in Kürze diese Beteiligung bezahlt haben wird, aber stellt sich öffentlich als der Geschädigte hin. Ganz die Methodik der alten Zaren!

Artikel der FT und des US-Organs MSNBC scheinen gar nicht unglücklich über die russische Erpressung. Sie lassen durchblicken, daß die Senkung des Lebensstandards in Belarus und die erzwungenen Firmenverkäufe, die sie als Folge der russischen Maßnahmen erwarten, in Ordnung gehen. Das westliche Rohstoff- und Finanzkapital übt internationale Solidarität mit dem russischen. Wir sollten Solidarität mit den belorussischen Volk üben.

RedakNE-wgr

28.12.2006


 

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