Internet Statement 2007-97

 

Streikpause verlängert - Verhandlungen worüber?

Klas Ber, Uwe Müller 28.11.07

Wider allgemeines Erwarten läßt sich die GDL auf Verhandlungen ein und setzt dafür den Streik erstmal weiter zurück. Warum tut sie das? Ein verhandelbares Angebot hat es doch von der Bahn AG nicht gegeben.
Sie selbst hatte ja am Montag öffentlich festgestellt, daß das neue Angebot der Bahn in allen Punkten eine Mogelpackung ist. Nach wie vor lehnt die Bahn AG die zentrale Forderung, einen eigenständigen Tarifvertrag, ab, und die angebliche Entgelterhöhung von 8 bis 13 Prozent ist wieder weitgehend eine Täuschung und noch dazu viel zu niedrig.

Wie Pressemeldungen vom Wochenende zu entnehmen war, hatte Manfred Schell bereits in einem Brief an "Verkehrspolitiker" über sein Gespräch mit Mehdorn festgestellt: "Herr Mehdorn machte dabei unmißverständlich klar, daß er der GdL keinen eigenständigen Tarifvertrag zuerkennen will. Unter dieser Voraussetzung ist damit aus unserer Sicht die Grundlage für Tarifverhandlungen entzogen."

Trotzdem wurde nun am Montag beschlossen, Tarifverhandlungen aufzunehmen mit dem Auftrag, "in einer Verhandlungsrunde die Rechtsposition des eigenständigen Tarifvertrags zu klären." Das ist wohl ein schlechter Scherz. Was gibt es da zu klären? Entweder es gibt einen eigenständigen Tarifvertrag, mit allem, was einen Tarifvertrag ausmacht, oder es gibt diesen nicht bzw. einen solchen, der sich in die sog. Tarifeinheit der Bahn AG einpassen muß. Man braucht dafür auch keine ganze Woche bis zum 3. Dezember, um so etwas abzuklären.

Es ist unklar und von außen nicht wirklich einschätzbar, warum die GDL dies so entschieden hat. Wenigstens wurde die Option, nach Montag den Streik wieder aufzunehmen, offen gelassen.

Wenn die GDL einen eigenständigen Tarifvertrag durchsetzen will, dann hängt das in erster Linie davon ab, wie und mit welchen Mitteln sie dafür kämpft. Die Gewerkschaft der Lokführer ist bisher vor allem deshalb so weit gekommen, weil sie sich durch alle Widrigkeiten und Drohungen nicht hat einschüchtern lassen, weil sie flexibel und wiederholt Streiks durchgeführt und so den Druck auf die Bahn AG stetig erhöht hat. Sie hat es mit ihrer Entschlossenheit und Taktik bislang auch verstanden, großen Rückhalt in der Bevölkerung zu gewinnen und beizubehalten.

Nun aber wird seit über einer Woche schon nicht mehr gestreikt. Statt dessen wird fruchtlos und noch dazu teils geheim verhandelt. Das ist nicht ohne Risiko und ganz im Sinne der Bahn AG, denn die interessierte Öffentlichkeit und wohl auch viele Lokführer fragen sich, was da abläuft und was da eigentlich verhandelt wird.

Man muß aber auch klar sehen, daß der Druck gegen die GDL von vielen Seiten enorm ist, öffentlich wie im Hintergrund. Im Hintergrund sind diverse Kräfte am Rotieren, um der Auseinandersetzung die Spitze zu nehmen, um keine weiteren längeren Streiks oder gar einen unbefristeten Streik aufkommen zu lassen und um die GDL wieder einzubinden. Aber klar ist auch, daß die Sympathie in der Bevölkerung für die GDL und die Lokführer gerade auch deshalb groß war, weil sie bislang diesem Druck standgehalten haben und entschlossen für ihre berechtigten Forderungen kämpften und streikten. Geheime Verhandlungen, noch dazu ohne vernünftiges Angebot bei Aussetzung des Streiks, das kennt man zur Genüge, und das Ergebnis war dann auch immer entsprechend.

Die GDL zeigt derzeit viel Geduld mit Mehdorn und Co und hofft, wie Schell es süffisant ausdrückte, auf den "heiligen Geist", der Mehdorn erleuchten und nachgiebiger machen möge.
Zu viel Geduld ist aber auch nicht gut. Denn nicht die GDL hat sich zu rechtfertigen, wenn sie beschließt, weiterzustreiken. Das aktuelle Angebot ist eine reine Mogelpackung und nach wie vor völlig unzureichend. Vielmehr hat sich die Bahn AG zu rechtfertigen, warum sie nach wie vor den berechtigten Forderungen der Lokführer nicht nachgeben will, ja noch nicht einmal bereit dazu ist, entscheidend entgegenzukommen.

Daß bei dieser Sachlage jetzt mehr Druck durch Streik und weniger Geduld angebracht wäre, das ist großen Teilen der Bevölkerung durchaus vermittelbar.

Wie man schon wiederholt gehört hat, wendet sich die GDL-Führung, namentlich Manfred Schell, hier zuletzt mit seinem Brief an "Verkehrspolitiker", auch immer wieder an politische Kräfte um Unterstützung. Solange die GDL dabei nicht ihren eigenständigen, auf die eigene Kraft gestützten Kampf und Streik aufgibt, mag das ja angehen.
So wie das aber derzeit läuft, auf unzureichender Grundlage zu verhandeln und auf Unterstützung der Politik zu hoffen, währenddessen aber das einzige wirkliche Druckmittel, den Streik, auszusetzen, das schwächt ihre Position erheblich. Die Bahn hat sich immer erst dann bewegt, wenn der Druck durch die Streikaktionen erhöht wurde.

Insofern ist zu hoffen, daß die GDL dem Druck weiter standhält und nach dem nächsten Montag die Streiks wieder aufnehmen wird. Denn ein wirklicher Fortschritt in der angesetzten Verhandlungsrunde ist bei der Blockadehaltung von Mehdorn und Co. nicht zu erwarten. Ohne Druck, ohne Streik werden die keinen Millimeter nachgeben, sondern weiterhin versuchen, zu mogeln, was das Zeug hält.


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