Internet Statement 2008-31
Überlegungen zum Kaukasuskonflikt Maria Weiß, 15./18.8.2008 Der gegenwärtig wieder gewaltsam aufgebrochene Kaukasuskonflikt zwischen Georgien und Rußland ist vor allen Dingen das Ergebnis einer sich international verschärfenden kapitalistischen Krise. Dabei spielt vor allem die ökonomische Krise in den USA, aber auch zunehmend in Westeuropa, eine Rolle, verbunden mit Vorgänge wie der zunehmende Energieerpressung und einer langfristigen Energiehochpreispolitik, aber auch politische Entwicklungen innerhalb Westeuropas, insbesondere auch in unserem Land, angesichts dieser Situation die Frage der Kernenergie neu und in einer für die Massen günstigen Weise wieder aufzuwerfen. Dies ist natürlich den äußersten Reaktionären in der Welt überhaupt nicht verborgen geblieben und fordert sie zu Gegenmaßnahmen heraus. Weder den USA noch . der Putin-Clique in Rußland kann das in den Kram passen. Es ist also nicht so weit hergeholt anzunehmen, daß aus dieser Ecke diese die ganze Geschichte angezettelt worden ist, indem man sich des georgischen Präsidenten Saakaschwili bedient hat, um jeweils auf seine Weise daraus zu profitieren. An das georgische und die anderen Völker dort hat man dabei natürlich nicht gedacht, sondern ihnen einfach die Panzer und Bomben auf den Hals geschickt, nach dem Motto: „Kollateralschäden“ sind eben nicht zu vermeiden. Das ganze Vorgehen von Saakaschwili sah eigentlich von vornherein danach aus, als wenn dieser von irgend jemand indirekt durch die Hintertür provoziert worden ist. Verschiedene Pressemeldungen deuten klar darauf hin, daß es gewisse Provokationen und Auseinandersetzungen schon seit längerem in Südossetien liefen. Es hieß darüber in Zeitungsmeldungen, daß der Chef der dortigen Separatistenbewegung, Kokoiti, Auseinandersetzungen mit georgischen Truppen wiederholt provoziert hätte, bis Georgien sich schließlich dazu entschlossen habe, dort einzumarschieren und für Ruhe zu sorgen sozusagen. Da das (militärische) Kräfteverhältnis zwischen Georgien und Rußland in der Tat, wie bereits festgestellt wurde, dem eines David zu einem Goliath entspricht, mußte sich alle Welt erst mal fragen: Was veranlaßt Saakaschwili zu solch einem im Grunde wahnwitzigen Vorgehen? Und wen wähnt er dabei hinter sich zu haben? Und alle Welt dachte erst mal: das sind natürlich die USA, die diesen angestiftet haben, um sich endgültig militärisch im Kaukasus einzupflanzen, zumal sie im April mit ihrem Vorstoß einer Aufnahme Georgiens in die Nato gescheitert waren. Das wäre aber etwas kurzschlüssig gedacht, denn dabei vergäße man, daß die Bush-Administration momentan auf eigene Kriegsabenteuer größeren Umfanges kurz vor dem Regierungswechsel nicht mehr sonderlich scharf sein dürfte, zumal ihnen ihre Niederlage und ihr schlechtes Ansehen durch den Irakkrieg noch anhängig ist. Auf der anderen Seite hat aber Rußland diesen Vorstoß von Saakaschwili sofort für sich ausgenutzt, um seinerseits in ganz Georgien einzumarschieren und einiges an Verwüstung dort anzurichten. Daß ein solches Eindringen mit Panzern etc sich nicht dadurch rechtfertigen läßt, daß eine angeblich schon vorher mit russischen Pässen ausgestattete (südossetische) Minderheit nun als angeblich inzwischen „russische Staatsbürger“ vor georgischer Gewalt geschützt werden müsse, störte die Putin Medwedew Regierung nicht. Das Komplizierte an der Situation ist die scheinbar unauflösbare Verquickung von berechtigten Belangen