Internet Statement 2007-61

Merkel und Schäuble machen mobil – gegen die Bevölkerung!
Bundeswehr zum Einsatz nach innen. Alle im Visier der staatlichen Schnüffler - das „neue Denken“ der Merkel, Schäuble, Jung

Walter Grobe

07.Juli 07

Was Schäuble schon lange provokativ fordert, den Bundeswehr-Einsatz in Innern nicht nur zu praktizieren, sondern zu legalisieren, die Berechtigung zur allgegenwärtigen Ausschnüffelung der ganzen Gesellschaft, das fordern jetzt auch die Kanzlerin und die CDU-Führung im Entwurf des neuen Grundsatzprogramms der CDU. Es ist gut und nicht schlecht, daß das jetzt herauskommt. Merkel nennt das „ganz neues Denken“.

Im Prinzip neu sind solche Pläne allerdings nicht. Wer politisch mitdenkt und ein paar Geschichtskenntnisse hat, weiß, daß Regierungen und Parteien der besitzenden Klassen immer an den Armeeeinsatz gegen widerspenstige Bürgermassen und an den Bürgerkrieg denken, für den Fall, daß sich die sozialen Widersprüche zuspitzen. Immer arbeiten sie auch konkret, wenn auch meist im Hintergrund, an den entsprechenden Strukturen und Loyalitäten. Man denke nur an die Notstandsgesetze von 1968 als eine Kriegserklärung gegen das Volk, wenngleich vorerst für die Schublade beschlossen; aber auch an verschwörerische Putschvorbereitungen innerhalb wichtiger NATO-Staaten und der NATO, wie sie beispielsweise in Form der geheimen sog. Gladio-Organisation aufgedeckt wurden, an der Geheimdienstler, Militärs und führende Politiker verschiedener europäischer Staaten in Zusammenarbeit mit den USA beteiligt waren. Übrigens ging eine ganze Reihe von Terrrorakten seinerzeit auf das Konto dieser Kräfte, die der Öffentlichkeit gern etwas von „Linksterrorismus“ vorschwätzten.

Es wäre ganz verkehrt, derartiges nur in der früheren sog. Kalte-Kriegs-Konstellation zu finden und ihr zuzuschreiben, denn es wurzelt tiefer, in den sozialen Widersprüchen innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft selbst. Unweigerlich wird immer wieder in diese Richtung gearbeitet und gehetzt.

Die heutige Allerweltsformel, dies gehöre zum „Kampf gegen den internationalen Terrorismus“ ist eine dünne und dümmliche Ablenkung davon, daß diese Bestrebungen gegen das Volk und jegliche Demokratie gerichtet sind. Eine Formel, an die schon lange viele Menschen nicht mehr glauben können.

„Mit dem Aufruf zu ‚ganz neuem Denken’ hat Bundeskanzlerin Merkel (CDU) am Montag mehr Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Inneren gefordert. Dies müsse ‚im Zusammenhang mit terroristischen Gefahren in ausgewählten Bereichen’ möglich sein, sagte Frau Merkel bei der Vorstellung des Leitantrags für das CDU-Grundsatzprogramm.

‚Die alte Trennung von innerer und äußerer Sicherheit ist von gestern’, sagte Frau Merkel. ‚Wir müssen in ganz neuen Zusammenhängen denken.’ Nur dann blieben Freiheit und Sicherheit ‚auch angesichts dieser neuen Bedrohung in einer ausgewogenen Balance’. Im neuen CDU-Grundsatzprogramm heißt es dazu, Bestandteil eines Konzepts zur Stärkung des Heimatschutzes sei die Bundeswehr. ‚In besonderen Gefährdungslagen muss ihr Einsatz im Inneren möglich sein.’ (FAZ 3.7.07)

Schäuble erklärt direkt, die bisherige Rechtsordnung sei überholt; die parlamentarische Regierungsform, sonst immer von seinesgleichen als das Unterpfand der angeblichen Volksrechte in dieser Republik vorgezeigt, wenn jemand bezweifelt, daß hier Demokratie herrsche, muß jetzt endlich der geheimen Zusammenarbeit von Geheimdiensten und Militärs den Vortritt lassen:

