18.1.2008 Wieder kündigt hier ein Konzern die Verlagerung der Produktion und die Schließung eines großen und modernen Produktionsstandortes an. Die Nachricht kam für viele Beschäftigte völlig überraschend. Nokia will sein Handy-Werk in Bochum mit 2300 Mitarbeitern schließen und die Produktion nach Rumänien und Ungarn verlagern. Zusätzlich zu den Nokia-Beschäftigten sind an die 1200 Leiharbeiter und noch etliche Hundert aus Zuliefer- und Dienstleistungsbetrieben davon direkt betroffen. Nokia begründet diesen Beschluß mit Kostengründen und mangelnder Flexibilität, was immer sie damit auch meinen. Und es scheint keine leere Drohung zu sein. Nokia meint es ernst, der Aufbau des neuen Werks und Industrie- und Entwicklungsparks in Rumänien läuft schon seit Monaten auf vollen Touren. Das ist ein weiterer Schlag gegen die industrielle Basis in diesem Land. Nokia ist die letzte Handyfertigung in Deutschland. Siemens hatte schon 2006 mit Hilfe von BenQ die Handyfertigung in Kamp-Lintfort und Bocholt platt machen lassen und erst letztes Jahr hat Motorola in Flensburg die komplette Handyfertigung verlagert. Aufgrund dieser Vorgeschichte kommt der Schließungs-Beschluß von Nokia in Bochum nicht wirklich überraschend. Dabei ist es keineswegs so, daß das Werk in Bochum Verluste schreiben würde. Das war auch bei Motorola nicht der Fall. Im Gegenteil, es wurden jahrelang und werden bis heute Gewinne in Bochum erwirtschaftet, den Beschäftigten wurde in den letzten Jahren beim Lohn und bei der Arbeitszeit etliche Zugeständnisse abgerungen, der konzerninterne Konkurrenzkampf und das gegeneinander Ausspielen der verschieden Fertigungs- und Entwicklungsstandorte tobt schon seit Jahren. Der Profit wurde auch dadurch gesteigert, daß Nokia seit längerem schon an die 1200 Leiharbeiter in der Produktion einsetzt, die für einen Stundenlohn von 7,38 € arbeiten müssen. Doch es genügt
für Nokia nicht, daß der Bochumer Standort bzw. die Beschäftigten
dort seit Jahren Gewinne erwirtschaften. Profit alleine reicht nicht,
es muß immer noch mehr Profit sein, Maximalprofit muß her.
Und auch wenn der Lohnanteil an der Handyfertigung heutzutage lediglich
5% des Handypreises ausmacht - die Produktion ist hochgradig automatisiert
- locken Nokia die Niedriglöhne in Ungarn und Rumänien unwiderstehlich,
hinzu kommen wo möglich Subventionen und Steuervorteile. Dabei spielt
wohl auch eine große Rolle, daß Nokia in Rumänien ein
ganzes „industrial village“ um das Handy-Werk aufbaut, in
dem die Zulieferer und Vorproduzenten, bei denen der Lohnanteil weit größer
ist, mit angesiedelt werden. Wenn es um Profit
geht, dann kennen die Manager und Akteure des Kapitals keinerlei Rücksichten.
Nichts ist ihnen heilig, Gewinnmarge und Profit sind das einzige, worauf
all ihr Handeln und Tun abgestimmt ist. Arbeiter und Menschen überhaupt
kommen dabei auf der einen Seite nur vor, weil sie zur Produktion nun
mal notwendig sind, und auf der anderen Seite als Kunden und Käufer
oder als Aktionäre. Die Kunden werden hofiert, mit Werbung animiert,
die Aktionäre werden zufrieden gestellt und umworben. Die Arbeiter
aber, die zählen nur als Produktionsfaktor, als Kostenfaktor.
Alles nur Fassade.
