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Statement 2007-69 Der Angriff auf die Lebensmittelpreise Hartmut Dicke,
2.August 2007 Drastische Erhöhungen der Preise bei einer Reihe von Lebensmitteln sind
in den letzten Tagen des Juli in Kraft getreten oder angekündigt worden. Die
verschiedenen Kommentatoren stimmen darin überein, daß dies erst der Anfang
sei. Dem ging eine längere Auseinandersetzung vorweg. Es sind mit Sicherheit
nicht die Forderungen der Bauern, die in den Aktionen im Mai dieses Jahres
zum Ausdruck gekommen sind. Sie forderten, mehr als 27 Cent für den Liter
Milch zu bekommen, um existenzfähig zu sein. Fast niemand bestreitet, daß
dies eine gerechtfertigte Forderung ist. Inzwischen bekommen die Bauern, wie
es heißt, ca. 30 Cent, der Verkaufspreis liegt aber schon seit etwa 14 Tagen
bei 62 Cent für den Liter Vollmilch, und dazwischen liegt ja wohl noch eine
erhebliche Spanne. Daß die großen Handelskonzerne versuchen, die Preisspanne zu maximieren,
ist nicht überraschend. Das ist Teil der kapitalistischen Marktordnung, die
wir haben. Dem stand die relativ harte Konkurrenz auf diesem Sektor entgegen. Es gibt aber noch ganz andere Bemühungen im Vorfeld dieser Preiserhöhung
zu beobachten. Heute erklärt der Staat, der Preisanstieg bei Butter sei
„unverschämt“, und attackiert scheinbar die großen Lebensmittelketten. Aber
dieser Staat hat seit langem eine Propaganda gemacht, daß die
Lebensmittelpreise sich deutlich erhöhen müssen, daß sie viel zu gering
seien. Der Kunde wurde sogar gescholten, er achte nur auf die Billigkeit und
übersehe die Qualität, man solle mehr Bioprodukte, die schon seit längerem
auf einem hohen Preisniveau sind, kaufen, usw. usf. Diese sich abzeichnenden Preiserhöhungen sind von langer Hand
vorbereitet, und der Staat spielt dabei selbst eine wichtige Rolle. Die
relativ niedrigen Lebensmittelpreise sind für diejenigen, die mit wenigen
hundert Euro im Monat auskommen müssen, ein letzter Anker, mit dem sie ihren
Alltag gestalten können. Steigen die Lebensmittelpreise um 30, 40, 50%, dann
wird das für alle diese Mitbürger zu einem weiteren primären Druckmittel
gegen sie. Und darum geht es wirklich, das soll wohl sein. Was aber ist mit der Nachfrage aus China und aus einer Reihe weiterer
Länder? Das Anwachsen der Nachfrage ist doch überhaupt nichts neues, sie ist
nicht mit einem Mal entstanden, sondern hat sich seit Jahren angekündigt.
Gleichzeitig hat die EU zusammen mit den Regierungen der Einzelstaaten Druck
ausgeübt, daß große Teile der Agrarflächen in Europa zwangsweise
stillgelegt werden. Die Verordnung zur Stillegung von Flächen gilt bis
heute. Wer als Landwirt gegen diese Verordnung verstößt, muß mit hohen
Strafzahlungen rechnen. Dazu schreibt zum Beispiel der Westfälisch-Lippische
Landwirtschaftsverband am 20.Juli 2007: „WLV und DBV bewerten die Ankündigung von Agrarministerrat und
EU-Kommission vom Montag (16. Juli 2007) positiv, die obligatorische
Stilllegung von Ackerflächen für die Aussaat Herbst 2007 und Frühjahr 2008
auf Null herabzusetzen. Damit habe die Politik auf die veränderte Marktlage
und die eher bescheidenen Ernteerwartungen in Europa reagiert. Der deutsche
Berufsstand hatte gemeinsam mit dem europäischen Bauernverband COPA auf eine
schnelle Entscheidung gedrängt. EU-Kommission, Rat und Parlament sind jetzt
aufgefordert, zügig die notwendigen formalrechtlichen Beschlüsse zur Änderung
der einschlägigen Verordnungen, insbesondere bei der Betriebsprämie, zu
fassen.” Also gilt diese Verordnung bis heute! Gleichzeitig verbreitet man in der
Öffentlichkeit, die Preiserhöhungen seien zwangsläufig das Produkt der
internationalen Nachfrage. Ein Mensch wie Seehofer, der jeden Tag so viel ausgeben kann wie andere
im Monat verdienen, kann sich nicht vorstellen, wie wichtig es ist, auch für
wenig Geld akzeptable und ansprechende Lebensmittel zu finden. Dafür sind
Leute wie er viel zu abgehoben. Sie haben direkt der finanziellen Erpressung
das Wort geredet. Aber die Preiserhöhungen waren nicht einfach durchzusetzen.