„Schäuble und Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) machten deutlich, dass ihr Ansatz für eine ‚vernetzte Sicherheit’ weit über den umstrittenen Bundeswehreinsatz im Inneren hinausreicht. Die neuen terroristischen Gefahren müssen nach Ansicht von Schäuble vielmehr zu einer tief greifenden Änderung des Rechtssystems führen. Das bisherige Strafrecht sei ‚wenig effektiv’ gegen Selbstmordattentäter, sagte er. In diesem Zusammenhang warb der Innenminister erneut für die Möglichkeit von Onlinedurchsuchungen privater Computer.
..... Ferner plädierte er für eine enge Zusammenarbeit der Geheimdienste, um gegen die asymmetrische Art der Kriegsführung durch lose internationale Netzwerke effektiv vorgehen zu können. Das setze aber voraus, dass Geheimhaltung ‚auch gegenüber dem Parlament’ gewahrt werde.
Erneut warb Schäuble für eine engere Zusammenarbeit von Polizei und Militär bei der Terrorismusbekämpfung. ‚Die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit sind mehr und mehr obsolet’, betonte der CDU-Politiker. Deshalb müssten die spezifischen Fähigkeiten von Polizei und Bundeswehr ‚stärker miteinander verbunden’ werden.“ (Focus-onl. 3.7.07)

Sehr interessant auch die folgende Sicht:

"Die Unterscheidung zwischen Völkerrecht im Frieden und Völkerrecht im Krieg passt nicht mehr auf die neuen Bedrohungen“ (Schäuble lt. Focus-onl. 3.7.07)

"Meine Überzeugung ist, dass nationale Rechtsordnungen wie internationales Recht zu dieser neuen Form der Bedrohung im Grunde nicht mehr richtig passen" (Schäuble lt. Reuters 3.7.)

Das heißt nichts anderes als permanenter latenter bis offener Kriegszustand in internationalen Dingen unter der Marke „Kampf gegen den internationalen Terrorismus“ – die Doktrin, die schon lange von den USA zur Rechtfertigung ihres verzweifelten Kampf um die internationale Oberhoheit ihres Staates benutzt wird. Und im Innern eine ähnliche Ordnung, ein permanenter Ermächtigungs-Status, gleichfalls vom Terrorismus legitimiert. Doch konnten bisher weder Schäuble noch irgendjemand anders darlegen, wie man mit der Bundeswehr gegen die Gefahr terroristischer Anschläge im Lande vorgehen kann. Die Bundeswehr ist dafür weitgehend unbrauchbar, sie soll für andere Gegner in Stellung gebracht werden.

Aber selbst wenn die Bundeswehr ein Instrument zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus wäre, muß man doch die Frage stellen, wieso nach 6 Jahren permanenten Kampfes gegen denselben die Schlagzeilen voller sind denn je mit Berichten über Terrorakte und Warnungen über bevorstehende Anschläge. Und wenn bestimmte politische Analytiker in diesen 6 Jahren eine glänzende Bestätigung erfahren haben, dann diejenigen, die - wie wir von Anfang an- gesagt haben: Islamismus und Terrorismus kommen nicht nur aus dem Aufbäumen erstarrter islamischer Verhältnisse gegen die Moderne, sondern werden ganz maßgeblich auch aufgeputscht seitens innerer Regierungs- und Geheimdienstkreisen der USA und ihrer engen Bundesgenossen, um so die Rechtfertigung für eine weltweite Interventions- und Terrorpolitik zu konstruieren, so wie sie bald darauf am irakischen Volk und, wenn auch in weniger drastischem Umfang, an vielen Stellen der Welt praktiziert wurde und wird.

Allerdings ist die Frage interessant, wieso es unseren Herrschaften der großen Koalition mittlerweile so pressiert. Angeblich haben wir doch eine stabile Konjunktur, zurückgehende Arbeitslosigkeit, wachsende Haushaltseinkommen. Steinbrück prognostiziert ab 2011 keine Staatsschulden – nein, kleine Korrektur: keine weitere Steigerung der Schulden mehr! Der deutschen Wirtschaft steht nach Worten von Merkel und Gabriel eine strahlende Zukunft im Zeichen des Exports von Windrädern und anderer Öko-Anlagen bevor, der das künftige Hauptstandbein für die Arbeitsplätze im Lande werde. Und nicht nur wird so der Bürger mit der Ökonomie versöhnt, sondern auch die Natur mit ihm, die permanente lähmende Angst vor dem Kernkraftwerks-Unfall wird bald der Vergangenheit angehören, wir können entspannter in die Zukunft sehen.

Wie paßt in diese Szene des allumfassenden ökologisch abgerundeten Spießerlächelns der Regierungseifer, die Strukturen des Ausnahmezustands mental und legal schon einmal zu etablieren?

Mit das Interessanteste an Schäubles und Merkels Vorstoß ist in der Tat der Zusammenhang mit der Verschärfung der Ökopolitik.

