Internet Statement 2007-47

 

Zur Anti-G8-Demonstration am 2.6. in Heiligendamm


Dem Opportunismus, der Kriecherei vor dem Kapital den Kampf ansagen!

30.05.2007        

In Heiligendamm und anderen Orten an der Ostsee stehen jetzt Aktionen an, die mit großen Mitteln vorbereitet worden sind und die mit Sicherheit eine große Zahl von Menschen anziehen werden, die mit Zügen und Bussen aus der ganzen Republik hingebracht werden. Dennoch ist es unabdingbar, daß auf die Aufrufe der Organisatoren eingegangen wird; sie werden von ihrem Gehalt her diese Demonstrationen wesentlich beeinflussen.

Gegen die arbeitenden Menschen herrscht in vielen Ländern ein rücksichtsloser Druck, und viele wissen nicht, wie sie sich dagegen wehren sollen. Diese Art von Veranstaltung aber, die gegen einen bestimmten Gipfel mobilisiert, bei der auch die öffentlichen Medien längst mitmobilisieren, kann kein organisatorischer Hebel sein, mit dem das Kapital unter Druck gesetzt wird, vor allem dann nicht, wenn Losungen aufgestellt werden, die die Beteiligten letztlich völlig hilflos machen gegenüber den Kräften, die angeblich bekämpft werden.

So heißt es z.B. in dem zentralen Aufruf:

„Globalisierung im Interesse der Mehrheit der Menschen bedeutet faire Beziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, bedeutet Frieden, Gerechtigkeit, soziale Sicherheit, Demokratie und Bewahrung der Lebensgrundlagen des Planeten für die nächsten Generationen.“

Tiefe Risse kennzeichnen in Wirklichkeit die internationale Lage. Die Gegensätze zwischen den verschiedenen kapitalistischen Ländern, zwischen den USA und Europa, zwischen den USA und Rußland, zwischen USA und China, zwischen Europa und China, zwischen Europa und Rußland usw. können auf die Dauer nicht überbrückt werden. Jeder kapitalistische Staat und erst recht jeder größere Block von Staaten oder eine Weltmacht ist gezwungen, sich an der internationalen Konkurrenz zu beteiligen und so weit wie möglich eine dominante Stellung zu erreichen. Derartige Gipfel aber haben eher die Funktion, gerade diesen Umstand zu verschleiern, als daß sie diese Gegensätze ans Tageslicht befördern. Wenn die Organisatoren der Demonstration selbst fordern, ein möglichst großes Umfeld des „Friedens“ für die internationale Ausbeutung zu schaffen, dann arbeiten sie denjenigen in die Hände, die die rücksichtslose Ausbeutung wollen.

„Fairness“, „Frieden“ sollen erreicht werden unter dem heutigen politischen System, den heutigen politischen und ökonomischen Verhältnissen? Ein völliger Aberwitz ist das. Überall agiert verstärkt die rücksichtslose Diktatur des Kapitals, die sich um Recht und Gesetz recht wenig schert und die gerade auch die arbeitenden Massen so weit wie möglich zu entrechten trachtet. In einigen Ländern werden große Industriekapazitäten aufgebaut ohne Gewerkschaften, ohne Rechte für die Arbeitenden, in anderen wird um so rigoroser abgebaut und die Massen ausgeliefert. Zerstörung ist heute ein riesiges alltägliches Werk des Kapitalismus und Imperialismus, und diese Bezeichnung ist nun wirklich nicht an den Haaren herbeigezogen, wenn man die Praxis weltweit bedenkt. Ein Kampf dagegen kann nur dann wirksam sein, wenn er in irgendeiner Weise ernstzunehmende Positionen gegenüber dem Kapital einnimmt. Aber die Illusion zu verbreiten, wir könnten Frieden schaffen, indem wir die Herren vom Kapital mahnen, und sie würden dann irgendwie für einen menschlichen Kapitalismus eintreten, ist Aberwitz, Volksverdummung. Das ist nicht im Sinne der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung!

Unter dem Deckmantel des Umweltschutzes wird immer wieder versucht, die brutalsten Programme der weiteren Entrechtung durchzusetzen. Mondpreise für Energie, Rechtfertigung von Kriegen, um die Eigenständigkeit bestimmter Staaten zu bestreiten, Hetze gegen Wissenschaften und Technik, insofern sie einen umwälzenden Charakter tragen, sind an der Tagesordnung. In diesem Land gibt es keine Phrase, die die Regierung – Merkel mitsamt der Mehrheit ihrer Minister – so oft wiederholt wie die vom „Klimaschutz“, von den sog. erneuerbaren Energien. Weitere Energie-Verteuerung und -verknappung wären damit unvermeidlich, die Ausweitung der sog. Bio-Energien wie der Anbau von Raps, Schilfgras und anderem zur Energieerzeugung würde katastrophale Folgen haben, indem die Lebensmittelproduktion verdrängt wird und die Unterernährung, die unter dem Kapitalismus in großen Teilen der Welt herrscht, zunimmt. Mit all diesen Losungen rennt die deutsche Regierung herum, und sie wird unterstützt von den sog. NGOs und den hauptsächlichen Initiatoren der großen Demonstration; selbst von Organisationen, die es eigentlich besser wissen müßten, die aber daran teilnehmen und dem nicht entgegentreten, wird sie nicht kritisiert.

