Internet Statement 2005-76

 

Der erneute Anschlag von Bali
Operationen gegen Indonesien und sein Volk im Widerstand

2.10.2005     

Nachdem seit vielen Tagen ständig neue Massaker im Irak die Zivilbevölkerung getroffen haben, ging es nun gestern weiter mit einem schweren islamistischen Anschlag, der zum zweiten Mal seit 2002 Bali traf und sich zunächst einmal gegen Touristen auf dieser bekannten Insel zu richten scheint. Es lohnt aber auch hier, die soziale Entwicklung in Indonesien zu beleuchten. Es muß hinterfragt werden, welche wohl die tatsächlichen Absichten von derartiger Metzelei sind.

Wieder sind mit großer Sicherheit islamistische Organisationen, die in Verbindung mit ominösen internationalen „Netzwerken“ stehen, die Urheber eines solchen Anschlags. Er geschieht aber in einem sozialen Gefüge, das selbst von schweren Unruhen erschüttert wird.

Indonesien ist heute auch ein großer Erzeuger industrieller und landwirtschaftlicher Produkte sowie auch von diversen Rohstoffen, nach China eines der Länder, die die meisten der Arbeitskräfte in der erzeugenden Produktion stellen. Als Land von 240 Mio. Einwohnern hat es ein gewaltiges Gewicht. Es gehört zu den islamischen Staaten, bei denen die Ölproduktion nur einen geringen Teil des volkswirtschaftlichen Produktes ausmacht, während die landwirtschaftliche und industrielle Produktion für Indonesien eine große Rolle spielen. Indonesien, obwohl selbst OPEC-Mitglied, ist inzwischen Netto-Importeur von Erdöl geworden.

Ende der neunziger Jahre kam es zu einem allgemeinen Aufschwung der Massenbewegung, der ersten großen Bewegung, nachdem unter Suharto 1965-66 ebenfalls nach Provokationen ein Ausrottungsfeldzug gegen die kommunistische Partei und Bewegung unternommen worden war. Es gab immer wieder politische Manöver, um abzulenken. 1998 stachelte man gegen die chinesische Minderheit als „Verantwortlichen“ der wirtschaftlichen Krise an. Mit Anschlägen gegen das hinduistische und buddhistische Bali mit seinem ausgedehnten Tourismus aber meinen die Drahtzieher dieser Anschläge ebenfalls ablenken zu können. Diese Anschläge richten sich sowohl gegen den sozialen Emanzipationskampf im Inneren, als auch gegen Bestrebungen, den Spielraum gegenüber den USA und den regionalen Verbündeten wie Australien zu wahren.

Die Explosion des Wachstums in Asien während der letzten 30 Jahre, insbesondere das Wachstum und die Konzentration der Weltproduktion in China wie auch in einigen anderen Staaten wie Thailand, Korea, Indien und eben auch Indonesien hat bekanntlich zu Knappheit der Rohstoffe und zu einer Erhöhung der Preise geführt. Diejenigen Staaten, die vorwiegend Öl, Gas und einige andere Rohstoffe produzieren, stehen auf der Gewinnerseite, während die Staaten, die vorwiegend Produzentenstaaten sind, die Zeche zu bezahlen haben. Im übrigen haben 30 Jahre der Verzögerung der Entwicklung der Kernenergie auf der Welt eine entsprechende Lücke hinterlassen. Von der technischen Entwicklung her wäre es möglich gewesen, in vielen Ländern größte Energiebasen durch Kernenergie zu schaffen und auch ihre Selbständigkeit durch die Entwicklung von Anreicherungsanlagen u.ä. zu erhöhen. Aber schon beim ersten Kernkraftwerk, das sich ein Land zulegen wollte, gab es in der Regel Gegenwind aus den USA, und wenn ein Land sich mehr als eines zulegen wollte, dann sprachen die USA und zeitweilig früher auch die Sowjetunion bereits eine Sprache des Drucks und der materiellen Erpressung. Jetzt jedenfalls wirkt sich der Hunger nach Öl und Gas entschieden auf die Weltökonomie aus. Und es ist gerade Indonesien, in dem nach vorliegenden Informationen große Demonstrationen gegen Energiepreiserhöhungen stattgefunden haben.

In einem Bericht der „FAZ“ vom 29.9. 2005 heißt es z.B.:

„Erste Revolten gegen die Erhöhung des Benzinpreises hat es bereits in kleinerem Maße gegeben. Vor allem aber kam es zu langen Schlangen vor den Tankstellen. Die Menschen decken sich noch mit dem billigsten Benzin ganz Asiens ein......’Erste Versorgungsengpässe sind in Indonesien und in Südchina aufgetreten’, heißt es bei der Asiatischen Entwicklungsbank ADB.
Die indonesische Regierung will durch das Streichen der Zuschüsse den Haushalt entlasten. Genau genommen friert sie die Belastung aber nur bei knapp 9 Milliarden Dollar ein.....Malaysia hat Ende Juli die Benzinpreise zum vierten Mal seit Jahresbeginn anziehen lassen. Thailand hat die Subventionen für Diesel, die das Land in den vergangenen 18 Monaten rund 2 Milliarden Dollar kosteten, ganz abgeschafft.“

In vielen asiatischen Ländern werden die Energiepreise durch staatliche Subventionen gestützt, was aber bei der Haushaltslage nur begrenzt möglich ist, und kommt es zu zusätzlichen Belastungen wie jetzt durch entschieden erhöhte Ölpreise, bricht dieses System zusammen, infolgedessen kommt es zu Demonstrationen, gerade z.B. auch in Indonesien

„’Als großer Nettoimporteur von Öl und vergleichsweise energieineffiziente Region ist Asien besonders verletzlich durch hohe Ölpreise’, sagt ADB-Chefvolkswirt Ifzal Ali angesichts eines seit Jahresbeginn um rund 75 Prozent gestiegenen Ölpreises.“

Und dies trifft vor allem die Teile der Bevölkerung, die die industrielle Entwicklung auch im mittleren Bereich vorantreiben.