Es ist gerade erst einen Monat her, daß beim G8-Gipfel und dem Gegengipfel in Heiligendamm ein merkwürdiger Widerspruch zu beobachten war. Die Kräfte des Anti-G8-Protestes waren ganz überwiegend d’accord mit Merkels und Gabriels Politik der sog. ökologischen Umwandlung. In schöner Symmetrie äußerte die Regierung ihrerseits tiefes Verständnis für diese Anliegen der Demonstrationen. Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler trat am Vorabend von Heiligendamm demonstrativ Attac bei, und es war niemand anderes als Schäuble, der „seinen Freund“ Geißler ausdrücklich öffentlich für diesen Schritt lobte – gleichzeitig aber exekutierten Innenminister Schäuble und Verteidigungsminister Jung ein Polizei- und Bürgerkriegsmanöver an den Zehntausenden von Anti-G8-Demonstranten, wie es die Republik noch nicht erlebt hatte. Ohne Absprache mit Merkel und im Einverständnis der ganzen Regierung der großen Koalition war das natürlich nicht möglich. Polizeitaktiken aller Art zur sog. crowd control wurden hier durchgeübt, und man machte überhaupt kein Hehl daraus, daß die Bundeswehr voll dabei war, obwohl dafür die gesetzlichen Grundlagen bis dato fehlen. Die Tornado-Flüge über Anti-G8-Camps, die jetzt von manchen kritisiert werden, waren nur ein kleiner Teil dessen, was da alles lief. Es ist typisch für eine bestimmte Richtung, sich im Nachhinein über diese Flüge kritisch zu äußern, aber vom Gesamtcharakter und Gesamtumfang des Bürgerkriegsmanövers mehr oder weniger zu schweigen.

Die Führungen der sog. Anti-G8-Bewegung bei Attac, Naturschützern, Kirchen usf. haben diese Vorgänge bisher nicht zum Anlaß genommen, sich von dieser Regierung zu distanzieren, und ihr Protest gegen die Verschärfung der inneren Sicherheitspolitik hält sich bisher in äußerst engen Grenzen. Die jüngsten Vorstöße von Merkel und Schäuble wurden bspw. in der „jungen Welt“ zwar erwähnt, aber an untergeordneter Stelle und ohne jeden Kommentar. Es gibt eine Komplizenschaft von Führungen dieser sog. Protestbewegung mit der ganzen Richtung der deutschen Regierung! Sie sind miteinander durch die Politik des sog. Atomausstiegs und der erneuerbaren Energien verklammert.

Diese Regierung weiß, daß ihr kapitalistisches System unweigerlich in schwere Krisen läuft. Sie rechnet mit scharfen Konfrontationen mit großen Teilen der eigenen Bevölkerung und auch mit noch schärferen internationalen Auseinandersetzungen als in den letzten Jahren, obwohl das Maß der Interventionspolitik schon längst voll ist. Sie weiß, daß sie mit ihrer ökonomischen Politik die Lage von größeren Teilen der Bevölkerung verschärft und nicht etwa entspannt. Mit der weiteren Liquidierung der industriellen Basis des Landes, wie sie sich am Beispiel des sog. Atomausstiegs konzentriert zeigt, dazu mit der weiteren Erhöhung der Energiepreise durch die sog. erneuerbaren Energien, die schon längst die weniger betuchten Haushalte schwer belasten und noch sehr viel mehr Menschen in der Zukunft regelrecht provozieren werden, verschärft sie selbst die kapitalistische Krise noch zusätzlich. Die Regierung weiß, daß die Korruption großer Teile der Unternehmer durch Ökoaufträge, die mentale Korruption der Attac-Fürsten und tutti quanti, die mit der Regierung den Ökowahn teilen, nur begrenzt vorhalten kann und harte Kämpfe mit großen Teilen der Bevölkerung bevorstehen. Selbst in die besitzenden Klassen wird mit Entzug von Rechten eingegriffen werden müssen. Das ist der krude Kern des „neuen Denkens“ von Merkel.

Die Ermächtigung von Polizei und Armee, die weitere Degradierung des Parlaments, der permanente innere und äußere Ausnahmezustand dieser Gesellschaft ist das Ziel dieser Vorstöße. Dagegen wird in der Tat ein neues Denken entstehen, nämlich wie man sich wirksam gegen eine solche Diktatur zur Wehr setzt.

www.neue-einheit.com

 

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Die Pläne des Innenministers Schäuble
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Nein zur „verdeckten Online-Durchsuchung“!
Nein zur Ausschnüffelung!
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Klas Ber, 18.2.07

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Einiges über militärische Prinzipien - Selbstmordanschläge
15.4.2004

Nein zu dem absoluten Schnüffelgesetz
14.12.2001

Dokumente/Links zu den sog. Anti-Terrorgesetzen der rot-grünen Regierung 2001 (Schily)

Schon 1992
die Kernpunkte aufgezeigt:

Die Staats-Connection
Hartmut Dicke

* Hintergründe des bisherigen Terrorismus wie der sogenannten "RAF" und "2. Juni"

* Es ist an der Zeit, daß die Drahtzieherei aus den Staatsorganen selbst ans Tageslicht gezogen wird


* Funktionsweise dieser "terroristischen Gruppierungen"

Extrablatt Nr. 15
vom 12.4.1992