Internet Statement 2006-17
Anläßlich des Todes von Milosevic - Elemente eines politischen Rückblicks W. Grobe, 11.03.2006 Am 11. März wurde gemeldet, daß der frühere jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic in der Prozeßhaft des sog. "Kriegsverbrechertribunals für das frühere Jugoslawien" tot aufgefunden worden ist. Die Umstände dieses Todes sind unklar. Angesichts des politischen Charakters dieses Gerichtshofes ist mit einer objektiven Aufklärung nicht unbedingt zu rechnen. Verschiedenen führenden Medien der BRD fällt angesichts dieses aufzuklärenden Ereignisses vor allem ein, dem Toten zum hundertsten Male ihren Anklagenkatalog vor allem bezüglich des Kosovo zu verlesen, ohne im mindesten die eigene Rolle des Westens, der USA und auch gerade der BRD bei der Aggression gegen Jugoslawien im Jahre 1999 in Frage zu stellen. Es ist zu fordern, daß die Umstände des Todes von Milosevic
von Kräften untersucht werden, die von den Staaten und Regierungen
dieser Aggression unabhängig sind. 1999 hat eine übermächtige
westliche Allianz unter Führung der USA Krieg gegen Jugoslawien geführt,
um dieses widerstrebende Land unter die eigene militärische Kontrolle
zu zwingen und so die Lücke zu schließen, die es bis dahin
in dem militärstrategischen Ring von Stützpunkten und abhängigen
Staaten bildete, der von Westeuropa über den Balkan, die Türkei
usf. gegen Rußland und andere Staaten aufgebaut wird. Dabei etablierte
man unter großem Einsatz der Medien den Vorwand, es gehe darum,
die Rechte der albanischen Bevölkerung im Kosovo gegen einen Milosevic
durchzusetzen, der regelrecht als der Alleinschuldige porträtiert
wurde. Es ist eine lückenlose Aufklärung von Milosevics Schicksal in der Haft und darüberhinaus endlich des gesamten NATO-Vorgehens gegen Jugoslawien zu leisten. Den Tod dieses Hauptakteurs zu benutzen, um die Beschuldigungen nochmals vorzubringen, gegen die er sich nun nicht mehr wehren kann, und anschließend mit dem großen Schwamm über die gesamte Jugoslawienfrage zu wischen, damit dürfen die Verantwortlichen nicht durchkommen.
Bei der Analyse der Ereignisse um Jugoslawien verschließen wir die Augen nicht vor der politischen Reaktion, die in vielen Handlungen der jugoslawischen und serbischen Führung, auch Milosevics selbst, sich gezeigt hat. In seiner ersten Verteidigungsrede vor dem Tribunal deckte Milosevic zahlreiche Lügen und Verbrechen des Westens v.a. im Zusammenhang mit dem sog. Kosovo-Krieg von 1999 auf und führte das Tribunal mit seiner lächerlichen Carla del Ponte selbst vor. Diese Rede hat aber auch andere Seiten. Milosevic versucht bspw. auch, das verbrecherische Vorgehen gegen Slowenien und auch Kroatien im Jahre 1991 von seiten der jugoslawischen und serbischen Führung zu rechtfertigen, und appelliert ausgerechnet hier an den Westen, doch nicht zu vergessen, daß dieses "Jugoslawien in Fortsetzung der serbischen Staatlichkeit seit zwei Jahrhunderten der einzige Verbündete der demokratischen Welt in diesem Teil der Welt" gewesen sei. In der Tat war der serbische Widerstand gegen die osmanisch-türkische Herrschaft auf den Balkan vor allem im 19. Jahrhundert lange Zeit so etwas wie ein Verbündeter demokratischer Bestrebungen in Europa gewesen. Aber als das serbische Königshaus kurz nach dem I. Weltkrieg im Jahre 1920 den Staat Jugoslawien schuf, tat es dies unter ganz anderen Vorzeichen. Sein Hauptziel war in dieser Situation die denkbar brutale Unterdrückung der sozial-revolutionären und demokratischen Bewegungen, die auch in seinem Herrschaftsbereich im Gefolge des I. Weltkriegs ausgebrochen waren. Es war dabei enger Verbündeter der Entente-Mächte mit den USA im Hintergrund, dem hauptsächlichen konterrevolutionären kapitalistischen Machtblock dieser Zeit, und unterdrückte auch die übrigen Nationalitäten wie Slowenen und Kroaten, die von dieser Vereinigung nichts hielten, von ein paar exponierten Reaktionären abgesehen. Dieser Staat Jugoslawien war der erste faschistische Staat in Europa, und wenn Milosevic diese jugoslawische Staatsräson zudeckt, ja sich darauf beruft, dann ist das vom Kern her faul. Nur in der Zeit des 2. Weltkriegs war es im Zeichen des gemeinsamen und hauptsächlich von Kommunisten geführten Widerstandes gegen die Okkupation durch Nazi-Deutschland zu einem Zusammenwachsen gekommen, das auch in der Nachkriegszeit noch in einem gewissen Aufbau des Bundesstaates nachwirkte. Mit der weiteren Entwicklung aber mußte es unter den bürokratisch-revisionistischen, ins Kriminelle hinüberwachsenden sozialen und politischen Strukturen wieder zum Hervortreten der ungelösten nationalen Widersprüche innerhalb Jugoslawiens kommen, die sich 1991 in den Sezessionen Sloweniens und auch Kroatiens zeigten. Die Auseinandersetzung mit dem albanischen Separatismus hat allerdings einen anderen Charakter. Die innere Problematik Jugoslawiens rechtfertigt in keinster Weise die westliche Aggression von 1999, zumal der Westen gerade mit den reaktionären inneren Kräften Jugoslawiens immer eng verbunden war, sie förderte, in gewisser Weise dafür mitverantwortlich ist und nach der Zerstörung des alten Bundesstaates die größten Teile in einer ganz elenden Lage hält. Aber man kann in solchen Ausführungen Milosevics eben auch kein vorwärtsweisendes Element erkennen, sondern sogar eine deutliche Anlehnung an die Reaktion, die innere wie die internationale, die sich in der gesamten Politik auswirken mußte. Von daher war keine wirkliche Verteidigung nationaler Unabhängigkeit gegenüber dem Westen auf die Dauer möglich, so sehr sie auch notwendig war und international unterstützt werden mußte, und so sehr auch die Inhaftierung und Unterdrückung Milosevics zu verurteilen ist.
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