Internet Statement 2008-28

 

Wie bitte, sozial sollen die sein?

– Die neuesten Energiepreis-Vorschläge der SPD

Klas Ber, 28.7.08   

Lebensmittel, Strom, Öl und Gas, Wohnen werden teurer und teurer. Immer mehr Menschen in diesem Land müssen sich fragen, wie sie das überhaupt noch bezahlen sollen. Die Herrschenden, ihre Parteien und ihre Politiker kommen weiter unter Druck. Vorschläge, wie Familien, Rentner, Geringverdiener und Hartz-IV-Empfänger zu entlasten wären, kursieren zur Zeit reichlich. Aber keiner davon geht an die Ursachen und will tatsächlich Maßnahmen ergreifen, die die hohen Energiepreise für alle senken. Für die Masse, für Private, wie für Industrie und Wirtschaft.
Eine Spitze an Heuchelei und Betrug aber bedeutet es, was aus der SPD dazu verlautet und wie es dann auch noch in manch einem Bericht einseitig, geschönt durch Weglassung, dargestellt wurde.

„Hessen-SPD schlägt kostenfreie Strom-Grundmenge für alle vor“ meldete z.B. die FTD am 23.7.

Dann ging am Sonntag eine Meldung über die Nachrichtenticker, die so oder in ähnlicher Weise dann über verschiedenste Medien Verbreitung fand.

„SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer kündigte eine Gesetzesinitiative für Sozialtarife an. 'Wir wollen erreichen, dass Bundestagsfraktion und Bundespartei ab September einen Gesetzentwurf für Sozialtarife bei Strom und Heizung ausarbeiten', sagte Scheer der Zeitung. 'Es darf nicht sein, dass Menschen in Deutschland in diesem Winter in kalten Wohnungen sitzen müssen.' Die explodierenden Strom- und Heizkosten seien ein 'absolut drängendes Problem', sagte Scheer, der mit Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti ein Energiekonzept erarbeitet hat.“

Na, wenn das nicht sozial ist? Denkste. Nimmt man sich einmal dieses angesprochene „Energiekonzept“ von Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti und dem SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer tatsächlich zur Hand, dann braucht man gar nicht lange um zu sehen, daß es sich hier in Wahrheit um ein „Maßnahmenpaket“ zu einer weiteren Verteuerung der Energie und zu erzwungener Energieeinsparung handelt.
„Emissionshandel wie Ökosteuern“ bezeichnen diese Herrschaften noch als „unzureichend“. Ihre Bestrebungen sind: „die Energiepreispolitik muss gleichzeitig die Energiewende vorantreiben“ und selbstredend, daß sie „gegen eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke“ sind. Eine Verlängerung, die zweifelsohne bereits eine Verbilligung bringen könnte.
Weil sie dem Argument 'Atomenergie ist billiger' nichts entgegenzusetzen haben, beabsichtigen sie die Atomenergie künstlich zu verteuern .
Die Atomenergie soll verteuert werden, durch „Besteuerung der atomaren Brennelemente“; die Beendung der Steuerfreiheit der Rückstellungen für die atomare Entsorgung sowie eine Neuregelung der Haftungsfrage für AKWs. Zusammenfassend schreiben sie:

„Mit diesen drei Schritten würde die Legende vom billigen Atomstrom beendet. Es gäbe Preiswahrheit und es wäre ein Beitrag zur Förderung fairen Wettbewerbs. Die Steuereinnahmen könnten steigen und für preisentlastende öffentliche Zukunftsinvestitionen in der Energieversorgung verwendet werden.“

Wahrlich, wer hätte das gedacht, wenn man die Kernenergie teurer macht, ist es nicht mehr der „billige Atomstrom“. So einfach ist das, aber auch ein so selbstentlarvendes Beispiel, wie diese SPD die Strompreise nach oben treibt.

Und nun noch zu solch schönen Meldung, die die SPD so sozial erscheinen läßt:

„Hessen-SPD schlägt kostenfreie Strom-Grundmenge für alle vor“

Weiter heißt es dazu in dem Bericht der FTD:

„Angesichts der stark steigenden Energiepreise schlägt die hessische SPD eine kostenfreie Grundmenge an Strom für alle vor. Ein-Personen-Haushalte sollten 500 Kilowattstunden im Jahr umsonst erhalten, Zwei-Personen-Haushalte 700 und Drei-Personen- Haushalte 900 Kilowattstunden, heißt es in einem von Parteichefin Andrea Ypsilanti und dem Energieexperten Hermann Scheer am Mittwoch in Wiesbaden vorgestellten Papier. Sozialstrom nur für Einkommensschwache lehnten sie wegen des hohen Verwaltungsaufwandes ab."