Mit einem Schlag ist das alles als leere Worte enthüllt. Die Heuchelei
kennt keine Grenzen, sie ist unerträglich. All die schönen Worte
und das soziale Gebaren solcher Konzerne sind nur solange gültig,
wie sie die Belegschaft brauchen und solange sie die Subventionen kassieren
wollen. Was aus Bochum und
den direkt und indirekt betroffenen Arbeitern und ihren Familien wird,
das ist Nokia total egal. „Sollen sie doch bleiben, wo sie wollen,
uns geht das nichts mehr an“. Allerhöchstens bekommen die Beschäftigten
noch eine Abfindung zugestanden, alleine darüber
ist Nokia noch bereit zu reden. Wie das Wort Abfindung schon sagt: 'Wir
von Nokia haben die Verlagerung beschlossen, findet euch damit
ab. Damit es euch leichter fällt, bekommt ihr noch
eine kleine finanzielle Entschädigung.' Der Kapitalismus ist so. Alles wird dem Profitstreben untergeordnet. Auch hier im Falle Nokia zeigt sich der Kapitalismus, wie er leibt und lebt, wie er wirklich ist. Er zeigt sich hier in seiner ganzen Brutalität und Rücksichtslosigkeit. Was aus den Arbeitern und ihren Familien, was aus der Region, ja was aus ganzen Ländern wird - das spielt für das Kapital und seine Akteure keine Rolle. „Nach mir die Sintflut - das ist der Wahlspruch des Kapitals“, so hat es schon Karl Marx vor 150 Jahren treffend formuliert. Für das Kapital sind die Arbeiter nur solange von Nutzen, wie sie von ihnen gebraucht werden. Jobs gibt es nur für diejenigen Arbeiter, die zu den Bedingungen zu arbeiten bereit sind, die das Kapital diktiert und die dem Kapital auch „genügend“ Profit einbringen. Der Druck auf die Löhne und Arbeitszeiten der Belegschaften durch die Erpressung mit Verlagerung und durch die Konkurrenz durch Millionen von Arbeitslosen, die heutzutage dazu bereit sein müssen und vermehrt auch dazu gezwungen werden, auch für Hungerlöhne als Leiharbeiter usw. zu arbeiten, nimmt stetig zu. Das Kapital kennt keine Gnade. Und selbst da, wo sich eine Firma oder ein Konzern noch nicht völlig aus jeder sozialen Verantwortung gestohlen hat, da werden diese bei Strafe des Untergangs durch die internationale Konkurrenz, durch die Kapitalgeber und Aktionäre mehr und mehr dazu gezwungen. Daß solche Finanzzeitungen wie „Financial Times Deutschland“ Nokia nun in Schutz nehmen und volles Verständnis haben, wundert einen nicht: „Nokia ist kein Vorwurf zu machen.“, so ist es dort zu lesen. Im Gegenteil, so die Ansicht dieses Blattes, „Eine angestrebte Rendite von 16 Prozent ist kein Selbstzweck. Vielmehr sichert sie dem Konzern zwei elementare Eigenschaften: die Fähigkeit, im Innovationswettlauf an der Spitze zu bleiben, und seine Attraktivität für den Kapitalmarkt zu erhalten.“ Ein wahres Sprachrohr des Kapitals eben. Das Streben nach Maximalprofit, koste es was es wolle, ist für solcherlei Lakaien völlig in Ordnung, da ist keinerlei Kritik angebracht und erlaubt. Was ist aber von den Politikern jeglicher Couleur zu halten, die nun empört gegen Nokia auftreten und sich mit den Beschäftigten solidarisieren? Von einem Rüttgers, einer Merkel oder einem Steinbrück und wie sie alle heißen? Sollte das ehrlich gemeint sein? Nokia ist ja nicht
der erste Fall einer Produktionsverlagerung. In Deutschland läuft
die massive Verlagerung von Industriearbeitsplätzen schon seit mehr
als 30 Jahren, munter begleitet von Begriffen wie Postindustrialismus,
Dienstleistungsgesellschaft, Ökologisierung der Wirtschaft und hochtrabenden
Versprechungen und Beruhigungspillen für die arbeitenden Menschen.
