Internet Statement 2006-54

 

Der Krieg Israels in dem Libanon

– und seine Konsequenzen

Hartmut Dicke, 29. Juli 2006    

Der Angriff der israelischen Armee auf den Libanon und die massive Bombardierung der Zivilbevölkerung haben die ganze Welt aufgerüttelt. Es wird nun von der „Unverhältnismäßigkeit“ des Einsatzes der israelischen Truppen gesprochen und dabei tausende Male wiederholt, daß der Anlaß für dieses Vorgehen die zwei durch die Hizbollah entführten Soldaten seien. Nun sind die Bombardierungen vorwiegend nicht gegen die Hizbollah gerichtet, sondern gegen die libanesische Zivilbevölkerung und die Infrastruktur des libanesischen Staates, die für das Leben der libanesischen Bevölkerung von grundlegender Wichtigkeit ist. Die Erzeugung eines Flüchtlingsstromes von 500.000 Menschen oder mehr in einem kleinen Land kann niemand allein mit zwei entführten Soldaten begründen, dazu noch unter den Bedingungen, daß die Zionisten selbst unzähliges Unrecht gegenüber den verschiedenen Parteien der arabischen Nationen, die um Israel herum leben, begangen haben.

Es herrschen bis heute über den israelischen Staat falsche Vorstellungen, die systematisch von den Medien genährt werden. Auch wenn die Brutalitäten, einzelne Vorgehensweisen kritisiert werden, so wird doch Israel als eine „parlamentarische Demokratie“ hingestellt, die gewissermaßen das fortschrittliche Element in dieser Region darstellt, während die übrigen rückständige und vielleicht sogar „Schurken“-Staaten seien. Demgegenüber müssen folgende Fakten festgestellt werden:

1. Der Zionismus, der die Grundlage des israelischen Staates darstellt, ist eindeutig rassistisch. Die Gesetzgebung Israels bis heute erkennt nur den als vollgültigen Staatsbürger an, der nach sog. rassischen Maßstäben Jude ist. Nur wer blutsmäßig Jude ist, kann uneingeschränkt israelischer Staatsbürger werden. Ausnahmen gibt es allenfalls in ganz geringer Zahl über einen jahrzehntelangen Prozeß der Hinzuführung zum jüdischen  Volk. Die arabischen Einwohner Israels sind in vieler Hinsicht noch immer diskriminiert. Die formale Gleichbehandlung der arabischen Staatsbürger Israels ist auf dieser Grundlage Betrug. Die Gesetzgebung Israels ist derart, daß sie Ehen zwischen Juden und Nichtjuden verunmöglicht.

Es handelt sich beim Zionismus, der 1897 gegründet wurde,  um eine Bewegung, die sich auf die Fahnen geschrieben hatte, die Juden, die längst Teil anderer Nationen geworden waren, zu einer künstlichen Nation zu verschmelzen nach vermeintlichen Blutsprinzipien, die schon damals vollkommen überholt waren. Das Ziel war in Wirklichkeit, einen Vorposten des Kolonialismus und der Reaktion zu schaffen und eine prinzipielle Reaktion in die Wege zu leiten, die das ganze 20. Jahrhundert  verfolgen sollte. Der Zionismus war  sogar für andere rassistische Bewegungen Vorbild und Taktgeber, auch der 1921 geschaffene Nazifaschismus hat viel davon gelernt.
Und nach diesen Prinzipien handelt Israel noch heute. Es schikaniert die umliegenden Nationen mit allen nur denkbaren Niederträchtigkeiten und subversiven Methoden, es fördert die negativsten Elemente innerhalb der umliegenden Nationen, es fördert selbst, daß Verzweiflungsmentalität und darauf aufbauender  islamischer Fundamentalismus um sich greifen, die eine fortschrittliche Entwicklung in diesem ganzen Raum verunmöglichen. Das Verbrechen ist ungeheuer.
Das ganze Getue von der normalen parlamentarischen Nation ist nichts als Betrug und falsche Fassade.

