Internet Statement 2007-70
Proteste aus dem linken Spektrum gegen die Lebensmittelpreiserhöhungen? - Fehlanzeige
In den letzten Tagen wurde der Preis für Butter schlagartig und einheitlich um 50% erhöht. Dieser ökonomisch nicht zu rechtfertigende demonstrative Akt war offenbar als Signal einer Hochpreispolitik bei Lebensmitteln gedacht, die von zahlreichen bürgerlichen Politikern und Medien gefordert wurde. Linke Organisationen und entsprechende Medien wie “Junge Welt” und “Neues Deutschland” unterließen es bis jetzt, dieser Politik entgegenzutreten, und manche Vertreter bzw. Veröffentlichungen unterstützten sogar diese Politik im Grundsatz. Dies ist ein gravierender Vorgang, über den wir nicht zur Tagesordnung überzugehen bereit sind. Bezeichnend war das Interview, das das “Neue Deutschland” am 2.8. brachte. Eine Waltraud Fesser von der Verbraucherberatung Rheinland-Pfalz sagte u.a. auf die Frage:
Weiter:
Das “Neue Deutschland” hielt es für angebracht, diese
Drohung mit allgemeiner Teuerung bei Lebensmitteln und fortgesetzter weiterer
Preistreiberei bei Energie weiterzureichen und ihr nichts entgegenzusetzen.
Der stellvertretende Vorsitzende von „Die Linke“, Klaus Ernst, gab am 31.7. eine Erklärung ab, in der er kein kritisches Wort, nicht einmal eine Frage zur Preistreiberei fand. Die ist für ihn offenbar eine Unumstößlichkeit. Während die EU die Preistreiberei in Deutschland scharf kritisiert, findet ein führender Vertreter einer Partei, die sich „Die Linke“ nennt, da nichts zu beanstanden. Lediglich mit der – wie heißt das in Gewerkschaftsbürokratensprache doch? – ach ja, mit der sozialen Abfederung befaßt sich Ernst. Für ihn besteht sie in einer Neuberechnung der Hartz-Sätze. Zwar fordert er auch, daß Hartz IV überwunden wird - aber wenn das jemand sagt, der konkret so handzahm ist gegenüber den herrschenden Kreisen, schreckt das niemanden. Die agrarpolitische Sprecherin der Partei „Die Linke“, Kirsten Tackmann, nahm lt. “Junge Welt” von 31.07.2007 folgende Stellung ein:
Warum beschränkt sich Tackmann auf „Milch, Quark und Joghurt“?
Die Preissteigerungen werden doch für das gesamte Spektrum der Lebensmittel
angekündigt, nicht nur für diese Warengruppe. Außerdem
liegt sie sachlich neben der Spur: der Milchpreis war bereits vor einigen
Wochen von 55 auf 62 Cent erhöht worden, und wenn die Butter schon
seit langem zu 0,79 verkauft wird, ist das wohl kaum „unter Einstandspreis“.
Auch Tackmann pustet in die Richtung, in die der politische Wind der Regierung
weht. Und die „junge Welt“ ihrerseits bringt auch keine Kritik.
Wie Hartz-IV-Empfänger und Niedriglöhner mit höherem Preisniveau klarkommen sollen Ganz am Rande, fast unter dem Strich, wurde im “Neues Deutschland”, úund einmal auch in “Junge Welt” oder „Linkezeitung“ vermerkt, daß die Preiserhöhungen der Lebensmittel zusätzliche Probleme für ärmere Mitbürger mit sich bringen. Wenn das überhaupt erwähnt wurde, dann hängte man die billige Floskel an, daß eben die Hartz-Sätze erhöht werden müßten. Man stiehlt sich mit einer kleinen Sozialphrase aus der politischen Verantwortung. Man will nicht zugeben, daß die Bourgeoisie mit der Strategie der höheren Lebensmittelpreise systematisch den Druck gegen die „überflüssigen“ Teile der Gesellschaft erhöhen will. Man will nicht zugeben, daß wir mitten in einer gefährlichen Entwicklung stehen, die den Grund hat, daß Kapital und Staat millionenfach auch in unserem Lande, und gerade in unserem Lande, Menschen, die für sie überflüssig sind, in ein aussichtsloses Abseits drängt. Und nicht nur das. Es arbeitet gezielt daran, sich auch ihrer bloßen Existenz zu entledigen. Wer die Entwicklung der letzten 20-30 Jahre verfolgt hat, insbesondere auch die Hartz-Gesetze seit 2002, und nicht die Augen davor verschließen will, was Kapital ist, nach welchen Gesetzen er funktioniert, der auch weiß, das das Kapital längst in dieser Richtung arbeitet. Gerade für den deutschen Kapitalismus ist es typisch, immer mehr
Zweige der modernen Produktion und Dienstleistungen, auch von wissenschaftlicher
und technischer Weiterentwicklung, die ihm in der internationalen Konkurrenz