Bei jedem Versuch, mit kleinen Schritten Preise zu erhöhen, haben die
Lebensmittelketten den Druck der Kunden zu spüren bekommen. Sofort gingen sie
zu anderen Anbietern und kauften dort. Die gegenwärtige Konkurrenz erzwang,
daß die Lebensmittelpreise über längere Zeit niedrig blieben. Jetzt aber
kommt man mit dem großen Knüppel. Die Butter in der einfachsten Qualität
wurde mit einem Schlag von 79 Cent auf 1,19 Euro erhöht. Am Morgen des
31.Juli hatten die großen Lebensmittelketten in ihren Kassencomputern schon
den neue Preis eingetragen, und er wird den Kunden bedingungslos als
vollendete Tatsache serviert. Das macht klar, wohin sie wollen. Dieser Staat,
der jetzt als Kritiker der großen Lebensmittelketten auftritt, ist mit
Sicherheit gleichzeitig an der Koordination dieser Preisschraube beteiligt.
Die Einheitlichkeit des Vorgehens, die Gezieltheit, den Kunden diese Erhöhung
aufzuzwingen, machen deutlich, daß es eine ganze Reihe von Beteiligten bei
dieser Sache gibt. Diejenigen, die ständig davon reden, die Leute sollten
sich teurere Lebensmittel kaufen, sind natürlich dabei. Selbst wenn der Liter Milch bei den Bauern 40 Cent kosten würde, wie
gefordert wird, wäre immer noch Preisspanne genug vorhanden. Das Recht Aller,
sich ausreichend qualitativ gute Lebensmittel kaufen zu können, muß als
elementares Recht bestehen bleiben. Aber hier wird angegriffen. Man will auch diese soziale Seite
letztendlich ausschalten. Nichts halten kann man von dem Geschwätz, das Kartellamt solle sich
einschalten, oder beruhigende Meldungen „Seehofer bezeichne 50% als nicht
gerechtfertigt“, usw. Wer hat denn gestern noch den Kunden für die Suche nach
den günstigsten Preisen getadelt? Aber es gibt noch eine viel ärgere Seite. Wer ist es denn, der den
Anbau von sog. Energiepflanzen als die große Zukunft der Landwirte
herausgestellt und dies als „ökologische Grundform neuer Energieerzeugung“
gepriesen hat – war der Staat nicht dabei ganz vorneweg, fördert er nicht
seit langem diese Sache ganz gezielt? In der Bundesrepublik sind inzwischen
die Lebensmittelpreise auf bestimmten Sektoren ernsthaft unter Druck, weil
die Produktion von Pflanzen für die Spriterzeugung die Lebensmittelproduktion
verdrängt. Bei der Diskussion über die Einführung einer solchen Energieform,
Öl und Benzin gewissermaßen auf dem Feld anzubauen, wurde längst vor diesem
Effekt gewarnt. Trotzdem hat die Regierung mit allen Methoden der Subvention
und der öffentlichen Förderung diese Entwicklung forciert. In den Medien wird
ganz offen gesagt, daß die Verdrängung der Lebensmittelproduktion durch
Energiepflanzen eine der Ursachen für den internationalen Druck auf dem
Lebensmittelsektor ist. Das gilt nicht nur für Deutschland. Heute schon gibt
es Hungererpressung in Brasilien und wachsend auch in vielen anderen Teilen
der Welt durch diese abscheulichste aller „ökologischen“ Energieformen, die
Verdrängung der Lebensmittelproduktion zugunsten von sog. Energiepflanzen.