2. Seitdem Israel existiert, hat es im Mittleren Osten zur Polarisierung beigetragen. Mit seinem Namen sind grundlegende reaktionäre Verbrechen verbunden. Die Errichtung eines religiös bestimmten Staates, der die Juden aus den verschiedensten Ländern, die in der Hauptsache längst Bestandteil dieser Länder geworden waren, zu sammeln, im Grunde nach rassistischen und religiös fundamentalistischen Prinzipien, und in Palästina anzusiedeln hatte, war von Anfang an auf Provokation der arabischen Nationen und Staaten dieser Region gerichtet. In der Epoche des zwanzigsten Jahrhunderts, in der die meisten Nationen gegen den Kolonialismus aufbegehrten, mußte die entgegen diesem Trend betriebene Kolonisierung  durch den  Zionismus eine einzige Aufreizung dieser Länder bilden.
Das Wiederaufleben des religiösen Fundamentalismus des Islam hat eine Menge damit zu tun. Aber es ist nicht nur dieser. Auch der Erhalt reaktionärer bürokratischer Strukturen in den meisten arabischen Staaten wurde damit begünstigt. Diese Länder können sich nicht auf die Entwicklung der Gesellschaft konzentrieren, immer müssen sie sich mit dem israelischen Zionismus herumschlagen, der von seiner ganzen Natur her expansiv ist. Die frühere Volksrepublik China bis 1976, die diese Zustände wiederholt kritisierte, sprach von der Aufrechterhaltung eines jahrzehntelangen Zustandes „Weder Krieg noch Frieden“!

Das Resultat dieser reaktionären Untaten ist gigantisch. Es gibt nicht nur die Toten aus den vier größeren und unzähligen kleineren Kriegen. Niemand hat die verschlissenen Energien gezählt, die alle diese Länder in die Auseinandersetzung mit der Provokation stecken mußten, niemand zählt die Toten, die in den Flüchtlingslagern am Elend zugrunde gegangen sind.

3. Die Ausbreitung des Theokratismus in den islamischen Ländern läßt sich nicht allein auf die israelische Rolle zurückführen.  Die Entwicklung des Iran zu einem Ölstaat unter dem Schah (bis Anfang 1979) brachte auf der einen Seite einen öffentlichen Reichtum des Staates und gleichzeitig eine Entwurzelung der bäuerlichen Massen  mit sich. Dies war einer der entscheidenden Faktoren für das Aufkommen des schiitischen Fundamentalismus, der zugleich vom Ausland, von dem Westen sogar mitgeschürt wurde, die auf einmal des Religionsführer Khomeini als ihren „Held“ entdeckten. In den Staaten der arabischen Halbinsel wurde die noch vorhandene tiefe Religiosität in den neu gebildeten Staaten mitverankert. (Deutlichstes Beispiel: Saudi-Arabien). Auch wenn es also mehrere Ursachen für den Fundamentalismus gibt, so hat die Existenz des religiös fundierten Israels als Gegensatz auch den Fundamentalismus auf der Gegenseite weitergeschürt.
Trotz aller Friedensversuche und Friedenssehnsüchte unter den Massen ging der Krieg immer weiter, und jetzt haben mit dem jüngsten kriegerischen Vorstoß die israelischen Zionisten selbst die Absichten enthüllt. Deshalb wird jetzt eine nachhaltigere Auseinandersetzung heranreifen, die ein längerfristiges Eingreifen auch von der Seite der revolutionären Kräfte auf der Welt nach sich ziehen muß.  Die Kernfrage lautet: wie kann im Mittleren Osten eine Entwicklung unterstützt werden, die auf einer progressiven und damit wirksamen Grundlage eine Gegenbewegung gegen den Zionismus und seine Expansion aufbaut, aus der heraus dann auch die wirksamen entscheidenden militärischen Faktoren entstehen.