unverzichtbar sind, ins Ausland zu verlagern, immer größere
Teile der eigenen Bevölkerung in die Massenarbeitslosigkeit zu stoßen
und ihnen immer unverblümter zu erklären, daß sie niemals
wieder daraus entlassen werden. Höchstens für Teile der Ausgegrenzten
werden in diesem System noch Gelegenheitsarbeiten, Prekariat und Niedriglöhne
angeboten werden, je nach dem, wie es dem Kapital gerade günstig
scheint, und das wars dann auch. Und es muß Klarheit darüber
geschaffen werden, daß bei einer solchen Strategie das Kapital zumindest
auf längere Sicht nicht davor zurückschrecken wird, sich der
überflüssig gemachten Bevölkerungsteile auch physisch zu
entledigen. Millionen „überflüssiger Esser“, die
mit Renten oder AlG II derzeit noch irgendwie erhalten werden, hemmen
das Kapital in der internationalen Konkurrenz. Ebenso wie diese für
das Kapital gnadenlos ist, wird es selbst sich nach unten gnadenlos schadlos
zu halten versuchen. Gegen all das fehlt bisher in diesem Lande jeder
Ansatz einer organisierten Gegenwehr. Und was wirklich schlimm ist: die
bisherigen Äußerungen aus der Linken versprechen der Bourgeoisie
beim Angriff auf die Lebensmittelpreise Stillhalten, wenn nicht sogar
aktive Unterstützung. Teuerung bei Energie – Teuerung bei Lebensmitteln Jeder sozial engagierte Mensch mußte schon seit langem die Politik der ständigen Erhöhung der Energiepreise mit Sorge verfolgen. Damit wird bereits seit längerem das Lebensniveau, die Mobilität und die gesellschaftliche Teilhabe der von Sozialleistungen oder Niedriglöhnen abhängigen Menschen eingeschränkt. Wohnungen können oft nicht mehr richtig geheizt werden, Reisen fällt flach, weil man kein Auto unterhalten und die teure Bahn nicht bezahlen kann. Jetzt wird also von der Bourgeoisie auf breiter Front verkündet, daß mit dem noch bestehenden relativ günstigen Preisniveau bei den Lebensmitteln ebenfalls Schluß gemacht werden muß. Viele Menschen müssen aber schon längst beim Essen sparen und hängen oft vom inoffiziellen Angebot der „Tafeln“ und Suppenküchen ab, für deren Existenz niemand garantiert. Hochpreispolitik bei Lebensmitteln ist eine direkte Attacke auf Gesundheit und Lebenserwartung von Millionen. Unmittelbar bevor die Hochpreispolitik bei Lebensmittel in dieser provokativen Weise in Szene gesetzt wurde, waren Untersuchungen erschienen über die völlig unzureichende Ernährung insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, die unter Hartz-IV-Sätzen von teilweise nur 2,50/Tag für Lebensmittel exisitieren müssen. Wenn aber die Dinge schon so schlimm stehen, dann ist es doch offensichtlich, daß die Hochpreispolitik bei Lebensmitteln gerade bei den betreffenden Mitbürgern bedrohlich wird. Die Gegenwehr, zu der diese Organe und Organisationen bereit sind, besteht in der gelegentlichen Forderung nach Anpassung der Hartz-IV-Sätze. Natürlich sind die Hartz-Sätze viel zu niedrig, nicht erst seit jetzt, aber sie können auch nicht mit Floskeln auf dem Papier bekämpft werden. Und selbst wenn man nur dafür kämpfen würde - anstatt die gesamte Hartz-Situation, das Überflüssigmachen von Millionen von Menschen durch das Kapital ins Zentrum zu rücken -, müßte man sich der Frage stellen, wie man hier etwas durchsetzen kann. Erklärungen allein, hin und wieder vielleicht eine Demonstration oder Konferenz sind nicht wirksam. Wer sich nicht der kapitalistischen Realität stellen und das System selbst nicht in Frage stellen will, wird von vornherein nichts erreichen. Daß maßgebliche Kreise des internationalen Kapitalismus die Strategie verfolgen, die Lebensmittelproduktion zu beschränken und die Unterernährung, ja den Hunger für Hunderte von Millionen, wenn nicht Milliarden von Menschen auf der Welt weiter zu verschärfen, um sich immer größere Massen auf diese Weise zu entledigen, die dem Kapitalismus eine Last sind, ist doch kein Geheimnis. Seit mehr als 30 Jahren wird die Verknappung und Verteuerung der Energie vom internationalen Kapitalismus betrieben, lange schon bevor die massive Nachfrage Chinas einsetzte. Und wie schon bei dieser Energiepolitik, so spielt auch bei der Verknappung