Sie wird auch von angeblichen Linken gefördert, muß aber mit allen Mitteln
bekämpft werden. Wenn wir davon sprachen, daß das ein Hungerregime wird, daß sich da eine
Form brutaler Unterdrückung anbahnt, haben manche Leute mit dem Kopf
geschüttelt. Sie können sich jetzt eines Besseren belehren lassen. Der ganze
Anbau von Vorprodukten für die Benzin- oder allgemein Kraftstoffproduktion
auf dem Feld ist Schwachsinn. Das ist eben eine Folge davon, daß die
wichtigste Energieform Kernenergie, die die fossilen Energieträger ablösen
sollte, hier eiskalt abgeblockt worden ist und mit den absurdesten Kampagnen
– weil irgendwo ein paar Dübel nicht den Vorschriften entsprochen haben –
bekämpft wird. Zu dem Vorfall des Transformatorbrandes in Krümmel ist die
Ursache bis heute nicht klar, ebenso die Ursache der Abschaltung von
Brunsbüttel. Dennoch wird rücksichtslos auf die möglichst schnelle Stillegung
von Krümmel und Brunsbüttel hingearbeitet. Der Chef des Vattenfall-Konzerns,
eines Energiepreistreibers in dem der innere Verfall regiert, ist übrigens
einer der Chefberater von Angela Merkel in Sachen „erneuerbare Energien“.[Siehe Is 2007-65 Der Vattenfall-Zirkus. Weshalb
wurden die Manager Thomauske und Banek gefeuert? vom 16.07.2007] Unverfroren arbeiten Leute wie Gabriel an der widersinnigen Stillegung
der Kernenergie, sie zu sabotieren und den „erneuerbaren“ Energien weitere
Subventionen zuzuschanzen, egal wohin die internationale Entwicklung geht.
Der kleinste Fehler an einem Nebenaggregat reicht, und schon steht ein
Kernkraftwerk für einen Monat still. Man kann sich anhand dieser neuen Verteuerung der Lebensmittel
überzeugen, daß die sogenannten alternativen Energieformen nicht so harmlos
sind, wie sich das manche denken. Die Öko-Energieformen sind nicht nur
Landschaftsverschandelung im großen Stil, sondern sie können auch die
Ausbreitung von Hunger für Millionen bedeuten. Wenn wir soweit sind, daß wir
die landwirtschaftliche Lebensmittelproduktion für die Energieerzeugung
drangeben, dann sind wir auf den Hund gekommen. Und jetzt wird es offenkundig. Der frühere landwirtschaftliche Überschuß
bei uns in Europa hält natürlich nicht ewig vor. Das Wachstum in anderen
Teilen der Welt erfordert auch die Steigerung der Lebensmittelproduktion, und
aus diesen Ländern treten die Handelsfirmen hier und in vielen anderen
europäischen Ländern als Käufer der Landwirtschaftsprodukte auf. Weltweit muß
der ganze Ökotrend bekämpft werden. Man sieht, wohin er führt. Es kann
letztlich nicht anders sein: eine solche Herangehensweise, die die
wissenschaftlich tiefgehendste und modernste Form der Energieerzeugung verhetzt
und altertümlichen Anbau von Ölpflanzen propagiert, muß in der Konsequenz
auch das erzeugen, was sich heute hier abspielt. Aber es ist schier
unglaublich, daß eine Sprecherin der sog. Linken ihr Verständnis für die
Preiserhöhungen ausdrückt. Das ist doch der blanke Zynismus. Wo ist denn da
die Solidarität mit denjenigen, die von wenigen hundert Euro leben müssen.
Und was sollen Mahnungen wie von Martin Behrsing vom „Erwerbslosenforum
Deutschland“, der Staat solle Hartz IV anpassen, damit die Betroffenen die
höheren Preise zahlen können. Das ist Betrug, das kann nicht funktionieren,
das deckt über die wahren Absichten bei diesem Staat hinweg. Der Staat zockt
seit langem über die gesamte Energiepolitik ab und treibt nun auch die
Lebensmittelpreise selbst hoch. Nach der Preistreiberei bei Benzin, Heizung
und Strom, der Hemmung der Bewegung der Bürger, den Niedriglöhnen auf allen
Gebieten folgt jetzt der direkte Angriff auf dem elementarsten Sektor, bei den Lebensmitteln für die arbeitende
und die von wenigen hundert Euro lebende freigesetzte Bevölkerung. Und die
Antwort soll sein, diesen Staat um eine kleine Ausgleichszahlung bei den ohnehin
viel zu niedrigen Hartz-IV-Sätzen zu ersuchen, damit die höheren
Lebensmittelpreise bezahlt werden können? Und was ist mit denen, die selbst
nur ein Einkommen in ähnlicher Höhe wie Hartz IV, aber auf der Grundlage von
Arbeit haben? Sollen sie jetzt auch zu einer Behörde laufen und einen Zuschuß
für die erhöhten Lebensmittelkosten beantragen? Das ist doch hirnrissig. |
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Gruppe
Der
Ökosektor bei Licht betrachtet:
Mit
Klimageheul und Wind-rädchen an die Weltspitze – das abstruse
Konzept von Merkel und Gabriel
Biosprit
und höhere Lebensmittel-preise
Die
BSE-Kampagne - Ein ernstes Problem, soziale Reaktion und geheuchelte
Sorge um die Gesundheit
Das
Hartz- Konzept
Die
Bedeutung des sog. Konsenses über die Stillegung der Kernenergie
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