mit imperialistischen Absichten am Beispiel Georgien. Einerseits hat Georgien das Recht, seine Unversehrtheit und Souveränität zu verteidigen. Andrerseits ist damit verkoppelt der Vorstoß der Nato in den östlichen Bereich, der selbst ganz bestimmte imperialistische Ausdehnungszwecke verfolgt. Wie soll sich hier das Richtige vom Falschen trennen? Darin liegt das Problem. Und das aber wird aufgehängt an solch einem Bevölkerungsteil der Südosseten (70 000), die selbst ökonomisch auf einer zweifelhaften Grundlage stehen. (Existenz vorwiegend durch von den Russen geduldeten Schwarzhandel) und von daher auch für derlei Aktionen wie der jetzigen selber anfällig sind. (Deshalb ist die Sache mit den Pässen für die Südosseten eine sehr zwielichtige Angelegenheit.) Wie soll man also das Problem lösen? Soll man sagen: Russen raus
aus ganz Georgien (einschließlich Südossetien), und Georgien
löst das Problem selbst, indem es mit den Südosseten allein
verhandelt? Und wie sollte das durchgesetzt werden, in dem Moment, wo
Saakaschwili selbst sich weigert, solch eine Verhandlung zu führen?
In Europa ist aber diese neueste Entwicklung durchaus in verschiedenen Ländern positiv registriert worden, z.B. in Frankreich, was sicherlich auch dort eher zu einer Stärkung einer auf mehr Selbständigkeit gerichteten Tendenz führen wird, als es bisher mit Sarkozy anzunehmen war. Wenn also die Lunte, die dort in Georgien gelegt worden ist, dazu dienen könnte, die europäischen Staaten stärker als bisher an potentielle Kriegsabenteuer im Kaukasus anzubinden, z.B. über eine sogenannte europäische Friedenstruppe, die jederzeit äußerst anfällig gegenüber weiteren Lunten, die dort gelegt werden , sein würde, so würde das den Kräften, denen der fortschreitende Druck der Massenbewegung ein Dorn im Auge ist, durchaus ins Konzept passen. Das ist meines Erachtens der gefährlichste Aspekt an dem ganzen Georgien-Rußland-Konflikt. Es ist aber zu befürchten, daß die deutsche Regierung unter Merkel und Co. geneigt ist, sich in eine solche Richtung zu bewegen und dem Druck sowohl der russischen Regierung als auch der USA nachzugeben. Bestimmte Äußerungen des Außenministers Steinmeier deuteten jedenfalls unverkennbar in diese Richtung. Es handelt sich keineswegs um eine ungefährliche Lunte, die hier gelegt worden ist. Putin meint damit mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen zu können, nämlich zum einen seinen Einfluß im Hinblick auf das Vordringen der USA, welches dort in unverkennbarer Weise stattgefunden hat, zu bremsen, indem er sich sich die Kontrolle über die Ölpipelines Richtung Westen sichert, was in mehrfacher Hinsicht von strategischer Bedeutung ist, und schließlich sich eines Störfaktors an der eigenen Grenze zu entledigen, wenn nicht gar sich ganz Georgien nach alter großrussisch chauvinistischer Manier erneut unter den Nagel zu reißen. Die Völker sind dabei wie immer die Dummen, denn sie bekommen es zu spüren und man ist nicht zimperlich etliche tausend Zivilisten oder mehr dabei über die Klinge springen zu lassen. Die Bush-Clique hat mehr oder minder ebenfalls sofort die Sache für sich ausgenutzt, um die Stationierung ihrer sog. Raketenabwehr nunmehr nicht nur in Tschechien, sondern auch in Polen durchzudrücken, was natürlich auf dem Hintergrund des brutalen russischen Vorgehens in Georgien nicht schwierig war, Das Wesentliche bei der Analyse eines solchen Konfliktes besteht für uns immer darin, zu fragen, was für