4. Die jetzigen Attacken zunächst im Gazastreifen und dann im Libanon wurden jeweils begründet, wie allgemein bekannt, mit der Entführung von einem oder zwei Soldaten. Was immer hinter diesen Entführungen steckt, so kann man doch feststellen, daß es in keiner Weise die Zerstörung der Infrastruktur und Massenterror auf breitester Ebene rechtfertigt. Jahrzehntelang hat man die Hoffnung genährt, daß irgendwann Israel saturiert und normalisiert würde, daß man erklären könnte: wir wollen die Vergangenheit ruhen lassen, Israel bestehen lassen, zu einer guten Nachbarschaft übergehen und somit grünes Licht für eine fortschrittliche Entwicklung in Palästina und im ganzen Mittleren Osten geben. Diese Politik, diese Hoffnungen haben sich von der Praxis her erneut als reiner Schein und als falsche Hoffnung erweisen. Wie früher schon festgestellt: es kann nicht das Ziel des Zionismus sein, einen normalen jüdischen Staat zu erreichen, der in Nachbarschaft mit arabischen Ländern lebt. Das ist nicht die Aufgabe des Zionismus. Die Aufgabe des Zionismus ist, permanent zu stacheln, die Region, permanent in einem Zustand von weder Krieg noch Frieden zu halten, die Länder auf dem Niveau eines Vegetierens zu halten. Wann immer es zu einer Konsolidierung kommt, man kann sicher sein, Israel schlägt dazwischen.

5. Als die Angriffe gegen den Libanon begannen, war die ganze Welt entsetzt. Selbst offizielle Staatsoberhäupter kapitalistischer Länder mit alten kolonialen Traditionen haben von der völligen Unverhältnismäßigkeit und Brutalität Israels gesprochen.
Daß die Entführungen durch Hamas- oder Hizbollah-Leute zum Anlaß genommen werden, sollte auch Anlaß sein, noch einmal über die Rolle dieser Organisationen und ihr Zustandekommen zu sprechen. Sie sind wie schon erwähnt  zum einen  ein Resultat der Verzweiflung, die aus der permanenten mißlichen Lage der Palästinenser und der Libanesen resultierte. Sie sind auch ein Resultat von Subversion. Wir wissen alle, daß die Gelder Saudi-Arabiens bei der Unterstützung des Fundamentalismus eine ganz große Rolle spielen, und Saudi-Arabien ist selbst ein Produkt Großbritanniens und der USA und ist schon immer insbesondere mit den USA eng verbunden.

Die Zionisten werden mit ihrer Attacke etwas ganz anderes erreichen, als sie beabsichtigen. Der jetzige erneute Angriff wird einen Zwang ausüben, die Strukturen, die in diesem ganzen Raum herrschen und Israel überhaupt die Existenz ermöglichen, zu hinterfragen. 

6. Man ruft nach der UNO, die helfen soll, das fürchterliche Massaker zu beenden. Aber die UNO hat sich schon seit 60 Jahren in der Mittelost-Frage engagiert, es gibt bereits unzählige Resolutionen der UNO, wahrscheinlich mehr als zu jedem anderen Thema auf der Welt.
Es spricht auch Bände, daß viele dieser Resolutionen von Israel einfach nicht beachtet worden sind. Es hat sie zu Makulatur gemacht und  seine Verbrechen weiter begangen. Jetzt heißt es umgekehrt, Hizbollah habe die Resolution 1559 nicht beachtet, habe sich nicht entwaffnen lassen, das sei ein Widerspruch. Wenn die israelischen Zionisten Resolutionen zuhauf brechen, dann ist das kein Grund, aber wenn ein- oder zweimal eine Resolution gebrochen wird durch eine Organisation wie Hizbollah, dann ist das ein Grund, nicht etwa vorwiegend die Hizbollah, sondern das ganze libanesische Volk auf das Brutalste zu terrorisieren. Die Sprache des Zionismus ist die Sprache des Faschismus, auch in der Praxis. Zwischen beiden, Zionismus und Faschismus, gibt es schon immer eine ganze enge Beziehung, und die muß auf den Tisch.