Den Pferdefuß aber verschweigt der Bericht. Nichts darüber, wie diese freien Grundmengen finanziert werden sollen. Aber darf man denn unterschlagen, daß die Finanzierung der kostenfreien Strom-Grundmenge über die Erhöhung der Strompreise laufen soll? Denn das schreibt die SPD-Hessen doch in ihrer eigenen Meldung v. 23. 7.08 dazu. So ist es nämlich:

„Um Marktverzerrungen zu vermeiden, werden die damit verbundenen Kosten unter den Stromanbietern ausgeglichen und die über den Freigrenzen liegenden Stromtarife erhöht.“ [1]

Davon aber ist in diesem Bericht in der FTD rein gar nichts zu lesen. Ähnliches gilt übrigens auch für Berichte anderer Zeitungen darüber und nur manche erwähnten diesen wichtigen Punkt.

Hier der gesamte Wortlaut aus den Vorschlag der SPD-Hessen, fette Hervorhebung von mir.

„2. Aktuelle Maßnahmen zur Energiepreissteuerung
Zur Steuerung der Energiepreise sind folgende Maßnahmen geboten, die flankiert werden müssen mit Anstößen zur Energiewende:
a) Strom
Die Netzbetreiber werden verpflichtet, jedem Haushalt – je nach Zahl der mit erstem Wohnsitz angemeldeten Haushaltsmitglieder – eine Mindestmenge an Strom kostenlos zur Verfügung zu stellen: Eine-Person-Haushalt 500 kWh, Zwei-Personen-Haushalt 700 kWh, ab drei Personen 900 kWh. Die dafür anfallenden Kosten werden auf alle Stromanbieter anteilmäßig umgelegt, die den Erwerbsausfall dafür in ihren entgeltlichen Stromangeboten ausgleichen können. Auf diesem Wege können komplizierte Sozialtarife vermieden werden, die einen hohen bürokratischen Aufwand erfordern.
• In allen Stromhaushalten werden Zähler eingeführt, die zeitvariabel den Strompreis zur Verbrauchszeit erfassen. Dies erleichtert es den Bürgern den eigenen Stromverbrauch nach jeweiliger Preishöhe zu steuern. Stromsparen wird dadurch zur Alltagskultur.
• Top-Runner-Programm: bei Elektrogeräten wird jeweils das, welches den geringsten Energieverbrauch aufweist nach einem Zeitraum von 3 Jahren zum verbindlichen Standard erklärt.“  [2]

Diese „Gratis“-Mengen sollen etwa ein Viertel des jeweiligen Stromverbrauchs der genannten Haushalte abdecken. Wieviel aber ist das wert, wenn der Rest des Stroms, der gebraucht wird, um so teurer bezahlt werden muß? Und wie weit sind durch diese „Gratis“-Mengen diejenigen, die längst an der Grenze ihrer Finanzen angelangt sind, wirklich entlastet? Und was bedeutet es und was hat es für Auswirkungen, wenn das ganze Land dadurch noch höhere Strompreise aufgebrummt bekommt?

„Über diese Mengen hinausgehende Stromlieferungen würden dann um drei bis vier Cent je Kilowattstunde teurer, sagte Scheer, womit ein großer Anreiz zum Energiesparen geschaffen würde. 'Je mehr Verbrauch, desto höher der Tarif', müsse die Devise lauten.“ zitiert die FAZ den Hermann Scheer am 23.7.

Die angeblich so „sozialen“ „kostenfreien“ Strommengen der SPD entpuppen sich letztlich als Strompreiserhöhungen und Zwang zum Stromsparen für das ganze Land.

Und wieder ist es auch ein Deal, der den Energiemonopolen hier offeriert wird. Sie bekommen eine Zusage höhere Preise durchzusetzen - etwas, was in der aktuellen politischen Auseinandersetzung für sie gar nicht so drin ist, wo allenthalben billiger Strom gefordert ist - und die Zeche sollen letztlich die „Verbraucher“ zahlen.

In die Tonne mit dieser Politik – aber bitte nicht recyceln.


Es gäbe schon noch weit mehr zu dieser „Energiepreis-Politik“ der Herrschaften Scheer und Ypsilanti und zur SPD, aber auch anderer Parteien zu sagen. Dies sicher im Weiteren. Die Auseinandersetzung geht eh weiter.

 

Die Meldung der SPD-Hessen, aus der ich zitiert habe, ist zu finden unter:
[1]  http://www.spd-hessen.de/.net/QZPGKGPDGYPDVDZDTZGZPZTP/meldungen/11028/56745.html
[2]  http://www.spd-hessen.de/.net/meldungen/11028/56747.html

 

 

 

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