Internet Statement 2007-05

 

Nicht Weißrußland, sondern die russische Transneft sperrte die Öllieferungen !

Walter Grobe  8.1.07        

Die Öllieferungen durch Weißrußland hindurch an Polen und die BRD wurden durch die russische Firma Transneft gesperrt. In den deutschen Medien wird teilweise Nebel über die Frage der Verantwortung für die Sperrung verbreitet. Es soll so erscheinen, als habe Weißrußland gesperrt bzw. als hätten sowohl die russische wie die weißrussische Seite gesperrt. Aus Berichten der Nachrichtenagentur Reuters und der „FAZ“ geht jedoch hervor, daß Transneft selbst erklärt hat, gesperrt zu haben. Als Begründung hieß es, Weißrußland habe „Diebstahl“ begangen. Diesen Vorwurf kann man fürs erste getrost in Frage stellen, denn es ist ein Standardvorwurf, der von russischer Seite immer wieder gegenüber schwächeren Staaten erhoben wird, wenn diese mit rabiaten Preiserhöhungen und Liefersperren unter Druck genommen werden. Die Sperrung wurde inzwischen wieder aufgehoben. [Anmerkung 9.1.07]

Da mehrfach vermutet wurde, die Sperrung hänge mit der Auseinandersetzung um die Erhöhung der Zölle für die Rohöllieferungen Rußlands nach Weißrußland zusammen, lohnt es sich, einige Informationen zu dieser Frage wiederzugeben. Parallel zu der Forderung nach Erhöhung des Gaspreises auf 200 $ pro 1000 cbm hatte Rußland angekündigt, die bisher zollfreien Öllieferungen an Weißrußland mit einem Ausfuhrzoll von rd. 180 $ pro Tonne zu belegen. Bei einem Liefervolumen von rd. 20 Mio. to im Jahre 2006 würde allein dieser Zoll Weißrußland um die 3,6 Mrd $ pro Jahr kosten. Diese ungeheure weitere Belastung für Weißrußland versuchte man mit der Erzählung zu begründen, der größte Teil dieses russischen Öls werde von Weißrußland weiterverarbeitet und mit einem Zoll von lediglich 57 $ pro to in den Westen weiterverkauft. Auf diese Weise entgingen dem russischen Staat Zölle etwa in der Höhe der geforderten 3,6 Mrd., da dieser die Ölexporte, die aus Rußland direkt hinausgingen, mit 172,4 $ Zoll pro to belege. Weißrußland stecke sich Zoll in die eigene Staatskasse, der eigentlich Rußland gehöre.

Einem Artikel der Nachrichtenagentur RIA-Nowosti v. 15.11.2006 kann man folgende interessante Details zu dieser Frage entnehmen:

„Wie die Moskauer Tageszeitung 'Wremja Nowostej' schrieb, steckte hinter Putins Worten ein latenter Vorwurf an die russischen Ölunternehmen Lukoil, Surgutneftegas, Russneft und Slavneft. Vertreter dieser Unternehmen verhehlen nicht, dass es für sie dank den Unterschieden bei den russischen und den weißrussischen Exportzollgebühren für die Ölprodukte einträglicher ist, ihr Öl in der Nachbarrepublik verarbeiten zu lassen.

Die Zeitung verweist darauf, dass die russischen Waren, darunter auch Öl und Ölprodukte, bei der Einfuhr in Weißrussland gemäß einem bilateralen Abkommen über ein einheitliches Zollsystem vom Exportzoll befreit werden. Beim weiteren Export der Ölprodukte aus Weißrussland liegt der Zolltarif bei 57 Dollar pro Tonne. Beim Export aus Russland beläuft er sich indessen auf 172,4 Dollar pro Tonne. Bei Heizöl liegt der Zolltarif in Weißrussland bei 37,5 Dollar gegenüber 79,2 Dollar pro Tonne. ....Diese Situation ist für die russischen Ölunternehmen durchaus attraktiv. Als Folge haben u. a. Lukoil und Russneft ihre Bereitschaft bekundet, Investitionen in den Ausbau der weißrussischen Ölraffinerie- und Öltransportkapazitäten zu erwägen.“

Die russische Regierung unter Putin zeichnet sich selbst auch in dieser Frage wieder als der von gierigen Nachbarn ausgesogene Wohltäter, der nur Verluste vermeiden und Gerechtigkeit herstellen wolle. Verschwiegen wird, daß russische Konzerne bisher aus den - vertraglich geregelten - Verhältnissen großen Gewinn ziehen. Allerdings handelt es sich dabei nicht um Gasprom, den Konzern, der mit dem russischen Staat unter Putin schon fast identisch scheint, und auch nicht um Zolleinnahmen für Putins Staatskasse.
Ist es vielleicht so: die 180-$-Zollforderung Putins soll eine bisherige erfolgreiche wirtschaftliche Kooperation zwischen russischen und weißrussischen Unternehmen torpedieren, die vielleicht auch mit relativ etwas niedrigeren Exportpreisen einen leicht dämpfenden Einfluß auf die sog. Weltmarktpreise von Gasprom, Exxon und tutti quanti ausübt? Wollen Gasprom und der russische Staat über die exorbitanten Zölle diesen Kanal sich aneignen und auf Kosten sowohl Weißrußlands wie der mit Gasprom konkurrierenden russischen Firmen sich zusätzlich Milliarden in die Kassen spülen? Soll so auch der Gasprom-Monopolismus in Rußland selbst weiter durchgesetzt werden?

Wenn Weißrußland in dieser Situation erklärt hat, es beanspruche künftig 45 $ pro Tonne auf die Durchleitung russischen Öls nach Polen und der BRD, dann ist das nichts weiter als gerechtfertigt und nur eine relativ geringe Kompensation für die Milliarden, die ihm Rußland mit den Ölzöllen abpressen will. Die kurzzeitige Sperrung der Öl-Durchleitungen seitens Transneft soll wohl weiteren Druck gegen Weißrußland ankündigen und im Westen für Unruhe sorgen, als deren Verursacher man wider besseres Wissen Weißrußland hinzustellen beabsichtigt. Allerdings verfängt die russische Politik anscheinend nicht mehr voll, weil Weißrußland sich wehrt und auch in unserem Land Kritik an der Energieerpressung durch Gasprom und Putin laut geworden ist. Es gibt immerhin einige weitere deutliche Warnungen jetzt auch von einzelnen Kommentatoren bürgerlicher Medien, sich von diesem Rußland nicht noch abhängiger zu machen.

Ganz in die falsche Richtung weist allerdings der Ratschlag des SPD-Vorsitzenden Beck, die Gasprom-Schröder-Ostseepipeline müsse jetzt energischer in Angriff genommen werden, denn dadurch werde die Abhängigkeit geringer (!). Er versucht, Weißrußland die Schuld zu geben. Ein kleines Land, dem wirtschaftlich die Luft abgedreht werden soll, ist die Gefahr, aber der große Erpresser aller, einschließlich Deutschlands und anderer europäischer Länder, ist der Garant der Unabhängigkeit - in der Darstellung des Herrn Beck.

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Anmerkung 9.1.07: Die gestrigen Meldungen über die Aufhebung der Sperrung haben sich nicht bestätigt. Sperrung ist nach wie vor aktiv. webmaster 9.1.07

 

 

 

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