7. Es gibt jetzt wieder das Gerede davon, daß es eine besondere Verpflichtung Deutschlands gebe gegenüber Israel, und deshalb hätten wir Israel in einer besonderen Weise zu unterstützen. Das ist gewissermaßen das richtige Thema, führt uns zum Punkt, auf den es ankommt. Denn die Bundesrepublik Deutschland und Israel entstammen beide dem gleichen Prozeß, als nach dem Zweiten Weltkrieg versucht wurde, bestimmte Bollwerke an Reaktion zu schaffen, und man die beiden Staaten gründete. Die alte Freundschaft zwischen der Bundesrepublik und Israel wurde schon zu Adenauers und Ben Gurions Zeiten begründet. Und was  wurde dort verknüpft? Daß in den Adenauerschen Zeiten massenhaft hohe und höchste Nazis in der Verwaltung, der Justiz, in den Ministerien saßen, ist kein Geheimnis,  während umgekehrt der zionistische Staat von Leuten gegründet wurde, die noch bis 1941 eng mit den Nazifaschisten zusammengearbeitet hatten, selbst zur Zeit der Verfolgung der Juden durch den Nazismus und noch darüber hinaus in einzelnen Fällen 1941 bis 1945. Die Zusammenarbeit, die zwischen deutschen Faschisten und Zionisten existierte, ging gleich weiter mit der Bundesrepublik, in der die hohen Nazis drinsaßen, und einem Israel, in dem Aktivisten dieser verbrecherischen Zusammenarbeit an der Macht beteiligt  waren. Und wenn man von einer besonderen Verpflichtung der Abrechnung mit dem Faschismus redet, dann heißt das etwas ganz Anderes, auch gegenüber der israelischen Bevölkerung in ihrer Mehrheit: daß mit dem zionistischen Faschismus abgerechnet werden muß, und sonst nichts. Israel ist ein Gebilde des Zionismus, Rassismus und Faschismus, und über diese Punkte darf es kein Verschweigen mehr geben.
Solange dies nicht in Klarheit gesagt und angegriffen wird, wird es immer wieder solche Ausfälle wie jetzt gegenüber dem Libanon geben, und vielleicht noch Schlimmeres.

8. Israel hatte in der Vergangenheit nicht nur die Unterstützung der USA. Es kam schon durch 1947/48 durch  einen Beschluß zustande, an dem maßgeblich die Sowjetunion mitwirkte. Später, seit etwa 1952,  nahm die Sowjetunion eine gegnerische Position gegenüber dem israelischen Zionismus ein, und wieder später, nach 1956, entwickelte sich ein System, das man so beschreiben konnte: in der Öffentlichkeit verurteilte die sowjetische Führung Israel und den Zionismus, und unterderhand förderten sie es, indem sie die Araber immer davon abhielten, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen, und einen großen Exodus sowjetischer Juden nach Israel billigten, und damit die Reihen der zionistischen Militanten in Israel auffüllten.
Diese enge Verknüpfung mit den damaligen sog. Supermächten trug den israelischen Staat über  Jahrzehnte voran und brachte für die arabischen Staaten Reaktion und Stagnation und unterstützte, wie beschrieben, das Aufkommen des Fundamentalismus.
Auch jetzt wieder, auf dem G8-Gipfel, wurde in heuchlerischer Weise nur schwache Kritik an Israel geübt und das Augenmerk auf die Hizbollah gelenkt, als wenn die Entführung der beiden israelischen Soldaten die vollen kriegerischen Attacken auf das libanesische Volk auch nur annähernd erklären könnte. Diese Erklärung haben alle G8-Staaten einschließlich Rußlands zu verantworten. Sie bedeutet eine Förderung des Massakers, auch wenn sie nach außen hin etwas vorsichtig davon Abstand nimmt.