materielle Faktoren, d.h. vor allem Faktoren des Klassenkampfes und des Vorwärtsschiebens der Massenbewegung, einen solchen Konflikt verursachen, im Zusammenhang mit der ökonomischen Krise, und auch von Bewegungen auf Seiten der Bourgeoisie, die für dieses in der ein oder anderen Form günstig sind. Das ist in Hinblick auf die jüngste Kernenergiedebatte sicherlich der Fall gewesen, und es ist auffällig, daß zeitgenau in diese Debatte und die ganze Angelegenheit die Sache mit Georgien reinstößt. Für die europäischen Staaten kommt es darauf an, sich nicht in derlei Konflikte hineinziehen zu lassen. Vermittlung auf der Basis einer neutralen Haltung wäre in gewisser Hinsicht vertretbar. Ein Krieg in Europa, angestiftet von Imperialistisch- kapitalistischen Reaktionären der äußersten rechten Sorte, die um ihre Existenzerhaltung besorgt sind, liegt weder im Interesse der Völker in Europa noch im Kaukasus noch nicht zuletzt auch des russischen Volkes. Es gehört zu den wahnwitzigen und volksfeindlichsten Seiten der Putin-Clique sowie anderer mit dahinter steckender äußerster Reaktionäre, hier in dieser Weise herum zu zündeln. Und es zeigt sich daran, daß auch innerhalb Rußlands sich die Klassengegensätze verschärft haben müssen. Überhaupt ist die Entwicklung auf der ganzen Welt nicht so, daß sie äußersten Reaktionären in das Konzept paßt. Der globale Kapitalismus erzeugt auf dem ganzen Erdball in Bewegung geratene Massen, die Ansprüche stellen und Forderungen erheben, und keineswegs nur Elend und Hunger, wie das oft von bürgerlicher Seite einseitig dargestellt wird. Dieser Kapitalismus erzeugt auf der ganzen Welt Zug um Zug das Entstehen und die Entwicklung des Widerspruchs zwischen Bourgeoisie und Proletariat und damit zugleich die Bedingungen für die soziale und kulturelle Emanzipation der Massen. Diese Bewegung ist in China nicht verschwunden, wenngleich dort zu Zeit ein explodierender Kapitalismus das Gegenteil zu bezeugen scheint, oberflächlich gesehen. Das entsteht neu in Indien, einem Riesenland, in dem sich ebenfalls Kapitalismus rasant entwickelt. Das entsteht auch auf anderen Kontinenten, in südamerikanischen Staaten und auch in afrikanischen, wenngleich das vor allem in letzteren recht langsam vonstatten zu gehen scheint. Ganz zu schweigen von Staaten wie Iran, und auch der Türkei, wo die Gegensätze nicht zuletzt aufgrund kultureller Bedingungen äußerst verschärft sind und die fortschrittlichen Vertreter der Massen daher mit besonderen Schwierigkeiten konfrontiert sind. Die Reaktionäre und äußersten Rechten auf der Welt arbeiten an Konzepten, wie dem zu begegnen ist. Was sich gegenwärtig u.a. an der Kaukasuskrise deutlich zeigt, ist daß diese Konzepte keineswegs nur in Versuchen einer Bremsung des Fortschritts auf der Welt über sog. „Klima“ -Kampagnen und andere gegenwärtige oder zukünftige Ökokampagnen besteht, sondern daß sie durchaus fähig und bereit sind, wieder zu sog. „altherkömmlichen“ Mitteln zu greifen und selbstverständlich vor dem Anzetteln von größeren und sogar wirklich großen Kriegen mit der Folge der Vernichtung nicht nur von tausenden sondern vielen Millionen Menschen nicht zurückscheuen, um ihre Ausbeuterherrschaft aufrecht zu erhalten. Es ist daher allenthalben äußerste Wachsamkeit und kluges
und überlegtes Handeln geboten, welches die Gesamtlage in Betracht
zieht und sich nicht zu voreiligen Schlußfolgerungen hinreißen
läßt.
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