„Steigende Verbraucherpreise für Benzin, Diesel und Brennstoff treffen den wachsenden Mittelstand, der für den Aufschwung Asiens sorgt, sowie die Armen der Region, die ein Unruhepotential darstellen.“

sorgt sich die FAZ.

„In einer Weltregion, in der 1,85 Milliarden Menschen – 57 Prozent der Einwohner – ihr Leben mit weniger als einem Dollar täglich fristen, bedeuten ein paar Cent mehr für den Fahrpreis des Busses für manchen Einwohner den Weltuntergang.“ (Da mag ein Journalist aus der FAZ solche verhöhnenden Worte finden, weil ihm die Vorstellung für die Lage dieser Massen fehlt, aber ein paar Cent am Tag sind für viele Menschen dort ein Vermögen!)

Diese Konflikte stehen in Indonesien wie in anderen Ländern auf der Tagesordnung, und bis zu einem gewissen Grade geben die Regierungen diesen Druck, der ihnen von innen her kommt, nach außen weiter. Die Analyse der FAZ mündet daher durchaus folgerichtig bei Aussagen des indischen Finanzministers Palaniappan Chidambaram, der von „empörend hohen Ölpreisen“ gesprochen hat.

„Sie seien ein Grund für das Nichterreichen der selbstgesteckten Wachstumsziele: ‚Wir müssen mehr Geld in die Hand nehmen, um Ölimporte zu bezahlen. Das heißt, wir müssen bei anderen Investitionen sparen. was aber unser Wachstum mindern wird.’ Auch einen Schuldigen hat er ausgemacht: ‚Die Förderländer nutzen die Lage aus, die die hohen Wachstumsraten von China, Indien und vielleicht Amerika geschaffen hat. Sie machen schnelle Gewinne. Damit lassen sie die Entwicklungsländer verarmen.’“

Nun ist es das typische Gerede der FAZ, daß sie hier falsche Schuldzuweisung unterstellt. Tatsächlich gibt es aufgrund der seit Jahrzehnten vorherrschenden „Bodenpolitik“, das heißt einer Politik, die der Ausbeutung des Bodens in Form von Brennstoffen, vor allem Öl, eine zentrale Rolle zuweist, die gezielt mit den Energiepreiserhöhungen arbeitete und mit der Blockierung aller Wege, die die Länder von dieser Erpressung unabhängig machen, auch ausgesprochene Nutznießer. Eine Reihe von gesellschaftlichen Kräften, wie etwa die großen angelsächsischen Ölmonopole sowie Länder wie Rußland oder die bedeutenden Ölförderstaaten auf der Arabischen Halbinsel, profitieren in hohem Maße von dieser katastrophalen internationalen Entwicklung. Es ist nur berechtigt, wenn Staaten wie Indien oder Indonesien an die Tür klopfen und sagen, daß dieser Druck gegen die vorwiegend produzierenden Staaten eine Ungerechtigkeit darstellt, die der Behebung bedarf.

Und wie soll man nun einen solchen Anschlag bewerten, der mitten in das soziale Leben eines Landes trifft, das durch diese Unruhen erschüttert wird, wie Indonesien? Er hat die Konsequenzen, die aus solchen „Terror“-maßnahmen bekannt sind: innenpolitisch wird das Polizeiregime gestärkt, alle Kräfte, die zu Unruhen neigen, werden unter Kontrolle genommen, die Demonstrationen bekämpft und das öffentliche Leben abgelenkt.
Man sollte sich aber nicht ablenken lassen. So blutig und schmutzig diese Anschläge sind, so sollten sie trotzdem nicht dazu führen, den sozialen Druck gegen die Reaktionäre im Lande wie auch gegen gegen die USA und diejenigen, die sonst von dieser Ölerpressungspolitik profitieren, zu mindern. Die Völker und Nationen wie auch die meisten Länder sind nicht schuld, daß die Energieerzeugung in den letzten Jahrzehnten mangelhaft entwickelt worden ist und nun die Quittung vor ihnen ausgebreitet wird, daß nun die Kräfte, die die Volkswirtschaften tragen und entwickeln, die arbeitende Klasse wie auch die Armen wie auch der neue Mittelstand massiv getroffen werden. Das ist nicht nur das Problem Indonesiens, sondern letztlich das Problem der meisten Entwicklungsländer.

Diesen sozialen Fragen muß das Augenmerk gegeben werden, darüber muß diskutiert werden, während die schmutzigen verbrecherischen Anschläge in ihren verschiedenen Aspekten der Behinderung der sozialen Auseinandersetzung in einem Land und auf internationaler Ebene entlarvt werden müssen. Der ganze islamistische Terror ist in allen Ländern ein Mittel der Reaktion, der in verschiedensten Facetten den härtesten unterdrückerischen und kriegerischen Manövern des Imperialismus und seinen lokalen Verbündeten in die Hände spielt.

Redaktion Neue Einheit – hd

 

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