9. In diesem aktuellen Konflikt ist die Organisation Hizbollah in den Mittelpunkt gerückt. Sie ist im Libanon zugleich eine politische Partei und Miliz des islamischen schiitischen Fundamentalismus, und damit hängt sie eng mit dem islamischen Fundamentalismus des Iran zusammen.
Der Umsturz zum islamischen Fundamentalismus und Faschismus im Iran im Laufe des Jahres 1979 ist genau das Ereignis, welches die Gewichte innerhalb des Mittleren Ostens grundlegend verschoben hat und aus dem letztlich auch der Zionismus für lange Zeit grundlegend Kapital schlagen konnte. Es war der Mißbrauch des Widerstandes gegen den Schah und einer demokratischen Revolution, dem man eine solche islamisch-faschistische Ordnung aufpfropfte, die die Lage im Mittleren Osten radikal verschlechtern mußte. Damit wurden alle säkularen, demokratischen und revolutionären Bewegungen im gesamten Raum geschwächt. Im Iran wurden sie durch die islamischen Faschisten ausgerottet - so kann man das sagen.
Die Hizbollah geht auf das Jahr 1982 im Libanon zurück. Damals kreisten die israelischen Truppen – auch damals unter dem Protest der gesamten internationalen Öffentlichkeit – die PLO-Kämpfer in Beirut ein, belagerten sie und erreichten, daß sie sich schließlich unter die Obhut der US-amerikanischen Armee begaben, was ein zweifelhafter Akt war, der eine katastrophale Entwicklung letztlich der gesamten palästinensischen Befreiungsbewegung in die Wege geleitet hat. In der Bekaa-Ebene weigerte sich die Mehrheit der palästinensischen Kämpfer, diesen Liquidationskurs mitzumachen. Sie kämpften noch im Jahre 1983 gegen diesen Kurs und setzten auf ihre Weise auch den Kampf gegen Israel fort. Aber auch sie setzten auf die Sowjetunion, daß sie ihnen weiter Unterstützung geben würde. Wir wissen, daß die Sowjetunion in  den folgenden Jahren noch viel stärker den Unabhängigkeitskampf der Palästinenser wie der anderen arabischen Länder hintertrieben hat. Es war die Zeit, in der allmählich Gorbatschow zum Parteivorsitzenden in der Sowjetunion gemacht wurde (endgültig 1985), in der die völlige Zerschlagung der Sowjetunion begann; es kam ein neuer russischer Staat ganz ohne sozialistischen Anstrich heraus.

10. Es war eine Katastrophe schon vorher eingeleitet, als im Jahre 1979/80 sich die palästinensische Führung entgegen ihrem eigenen Programm dieser „islamischen Revolution“ im Iran unterstellte und sich ihr einreihte. Sie feierten die islamische „Revolution“ als grundlegende Verschiebung der Kräfte in dem Raum.
Die Hizbollah konnte offensichtlich, soweit bis jetzt bekannt, an die Niederlage der revolutionären Kräfte der al-Fatah anknüpfen und sich gewissermaßen an ihre Stelle setzen. Sie hat ein entwickeltes Sozialwesen, sie betreibt eine umfassende karitative Arbeit und gibt damit den verzweifelten Menschen im Libanon scheinbar eine Perspektive. Von daher konnte sie eine solche bedeutende Stellung jetzt einnehmen, und diese fundamentalistischen Kräfte im Libanon können sich nun als die „führenden Kräfte“ gegen den israelischen Zionismus ausgeben. Dieser wiederum verweist auf den Fundamentalismus und den reaktionären Charakter dieser Kräfte, um seine eigenen Untaten im Libanon zu rechtfertigen. Aber kann man denn die Existenz der Hizbollah und der Fundamentalisten überhaupt von der jahrzehntelangen Aggression Israels gegenüber den arabischen Völkern abtrennen? Hat es nicht selbst den Boden geschaffen für die Entstehung dieser Organisation? Natürlich ist es so, und davon darf keinen Moment abgelenkt werden.