Seit mehr als 30 Jahren wird hier die industrielle Basis im Lande untergraben,
ganze Branchen sind schon weitgehend verschwunden, so z.B. die Unterhaltungselektronik,
die Computerfertigung, etliche Betriebe der Alu-Industrie wurden aufgrund
der exorbitanten Strompreise aus dem Lande vertrieben. Die Grundlage jedes
modernen Industriestaates, die Kernenergie, wird seit Jahren sabotiert
und abgewickelt, während viele andere Länder in der Welt, selbst
kleine sog. Entwicklungsländer, sie verstärkt ausbauen. Kurzum,
die Lebensgrundlage dieses hochindustrialisierten Landes, die moderne
Industrie, wird nach wie vor Stück für Stück liquidiert
oder verlagert. Und die ganze Zeit über wurde dieses Thema nicht
auf den Tisch gebracht, von der CDU bis hin zu PDS ohne Ausnahme. Im Gegenteil,
immer wurde abgewiegelt und die Menschen auf neue Jobs im Hightech-Bereich,
im Dienstleistungsbereich oder in der sog. „Öko“-Branche
vertröstet. Daß dies ein Riesenbetrug war und ist, wird immer
deutlicher, die katastrophalen gesellschaftlichen Folgen sind nicht zu
übersehen. Millionen von Arbeitslosen, Minijobbern und Leiharbeitern
sprechen eine allzu deutliche Sprache. Wie viele Menschen hierzulande
haben keine Perspektive? Wie viele sind vom Kapital abgeschrieben und
zu Almosenempfängern des Staates degradiert worden? ---------- Die Zeiten, als der Kapitalismus durch die sozialistischen Länder herausgefordert war, und deswegen in Westeuropa und vor allem auch in Deutschland ein wenig abgemildert wurde, in denen er ein soziales Mäntelchen umgehängt bekam, sind vorbei. Der Kapitalismus offenbart heute auch bei uns wieder sein wahres Wesen, das durch seine innere Gesetzmäßigkeit bestimmt wird. Profit, mehr Profit, und noch mehr Profit!! Danach wird alles rücksichtslos ausgerichtet, diesem Prinzip wird alles unterworfen. Das Kapital mitsamt dem sog. Überbau (Staat, Justiz, Medien) übt sein Diktat über die Gesellschaft aus. Die bürgerliche Demokratie wird immer mehr zur reinen Farce. Im Namen des ökonomischen Zwangs werden unter der Maske z.B. des sog. „Kampfes gegen den Terror“ immer mehr demokratische Grundrechte abgebaut und die Demokratie immer weiter unterhöhlt. Einen sozialen Kapitalismus gibt es nicht. Er kann sich nennen wie er will, sei es nun „soziale“, freie oder auch ökologische Marktwirtschaft. Es ist der Kapitalismus, der regiert, das Kapital, das gnadenlosen Klassenkampf praktiziert und die Erpressung und Ausbeutung der Arbeiter hier und weltweit forciert und dabei unzählige Millionen vollends in die Arbeitslosigkeit, ins Elend und in die Perspektivlosigkeit stürzt. Was tun? Sich damit abfinden, resignieren, hoffen, daß es doch nicht ganz so schlimm kommt oder daß es einen selber nicht trifft? Dann wird alles nur noch schlimmer, das ist keine Lösung. Das Kapital und den Staat auffordern, doch bitte sozial zu werden? Keine Aussicht auf Erfolg. Das ist verlorene Liebesmüh, Illusion. Statt dessen gilt es, den Klassenkampf gegen das Kapital aufzunehmen, sich zu organisieren und international, zunächst mit den Arbeitern in Osteuropa zu verbinden suchen, um dem brutalen Gegeneinanderausspielen einen Riegel vorzuschieben. Proteste, Demonstrationen und selbst vereinzelte Streiks sind bloß der Anfang, sie alleine bewirken wenig bis nichts. Streiks über einzelne Betriebe und Branchen hinaus, hinarbeiten auf den internationalen Zusammenschluß mit den Arbeitern in Europa und weltweit, das ist der Weg, der eingeschlagen werden muß, will man nicht immer noch weiter der Erpressung nachgeben und vollends unter die Räder kommen. Man wird dabei auch nicht umhinkommen, die Rolle der Gewerkschaften hierzulande, die die ganze Verlagerungs- und Liquidationspolitik niemals ernsthaft bekämpft, ja sie vielmehr sozial abgefedert und begleitet hat, aufzudecken und anzugreifen. Das ist in aller Kürze die Lehre aus der Geschichte und aus der Gegenwart. Um wieder auf Nokia
zurückzukommen, so ist Widerstand absolut berechtigt und notwendig.
Man kann und darf sich mit so etwas nicht mehr abfinden, damit muß
endlich mal Schluß sein. Wie viele Betriebe sollen denn hier noch
platt gemacht werden!? RedNE -um
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Licht
aus bei AEG – Was ARD und IG Metall dabei lieber verschweigen Wieder
protestiert ein Betrieb gegen seine Liquidation - Airbus-Werke in Norddeutschland
und anderswo demonstrieren! 19.
Streiktag bei Bosch-Siemens- Hausgerätewerk (BSH) Einigung
bei AEG Nürnberg - ein „gutes Ergebnis“? Streik
bei AEG in Nürnberg – Der
Zerschlagung der Betriebe entgegentreten!
Grohe ist kein Einzelfall Das
Auftreten für den Atomausstieg ist ein Auftreten für den Industrieabbau
Gegen
die Liquidationspolitik Zum Opel-
"Teilergebnis" und Korrumpierung Kein
Abbau bei Opel – auch keinen „sozialverträglichen“
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