Wir sagen etwas ganz Anderes. Es ist den Massen nicht damit geholfen, daß derartige Demonstrationen, wo auch immer, propagiert werden, vielmehr ist es notwendig, dem Opportunismus, der in dieser Sache steckt, den Kampf anzusagen.

In den letzten Tagen war zu hören, der Vorstand der größten Finanzgruppe, der Allianz-Gruppe, die in Verbindung mit der Deutschen Bank steht, propagiere ebenfalls das Konzept der noch stärkeren Ausrichtung der deutschen Ökonomie auf den sog. Umweltschutz und stärke Angela Merkel den Rücken, wenn sie in Heiligendamm ihr Programm der CO2-Reduktion durch „erneuerbare Energien“ durchsetzen wolle. „Die Investoren brauchen Sicherheit für ihre Klimaprojekte, daher wäre es bedauerlich, wenn es in Heiligendamm zu einer Blockade zwischen der EU und Amerika kommt,“ sagte Faber vom Allianz-Vorstand. Auch Roland Berger blies erneut in das gleiche Horn. Das sollte doch endlich einigen Leuten ein Licht aufgehen lassen - aber das ist nicht der Fall. Mit allen Mitteln arbeitet die Propaganda sowohl der opportunistischen Kräfte in den sog. NGOs wie auch der offiziellen Medien gegen die Erkenntnis, daß hinter dieser Richtung die massenfeindlichsten Pläne stehen, die im großen Kapital ausgebrütet werden. Solche Meldungen werden in den Massenmedien kaum gebracht.

Das Volk zu Kriechern und Bittgängern des Kapitals und des Staates zu machen, ist der zentrale Punkt der offiziellen Organisatoren der Demonstration.
Die Rolle von Attac bei der Pazifizierung und Wehrlosmachung der Bevölkerung muß vollständig aufgedeckt werden. Das Ganze ist überhaupt ein grundlegender Betrug.

Gabriel, Umweltminister der Regierung Merkel, griff vor kurzem die USA und Rußland an, weil sie die sog. Klimaschutzpolitik nicht mitmachen wollten oder aber die Atomenergie entwickeln wollten. Eine gemeinsame Front der Ökologisten vor dem Zaun und der deutschen Regierung hinter dem Zaun ist in dieser Frage der Fakt. Ihre Forderungen sind identisch, gegen die übrige Mehrheit der Welt gerichtet, denn außer den Staaten, die Gabriel nennt, sind auch alle anderen wie China, Indien, Südafrika, Brasilien usw. das Ziel seiner Attacke. ‚Wir sind gegen die Kernenergie, wir sträuben uns gegen das, was in der Welt hauptsächlich angegangen wird’ - das ist eine katastrophale Position. Die Idee, daß Deutschland vorwiegend Umweltschutz produziert, führt u.a. dazu, daß gerade die parasitärsten und verschwenderischsten Verfahren der Energieerzeugung, die die Massen am meisten belasten, zu einem wesentlichen Element der gesamten Produktion werden, mit verheerenden Folgen für das Land selbst.
Rußland fordert, man solle die Kernenergie entwickeln, und zwar in Rußland. Wenn seine Vertreter sagen, daß die deutsche Technik führend sei, und Firmen wie Siemens einladen, bei ihnen die Kernenergie zu entwickeln, dann hat das einen makabren Charakter, denn in der Vergangenheit haben Kräfte wie die DKP oder andere massiv an der Anti-Atom-Bewegung teilgenommen, haben sie in den Köpfen der Menschen die Furcht vor solch einer „gigantischen Technik“ genährt und nutzen bis heute die Befürchtungen, die diesem Land stärker eingeimpft worden sind als jedem anderen, aus.

Zieht man die Substanz der zentralen Losungen zu der großen Demonstration, so lautet sie eigentlich: wir sind dagegen, daß sich die Konflikte, die der kapitalistischen Ordnung innewohnen, entwickeln. Wir wollen Frieden und Pazifizierung der Weltordnung und nach Möglichkeit Stillstand, damit die Dinge so bleiben, wie sie sind. Ein vollkommen reaktionärer und geschichtswidriger Standpunkt, der nicht nur zum Scheitern verurteilt ist, sondern auch ökonomisch und politisch eine verheerende Katastrophe einbringen kann. Diese Leute isolieren genau wie die Regierung und die Medien alle revolutionären Kräfte, die diese absurden Thesen nicht teilen. Es ist vielmehr notwendig, gegen die Positionen, die von den Rednern dieser Demonstrationen verbreitet werden, ganz andere Thesen zu verbreiten, die eine realistische Darstellung der Widersprüche in der heutigen Welt beinhalten.


Festzuhalten ist: es wird zwar viele Teilnehmer dort geben, die in dieser oder jener Hinsicht etwas Richtiges vertreten, aber insgesamt gesehen repräsentiert diese Demonstration nicht das Volk, nicht die Arbeiter, die immer stärker eingeschränkt werden, nicht die Massen der Angestellten, nicht die Prekariatsarbeiter, die die schlechtesten Bedingungen haben, und nicht die vielen Menschen überhaupt, die sich durch dieses ökonomische System in Bedrängnis sehen. Sie werden durch diese Demonstration nicht repräsentiert. Die Massen sind bei der Demonstration außen vor, daran ändern auch einhunderttausend oder zweihunderttausend Teilnehmer nichts.
Noch weniger werden sie natürlich von der Nazidemonstration repräsentiert. Diese Bemerkung wird von uns nur der Form halber noch hinzugefügt, denn sie ist selbstverständlich.

RedNE

 

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