11. Die Hizbollah-Kämpfer leisten nun, den Meldungen zufolge, bei dem Bodenkampf einen entschiedenen Widerstand gegen die israelischen Truppen, bringen sie damit in Verlegenheit und bekommen dadurch in erheblichem Maße Zuspruch und Achtung in der ganzen arabischen Welt. Es gibt auch andere Seiten ihrer Tätigkeit. Wenn z.B. der Vorsitzende der Hizbollah, Nasrallah, mit solchen Sprüchen hervorgetreten ist wie: ‚wir haben mehr Waffen als ihr denkt’, und erklärt, sie könnten mit den Raketen einen großen Krieg gegen Israel beginnen, dann treibt er typische fundamentalistische Großsprecherei. In der Wirklichkeit kann natürlich Israel auch von zahlreichen Raketen, die weit in das Territorium hineinreichen, militärisch nicht entscheidend getroffen werden. Dabei werden vorwiegend Zivilisten getroffen, und das trägt eher dazu bei, die vielen Opponenten, die gegenüber dem zionistischen Regime in Israel selbst in den verschiedensten Schattierungen existieren, wieder auf die Linie zur Verteidigung des eigenen Landes zu bringen.

12. Mit den islamischen Fundamentalisten kann es letztendlich  keine wirkliche Einheit geben, allenfalls an bestimmten Punkten, da zu befürchten ist, wenn sie irgendwo ihre Ziele weitergehend durchsetzen, daß sie radikal mit allen fortschrittlichen Kräften aufräumen werden. Sie sind keine Alternative zum Zionismus.

Der Zionismus. steckt in einer Sackgasse, und das Ziel kann nicht sein, wenn es zu seiner allmählichen Paralysierung und Auflösung kommt, an seine Stelle einen islamischen Fundamentalismus zu setzen. Wie immer steht die Aufgabe auch jetzt, auch in der zugespitzten Situation, den islamischen Fundamentalismus anzugreifen. Z.B muß die iranische Opposition gerade jetzt verstärkt auch den Kampf gegen den Fundamentalismus und gegen die undemokratischen faschistischen Verhältnisse wieder aufnehmen und gleichzeitig die nationale Unabhängigkeit, den allgemeinen nationalen Befreiungskampf aller Völker und Nationen im Mittleren Osten betonen.

13. Es ist auch die Frage, ob jetzt vielleicht ein Krieg gegen Syrien und dann auch noch gegen Iran ansteht. Einige wie die „Linkezeitung“ spekulieren schon darauf, als wenn es unmittelbar bevorstünde. Dies ist nicht völlig auszuschließen, aber nicht wahrscheinlich. Vielmehr kommt es darauf an, erst einmal die Drucklage in diesem Raum zu verändern, um dann auch den syrischen Staat weichzupressen und damit auch den Iran weiter einzukreisen.

14. Was kann also jetzt geschehen?
Viele rufen nun nach der UNO und einem sofortigen Waffenstillstand, nach einem massiven Einsatz der UNO, der zumindest das Massaker an der Zivilbevölkerung verhindern soll. Man sieht aber an den letzten Einsätzen der israelischen Zionisten gegenüber UNO-Einheiten, daß sie demonstrieren, daß sie es sind, die USA hinter sich haben und daß die UNO ein Nichts ist, wenn sie nicht vollständig pariert, wie es die Oberherren bestimmen.

Was können wir nun zur Unterstützung des libanesischen Volkes bei seiner Vergewaltigung durch den israelischen Zionismus und vielleicht drohenden Vergewaltigung durch Fundamentalisten in der Zukunft tun? Grundsätzlich kann die Beseitigung dieser Situation nur durch die revolutionären Kräfte und die arabischen Staaten und Nationen selbst erfolgen. In unmittelbarer Nachbarschaft Israels gibt es relativ starke arabische Staaten, Syrien, Jordanien, und erst recht Ägypten. Ägypten, ein Koloß mit 72 Millionen Einwohnern, nimmt es hin, daß an seiner unmittelbaren Grenze zahlreiche arabische Menschen vergewaltigt und gedemütigt werden. Alle diese Staaten wollen sich mit den Zionisten irgendwo einrichten, als könnte man damit zusammenarbeiten. Aber in Wirklichkeit wird der Unruheherd bleiben, weil es keine Lösung auf dieser Basis gibt.