und Verteuerung der Lebensmittel in großem Stil die ökologistische Propaganda eine große Rolle. Mit der Behauptung, man müsse die bald zur Neige gehenden Öl- und Gasvorkommen schützen, wird seit 35 Jahren der Preis der fossilen Energieträger immer weiter in die Höhe getrieben. Mit der Propaganda der ang. menschheitsgefährdenden Risiken der Kernenergie wird großen Teilen der Menschheit die Schaffung einer modernen Energiebasis verwehrt. Selbst hundert Tschernobyls hätten nicht die Zahl der vernichteten Existenzen mit sich gebracht, die diese Politik der großen internationalen Energiekonzerne und der sie politisch stützenden Mächte wie der USA, zunehmend auch Russlands und anderer, schon gefordert hat. Wenn bestimmte Kräfte bei den Linken in Deutschland - die bekanntlich mit der Blockade der Kernenergie und der Förderung der sog. erneuerbaren Energien seit langem engstens verbunden sind -, sich abgeneigt zeigen, etwas gegen die Politik der Lebensmittelpreistreiberei zu unternehmen, dann muß dagegen Alarm geschlagen werden. Will man hier nach dem ökofaschistischen Muster agieren: mögen Millionen sterben – der Planet muß überleben? Dabei ist das Wort „Planet“ nichts weiter als eine ideologische Verkleidung des Überlebenskampfes des Kapitalismus. Richtig wäre: der Kapitalismus muß sterben, damit große
Teile der Menschheit eine Überlebenschance bekommen. Aber davon sind
solche „Linke“ inzwischen weiter entfernt als manche bürgerlichen
Vertreter, die aus unterschiedlichen Motiven sich diese brutale Vernichtung
von menschlicher Produktivkraft und Entwicklungsmöglichkeiten nicht
bieten lassen wollen. Wenn Äcker nicht mehr für die Produktion von Lebensmitteln dienen dürfen Sehr bezeichnend waren schon die Ereignisse um den G8-Gipfel im Juni
dieses Jahres, als Attac und kirchliche Gruppen die Bundesregierung massiv
unterstützten, die Kernenergie zu beenden und auf Windräder
und Biosprit zu setzen, als viele linke Gruppen dahingehend mitmobilisierten
und sich höchstens verbal etwas davon differenzierten. Sehr bezeichnend
ist jetzt, wie Organe wie “Junge Welt” oder “Neues Deutschland”,
wenn sie sich überhaupt noch kritisch zu den Preiserhöhungen
äußern, einen ganz wesentlichen Mechanismus der Verknappung
und Verteuerung der Lebensmittel unerwähnt lassen oder höchstens
in einer Fußnote erwähnen: die Verdrängung der Getreide-
und Futtermittelproduktion von den Äckern durch Pflanzen für
die sog. Bio-Energien. Dieser Vorgang findet in der bürgerlichen
Presse allgemein Beachtung, ob in bejahender oder ablehnender Weise, aber
bei diesen dem Anspruch nach linken Kräften wird er verdrängt.
Es ist kein Geheimnis, daß aufgrund der Politik der jetzigen und
der vorigen Bundesregierung bereits erhebliche Teile der landwirtschaftlichen
Flächen in dieser Weise verwendet werden und die Lebensmittelpreise
dadurch nach oben gedrückt werden.
„Hierzulande aber, wo dieselben Kräfte wirken, werden sie
von der 'Jungen Welt' systematisch ungeschoren gelassen“ –
so mußten wir das bereits damals kommentieren. Solche Journalisten
und Politiker sind mit der Politik der erneuerbaren Energien fest verblockt.
Angesichts der Verschlechterung der Lage für die Armen in diesem
Lande benehmen sie sich wie die letzten verstockten selbstsüchtigen
Kleinbürger, deren es ohnehin mehr als genug gibt. Soziale Probleme?
Dann muß der Staat eben ein bißchen mehr geben!
-------------------------------------- Anm 5.8..: Eine Protestäußerung gegen die Hochpreispolitik
war immerhin auf rf-news zu lesen. Leider lenkt aber die Analyse von fast
allen wesentlichen aktuellen Momenten ab, in der üblichen Manier
wird pauschal das Monopolkapital zur Ursache erklärt.
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Der
Angriff auf die Lebensmittelpreise
Gruppe
Der
Ökosektor bei Licht betrachtet:
Mit
Klimageheul und Windrädchen an die Weltspitze – das abstruse
Konzept von Merkel und Gabriel
Biosprit
und höhere Lebensmittelpreise
Die
BSE-Kampagne - Ein ernstes Problem, soziale Reaktion und geheuchelte
Sorge um die Gesundheit
Das
Hartz- Konzept
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