Es gibt Leute, die in Ägypten auch noch die Muslimbrüder an die Macht bringen wollen an die Stelle des jetzt herrschenden bürokratischen verkommenen Regimes. Das wäre erst recht eine Katastrophe. Die Muslimbrüder würden Ägypten restlos zersetzen und dem Imperialismus preisgeben, darüber muß man sich im Klaren sein. Es wäre eine Katastrophe in der Region, wenn die Muslimbrüder oder die ihnen verwandten Organisationen in Ägypten Erfolg hätten. Eine solche Konzeption der Ausbreitung des Islamismus wäre in der Tat mindestens so  reaktionär wie das zionistische System.

15. Eine Forderung, die hier gegenüber dem zionistischen Regime erhoben werden kann, lautet: Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum israelischen zionistischen Staat durch alle EU-Staaten, zumindest so lange er nicht bereit ist, seine rassistische und das palästinensische Volk vergewaltigende Politik aufzugeben, denn davon kann nun wirklich keine Rede sein.

Zweitens muß die Forderung nach einem demokratischen säkularen Palästina bedingungslos aufgestellt werden. Man muß letztlich von all denen, die hier gegen den Kolonialismus kämpfen wollen, verlangen, daß sie, wenn sie auch religiöse Gruppen sind, anerkennen, grundsätzlich an einem säkularen Staat zu arbeiten, in dem alle Religionen, auch die verschiedenen islamischen Richtungen, gleichberechtigt arbeiten und leben können, sonst kann es für diese Region keine Lösung geben. Und wenn es im Negativen etwas Positives gibt, dann ist es mit Sicherheit das, daß der israelischen Vorstoß erneut sowohl die Schwäche der verkommenen bürokratischen Regime wie das des Mubarak als auch die Schwäche und Großmäuligkeit von islamischen Fundamentalisten unfreiwillig unter Beweis stellen wird.


In der Tat können wir in Europa nicht das Problem für die Araber lösen. Man kann die Aggression zurückweisen und sie attackieren, aber den Krieg gegen die israelisch-zionistische Aggression müssen die arabischen Staaten selbst führen. Wenn es eine Aufgabe hier gibt, dann die, wirklich solche Kräfte in den arabischen Ländern zu stützen, die in Zukunft wirksamer gegenüber Israel vorgehen können. Alle Araber müssen sich nämlich fragen, warum sie trotz der Mehrheit, die sie in diesem Raum bilden, nicht fähig sind, sich gegenüber dem israelischen Zionismus durchzusetzen. Dies hat vorrangig mit ihren eigenen inneren sozialen Strukturen und Klassenstrukturen zu tun. An diese Frage muß man herangehen, wenn diese Frage umgangen wird, wird es weiterhin Niederlagen geben.
Weiter ist die Frage der korrumpierenden Wirkung, die die Ölgelder in dem gesamten Raum spielen. Es ist nun einmal eine Tatsache, daß vor allem Saudi-Arabien wie die Golf-Scheichtümer mit ihrem Geld im ganzen arabischen Raum eine Rolle spielen und sich zugleich in enger Verbindung mit den hauptsächlichen finanzkapitalistischen und auf Bodenressourcen basierenden Kräften (Ölmonopole) stehen. Man kann nicht auf der einen Seite den Kampf gegen eine Aggression führen wollen und durch die Hintertür mit denjenigen zusammenarbeiten, die diese Aggression betreiben. Dies muß scheitern. Solange diese Praktiken und Methoden von Seiten arabischer Kräfte fortgesetzt oder akzeptiert werden, wird es auch weiter Niederlagen geben. Dies muß in der ganzen Härte gesagt werden.

Hartmut Dicke

Gruppe Neue Einheit

 

 

 

 

 

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(Als Extrablatt in pdf-Format)

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